SV Wiesbaden - Eintracht Frankfurt |
Gauliga Südwest 1939/40 - 1. Spieltag
1:1 (0:0)
Termin: 27.08.1939
Zuschauer: 3.000
Schiedsrichter: Hermann (Ludwigshafen)
Tore: 0:1 Albert Wirsching (47.), 1:1 Neise (65.)
SV Wiesbaden | Eintracht Frankfurt |
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Trainer |
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Eintracht holt einen Punkt in Wiesbaden Vor der Wirtschaft auf dem Platz an der Frankfurter Straße stehen lange Tische. Männer mit weißen Armbinden registrieren ankommende Autos, die für die Wehrmacht sichergestellt werden. Zwischen jeder Eintragung' wischen sie sich den Schweiß von den Gesichtern; die Schwüle ist kaum zu ertragen, das Schreiben macht schon Pein, wie soll das eist nachher beim Fußball werden? Die Mienen der Eintrachtführer Ewe und Gramlich aber sind nicht nur deshalb gedrückt. Man hat Aufstellungssorgen bei den Riederwäldern, Röll und Linken sind unabkömmlich, die beiden hurtigen und schußgewaltigen Flügel, und hinten fehlt der Verteidiger Groß. In diesem Augenblick weiß man auch noch nicht, ob Arheilger kommen kann, der in Mainz gebraucht wird. Aber da taucht er ja auf, der Arheilger, im Schlepptau des Eintrachtpaladins Baldes, der ihn glücklich über den Rhein gelotzt hat Die Wiesbadner sind, man muß schon sagen merkwürdigerweise, komplett! Für diesmal wenigstens; in den nächsten Tagen werden sich auch ihre Reihen lichten. Die Ränge sind nicht stark besetzt, gar mancher der Anhänger trägt schon die Waffe, andere bereiten sich auf den Ehrendienst vor. So sind die Kassierer um das Zugstück gekommen, das sonst die Begegnung SVW. gegen Eintracht in Wiesbaden bedeutete. Wenn wir die Menge auf 3000 Personen schätzen, sind wie vielleicht noch zu optimistisch gewesen. Die Eintracht hat diesmal nicht ihren großen Tribünentroß mitgebracht. Aber wie stets ist die Olympiasiegerin Tilly Fleischer bei „ihrer" Elf. Die Reserven trennten sich mit 1:0 für Eintracht, deren Linksaußen mir sehr gefallen hat. Dann gehts los. Nach einer Viertelstunde stellen wir fest, daß Wiesbaden bis dahin etwas mehr vom Spiel hatte, daß aber hüben und drüben nichts geschehen war, was die Erzielung eines Tores gerechtfertigt hätte. Hier vergibt Adamkiewicz eine Sache und dort Neise. Der Eintrachttormann Fischer stellt sich gut, läßt aber ein paar Bälle fallen. In der 22. Minute tritt Wiesbaden die erste Ecke das Kampfes, dann ist gleich darauf Eintracht ebenso beschäftigt. Das Spiel ist von der 15. bis zur 30. Minute recht ausgeglichen und wenig begeisternd. Mein Himmel, es gibt Entschuldigungen dutzendweise: die brühheiße Waschküchenluft, der wahrhaftig erklärliche Mangel an Konzentration der Spieler auf den Ball, die Schwächung der Eintrachtelf durch Ersatzgestellung, die Behinderung Piszczeks durch eine Verletzung vom Vorsonntag, das sind einige der Gründe. Die Arbeit des Eintrachtsturmes ist ohne Röll und Linken (auch der Ersatzmann Lindner war nicht „greifbar") eine halbe Sache. Zudem kann sich Adamkiewicz sichtlich gar nicht mit dem energischen Stopperspiel von Fuchs befreunden. Und so kommt es, daß die Frankfurter, als sie jetzt in der letzten Viertelstunde des ersten Aktes besser zum Zug kommen und mehr vom Spiel haben als der Gegner, auch nichts erreichen, sondern warten müssen bis nach dem Wiederanpfiff. Da passiert es in der 47. Minute: Opper gibt nach schönem Linienspurt an Adamkiewicz, der an den auf halblinks gelaufenen Wirsching weiterleitet. Wirsching schießt sofort, fast aus denn Stand, und das Leder spritzt unter die Latte. Jetzt endlich bekommt das Geschehen etwas mehr Farbe. Wiesbaden dreht mächtig auf, und die Eintracht muß zeitweise gewaltig rudern, um sich der Brandung zu erwehren. Da ist aber der prächtige Lindemann der richtige Kapitän! Dazu kommt, daß Wiesbadens Innensturm meist viel zu umständlich handelt, besonders Grigutsch fällt da auf, daß der Linksaußen Fleisch gerade immer dann innen steht, wenn eine Vorlage auf seinen Platz am Flügel fliegt, daß Neise eher ein Verbinder als ein Mittelstürmer ist, also, nehmt alles nur in allem: daß Wiesbadens Sturm nicht auf Touren kam. Vielen guten Einfällen des im übrigen nicht in voller Form befindlichen Piszczek fehlte der Vollstrecker. So blieb es beim Ausgleich, den Neise in der 65. Minute auf Vorlage Gundlichs schoß. Neise hätte auch den Sieg herausholen können, aber diesmal war sein Schuß so schwach, daß Fischer den Ball gerade noch wegtreten konnte. Dann wieder machte Wiesbadens Hintermannschaft einen derart sorglosen Eindruck, daß auch der zweite Punkt wiederholt in Gefahr geriet. Einmal schlug Fuchs ganz großartig Adamkiewicz im allerletzten Moment die Kugel vom schußbereiten Fuß. Mit 1:1 Toren und 3:2 Ecken ging man dann an die Kaffeetafel. (aus dem 'Kicker' vom 29.08.1939)
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