FSV Frankfurt - Eintracht Frankfurt

Süddeutsche Meisterschaft, Gruppe Nord-West 1931/32 - 11. Spiel

2:0 (2:0)

Termin: 03.04.1932 im Stadion
Zuschauer: 20.000
Schiedsrichter: Maul (Nürnberg)
Tore: 1:0 Knapp (4.), 2:0 Sadtler (18.)

 

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FSV Frankfurt Eintracht Frankfurt

  • Wolf
  • Nadler
  • Grief
  • Wühler
  • Knöpfle
  • May
  • Heldmann
  • Hensel
  • Süß
  • Sadtler
  • Knapp

 


 

Trainer Trainer

 

 

Frankfurt am Main

Der Fußballsportverein hat einen ausgezeichneten Erfolg erkämpft, der für ihn die Erringung des zweiten Tabellenplatzes rechtfertigen würde. Das als rein tabellenmäßige Feststellung, denn entschieden ist noch nichts. Welche Bedeutung hat aber sein Sieg im direkten Verhältnis zur Eintracht, dem alten Rivalen?

Die Eintracht brauchte die Punkte nicht unbedingt. Die Elf spielte von Anfang an blasiert, lässig. Verschiedene Spieler legten eine geradezu verblüffende Gleichgültigkeit an den Tag. Für Fußballsportverein waren die Punkte Voraussetzung für die womögliche Erringung des zweiten Tabellenplatzes. Seine Mannschaft kämpfte mit aller Aufopferung bis zum letzten Augenblick. Damit gewann die schwächere, aber frischere Elf.

Sensation oder Zufall? Wollte die Eintracht nicht oder konnte sie nicht? Sie spielte jedenfalls eines ihrer schlechtesten Spiele seit Jahren. Es gab glatte Versager. Die Wurstigkeit Hugo Mantels erreichte einen Grad, der schon in das Gebiet der Unsportlichkeit gehört! Man sagt, daß mit diesem Resultat die nächsten Heimspiele der Eintracht wieder an Reiz gewinnen und „ziehen" würden. Man sagt weiter, daß der Verband sehr erfreut wäre, wenn der zugkräftige Fußballsportverein in die Entscheidung käme. Man konnte feststellen, daß Schiedsrichter Maul, Nürnberg, der Eintracht nicht besonders hold gesinnt war, als er mehrfach ihre in großem Vorteil befindlichen Stürmer durch Verhängung von Strafstößen gegen Bornheim aufhielt und offensichtliches Händespiel schwarzblauer Verteidiger großzügig übersah. Auf jeden Fall: man kennt die Ursachen nicht und sieht nur die Wirkungen. In unserem heutigen Fußballsystem, das die ehrliche Sportlichkeit schon längst über Bord geworfen hat, muß man auf jeden Fall äußerst mißtrauisch sein.

Damit soll nicht etwa gesagt sein, es hätte sich um eine „Schiebung" gehandelt, wie sie ja in anderen Sportarten häufig vorkommt. Gott bewahre! Die Mannschaften hegten gegeneinander keineswegs allzu freundschaftliche Gefühle. Es gab mehrere überflüssige Entgleisungen. Aber man hatte so den Eindruck, wie wenn auf der einen Seite „mangels Interesses" gar keine Siegesprämien ausgesetzt worden wären, während auf der Gegenseite es an der materiellen Aufmunterung nicht gefehlt hätte... Oder sollte die Eintracht wirklich „fertig" sein? Zu ihrer Entschuldigung hat sie ja: das Fehlen Kellerhoffs, die Verletzung von Möbs und — — Übermüdung. Trotzdem ist der Mangel jeglichen Kampfgeistes bei der Eintracht, gerade im Spiel gegen den Sportverein, besonders auffällig.

Episode oder letzte Kraftreserve?

Nach dem heutigen Spiele muß man sich eine ganze Reihe von Fragen vorlegen, auf die nicht so schnell die Antworten zu finden sind. Diese gibt die Zukunft...

Die Eintracht ist seit fünf Jahren Meister. Das zehrt. Die aufreibenden Verbandsspiele können die beste Elf zermürben. Sollte ihre schwache Form des Frühjahrs, sollte insbesondere das Versagen gegenüber dem Fußballsportverein nur vorübergehend sein, oder deutet es darauf hin, daß die Mannschaft nicht mehr kann und ein Jahr „ausspannen" muß? Hat die Eintracht noch genügend Kraftreserven, um süddeutscher oder gar deutscher Meister zu werden? Man möchte es fast noch annehmen. Vielleicht verbraucht sich aber dabei die letzte Kraftreserve und wir sehen die Eintracht mit einem stolzen Titel 1932 bereits die Saison 1932/33 die Mainmeisterschaft verlieren?

