Borussia Neunkirchen - Eintracht Frankfurt

Gauliga Südwest 1937/38 - 17. Spiel

3:0 (1:0)

Termin: 20.03.1938
Zuschauer: 12.000
Schiedsrichter: Groß (Ludwigshafen)
Tore: 1:0 Petri (40.), Kiefer (52.), Leibenguth (61.)

 

>> Spielbericht <<

Borussia Neunkirchen Eintracht Frankfurt

  • Müller
  • Malts
  • E. Welsch
  • Schneider
  • K. Welsch
  • Theobald
  • Kiefer
  • E. Leibenguth
  • Petri
  • Schmidt
  • Fuhrmann

 


 

Trainer
Trainer

 

Der Tag der Borussia

Erich Menzel hat über das Vorspiel berichtet. Er hatte das Vergnügen, die Eintracht loben und ihr sagen zu dürfen, sie sei die bessere Mannschaft gewesen, trotz des unentschiedenen Kampfes. Ich kann Borussia bestätigen, daß ihr Sieg mehr als verdient war. Sie hat in großem Stil gekämpft und in großem Stil gewonnen. Es ist schade, daß diese Elf die Hände in den Schoß legen und zusehen muß, wie auch das letzte Spiel in Saarbrücken endet. Gewinnt die Eintracht dort auch nur einen Punkt, dann ist sie Meister von Südwest. Ob sie diesen Punkt gewinnt, ist völlig ungewiß, nach allem, was wir heute auf dem Ellenfeld erlebt haben. Uebrigens, höher als 4:4 darf ein Unentschieden auch nicht werden, sonst hat Borussia das bessere Torverhältnis — und die Meisterschaft.

Im D-Zug nach Neunkirchen. Lindemann sitzt mir gegenüber. Er hat in dieser Woche zwei Tage im Bett gelegen. Er hat heute früh stundenlang Nasenbluten gehabt. Er ist allein mit mir. Halbverzweifelt fragt er mich: „Glauben Sie, daß sie mich wirklich nicht stellen?" Auf meine Frage: „Können Sie denn spielen?", sagt er ingrimmig, gläubig fast: „Ich kann spielen." Er spielte. Möbs war umsonst mitgefahren. Denn auch Adam Schmitt, der gegen Rüsselsheim einen schweren Sturz getan hatte, tat mit. Die Elf stand wie immer.

Neunkirchen. Das Hüttenwerk mit seinen Hochöfen und weißen Dünsten steht mitten in der Stadt. Rauchgeschwärzte Häuser, ein schmaler Bach, enge, winklige Straßen. Aber ruhig und schön auf den Höhen: der Wald. Die vielen Fahnen hellen das ernste Gesicht der Stadt auf. Die Märzsonne sticht. Wir Presseleute sitzen in einem Horst aus Stein hoch über den Menschenmassen. 12.000 sind anmarschiert. Kein Frankfurter Sonderzug; nur ein paar hundert sind mit Autos gekommen. Tief unten, zartgrün, liegt das Feld. Die mächtigen grünen Silos der Brauerei beherrschen die Höhe uns gegenüber. Dicht hinter den Presseplätzen drängen sich noch dicke Reihen von Menschen. Em fünfzehnjähriges Mädchen sagt: „Ich habe geträumt, die Borussia gewinnt." Was kann man gegen die Träume eines jungen Mädchens sagen?

*

Der schrille Pfiff zeigt das Ende an. Ein ungeheurer Jubel braust hoch. Borussia hat die Eintracht geschlagen! Geschlagen? Nein: der Frankfurter muß bekennen, sie hat sie eine Stunde lang deklassiert. So habe ich die Eintracht nie gesehen. So matt, so verspielt, so fern vom Flachspiel, so völlig zerfahren und nervös. Aber ich bekenne zugleich: nie sah ich Borussia in den letzten Jahren in solcher Form. Wie diese elf Männer mit dem schwarzen Brustring kämpften, das war hinreißend und begeisternd! Sie erschütterten das ganze Gefüge der Eintracht. Sie begannen nach wenigen Minuten, das Gesetz des Handelns zu übernehmen. Sie ließen nicht mehr locker, ehe es 3:0 stand. Dieses 3:0 ist nicht zu hoch. Denn wenn auch in den letzten zwanzig Minuten manchmal so etwas wie ein kümmerlicher Glanz des Eintrachtspiels aufbrach, wenn auch Schmitt und Wirsching einige Schüsse aufs Gehäus jagten, daß Müller seine wundervollsten Fangaktionen zeigen konnte.

Es war viel zu spät. Diese Dinge konnten nicht über das hinwegtäuschen, was Borussia zuvor gezeigt hatte: Ein meisterliches Spiel. Da wurde kein Ball länger als nötig gehalten, da gab es nichts von Spielerei, da war nur unbändiger Siegeswille, herrlicher, junger Schwung, am reinsten vielleicht repräsentiert von den jüngsten Leuten Schmidt, Kiefer, Schneider. Der 17jährige Schmidt ist eine große Begabung.

