Eintracht Frankfurt - Fortuna Düsseldorf

Tschammer-Pokal 1940 - Achtelfinale (Reichsebene)

2:3 (1:1)

Termin: 29.09.1940
Zuschauer: 8.000
Schiedsrichter: Bernhard (Bad Homburg)
Tore: 0:1 Pickartz (15.), 1:1 Karl Röll (18.), 2:1 Adam Schmitt (61., Efmeter), 2:2 Kobierski (77.), 2:3 Pickartz (82.)

 

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Eintracht Frankfurt Fortuna Düsseldorf

 


  • Ernst Albrecht
  • Paul Janes
  • Bornefeld
  • Zwolanowski
  • Krüger
  • Schenk
  • Karpes
  • Pickartz
  • Gühler
  • Czaika
  • Kobierski

 

Trainer Trainer
  • Heinrich Körner

 

 



('Frankfurter General-Anzeiger' vom 28.09.1940)

 

 

Frankfurts Rhein-Main-Partie

Fortuna Düsseldorf — Eintracht Frankfurt 3:2

Herrliches Spiel von Paul Janes!
Kobierski überlistete Moog Mal um Mal
Fortuna-Sieg mit Albrecht als - Torwart!

Frankfurt a.M., 29. September

Noch eine Viertelstunde vor Spielschluß führte die Eintracht auf eigenem Platze 2:1. In einem Pokalspiel pflegt das zumeist zu genügen. Es zeigte sich jedoch wieder einmal, daß der Eintracht das letzte Stehvermögen fehlt. Sie ließ sich überrennen und aus war der Traum.

Die Entscheidung in diesem spannenden Spiele vor 12000 Zuschauern brachte die unvergleichliche Technik des „alten" Kobierski, der so lange Zeit Deutschlands unbestritten bester und elegantester Linksaußen war. Es stellt Kobierski ein besonderes Zeugnis aus, daß er bei seinen entscheidenden Vorstößen jeweils den Verteidiger Moog überwinden mußte und überwand, also einen jungen Internationalen, für den Herberger dieses Jahr viel übrig hatte.

Es ist auch zu berichten, daß Fortuna schon in der ersten Viertelstunde großes Können zeigte und eine Überlegenheit herausschuf. Der Halblinke Pickartz, Fortunas bester Stürmer, schoß dabei das Führungstor. Dann kam die Eintracht auf, und der Urlauber Röll konnte zeigen, daß er den Torschuß, seine Spezialität, noch beherrschte. So ging es 1:1 in die Pause. Für das Publikum war das Spiel von Janes das Hauptthema.

Nach Halbzeit suchten beide Mannschaften die Entscheidung, und das Spiel wurde härter. Janes besonders begann etwas ruppig zu werden, wie das schon beim Rumänienspiel hier aufgefallen ist. Er verschuldete damit auch einen Elfmeter-Strafstoß, den Adam Schmidt verwandelte. Dieser Elfmeter hätte das Spiel entscheiden können, wenn nicht Kobierski die anfangs beschriebene Wendung gebracht hätte. Den Ausgleichstreffer schoß dabei Kobierski selbst, während er für das Entscheidungstor in der 38. Minute einen Flankenball zu Pickartz schickte.

Fortuna ist eine so bekannte Mannschaft, daß über sie nicht viel gesagt zu werden braucht. Immerhin bildete der Umstand ein Kuriosum, daß als Ersatzmann im Tor der frühere Rechtsaußen Albrecht stand und sich auch dort bewährte! Besonderes Interesse brachte man dem jungen internationalen Mittelläufer Krüger entgegen. Man hatte dabei den Eindruck, daß er die Klasse seines Vorgängers Bender noch nicht erreichte. Solche Vergleiche sind natürlich immer problematisch. Sicher ist, daß Fortuna mit dieser Mannschaft ihre Favoritenstellung behält.

