Phönix Ludwigshafen - Eintracht
Frankfurt |
Gauliga Südwest 1933/34 - 10. Spiel
2:3 (1:1)
Termin: 10.12.1933
Zuschauer: 2.000
Schiedsrichter: Dölker (Stuttgart)
Tore: 0:1 Rudolf Gramlich (20.), 1:1 Dattinger (30.), 1:2 Rudolf Gramlich (52.), 1:3 Rudolf Gramlich (83.), 2:3 Statter (88.)
Phönix Ludwigshafen | Eintracht Frankfurt |
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Trainer |
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Am Neckar und am Rhein Phönix Ludwigshafen — Eintracht Frankfurt 2:3. Trotzdem seit Wochen auch in Frankfurt bekannt war, welche Krise der Ludwigshafener FC. Phönix durchmacht, fuhren die Leute der Eintracht nicht in die Pfalz, ohne vor diesem Spiel gegen die Ludwigshafener etwas Angst zu haben. Denn erstens wußten sie, daß Phönix gegen das Gespenst des Abstieges einen Verzweiflungskampf kämpfen würde und zweitens waren sie sich ihrer eigenen Stärke nicht ganz sicher. Denn auch sie experimentieren, genau so wie ihr Ludwigshafener Gegner, seit Wochen an einer gangbaren Aufstellung herum. Alle Erwartungen und Befürchtungen sind in diesem Spiel eingetroffen. Phönix Ludwigshafen hatte den bisherigen unmöglichen Mittelläufer Wetter herausgenommen und hatte Hörnle mit dem Posten eines Mittelläufers betraut Hörnle machte seine Sache weit, weit besser wie sein Vorgänger, opferte sich auf und erreichte es, daß seine Mannschaft während des größten Teiles des Spieles eine mehr oder weniger deutliche Ueberlegenheit erzwang. Verzweifelt kämpfte Phönix um einen Sieg, bot alle Energie auf, um die ersehnte Wendung zu erzwingen, aber da erstens mit viel Energie und Wucht und zu wenig Verstand und Taktik gespielt wurde und da zweitens der Ludwigshafener Tormann Zettl zwei Tore passieren ließ, die haltbar waren, kamen die Eintrachtleute zu einem Sieg, den sie nicht ganz verdienten und den sie vielleicht auch nicht erhofft hatten. Wenn die Eintracht dieses, ihr vielleicht schwerstes Spiel mit einem knappen Sieg überstanden hat, so muß sie sich in erster Linie bei Gramlich bedanken. Deutschlands internationaler Läufer war zwar kein Sturmführer wie wir ihn als Ideal ansehen, aber auch auf diesem ungewohnten Posten zeigte er doch, daß er ein Mann der Extraklasse ist. Er baute sehr nett auf und — was wichtiger ist— er war zweimal aufmerksam genug, Fehler zu sehen und auszunützen, die die Ludwigshafener Deckung machte. Daraus resultierten zwei Tore. Daß Gramlich auch noch den dritten Treffer schoß, ist ein Spiel des Zufalls, oder aber vielleicht auch ein Beweis dafür, daß die Eintracht keine Stürmer mehr hat, die schießen können. Trumpler und Möbs, die beiden Stürmer einstiger besserer Tage, waren zwar im Feld recht routiniert, aber sie wagen vor dem Tore nicht mehr den letzten Einsatz und bleiben deshalb erfolglos. Von den Außenstürmern gefiel Berger II besser als Krohn. Die Frankfurter Läuferreihe mit Tiefel, Leiß, Peinze zeichnet sich vor allem eine ziemliche Härte aus, die bei Peize sogar in Ruppigkeit ausartete. Ganz ausgezeichnet war die Verteidigung Stubb-Otto. Stubb hat, das muß man immer wieder konstatieren, seine alte Elastizität und Form wieder gefunden. Und er hat weiter in dem athletischen und furchtlosen Otto einen Partner gefunden, der ihn mindestens ebenso gut unterstützt, wie einstens Schütz. Schmitt im Tor profitierte von der ganzen Arbeit dieser beiden. In den wenigen gefährlichen Momenten zeigt er sich aufmerksam und talentiert. Phönix Ludwigshafen hat sich endlich zu der nötigen Umstellung in der Läuferreihe entschlossen und ist dabei nicht schlecht gefahren. Wenn auch dieses Mal wegen des Versagens von Zettel im Tor, ein Sieg nicht errungen werden konnte, so sind nichtsdestoweniger die Aktien der Ludwigshafener wieder gestiegen. Phönix lieferte einen großen Kampf, voll Wucht, voll Energie, aber gering in Taktik und Mannschaftsarbeit. Das Schlußtrio ist bedenklich wackelig. Die Läuferreihe hat mit Hörnle Lenz und Neumüller II erheblich größere Aktivität und ist weit, weit erfolgreicher wie die Läuferreihe, die Phönix noch vor Wochen ins Feld stellte. Im Sturm ist Statter auf absteigendem Ast. Kombinationsspieler und Führer war ja er noch nie, sondern nur Durchreißer und Torschütze. Aber auch von diesen guten Eigenschaften hat er inzwischen einige vergessen. Dreimal hatte er es in der Hand, einen Sieg, zum mindesten ein Remis für seine Mannschaft zu erzwingen und dreimal verkorkste er die Chance wie ein blutiger Anfänger. Von den beiden Innenstürmern Lindemann und Bausbacher gefiel uns Bausbacher deswegen besser, weil er präziser paßte und mit beiden Füßen spielen kann, während Lindemann nur Linksfüßer ist und seine Bälle häufig in die Füße des Gegners schickte. Dattinger machte sich am linken Flügel besser wie sein junger Kollege Rihm auf Rechtsaußen, der sichtlich vor der Schärfe des Kampfes etwas Angst hatte. Uebrigens war die Schärfe des Kampfes recht nahe an der Grenze des Erlaubten. Mitunter kamen Dinge vor, die der nicht schlechte Schiedsrichter Dölker aus Stuttgart mit Platzverweis hätte ahnden müssen. Das Schuldkonto der Eintrachtler ist dabei um einiges größer wie das der Ludwigshafener. Besonders der blonde Peize trug nichts dazu bei, daß die Eintracht den guten Namen in Ludwigshafen behält, den sie hatte. Das Publikum war ungeheuer fanatisiert. Ein Glück, daß einige der hauptsächlichsten Schreihälse nicht auf dem Platz als Spieler tätig waren, das hätte eine furchtbare Keilerei gegeben. Von den fünf Toren kommen die drei Eintrachttreffer auf das Konto Gramlichs. Einen davon schoß er kurz nach Beginn, den zweiten kurz nach der Pause und den dritten 10 Minuten vor Schluß. Alle drei Eintrachttore wurden zu einer Zeit erzielt als Phönix dominierte. Diese Tatsache sollte der Phönixspielausschuß seinen Verteidigern vorhalten, denn sie ist ein Beweis dafür, daß die Verteidigung sich bei einer Drangperiode nicht richtig einzustellen weiß. Dattinger und Statter waren die Schützen der Ludwigshafener Tore, die von den 2000 Zuschauern ungeheuer bejubelt wurden. Alles in allem: Schön war das Spiel nicht, dafür aber sah man einen nervenaufpeitschenden Kampf mit einigen Auswüchsen. Die Eintracht ist noch nicht die Mannschaft, die reif für die Gaumeisterschaft ist. Phönix scheint uns auf aufsteigendem Ast zu sein. Nic. (aus dem 'Kicker' vom 12.12.1933)
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