Wormatia Worms - Eintracht
Frankfurt |
Gauliga Südwest 1937/38 - 14. Spiel
2:0 (1:0)
Termin: 06.0.1938
Zuschauer: 7.000
Schiedsrichter: Weingärtner (Offenbach)
Tore: 1:0 Eckert (35.), 2:0 Busam (61.)
Wormatia Worms | Eintracht Frankfurt |
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Trainer
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Die vertagte Entscheidung - Beide Führer geschlagen Alle Propheten wußten es, alle Stammtische posaunten es, der jüngste Knabe der letzten Schülermannschaft stellte es fest: an diesem Sonntag fällt in Südwest die Entscheidung. Sie ist nicht gefallen, um es schlicht und einfach zu sagen. Beide Rivalen wurden geschlagen. Borussia verlor am Bornheimer Hang, die Eintracht brachte aus Worms eine der Niederlagen heim, die dort für sie traditionell geworden sind. Die Offenbacher Kickers holten in Wiesbaden nur ein 0:0, in Pirmasens aber besiegte der FC. im pfälzischen Derby die Kaiserslauterer 2:1. Der Sonntag hat die Lage also nicht nur keineswegs geklärt, er hat sie reichlich verwirrt, vor allem auch am Ende der Tabelle. Wer Rüsselsheim beim Abstieg begleitet, weiß man nicht: Kaiserslautern, Pirmasens, FV. Saarbrücken, oder, diese aber als letzte Kandidaten: Sportverein Wiesbaden und Fußballsportverein Frankfurt. Der Schlüssel zur Meisterschaft schien in Worms zu liegen. Die Eintracht wollte ihn holen. Der Schlüssel aber steht im Wormser Wappenbild, die Wormatia gedachte nicht, ihn sich abnehmen zu lassen. Man konnte selber kein Meister mehr werden, man hatte in Offenbach 2:7 verloren und das Vorspiel bei der Eintracht 0:4, aber das waren nur drei Gründe mehr, gerade die Eintracht zu schlagen. Der stärkste Gegner sollte die Waffen der alten Wormatia am klarsten spüren: Wille, Kampfkraft, Siegeslust. Worms hatte seinen großen Fußballtag. 7000 Zuschauer. 1500 Frankfurter dabei. Fieber, Aufregung, Debatten. Fünfundzwanzig Minuten gab es ein betörend schönes Eintrachtspiel zu sehen Kunststücke, hurtige Kombinationen, feine Schüsse von Röll und Adam Schmitt. Dann lief das erste Zittern durch die Mannschaft des Gegners. Die glänzende Abwehr der Wormatia, von Kiefer organisert, hatte die eherne Klammer des Eintrachtringes gesprengt. Wormatia griff an. Die ersten, gefährlichen Angriffe tasteten vor. Eckert verwandelte einen Eckball. Noch wankte die Eintracht nicht ernst, noch stand sie und spielte. Aber als eine kleine Weile nach der Pause Busam das zweite Tor getreten hatte, wurde Wormatia nun auch wirklich überlegen. Die Eintracht schien moralisch ermüdet. Es sollte nicht sein. Das einzige Pflaster für die Heimkehrenden in Sonderzug, Omnibussen und Privatwagen war eine Nachricht die beruhigend aus Frankfurt hertelephoniert worden war: der Fußballsportverein hatte den Hauptrivalen Borussia Neunkirchen 3:1 geschlagen. Die Ewitraoht liegt de facto noch zwei Punkte vor Borussia. Sie dürfte also in Neunkirchen geschlagen werden, und wäre dann, falls diese Niederlage niedrig ausfällt, immer noch Meister, weil sie das bessere Torverhältnis hat. Wieviel kann aber noch dazwischen kommen, wie bedenklich wäre es, heute schon zu kalkulieren! Denn Eintracht muß ja auch noch zum FV. Saarbrücken! Das Spiel der Zahlen geht weiter. (aus dem 'Kicker' vom 08.02.1938)
Worms, Eintrachts ewige Klippe ... Aber trotz Wormatias 2:0-Sieg bleibt Eintracht Fr. in Führung, da FSV.-Schützen-König Schuchard mit hat-trick Borussia Neunkirchen abriegelt Es ist seit einigen Wochen geradezu rührend anzusehen, mit welcher Einhelligkeit die Favoriten Eintracht und Borussia die fetten und die mageren Sonntage miteinander teilen. Sie gewinnen gemeinsam, sie verlieren gemeinsam. Vor einer Woche landeten sie Bombensiege, die Eintracht gegen Kaiserslautern 7:1. Borussia gegen Wiesbaden 5:1. und jetzt verlieren beide, Eintracht in Worms 0:2 und Borussia in Bornheim 1:3. Dem feinen Beobachter wird allerdings nicht entgehen, daß die Eintracht dabei doch ihren Vorteil wahrt und ihre Position verbessert. Denn schließlich hat ja die Eintracht einen Vorsprung von zwei Punkten, den sie also nur aufrechtzuerhalten braucht, um Meister zu werden. Dann aber verbessert die Eintracht fast unmerklich aber stetig ihr Torverhältnis gegenüber der Borussia. Mathematisch begabte Leser werden dabei errechnen können, daß sogar eine 0:2-Niederlage günstiger ist als eine solche von 1:3 Toren. Dem Sportsmann geht das zwar weniger ein, aber es ist nun mal so. Die Eintracht weist heute noch ein Torverhältnis von 2,41 auf, während dasjenige von Neunkirchen auf 1,93 gesunken ist. Sollte also die