Die Eintracht hatte eine sehr starke Besetzung und gab einen ebenbürtigen Gegner ab, wich jedoch auch vor der Härte des Gegners zurück. Eine richtige Pokalmannschaft ist sie noch nie gewesen. (aus dem 'Fußball' vom 01.10.1940)

 

 


 

 

Albrecht mußte in's Tor der Fortuna

Die Düsseldorfer waren bessere Pokalkämpfer als die Frankfurter

Von unserem nach Frankfurt entsandten Hauptschriftleiter

Am Samstagabend empfing uns Heinz Körner, der Sportlehrer der Fortuna, in recht verdrießlicher Stimmung: „Was soll ich Ihnen sagen? Der Wurm ist drin. Wir sind ohne Torhüter. Glowacki ist plötzlich erkrankt. Ich weiß mir keinen Rat, aber die Mannschaft richtet einen wieder auf. Das sind Prachtburschen. Die haben eine Stimmung, als wenn es um gar nichts ginge und das Spiel nur so nebenher erledigt werden müßte. Und alle zehn wollen Torhüter spielen. Aber das geht natürlich nicht. Jetzt sind Albrecht und Kobierski in der engeren Wahl. Morgen früh geh ich mit den Beiden trainieren. So ein Pech, denn es ist uns gelungen, mit einer Bombenmannschaft hier in Frankfurt anzurücken. Glowacki kann uns am nächsten Sonntag vielleicht schon zur Verfügung stehen. Müßte er längere Zeit aussetzten, dann müßte ich zum sechsten Male innerhalb Jahresfrist auf Torhüter-Suche gehn!"

*

Die Eintracht, die durch den unentwegten Balles drei Tische weiter vertreten war, durfte von dieser Misere natürlich nicht erfahren. „Sie werden's noch rechtzeitig erfahren", meinten die beiden Namensvetter vom Fortuna-Präsidium: Der lange Jansen, der Spielausschußobmann, der sich mit einem „s" schreibt, und der kleinere, wohlbeleibte, der Schatzmeister Janssen. Man setzte sich zusammen. Körner tauschte mit Peter Szabo alte Erinnerungen aus von Spielen des MTK. gegen Rapid, die vor 20 und 25 Jahren ausgetragen wurden. Auch Soldaten waren in der Runde. Alfons Moog. („Bei uns spielt er rechter Verteidiger", triumphierte Freund Balles, als wenn das sowas wie eine Entdeckung der Eintracht wäre. Kopfschüttelnd meint Karl Zimmer: „Und dabei ist Kolb ein ausgesprochen guter rechter Verteidiger, und Moog sollte links spielen".) Und dann mußten wir erst genau hinsehen. Ja, richtig, der Feldwebel, der noch mit dabei saß, war Erwin Schädler, der vom nächsten Sonntag ab die Eintracht-Läuferreihe als Gastspieler verstärken wird.

*

Das Torhüter-Sondertraining der Fortuna ist zufriedenstellend verlaufen. Albrecht und Kobierski verstehen auch dieses Handwerk. Die Wahl Körners fiel schließlich auf Ernst Albrecht Und bis zum Spielbeginn hatten die Düsseldorfer nur den einen heißen Wunsch, daß die Frankfurter nicht nach Herzenslust auf den Kasten knallen mögen! Nun, die Eintrachtstürmer taten der Fortuna den gewünschten Gefallen, und sie erwiesen sich überhaupt viel zahmer, als man erwartet und als die Düsseldorfer befürchtet hatten. Und es zeigte sich auf dem Spielfeld, daß diese Fortunamannschaft in der Tat in prächtiger Stimmung gewesen ist, vollkommen unbeschwert von irgendwelchen seelischen Erregungen oder irgendwelcher Unsicherheit. Ehe Ernst Albrecht zum ersten Male eingreifen mußte - und auch da hatte er sich nur um einen von dem stämmigen und etwas zu robusten Verteidiger Bornefeld zurückgespielten Ball anzunehmen - hatte die Fortuna schon vier Eckbälle aufweisen können, dazu einen Lattenschuß von Czaika und einen Lattenschuß von Pickartz, dem schnellsten, entschlossensten und gefährlichsten Stürmer der Fortuna.

