FV Saarbrücken - Eintracht
Frankfurt |
Gauliga Südwest 1937/38 - 18. Spiel
2:4 (1:2)
Termin: 27.03.1938
Zuschauer: 8.000
Schiedsrichter: Hermann (Ludwigshafen)
Tore: 1:0 Benzmüller (4.), 1:1 Albert Wirsching (31.), 1:2 Fritz Linken (41.), 2:2 Benzmüller (63.), 2:3 Fritz Linken (83.), 2:4 Albert Wirsching (88.)
FV Saarbrücken | Eintracht Frankfurt |
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Trainer |
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Eintracht-Triumph in Regengüssen Der Berichterstatter sitzt, wie vor acht Tagen, in einer Stadt, die der Industrie gehört. Am Horizont weht eine Hochofenflamme. Aber wie hat sich das seelische Bild verändert! Vor einer Woche war die Eintracht eine zusammenhanglose Gesellschaft von elf Spielern, die auf eigene Faust kämpften. Diesmal war sie eine echte Mannschaft. Vor einer Woche wurde sie im grellen Sonnenschein immer gelähmter und müder. Heute lief sie stark in den ununterbrochenen Wasserschwällen im Ludwigspark zu immer größeren Leistungen auf. Welch eine Szenerie! Wolken tief über dem Frühlingspark, achttausend Menschen, die nichts sehnlicher wünschten als den Sieg des FV. Saarbrücken. Die Blauschwarzen müssen noch Angst vor dem Abstieg haben, die Neunkirchener, fast 2000, die zum großen Teil mit einem Sonderzug kamen, rechnen mit einer neuen heillosen Verwirrung der Eintracht. Nach drei Minuten schreien diese Achttausend ihren hellen Jubel hinaus. Die Eintracht ist 1:0 geschlagen. Stubb ist schon in der ersten Minute verletzt worden, er wehrt zu knapp ab, Benzmüller nimmt ihn direkt und haut ihn mit herrlicher Wucht unter die Latte, daß er weit wieder herausspritzt. Aber während die Eintracht in Neunkirchener „Form" nun zusammengebrochen wäre, baute sie jetzt auf, spielte sie mit nachdrücklicher Flachheit auf, setzte sie ihre Flügel in Bewegung und nahm sie das Spiel fest in die Hand. Sie begann es zu beherrschen. Und während sie in Neunkirchen lange verteidigen mußte, zwang sie in Saarbrücken dem Gegner ihr Gesetz auf. Einem ausgezeichneten Gegner. Diese Saarbrücker waren nicht nur hart und schnell, sie hatten Spieler von Klasse in ihren Reihen: diesen Resch, diesen Becker, diesen Benzmüller und Sold! Der Fußballverein gab sich nie geschlagen. Er verzagte nicht beim 2:1, trotz des Dominierens der Eintracht, er schoß den Ausgleich und er hatte eine unerhörte Gelegenheit, in Führung zu gehen — erst als er diese ausgelassen hatte, war er endgültig besiegt. Es war eine tolle Nervensache. In den letzten zehn Minuten vor der Pause schossen Wirsching und Linken das 2:1, in den letzten zehn Minuten vor Ende besorgten Linken und Wirsching das 4:1. Benzmüller, der das erste Tor trat, schoß auch das zweite. In diesen wenigen Sätzen liegt ein echtes Fußballdrama beschlossen. Es ging aufgeregt und hart her, aber alle Spieler blieben Sportsleute. Die Eintracht braucht keinen Rechenschieber. Sie ist mit einem Punkt Vorsprung vor ihrem großen Rivalen Meister geworden. Im Ludwigspark hat sie gezeigt, daß sie kämpfen kann — und genau das war es, was man bisher bezweifelt hatte. (Weil man vergaß, daß die Elf in Pirmasens, Kaiserslautern und Wiesbaden gekämpft hatte.) Es war schon ein hinreißendes Gefecht „Wir können Ihnen wirklich nichts schenken!" sagte ein maßgeblicher Mann vor dem Beginn. Und Saarbrücken verschenkte nichts. Diese Fußballschlacht in Wolkenbrüchen war eine harte Erprobung. Ein Meister wurde auf Herz und Nieren untersucht. Nun: er war gesund. „Im Excelsior" trafen sie nacheinander alle ein, die Glücklichen, der