Eintracht Frankfurt - Viktoria Aschaffenburg

Oberliga Süd 1946/47 - Nachholspiel (Abschlusstabelle)

1:2 (1:1)

Termin: 16.07.1947
Zuschauer: 10.000
Schiedsrichter: Schremp (Karlsruhe)
Tore: 1:0 Edmund Adamkiewicz (30.), 1:1 Wuttke (39.), 1:2 Scholl (73.)

 

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt Viktoria Aschaffenburg

 


  • Ricker
  • Bachmann
  • Meining
  • Mautz
  • Bundschuh
  • Jany
  • Scholl
  • Schütze
  • Wuttke
  • Dennig
  • Budion

 

Trainer Trainer

 

Das Spiel der langen Gesichter

Eintr. Ffm. — Vikt. Aschbg. 1:2

Es war wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Achttausend Frankfurter kamen an einem Mittwochabend auf den Bornheimer Hang, mischten sich dort mit zweitausend Aschaffenburgern, um den Kehraus der Oberliga zu feiern. Ja, dachten sie, man muß die Feste feiern, wie sie fallen, die Paarung hieß zwar nur Eintracht-Aschaffenburg — aber wie lange mußte man jetzt entbehren, was allen so ans Herz gewachsen ist. Dieses Kribbeln durch den ganzen Körper, wenn man auf die Tore wartet.

Und dann kam es ganz anders. Anfangs lächelte man noch unter Stöhnen, wenn Gärtner mit seinen Luftlöchern die ihn umgebende Atmosphäre in einen Schweizerkäse verwandelte, man schüttelte noch gnädig-unwillig den Kopf, wenn die Stürmer nicht aufpaßten. Das Eintracht-Spiel würde wieder rollen! Es würden wieder die Kreisel gezogen, die Wirbel würden aufspritzen, die Aschaffenburger würden mit langen Gesichtern hinter den unerreichbaren Vorlagen laufen, so dachte man. Aber die Zeit schritt voran. Sie brachte Enttäuschungen, große und kleine — und während die Aschaffenburger immer strahlender aussahen, wurden die Frankfurter Gesichter lang.

Wer war nun der große Zauberer, der die Eintracht so klein und die Viktoria so groß machte? Es war der Mann mit der Brille im weißen Leinenanzug, der oft beschwörend während des Spiels seine Hände flattern ließ — Hermann Lindemann! Sollen wir's ihm übelnehmen, daß er die Arznei mixte, die die Eintracht betäubte? Er ist heute Trainer Aschaffenburgs, und für die Bayern ging es darum, mit dem FSV punktgleich zu werden, um bei einem Abstieg von sechs Vereinen noch mit von der Partie zu sein! Die außerdem die Chance hatten, noch Neckarau zu überflügeln!

Und so ging es nach Lindemanns Regelbuch: jeder Mann der Viktoria deckt einen Mann der Eintracht. Will sich ein Eintrachtler entfalten, muß er erst einmal über Aschaffenburger Stiefel stolpern. Die Medizin war richtig gebraut! Die Eintracht stolperte und spielte nicht. Sie brachte es nicht fertig, sich in der Sommerwärme so abzuhasten, wie es die Aschaffenburger konnten, die neunzig Minuten lang in Jupp-Merkens-Tempo jeden Ball erspurteten, ihre Kraft einsetzten und sich noch den Ball in bewundernswerter Sicherheit zuspielten. Meining, robustester Mann, verteidigte wie ein eiserner Kehrbesen, der linke Sturmflügel jagte durch die Eintracht-Verteidiger wie Rennpferde über Hürden.