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So also lief die Partie. Die Frankfurter wußten gegen das schnelle Zusammenwirken der Düsseldorfer und gegen die sich in immerwährender Bewegung befindliche Mannschaft gar keinen Rat. Und niemand war überrascht, als es Pickartz nach einem prachtvollen Alleingang glückte, die Fortuna mit 1:0 in Führung zu bringen. Das war in der 15. Minute, und erst jetzt fand sich die Eintracht zusammen. Es klappte mit einem Male gut, sehr gut sogar, und als dann der Rechtsaußen Röll einen wunderschönen Ziehball von Wirsching aus der Luft direkt und unhaltbar verwandelt hatte, das Spiel 1:1 stand, da sah die Anhängerschar der Eintracht alle Hoffnungen wiederkehren. Adam Schmitt arbeitete ein tüchtiges Pensum weg, war überall zu finden, half überall aus, aber im entscheidenden Augenblick, wenn er vorne mit ganzer Kraft gebraucht wurde, da reichte es nicht mehr ganz. Und so war auch die ganze Eintracht: Nette, schöne Ansätze, aber nicht mehr. Immer war ein Düsseldorfer da, und immer war dieser Düsseldorfer im Start und auf der Strecke schneller, und es schien auch, als ob dieser Duseldorfer auch weniger und geschickter gewesen wäre. An Anfeuerung für die Eintrachtspieler fehlte es gewiß nicht. Die leichtesten Tricks wurden lebhaft applaudiert, allein mit ihnen gewinnt man noch lange kein Pokalspiel.

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Eine Zeit lang ging es sehr aufgeregt zu. Nach Hilfe suchend, blickten die Spieler beider Mannschaften bei den Zusammenstößen, bei den kraftvollen, körperlichen Zweikämpfen, bei den vielen kleinen, aber hindernden Vergehen auf den Schiedsrichter. Aber dieser Mann ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Er pfiff entweder gar nicht oder falsch. Die Düsseldorfer, die nun in schweren Kämpfen mehr Erfahrung haben, wußten schneller Bescheid als die Frankfurter, und sie taten das, was jeder gerissene Taktiker tut: Sie nützten, sehr zum Verdruß der Eintrachtanhänger, diese Schwäche des Schiedsrichters aus. Man kann ihnen keinen Vorwurf machen. Ihren Höhepunkt erreichte diese Krisenstimmung in den ersten zehn Minuten nach der Pause. Da ward es schließlich auch dem Schiedsrichter zu bunt, und er suchte sich ausgerechnet das harmloseste Vergehen zu scharfem Einschreiten aus. Paul Janes hatte den, allerdings ohne Ball anbrausenden Röll nach rauher Männersitte gerempelt. Den Elfmeter verwandelte Adam Schmitt unhaltbar, und die Eintracht führte 2:1. Wenige Augenblicke später wäre ein Strafstoß viel berechtigter gewesen, als Paul Janes den Eintracht-Mittelstürmer Arheilger auf der Torraumlinie zuerst festhielt, dann hinwarf und schließlich noch mit dem Bein festhielt. Es läßt sich denken, daß die Gesten des Schiedsrichters keineswegs zur Beruhigung beigetragen haben.

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In der Folge sah es dann nicht gut aus für die Fortuna, deren Läuferreihe eine Schnaufpause einschaltete und dem Sturm nicht die Unterstützung lieh, die nach Körners Aussagen der Fortunasturm braucht: Gutes, weites Zuspiel, schnelles Spiel. Allein die Eintrachtspieler waren nicht imstande, diese kritische Zeit auszunützen. Der Frankfurter Sturm bildete alles andere als eine Angriffsreihe. Es fehlte der Zusammenhang und dieser fehlte die Verständigung. Es fehlte aber vor allein an der Kondition, an der Kampffrische und an der Schnelligkeit. Gegen eine Meisterelf, wie sie die Fortuna ist, kann man nur dann Aussicht auf Erfolg haben, wenn man sich ihr topfit gegenüberstellt. Die ausgezeichnete Kondition ist das Geheimnis der Fortuna. Sie erleichtert jedem der elf Könner, sein Können voll auszuspielen. Natürlich war da Paul Janes wieder ein Meister. Er spielte einfach großartig, ersetzte zwei Spieler, war schnell und ballsicher, schlagsicher und sehr geschickt im Stellungsspiel. Diese Form muß er am nächsten Sonntag haben. Auf der Gegenseite stand sein nächstsonntägiger Partner, Alfons Moog. Er schnitt bei weitem nicht so gut ab wie Janes. Seine Leistung war unbeständig, sein Auftreten unsicher. Tau Kobierski fand bei Moog wenig Widerstand. Und es war schließlich in der 77. Minute ein krasser Fehlschlag Moogs die Ursache für den Ausgleich der Fortuna, der in diesen Minuten starker Frankfurter Ueberlegenheit wie eine unerwartete Bombe ausschlug. Kobierski hatte freie Bahn, lief bis ganz nahe ans Tor und schoß den Ball dann seelenruhig ganz knapp an dem verdutzten Frankfurter Torhüter Fischer vorbei ein.

