Eintracht Frankfurt - Bayern
München |
Oberliga Süd 1950/51 - 6. Spieltag
4:1 (1:0)
Termin: 24.09.1950 am Bornheimer Hang
Zuschauer: 10.000
Schiedsrichter: Reinhardt (Stuttgart)
Tore: 1:0 Friedel Reichert (35.), 2:0 Alfred Pfaff (47., Elfmeter), 2:1 Scholz (64.), 3:1 Alfred Kraus (71.), 4:1 Friedel Reichert (82.)
Eintracht Frankfurt | Bayern München |
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Trainer | Trainer
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Im Morast blieben die Münchener Kombinationen stecken Eintracht-Rezept zum 4:1 hoch und weit! Alle Ideen sprühte Pfaff aus - "Bayern" nach der Pause mit zehn Spielern Es war ein Tag zum blödsinnig werden. In der Nacht vom Samstag auf Sonntag goß es wie aus Kübeln. Am Nachmittag war der Himmel wolkenverhangen, grau, wie im November. Der Platz am Bornheimer Hang repräsentierte sich in einem jämmerlichen Zustand. Wo keine Pfützen standen, lag knöcheltiefer Morast. Hier blieb der Ball im Wasser stecken, dort spritzte er, sozusagen mit weitem Antrieb, plötzlich noch 30 Meter, als er gerade liegen bleiben wollte. Die Spieler sahen nach zehn Minuten aus, wie soeben dem Moorbad entstiegen. Was war mit Wölfl los? Der Teufel mag es wissen, wie es kommt; in der letzten Zeit ist die Stimmung der Eintracht-Anhänger gereizt bis zur Weißglut. Auf der Tribüne gab es einige „Kolonien", die vor Wut Veitstänze begannen, wie nicht alles nach ihrem Wunsch ging. Auf den Bänken im Innenraum schienen die schlimmsten zu sitzen. Wir sahen jedenfalls den Eintracht-Spielausschußvorsitzenden Balles und andere Funktionäre zeitweise nur damit beschäftigt, Ruhe zu schaffen und die Schreier wenigstens auf ihren Plätzen zu halten. Beim Kabinenbesuch fiel dem Unterzeichneten ein älterer Herr plötzlich mit verzerrtem Gesicht in die Arme. Der sofort herbeieilende Arzt stellte einen Schlaganfall fest. Zwei Minuten nach dem Wechsel blieb der Bayern-Verteidiger Wölfl mit schmerzverzerrtem Gesicht liegen. Seine Versuche, sich wieder zu erheben, mißlangen. Er mußte auf der Bahre über den Platz getragen werden. Als der Schreiber dieser Zeilen in die Kabine kam, wurde dem vor Schmerzen stöhnenden Wölfl gerade eine narkotisierende Spritze verpaßt. Gegen den Schiedsrichter verschworen Es war also schon — soweit es die geschilderten Vorfälle betrifft — alles andere als erhebend. Aber es gab noch mehr, was diesen Sonntagnachmittag schwer erträglich machte. In der ersten Halbzeit schlug der bullige Bachl seinen Widersacher Kudras regelrecht k. o. — natürlich hinter dem Rücken des Schiedsrichters, und Reinhardt aus Stuttgart hatte — die Fußballgötter mögen es wissen, warum — das Publikum von der ersten Minute an gegen sich. Man mag gegen manche seiner Entscheidungen geteilter Meinung sein, aber keine von ihnen war geeignet, solche Haßausdrücke zu rechtfertigen, wie wir sie erlebten. Am tollsten war es, als ein von Pfaff getretener Eckball in der Luft die Aus-Linie überschritt und wieder hereinkam. Reinhardt hatte das „Aus" sofort gepfiffen und Jirasek das Leder zu allem Unglück ins eigene Tor geschlagen — aber lange nach dem Pfiff. In diesem Moment sah es wirklich so aus, als sollte dieses Spiel keine 90 Minuten dauern ... Eintracht: hoch und weit Der „Eintracht"-Sieg war glatt verdient. An dieser Feststellung ändert auch der Umstand nichts, daß