Die Eintracht wehrte sich ihrer Haut, Sie wurde hart, und lächerlich geradezu, wenn einer sagen wollte, sie hätte den Sieg verschenkt. Sie hat in großen Spielen ihr Bestes gegeben, sie erlag einem unerwartet stürmischen Gegner, für den dieses Spiel das Ein oder Alles war. Gärtner und der spielentwöhnte Ließem waren hinten die Ansatzpunkte, um den Reißverschluß aufzureißen, im Sturm hingen die Flügel matt, und Adamkiewicz setzte sich mit Bärenkraft ein, aber weil die Kräfte in der Aschaffenburger „Nahkampfdiele" so sehr i zermürbt wurden, fehlte schließlich doch die große Konzentration beim Toreschießen, die gegen einen Torwart wie Ricker notwendig ist.

Wirsching war der erste, der frei vor dem Tor stand und den Mann anschoß. Adamkiewicz köpfte bei einer Ecke aufs ungedeckte Tor, wie aus der Erde gestiegen, war ein Aschaffenburger da, den Ball herauszuköpfen. Die Aschaffenburger hatten mehr, aber nicht so klare Gelegenheiten, aus einem Durchbruch heraus schoß schließlich Adamkiewicz, seinen Bewacher kräftig von sich abschüttelnd und über den herausgelaufenen Ricker hebend, das Führungstor, Dann fand Kraus das leere Tor nicht! In der 39. Minute verursachte Gärtner in unnötiger Hitzigkeit einen Freistoß, der Wuttke den Ausgleich ermöglichte. Kurz nach der Halbzeit hatte es noch einmal Adamkiewicz in der Hand. Nach guter Kombination verfehlte er wieder das leere Tor, Kraus und Baas trafen den Tormann. Indessen rollten die Aschaffenburger Angriffe, von der Frankfurter Deckung allzu leicht genommen, aufs Tor, und Turek bewährte sich. Bis er in der 28. Minute einen bereits gefangenen Ball zur Erde rollen ließ und Scholl hinzuspringend einschoß. Das war das Ende. Denn nun war die Aschaffenburger Abwehr noch massiver, noch zahlreicher, noch härter, und das 2:1 wurde bis in die 89. Minute gehalten, als der Schiedsrichter just bei einem Eckball überraschend abpfiff.

Im übrigen war Schremp-Karlsruhe seiner diffizilen Aufgabe gut gewachsen. (aus 'Der neue Sport' vom 21.07.1947)

 

 


 

 

Zwei frühere Eintracht-Spieler schlagen Eintracht

Manchmal liegt es nur am „Dirigenten", der das Orchester zusammenhält. Hermann Lindemann. Aschaffenburgs Trainer war es, der die Schliche der Eintracht kannte und seinen Aschaffenburgern einen Schlachtplan zurechtlegte, der sich bewährte. Mann für Mann der Eintracht war markiert; das kostete die Eintrachtspieler Kraft und Schwung, sie wurden nervös, kopflos. Und dann: Die Aschaffenburger kämpften mit einem bewundernswerten Eifer, sie waren so schnell, daß sie immer wieder die Bälle erjagten. So war der Sieg der Bayern völlig verdient und die Frankfurter wären von ihrer Elf sehr enttäuscht. Sie brachten während des ganzen Spiels nichts zuwege.

Eines allerdings muß festgehalten werden: Obwohl die Bayern mehr vom Spiel hatten, fielen der Eintracht die klareren Torgelegenheiten zu, und wenn ihre Sehußkraft konzentrierter oder Torwart Ricker weniger sicher gewesen wäre, hätte sie wahrscheinlich doch gewonnen. Schwach waren vor allem Gärtner und Ließem, gut dagegen Bechtold in der Eintracht-Deckung. Im Sturm kam keiner an Leistungen heran, wie man sie von der Eintracht in den letzten Spielen gesehen hatte. Aschaffenburgs Stärke war zunächst der linke Sturmflügel, dazu der Verteidiger Meining, der .allerdings zu robust spielte. Wie überhaupt die Aschaffenburger eine harte Note ins Spiel brachten, die die Frankfurter mit übernahmen und die dem sehr aufmerksamen Schiedsrichter das Letzte abverlangte. Er hat seine Aufgabe gut gemacht! (aus dem 'Sport' vom 23.07.1947)

 


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