VfB Stuttgart - Eintracht Frankfurt |
Freundschaftsspiel 1936/37
1:7 (1:4)
Termin: 27.06.1937 in Aschaffenburg
Zuschauer: 3.000
Schiedsrichter: Schilling (Aschaffenburg)
Tore: 0:1 August Möbs (21.), 0:2 Stefan Hemmerich (23.), 0:3 Albert Wirsching, 0:4 Stefan Hemmerich (Wirsching?), 1:4 Prösrock, 1:5 Ehmer (53.), 1:6 Albert Wirsching, 1:7 Albert Wirsching
VfB Stuttgart | Eintracht Frankfurt |
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Trainer
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Hoher Eintracht-Sieg über VfB. Stuttgart Der dritte der deutschen Meisterschaft unterliegt mit 7:1 - Die Frankfurter in glänzender Form Bericht unseres nach Aschaffenburg entsandten fwk.-Schriftleitungsmitgliedes Seit acht Tagen stand Aschaffenburg unter dem merkwürdig klingenden Motto "Schloßbeleuchtungs-Sportwerbewoche". Flaggen- und Girlandenschmuck, Festplätze mit buden aller Art gaben das äußere Gepräge zu dieser Großveranstaltung, in deren Mittelpunkt Wettbewerbe aller Sportarten standen. Der gestrigen Sonntag bildete den Höhepunkt der ganzen Sportwerbewoche, denn es war gelungen, sowohl die Handballvertretungen der Gaue Bayern und Südwest, wie die spielstarken Fußballmannschaften VfB. Stuttgart und der Frankfurter Eintracht zu Werbespielen zu verpflichten. So wunderte es auch weiter nicht, daß bereits eine halbe Stunde vor Beginn des zuerst steigenden Handballspiels der Platz der Aschaffenburger Viktoria die Massen kaum zu fassen vermochte, die Zeuge dieser Werbespiele sein wollten. Nachdem unsere Südwesthandballer ihre Kollegen aus Bayern überzeugend geschlagen hatten, betraten die Gegner des Fußballkampfes den Rasen und wurden in dreifacher Begrüßungsrede willkommen geheißen. Die Eintracht kam ohne ihren Mittelstürmer A. Schmidt, die Stuttgarter hatten Seybold und Rutz ersetzt, für die Weidner und Matthes in die Bresche sprangen, wobei von letzterem kaum mehr als Ersatz gesprochen werden kann. Der Stuttgarter VfB. tat sich, wie immer, so auch heute, als frisch gebackener Dritter der Deutschen Meisterschaft gegen die Frankfurter sehr schwer. Er liebt es, mit weiten, hohen Vorlagen und starkem, körperlichem Einsatz vorzugehen und scheitert sehr leicht dann, wenn er, wie bei der Eintracht, auf eine ballsichere, gut eingespielte Abwehr trifft. Wenn dann noch seine Hintermannschaft durch flaches, genaues Paßspiel durcheinandergebracht wird, fehlt der nötige Aufbau aus der Läuferreihe und der Sturm hängt in der Luft. Dazu kam eine sich im Zusammenspiel und technischem Können sehr stark auswirkende Ueberlegenheit der Frankfurter, bei denen oft der Ball über vier bis fünf Leute lief, ehe ein Schwabe eingreifen konnte. Außerdem hatte der vielgerühmte Stuttgarter linke Flügel mit Schäfer-Lehmann gegen die in großer Form kämpfenden Gramlich und Groß seine Last, während auf der anderen Seite Stubb und Fürbeth Haaga und Koch bewachten, erfreute sich der Schwabenmittelstürmer Prösrock großer Aufmerksamkeit von seiten Lindemanns. Im Frankfurter Sturm sorgten die jungen Hemmerich und Wirsching für den nötigen Tatendrang, wobei sich Möbs einmal mehr als kluger Aufbaustürmer betätigen konnte. Dazu kam noch die kämpferisch große Leistung von Röll und das bedächtige Spiel Ehmers, der vom linken Flügel sehr brauchbare Vorlagen in die Mitte brachte und so sein Teil dazu beitrug, daß die Stuttgarter Hintermannschaft nicht arbeitslos wurde. Im Tor aber bot Schmidt eine überragende Leistung. Alles in allem war es ein begeisterndes Spiel der Frankfurter, die ihren Gegner mit technischen Feinheiten ins Leere laufen ließen, daß man alles andere glaubte, als den Dritten der Deutschen Meisterschaft am Werke zu sehen. Der Kampf begann, nachdem Gramlich und Koch gelost hatten, gleich in vollen Zügen und man merkte der Einsatzfreudigkeit der Frankfurter an, daß sie sich heute etwas vorgenommen hatten. Ihr Anstoß blieb zwar in der Läuferreihe des Gegners hängen, doch brachte Gramlich den Angriff der