Vereinsführer Söhngen, der treue Balles, die Spieler natürlich und Rudi Gramlich, der gerade in diesem letzten Kampf nicht mittun konnte, dem aber nicht vergessen werden darf, wieviel sein Mitwirken bei den ganzen Punktespielen bedeutet hat. Die Geigen spielen. Die schönen Mädchen tanzen vorüber. Röll sagt: „Ich bin viel zu glücklich, um ans Tanzen zu denken. Ich denke nur daran, wie schön es ist. daß wir es geschafft haben." Oswald, der Trainer, ist selig, daß sich die Mannschaftsumstellung bewährt hat. Möbs sagte nur bescheiden: „Dafür, daß es mein erstes Punktespiel seit langer Zeit war, bin ich einigermaßen zufrieden." Er kann es sein. Um den Ludwigshafener Schiedsrichter Hermann gab es ein paar Pfiffe. Er verdiente das wirklich nicht. r.o.k. (aus dem 'Kicker' vom 29.03.1938)
Und doch Eintracht Frankfurt! Eintracht Fr. — FV. Saarbrücken 4:2 Also: es langte doch noch diesmal. Die zur Meisterschaft fehlenden Punkte holte sich die tapfere Elf der Eintracht in Saarbrücken gegen einen Gegner, der sich in Abstiegsgefahr glaubt, und gegen die saarländische Zuschauerkoalition, die eine Meisterschaft Neunkirchens herbeisehnte. Diesmal hielten die Nerven etwas besser stand, obwohl auch hier Saarbrücken in Führung ging und später nochmals den Ausgleich schaffte. Aber Saarbrücken ist eben doch nicht so stark wie Neunkirchen. Sold und Benzmüller allein konnten die überlegene Eintracht nicht aufhalten. Die Frankfurter kamen mit neuer Aufstellung, die man skeptisch betrachten konnte. Der wiederhergestellte Möbs wurde nach sehr langer Pause eingesetzt. Man kennt seine Tugenden und seine Fehler. Zu den Fehlern gehört das lange Ballhalten, das den ganzen Sturm aufhält und hemmt. Diesen Fehler hat er nicht abgelegt. Es wird sich weiterhin in den nächsten Spielen zeigen, ob die Zusammenarbeit im Innentrio klappt. Der bisherige Mittelstürmer Arheilger, seiner Veranlagung nach eher ein Läufer, wurde für Gramlich eingesetzt. Die Mannschaften standen: Eintracht: Peutler; Groß, Stubb; Arheilger, Fürbeth, Lindemann, Röll, Wirsching, Möbs, A. Schmidt, Linken. Saarbrücken: Weiland; Saar, Seiler; Gelf, Sold, Becker; Wilem, Duwel, Benzmüller, Schmidt. Rech. 8000 Zuschauer waren zu diesem entscheidenden Kampf erschienen. Es ist eben im Südwestgau Tradition geworden, daß erst der letzte Spieltag über die Meisterschaft entscheidet, und daß höchstens ein Punkt, wenn nicht gar das Torverhältnis, den Ausschlag gibt. Saarbrücken ging in der 4. Minute durch Benzmüller in Führung. In der 31. Minute erst schoß Wirsching, Schützenkönig im Gau, bombig den Ausgleich. In der 41. Minute ermöglichte ein Schuß von Schmidt dem geschickten Linken, den Ball einzulenken. — Nach der Pause drohte die sichere Meisterschaft nochmals zu entweichen. In der 18. Minute schoß nämlich Benzmüller sein zweites Tor. Jetzt drohten Eintrachts Nerven zu versagen. Linken rettete jedoch erneut die Situation. Nach einem schlecht abgewehrten Schuß von Röll war Linken da und erzielte das dritte Tor in der 38. Minute. Damit war Schluß mit der Defensive, und es erwies sich wieder einmal, daß der Angriff die beste Verteidigung ist, denn 2 Minuten vor Schluß war Wirsching nochmals erfolgreich. Das Schußvermögen von Wirsching, die Intelligenz von Linken und die Einsatzbereitschaft der ganzen Elf haben im letzten Moment die Meisterschaft entschieden. Jetzt sollte mit besseren Nerven die Gruppenmeisterschaft in Angriff genommen werden. Dr. C.E.L. (aus dem 'Fußball' vom 29.03.1938)
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