Die Mattigkeit des Sturmes, die schwachen Momente der berühmten Verteidigung, schlechtes Ballstoppen und mangelhaftes Zuspiel technisch erstklassiger Spieler, das sind Zeichen der Zersetzung. Selbst ein so zuverlässiger Spieler wie Gramlich hat viel von seiner Form eingebüßt. Möbs spielte wirkungslos, Ehmer ohne Durchschlagskraft, Stubb verfehlte manchen Ball, auch Schütz war nicht so gut wie früher. Kron ist im Sturm kaum zu gebrauchen. Das Berliner Turnier ist kein Maßstab, denn in der Reichshauptstadt ist die Spielstärke derartig zurückgegangen, daß man sie kaum noch als „mittlerer Art und Güte" ansprechen kann.

Die ganze Frage ist jetzt eben die: Schont sich die Eintracht nur, weil sie es nicht nötig hat, die Punkte zu erkämpfen, kommt sie wieder im entscheidenden Augenblick, oder ist sie tatsächlich am Ende ihrer Kraft und zehrt nur noch von dem angesammelten Können? Die Antwort müssen die Endspiele geben. Jedenfalls ist es verfrüht, die Eintracht schon zum Favoriten zu stempeln, ebenso wie es ein Fehler wäre, ihr nach diesem Versagen jegliche Chancen abzusprechen.

Grundübel.

Schon mehrfach habe ich betont, daß Leis nicht der geeignete Mittelläufer der Eintracht ist, und bin damit auf viel Widerspruch gestoßen. Man lobt den „Gummimann" vielfach sehr und bewundert an ihm oft wirklich exzentrische Kunststücke. Ich sage ja nicht, daß Leis aus der Mannschaft entfernt werden müßte, sondern nur, daß er den Mittelläuferposten ebenso wenig ausfüllen kann wie es etwa Mantel könnte. Leis wie Mantel sind ausgezeichnet, wenn das Spiel „läuft". Erreicht es aber einmal den toten Punkt, geht es um Sieg und Niederlage, erkämpft der Gegner einen Vorteil, so daß Verwirrung in die eigenen Reihen kommt, dann können diese Spieler keinen Umschwung bringen, der in erster Linie vom Mittelläufer auszugehen hat. Leis fehlt es hierzu an dem taktischen Erfassen des Spiels, Mantel fehlt der Kampfgeist. Könnte man beide Spieler „kombinieren", dann wäre der ideale Mittelläufer geschaffen. So aber fehlt eine wichtige und entscheidende Eigenschaft. Immerhin muß man noch betonen, daß Leis keine Vorwürfe verdient, weil er nicht richtig eingesetzt wird, dagegen muß man Mantel schon vorhalten, daß man mit der „Ruhe" und „Kräfteersparnis" auch erheblich übertreiben kann.

Auf einen weiteren Gesichtspunkt wäre hinzuweisen. Die Eintracht gehört zu jenen Mannschaften, bei denen man nicht merkt, daß sie einen Trainer haben. Die Spieler wissen und können eine ganze Menge. Da braucht man ihnen nicht mehr viel zu erzählen. Aber sie machen auch immer wieder die gleichen Fehler. Da sollte sie ein Trainer doch schon darauf aufmerksam machen. Nehmen wir nur ein Beispiel: Strafstoß auf das Tor. Noch heute weiß die Eintracht-Hintermannschaft nicht, wie man sich bei einem Strafstoß zu stellen hat. Macht aber der Gegner zur Abwehr eine „Mauer", dann wird restlos drauflos geknallt und kein Spieler kommt auf den Gedanken, sich zwischen den „mauernden" Gegner zu drängen, ihn dadurch zu verwirren und dem eigenen Schützen im letzten Augenblick den Weg freizugeben. Kein Stürmer kennt auch das so gefährliche „Nachsetzen" bei einem Schuß auf das gegnerische Tor. Da fehlte dieses Jahr das Beispiel der Münchner Bayern.

Fußballsportverein.

Die Bornheimer überraschten angenehm., Ihre beiden Torerfolge waren zwar Überrumpelungen und weniger Früchte ausgereifter Kombinationszüge, doch zeigte der junge Sturm oft gute Zusammenarbeit, verbunden mit brauchbaren Einfällen. Der rechte Flügel Armbrüster - Schweinhardt fehlte. Dafür bewährte sich der Ersatzmann für Armbrüster, der junge Sadtler aus der eigenen Jugend, ganz ausgezeichnet, und der neue Halbrechte, Knapp aus Urberach, debütierte so erfolgreich, daß er wohl für die nächste Zeit den von Schweinhardt nicht besonders gut ausgefüllten Posten behalten wird. Auch die linke Sturmseite Heldmann - Hensel bewährte sich wieder. Nur der Mittelstürmer Süß zeigte keine ausreichenden Leistungen, um verstehen zu lassen, warum man ihn Bretteville vorzieht.