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Dieser Ausgleichstreffer war für die Fortuna mehr als ein Signal, nun erst recht auf den Sieg loszusteuern. Und fünf Minuten später war er schließlich auch schon geschafft. Und mit einem so prachtvollen Kopfball von Pickartz (der eine fein berechnete Flanke Kobierskis verwandelte), daß selbst die Frankfurter dieser Leistung ihre Anerkennung nicht versagten. Acht Minuten waren nur noch zu spielen, und da mußte der Sieg verteidigt werden. Czaika wechselte seinen Platz mit Schenk, einem eleganten Techniker, dem es aber noch an Härte fehlt. Janes und der das ganze Spiel hindurch eine vorbildliche Stopper-Leistung vollbringende Krüger richteten nun im Verein mit Bornfeld—Czaika ein Bollwerk auf, das von der Eintracht nicht mehr zu erschüttern war. Im Gegenteil: der weit vorne postierte Gühler beunruhigte die Frankfurter Verteidigung nachhaltig und wirkungsvoll, und mit einem schönen, gezogenen Weitschuß von Paul Janes klang das Pokalspiel aus.

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Erfahrung ist ein sicheres Unterpfand, um aus den schlimmsten Lagen herauszukommen. Die Fortuna hatte sich für dieses Spiel eine besondere Taktik zurechtgelegt: der Ball muß möglichst lange in der eigenen Mannschaft bleiben. Auch wenn's umständlich ist und wenn's zu sehr in die Breite geht. Der Gegner darf den Ball nicht bekommen. Und ganz genau und haarscharf muß gedeckt werden. Das war die Richtschnur, die den Fortuna-Spielern mitgegeben wurde, und sie wurde peinlichst befolgt. Kein Mann der Eintracht-Mannschaft sann auf ein wirksameres Gegenmittel, jeder spielte „seinen Stiefel herunter", so gut und so schlecht es eben ging, und Adam Schmitt sowohl wie Arheilger wie Wirsching dachten gar nicht daran, es der Fortuna gleichzumachen und die Bälle ebenso schnell abzuspielen und weiterzuleiten. So hat die Eintracht den Düsseldorfer Kameraden die Aufgabe sehr erleichtert. Denn im Nahkampf kommt keiner Paul Janes oder Bornefeld so leicht bei. Röll hätte die Kraft und das Können gehabt gegen Bornefeld sich durchzusetzen, ihm aber fehlte der mitreißende Schwung und die Unterstützung von innen. Aber das werden die Innenstürmer wiederum von Röll und von Schminke, den Außenstürmern, auch sagen, und so wird es der ordnenden Hand des Sportlehrers bedürfen, hier eine Linie zu finden und zu sagen, wie es besser gemacht werden kann.

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Ernst Albrecht hatte nicht viel Gelegenheit, seine Torhüter-Kunst zu beweisen. Janes und Bornefeld nahmen ihm viel Arbeit ab, und die Frankfurter Stürmer gaben ihm so gut wie gar keine Gelegenheit, daß er sich hätte auszeichnen können. Da hatte — trotz oft langer Ueberlegenheit der Eintracht — der Frankfurter Torhüter viel öfters einzugreifen, und Fischer entledigte sich seiner Obliegenheit mit Geschick und einer vertrauenerweckenden Sicherheit. Ich glaube, es hätte mit vertauschten Torhütern für die Frankfurter sehr schlimm ausgesehen. Moog—Kolb hielten keinen Vergleich aus mit Janes—Bornefeld, aber die Läuferreihe der Eintracht hatte zuweilen den Düsseldorfer Läufern einiges voraus. Lehmann, der Gastspieler aus Freiiburg, rackerte sich gewaltig ab, in zermürbenden Kämpfen gegen Gühler, Czaika und Pickartz will schon bestanden sein. Zumal von der eigenen Angriffsreihe nur wenig Hilfe und Unterstützung zu erreichen war. So kann man zusammenfassend und abschließend sagen, daß die Fortuna das Spiel verdient gewonnen hat, und daß es sehr für die Kampfkraft dieser Mannschaft spricht, wenn sie unter so mißlichen Umständen eine so achtunggebietende Leistung herausbringen kann.      Hanns J. Müllenbach. (aus dem 'Kicker' vom 01.10.1940)

 

 


('Frankfurter General-Anzeiger' vom 30.09.1940)

 

 

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