die „Bayern" im zweiten Akt nur noch zehn Mann auf dem Feld hatten. Die Frankfurter verstanden es zwar nicht absolut gut, mit den Bodenverhältnissen fertig zu werden, aber wesentlich besser als die Bayern. Während die Münchener mit ihrem Kurzpaß immer wieder im Wasser und Schlamm hängen blieben, schlugen die Frankfurter die Bälle hoch und weit weg. Wir lieben dieses System gewiß nicht, aber es gibt nun einmal Verhältnisse, unter denen es nicht zu umgehen ist — und das war heute der Fall. Schon in den ersten fünf Minuten hatten die »Adlerträger" drei klare Chancen, die teils durch ungenaues und zu schwaches Schießen (Krömmelbein!), teils durch Jiraseks Torwartkunst vereitelt wurden. Während des ganzen ersten Teils dominierten die Gastgeber. Der Inspirator war der Halblinke Pfaff. Das technisch hochwertige Leichtgewicht auf Halblinks tänzelte über das miserable Feld, als ob es den schönsten trockenen Grasboden unter seinen Füßen hätte, und was es machte, hatte Sinn und Verstand. Neben ihm waren die Seitenläufer Kudras und Bechtold vor der Drei-Verteidiger-Linie Kastler-Giller-Wiloka — die in der ausgezeichneten Form der letzten Wochen arbeitete — maßgeblich am Sieg der Eintracht beteiligt, wie auch Henig wieder durch einige Paraden Treffer der „Bayern" verhütete." „Bayern"-Angriff ohne Zündung Die Münchener haben hier selten Glück, aber man hatte, wenn auch nicht mit ihrem Sieg, so doch mit einer weitaus besseren Gesamtleistung gerechnet. Wer auf die schlechten Kritiken hinwies, welche die „Rothosen" beim Spiel gegen Waldhof bekamen, fand kein Gehör. Diese Kritiken haben in Frankfurt ihre Bestätigung gefunden. Der Angriff der „Bayern" war, wenn man von einigen Ausnahmefällen absieht, in seiner Gesamtheit ein glatter Ausfall. Diese Fünferreihe wurde mit den Bodenverhältnissen am wenigsten fertig. Hier wurde nach Schablone gespielt, und da diese Schablone nicht auf die herrschenden Verhältnisse paßte, blieb alles eitel Stückwerk. Witt in der Läuferreihe, Streitle, Jirasek, hin und wieder Siedle warteten mit Einzelleistungen auf. Das waren die Lichtblicke. Von Reichert bis Reichert Die Ueberlegenheit der Eintracht fand zum ersten Male ihren zahlenmäßigen Ausdruck, als der kleine Reichert nach einer wirklich famosen Einzelleistung von Pfaff auf dessen haargenaue Vorlage ins Schwarze traf. Nach dem Wechsel brach dann das Verhängnis mit Wucht über die „Bayern" herein. Wölfl war kaum ausgeschieden da gab es einen Handelfmeter für die Eintracht, den Pfaff sicher einschoß. Als nun jeder an einen völligen Zusammenbruch der
„Bayern" glaubte, kam es wieder einmal ganz anders. Eine Viertelstunde
lang ließen sich die Frankfurter von den Münchenern in die
Defensive drängen und konnten es nicht verhindern, daß nach
einem Rechtsangriff Scholz das ungemein wichtige Anschlußtor erzielte.
Aber dann besann sich die Eintracht auf den Ernst der Lage. Ihre Seitenläufer
drückten wieder nach vorn, Pfaff und Kraus II leiteten Angriff auf
Angriff ein, und der lange Kraus schoß mit einer Umständlichkeit,
die ihresgleichen sucht, geradezu im Zeitlupentempo das dritte Tor, dem
schließlich der aufmerksame Reichert das vierte folgen ließ,
als wiederum Pfaff mit einem Täuschungsmanöver und einer sauberen
Vorlage die „Bayern"-Deckung mattgesetzt hatte. (aus dem
'Sport-Magazin' vom 27.09.1950) |