Schwaben zum Stehen und sorgte durch schöne Vorlagen an Röll dafür, daß vor dem Stuttgarter Tor gleich dicke Luft herrschte, und Schnaitmann hatte Riesendusel, daß Hemmerich die Maßflanke Rölls im Hechtsprung verfehlte, sonst hätte es in der ersten Minute schon 1:0 für die Frankfurter gestanden. Aber auch so sorgten zwei von Eintracht kurz hintereinander errungene Ecken für die nötige Aufregung im Strafraum der Schwaben, bis Prösrock durchging, sich aber allein nicht durchsetzen konnte. Dann gab es in Stuttgarts Strafraum ein Gedränge, bei dem vier Schüsse des Eintrachtsturmes von Stuttgarter abwehrbereiten Beinen abprallten. Ein Fernschuß Ehmers zeigt Schnaitmann, der heute sehr unsicher spielte, auf dem Posten, dann hat die Eintracht wieder mit dem sehr gefährlichen, dauernd auf der Lauer liegenden Prösrock zu tun, der Schmidt zweimal Gelegenheit gab, sein Können zu zeigen. Die Eintracht spielte sich weiter in eine immer stärker werdende Ueberlegenheit, wobei einmal Wirsching schon an Schnaitmann vorbei war, aber auch am leeren Tor vorbeischoß. Dann gab es eine ganz große Leistung Schmidts zu bewundern, der einen Fünfmeterschuß Lehmanns wegfaustete, dessen sofortigen Nachschuß Stubb aus dem Tor köpfte. Schließlich fiel aber doch das verdiente Führungstor der Frankfurter, als Möbs einen Abpraller Wirschings entschlossen verwandelte. Einige Minuten später läuft wieder eine Eintracht-Musterkombination über das Feld, der Ball wandert über Ehmer zu Röll, dessen Flanke Möbs zu Hemmerich lenkt, der mit Saftschuß zum 2:0 erhöht. Auch die Schwaben machten sich zwischendurch recht lebhaft bemerkbar, aber die Eintracht-Hintermannschaft zeigte sich, teilweise auch mit Glück, allen Situationen gewachsen. Trotzdem hielt eine kurze Drangperiode der Stuttgarter alles in Spannung, wobei der alte Fuchs Gramlich den Ball im Torraum erwischte, feststellte, daß die Stuttgarter Hintermannschaft zu weit aufgerückt war und durch ihre Verteidiger, mit denen Wirsching auf einer Höhe stand, den Ball legte. Wirsching hängte im Hundertmetersprint die schweren Stuttgarter Verteidiger ab und verwandelte sicher zum 3:0. Eine Minute später erhielt Hemmerich von Ehmer den Ball und schoß an dem kopflosen Schnaitmann, der den Ball an die Händen vorbeirollen ließ, zum 4:0 ein. Das war den Schwaben denn doch zu viel. Ein Zwischenspurt setzte ein, Prösrock stürmte mit einer Vorlage Kochs aufs Tor, Groß und Lindemann hinderten sich bei der Abwehr, und ehe Schmidt eingreifen konnte, hatte Prösrock aus kurzer Entfernung zum ersten Stuttgarter Gegentor, das auch das einzige bleiben sollte, eingeschossen. Nach der Pause spielte Eintracht verhalten. Die Stuttgarter
kamen stark auf, besonders Koch war sehr gefährlich, aber Schmitt
im Tor hielt einfach alles. Einmal rettete Stubb auf der Linie. In der
53. Minute kam Eintracht nach einem Eckball zum 5:1, dann durch ein irrtümlich
anerkanntes Abseitstor von Wirsching auf 6:1 und schließlich durch
eine sehr gute Leistung desselben Spielers zum Endergebnis von 7:1. Schiedsrichter
Schilling-Aschaffenburg leitete gut. (aus dem 'Volksblatt' vom 28.06.1937)
Wenig Freude hat natürlich die 1:7-Schlappe gemacht, die unser Meister VfB. von Eintracht in Aschaffenburg mitbekam. Man ist der Meinung, daß diese Schlappe nicht unbedingt nötig war. Eintracht ist bekanntlich für Waldhof eingesprungen, das ohne Siffling nicht das Risiko auf sich nehmen wollte, gegen VfB. zu spielen. Die Stimmen, die im VfB.-Lager davor gewarnt haben, nach den schweren Endkämpfen der Elf gegen eine siegeshungrige Eintracht noch einen Prestigekampf zuzumuten, haben also doch etwas recht gehabt. Lony Seiderer wird froh sein, daß für seine VfB.-Mannen jetzt sechs Wochen Ruhe ist; denn es soll gleich ganz groß in die neue Spielzeit gehen. Man erwartet noch vor den Verbandsspielen in Stuttgart Schalke 04 und den Nürnberger Club. (aus dem 'Fußball' vom 29.06.1937)
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