Entscheidung in der unmittelbaren Begegnung in Neunkirchen fallen, dann müßten die Borussen, um Meister zu werden, nicht nur einfach siegen, sondern sogar noch in einer gewissen Höhe, die zu errechnen ebenfalls den Mathematikern überlassen bleibt. Vergleicht man schließlich die Schwierigkeit der vier noch ausstehenden Spiele, dann dürfte sich auch hier das Verhältnis leicht zugunsten der Eintracht verschoben haben, die daheim leichte Spiele hat, während Neunkirchen auf Worms stößt. Wer also noch Wetten auf den Meisterschaftsausgang abschließen will, der wird alle diese Umstände gebührend zu berücksichtigen haben. Inzwischen versuchte noch Offenbach in die Gruppe der Favoriten einzudringen, indem es zunächst einmal die Wormser mit einem sensationellen 7:2 ausschaltete. Der unerhörte Siegeslauf der Kickers wurde jedoch ausgerechnet in Wiesbaden etwas gehemmt. In einem Spiele, das in eine Holzerei ausartete, fiel kein Tor und ging damit ein Punkt verloren. Es hat sich wieder einmal gezeigt, daß die Eintracht in Worms nicht gewinnen kann. Das ist aber erst so geworden, als die beiden Vereine in einem Gau zusammentrafen. Früher, bei den süddeutschen Meisterschaftsspielen, feierte auch die Eintracht in Worms Siege. Mit der gleichen Zuverlässigkeit konnte die Borussia in Frankfurt keinen Sieg herausholen. Die Bornheimer erwiesen der Eintracht gern oder ungern einen großen Freundschaftsdienst. Der brave Schuchardt, neuerdings Justizangestellter, besann sich wieder auf das Toreschießen und erzielte alle drei Treffer, bevor die Borussia zum Zuge kam. Wormatia Worms — Eintracht Frankfurt 2:0 Während sieben langen Jahren versuchten sich Eintrachtmannschaften der verschiedensten Formationen vergeblich in der Erstürmung der Wormatiakampfbahn. Zumeist bekamen sie die Hosen derb geklopft. Immer war die Eintracht als starker Vertreter des Fußballsportes der mainischen Halbmillionenstadt (des Goliath gegenüber dem Zwerg Worms mit seinen 50.000 Männeken) Zug-und Kassenmagnet. Wenn Eintracht kam, wackelte die Wand im Wormser Westen. Sie wackelte auch diesmal. Mehr noch als früher, denn Eintracht kam erstmals als (haushoher) Favorit in die Nibelungenstadt. Mit ihr kamen etwa 1500 siegeshungrige Trabanten im Sonderzug, in 4, 6 und 8 Zylindern (jawohl auch in 8-Zylindern, vor denen wir Provinzler mit Respekt unseren Hut zogen). Eintracht war diesmal wirklich Favorit. Das las man aus der mainischen Presse heraus (Stichwort: Ob mit oder ohne Groß, es muß klappen!), das sprach man ihr auch in Worms selbst zu. Wir glaubten nicht daran, daß Wormatia (der lahmende Löwe) soviel Schwung- und Kampfkraft, soviel Willen and Können aufbringen würde, um auch den neuen, wohlvorbereiteten Angriff der Frankfurter Tanks abschlagen zu können. Zu aller Überraschung kam es anders. Wormatia wollte den schwachen Eindruck des „Bieberer Bergerlebnisses" gutmachen und grad am haushohen Favoriten zeigen, daß er noch scharfe Krallen hat, der Wormser Löwe, wenn er gereizt wird. Er nahm sich vor zu siegen, und er siegte. Verdient? Ja, verdient. Eintracht war zwar in der ersten halben Stunde des Kampfes feldüberlegen, reifer, schneller, besser, aber Wormatia machte — diesmal geschickt — Mühle zu und ließ den Tankangriff zunächst einmal ins Leere laufen. Dann griff sie selbst an und hatte mit einem Bombbenköpfler Eckerts auf Eckball Freeses hin Torerfolg. Das war 10 Minuten vor der Halbzeit. Von da an drehte sich das Blättchen. Eintracht erholte sich zwar in der Halbzeitpause wieder, aber Wormatia, mittlerweile ruhiger und genauer im Spiel geworden, gewann mählich die Oberhand. Und als (in der 16. Minute zweiter Halbzeit) Busam aus vollem Lauf heraus eine „halbmeterhohe Flanke" Freeses mit aus dem Knie heraus gezogenen unheimlichem Bomber ins Eintrachtnetz jagte, da wußte man, daß die Eintracht gegessen war. Sie gab sich zwar noch nicht auf, aber der „Busam-Rechts-Gerade" schlug die Eintracht groggy. Ihr Geist, ihre Stimmung ließ nach, die Knie schlockerten. Adam Schmitt versuchte die Rettung in weiten Schüssen. Vergebliches Tun. Linken ging, zum Schluß, dreimal solo durch, hatte zweimal Chancen, weil Winkler nicht genau abdeckte, verschoß aber die guten Sachen. Pech vielleicht! Mag sein. Wormatia hatte 2:0 gewonnen und Eintracht (von wegen der weiteren Führung!) in schlimme Trauer versetzt, die in helle Freude umschlug, als bekannt wurde, daß die Bornheimer und Wiesbadener der Eintracht Schrittmacherdienste leisteten. Attila. (aus dem 'Fußball' vom 08.02.1938)
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