Fußballsportverein hat jetzt auch eine solide Läuferreihe aufgebaut. Hier ist der Mittelläufer Wühler der beste Mann, der unauffällig, aber zweckmäßig arbeitet. Knöpfle entwickelte wieder einen Rieseneifer. Er ersetzt oft Qualität durch Quantität. May trat weniger in Erscheinung. Seine Offenbacher Form hat er noch nicht gefunden. Die Verteidigung Nadler-Grief war durchaus zuverlässig. Sie hielt besonders in der letzten halben Stunde den Druck des geschlossenen Angriffs der Eintracht aus, als selbst Schütz und Stubb in die Sportvereins-Spielhälfte vorrückten. Wolf hatte wenig schwere Bälle zu halten, war aber sehr sicher.

Das Spiel

begann vor 20000 in guter Stimmung befindlichen Zuschauern mit einer Überraschung. Schon nach vier Minuten kam Fußballsportverein gut durch, Heldmann schob den Ball nach rechts, Mantel nahm die Sache von der gemütlichsten Seite, und schon hatte der neue Halbrechte, Knapp, eingeschossen. Ganz umhaltbar schien der Ball auch nicht zu sein, doch kam der Schuß aus kurzer Entfernung. Fußballsportverein führt 1:0!

Die Eintracht sieht gelassen zu. So etwa, wie wenn sie dem Gegner das „Ehrentor" ruhig gönnen würde. Im Feldspiel leicht überlegen, kommt der Mainmeister mehrfach zum Angriff. Dietrich übernimmt einen Ball direkt, schießt aber mit Pech darüber. Kron bringt die Bälle gut vor, flankt aber miserabel. Auf der Gegenseite brennt Sadtler mehrfach durch, onne von Mantel gehindert und von Stubb besonders beachtet zu werden. Es ist ja kein Armbrüster... Das sollte sich rächen!

Vorerst sieht es zwar noch nach „Ausgleich" aus. Ein Eckball schafft zweifach den Bornheimern viel Pein, doch es gelingt, zu retten. Die Eintrachtverteidigung ist aufgerückt. Mantel geht spazieren. Bornheims Sturm stößt mit der Verteidigung zusammen, der zurückgeschlagene Ball prallt ab und rollt in die Eintrachthälfte. Sadtler setzt nach, läuft allein. Mit Riesenschritten startet Stubb und verfolgt den kleinen Rechtsaußen. Am Strafraum hat er ihn erreicht, doch in diesem Augenblick jagt der Schuß in die Torecke. Schmidt war auf der Linie geblieben. In der 18. Minute führt Bornheim damit 2:0. Niemand hätte gedacht, daß damit bereits das Schlußresultat ausgemacht ist. Noch einmal läßt Mantel dem schnellen Sadtler die dritte Chance, doch Sadtler verschießt. Wolf hält einen Bombenstrafstoß Ehmers. (Niemand setzt nach!) Dann ist Pause.

Eintracht erscheint mit umgestellter Mannschaft. Der offensichtlich verletzte Möbs spielt Linksaußen, Kron Halblinks, Leis Halbrechts, Gramlich Mittelläufer, Dietrich rechter Läufer. An sich ist der Gedanke nicht übel, aber — man probiert keine neuen Mannschaftsaufstellungen, wenn man im Verlieren ist! Das ist nicht der geeignete Zeitpunkt. Ein Beweis dafür, ob die Umstellung günstig war oder nicht, wird auch nicht geliefert. Nur Dietrich bewährte sich wieder als Läufer ganz hervorragend, aber bald wurde die alte Läuferreihe wiederhergestellt, und Dietrich spielte halbrechts.

Die Eintracht ist im Felde überlegen. Trolzdem kommt Sadtler an dem schwachen Mantel vorbei und zu einem gefährlichen Schuß. Auch Schaller schießt, sogar an den Pfosten. Dann kombinieren Schaller und Dietrich, der den Ball raffiniert zu Ehmer durchlegt. Dieser hat aber seinen rechten Fuß „nicht zur Stelle", und Möbs verpaßt ebenfalls die sichere Chance. Ein krasses Handspiel im Sportvereins-Strafraum läßt der Schiedsrichter durchgehen. Die Eintracht drängt zwar weiter, aber der Erfolg bleibt aus. Es kommt kein Zusammenhang in die Elf, nichts klappt. Vor allem fehlt die „große Linie". Leis versagt als Mittelläufer. Bei einem derartig überlegenen Spiel seiner Mannschaft mußte er das Feld beherrschen und eine Vorlage besser geben als die andere. Er aber kickte nur. Die ganze Elf rannte geschlossen gegen die Sportvereinsmauer, sinnlos, auf den glücklichen Zufall wartend. Dietrich versuchte zwar, noch etwas Strategie hereinzubringen, vergeblich, denn die Läufer müssen die Vorbereitungsarbeit leisten. Am längsten behielt immer Kron den Ball, der dribbelte und dribbelte. Man hätte ihm am besten einen Ball für ihn allein gegeben, mit dem er sich hätte amüsieren können. Mannschaftsspiel ist bekanntlich etwas anderes.

Schiedsrichter Maul gab zuweilen zu Beanstandungen Anlaß, blieb jedoch stets die Autorität selbst. (aus dem 'Fußball' vom 05.04.1932)

 

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