Wir sind im Hotel. Vor den Fenstern dehnt sich die graue Stadt im Abendglanz. Sie liegt jetzt sehr freundlich und still unter dem milden Himmel. Aus den Kaminen kommt leiser Rauch. Das Abendessen wird den Neunkirchenern heute schmecken. Man kann es verstehen. Bekümmert, resigniert sagt man bei den Eintracht-Anhängern: „Gegen uns spielen alle Mannschaften ihr bestes Spiel!" Man kann es nicht leugnen. Aber jede Meisterschaft will erkämpft sein.

Jetzt liegt alles am letzten Spiel. Saarbrücken wird am Sonntag den Ansturm ungezählter Massen erleben. Wenn der Fußballverein die Eintracht schlägt, ist Borussia Meister von Südwest. Fünftausend Neunkirchener wünschen den Sieg ihres Nachbarn aus heißem Herzen und — sehr egoistischen Gründen! Kann man es ihnen verdenken? Südwest bleibt in Spannung bis zum letzten Tag.      r.o.k. (aus dem 'Kicker' vom 22.03.1938)

 

 


 

 

Borussia siegt in großem Stil

Borussia Neunkirchen — Eintracht Frankfurt 3:0

Eintracht verlor nach dem 2. Tor die Nerven — Schnelle Borussia begeistert durch Rasse und Kampffreudigkeit — Schafft jetzt „Eintracht" noch den „einen Punkt zum Meistertitel"?

Neunkirchen, 20. März

Schon seit Jahren hat es die Eintracht nicht mehr fertiggebracht, im entscheidenden Moment da zu sein. Das aber ist das wirkliche, untrügliche Zeichen einer Klassemannschaft, einer richtig vorbereiteten Elf, daß sie in entscheidenden Gängen sich durchzusetzen vermag.

Die Eintracht konnte natürlich in Neunkirchen verlieren. Sie durfte unentschieden spielen. Sie brauchte nicht zu siegen, wenn das auch eine würdige Krönung gewesen wäre. Was sie aber nicht durfte, das ist ihr passiert: Neunkirchen siegte nicht nur erschreckend klar und überlegen 3:0, sondern es war auch die taktisch und kämpferisch überlegene Elf. Eintracht existierte nicht, wurde deklassiert.

Schon zu oft hat die Eintracht peinliche Überraschungen erlebt. Der Zusammenbruch bei dem entscheidenden Gang gegen Worms vor zwei Jahren, der Zusammenbruch gegen Offenbach in dieser Saison, das klägliche Spiel in Worms, das verrät alles eine gewisse Unreife, einen Mangel an innerer Vorbereitung. Denn am wirklichen Können, das erforderlich wäre, um solche Spiele für sich zu entscheiden, fehlt es bestimmt nicht.

Natürlich kann die Eintracht noch Meister werden, wenn sie nächsten Sonntag in Saarbrücken auch nur einen Punkt holt. Dann entscheidet das immer noch bessere Torverhältnis.

Der Borussia könnte man den Meisterkranz nach dieser wirklichen Meisterleistung schon gönnen. Ihr fehlte es nur etwas an Stehvermögen. Ein lächerlicher Reinfall in Rüsselsheim, der nicht passieren durfte und nicht ernst zu nehmen war, kostet vielleicht — es ist ja noch nicht entschieden — die Meisterschaft. Auf jeden Fall hat die alte Borussia bewiesen, daß sie nicht umsonst so gut gestanden hat, daß in ihr wirklich etwas steckt. Und das ist schon ein Gewinn für den Gau, dem es ja etwas an wirklich erstklassigen Mannschaften fehlte. Beide Mannschaften traten in der angekündigten, stärksten Aufstellung an. Bei der Eintracht wirkte auch Adam Schmidt mit, dessen Spielfähigkeit fraglich war und für den bereits Möbs vorgesehen worden ist. Möbs spielt sich bekanntlich in der Reserve nach seiner Verletzung langsam wieder ein. Die ersten 40 Minuten hielt die Frankfurter Hintermannschaft dem Druck Neunkirchens stand, dann schoß Petri nach der verunglückten Abwehr eines Eckballes ein. Mit einem 1:0, das noch nicht entscheidend war, ging es in die Pause. Nach der Pause hofften die zahlreichen Frankfurter vergeblich auf einen Umschwung. Schon nach 7 Minuten verwandelten die Borussen eine weitere Ecke durch Kopfball des ungedeckten Kiefer. Jetzt verloren die Eintrachtspieler vollends den Kopf. In der 16. Minute köpfte Leibenguth zum 3. Tore ein. Jetzt, nachdem das Spiel entschieden war, die Borussia verständlicherweise nachließ und nichts mehr auf dem Spiele stand, da fanden sich die Frankfurter etwas und ließen ihr Können erstrahlen.      J.Cl. (aus dem 'Fußball' vom 22.03.1938)

 

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