Eintracht Frankfurt - Union Böckingen

Süddeutsche Meisterschaft 1930/31 - 6. Spiel

4:1 (1:0)

 

Termin: 01.03.1931
Zuschauer: 12.000
Schiedsrichter: Becker (Ludwigshafen)
Tore: 1:0 August Möbs (37.), 1:1 Pfisterer (50.), 2:1 Karl Ehmer (75.), 3:1 Rudolf Gramlich (81.), 4:1 Bernhard Leis (85.)

 

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt Union Böckingen

 


  • Schübel
  • Walter II
  • Stegmüller
  • Scholl
  • Hoffmann
  • Pfisterer

 

Trainer Trainer

 

Frankfurter Echo

Eintracht Frankfurt— Union Böckingen 4:1 (1:0).

Noch einmal das Thema: Stadtrat Schmude! In Frankfurt gegenüber dem Hauptbahnhof, steht das Schumann-Theater. Ein imposanter Bau, mit allerdings stark angeschmutzter, architektonisch aber bemerkenswerter Fassade, die dem ankommende Fremden sofort angenehm auffällt. Hinter diesem Prunkbau aber siehts fürchterlich aus. Ein häßlicher Lagerplatz, ein Schandfleck für die ohnedies nicht in allen Punkten sympathische Bahnhofgegend. Nachts ein Tummelplatz lichtscheuen Gesindels. Dieser Platz soll dank der Unternehmungslust privater Kreise trotz der Misere unserer Zeit mit einem stattlichem Schwimmbad bestellt werden. Wer die engen Winter- und Hallenbadverhältnisse der manischen Halbmillionenstadt kennt, wer weiß, daß selbst die Stadt ein fertiges Projekt liegen hat und daß zu seiner Durchführung die Mittel bereits genehmigt waren und nur unter dem Druck äußerster Not im letzten Augenblick für noch dringlichere Zwecke ausgegeben wurden, dem braucht man nicht erst zu sagen, daß dieses neue Hallenbad auf dem Grundstück des Schumann-Theaters mehr als dringlich notwendig war, um dem Badebedarf der Bevölkerung in den Wintermonaten gerecht zu werden.

Die örtliche Presse trat dieser Tage mit dem neuen Projekt vor die angenehm überraschte Oeffentlichkeit, Leider befindet sich in der Verlautbarung des „General-Anzeigers", der in solchen Dingen meistens sehr gut unterrichtet ist, folgender Passus:

„Das Badeamt und der Dezernent (Dr. Schmude) sind Gegner des Projekts, weil sie eine Schmälerung der Rentabilität des (städtischen!!) Schwimmbades befürchten.

Hört! Hört!

*

In den Meisterschaftsspielen schlug Eintracht Frankfurt Union Böckingen 4:1. Ein Bombenresultat, aber kein Bombensieg. Den Leistungen nach an sich nicht unberechtigt, aber beträchtlich zu hoch. Der Verbandsmeister nahm den Gegner viel zu leicht. Der Gleichmut der Mannschaft war fast nervenzerstörend. In der ersten Halbzeit diktierten die Frankfurter alles Geschehen, aber sie hatten erst in der 37. Minute mit Mühe und Not durch Möbs ein mageres Tor erzielen können. Nach dem Wechsel zeigte es sich, daß die Böckinger eine Mannschaft besitzen, die nicht unterschätzt werden darf. Das zermürbende Kombinationsspiel „Eintrachts" hatte ihnen bis dahin kaum etwas anhaben können. Die Gäste wurden sehr lebendig und unternehmungslustig. Volle dreißig Minuten lieferten sie ein recht gutes und völlig ausgeglichenes Spiel, erzwangen sich fünf Minuten nach der Pause durch ihren Ersatzmann auf Linksaußen, Pfisterer, den verdienten Ausgleich und ließen bis etwa eine Viertelstunde vor Schluß die Frage nach dem Sieger völlig offen. Dann aber waren sie am Ende ihrer Kraft. Eintracht arbeitete sich angesichts des drohenden Punktverlusts und der gräßlichen Ungeduld ihres Anhangs in gute Form und dominierte in den letzten 15 Minuten. Ehmer, Gramlich und Leis gelangten zu drei Treffern. Zwei davon also, und gerade die beiden schönsten, bemerkenswerterweise aus der Läuferreihe. Namentlich der hohe Präzisionsschuß Gramlichs aus 40 Meter Entfernung unter die Latte des von Schübel verlassenen Tores war eine herrliche Leistung.

Bei Eintracht war nur das Schlußtrio wirklich gut, besonders die beiden Anwärter auf Paris, Schütz und Stubb (bis zu seiner Verletzung). Die Läuferreihe hat schon bessere Spiele geliefert, und im Sturm war Kellerhoff nur in der zweiten Halbzeit voll bei der Sache. Dietrich hatte wochenlang pausiert. Das merkte man. Ehmer verstand es zu wenig, sich von dem ihn angreifenden Gegner loszulösen. Der rechte Flügel, namentlich der nach wie vor in großem Schwung befindliche Schaller, war recht gut.

Union Böckingen hat aufs angenehmste überrascht. Die Mannschaft hat sich aufs beste geschlagen. Sie war in Einzelheiten dem routinierten Mainmeister unterlegen, aber es kostete diesen doch allerhand Mühe, den zähen Gegner kleinzukriegen. Union darf nicht unterschätzt werden. Die Elf ist sehr schnell und trotz größter Fairneß recht kampfesfroh. Auch die Kombination fließt nicht übel. Man merkt aber den Mangel an Erfahrung mit so ausgekochten Gegnern, wie diesmal. In dem auffallend guten Schlußtrio gefiel der altbekannte Torwächter Schübel durch seine Sicherheit und Ruhe. Vor ihm stand in Walter 2 ein vorzüglicher Verteidiger, der vor allem taktisch blendend arbeitete. Fast ebenso gut, vor allem genau so ballsicher, war sein Nebenmann Stegmüller. In der Läuferreihe. d;e anfangs stark auf Verteidigung eingestellt blieb, dominierte Scholl in der Mitte. Die Angriffsreihe hatte in dem Rechtsaußen Hoffmann ihren produktivsten Stürmer. Im allgemeinen fehlte im Sturm die notwendige Durchschlagskraft und ein verfeinertes Schußvermögen.

Schiedsrichter Becker-Ludwigshafen 04 versah sein Amt, das ihm beide Parteien nicht erschwerten, sehr gut. Besonders gewissenhaft achtete er auf die stets offen stehende Abseitsfalle der Böckinger, auf die der Frankfurter Sturm befremdenderweise immer wieder hineinfiel.

Zu bemerken ist noch, daß diese erneute Doppelveranstaltung (Rotweiß Frankfurt hatte zuvor gegen VfL Neu-Isenburg 2:3 verloren) auf dem in vorzüglichem Zustand befindlichen Eintrachtplatz vor etwa 12.000 Zuschauern stattfand. Die Grasnarbe zeigte nach diesen zwei Kämpfen kaum die Spuren einer normalen Abnutzung eines einzigen Treffens. Angesichts dieser Wahrnehmung dachten die Frankfurter mit begreiflicher Wehmut an den Sonntag vor acht Tagen im städtischen "Zwangs-Stadion" zurück.      Ludwig Isenburger. (Aus dem 'Kicker' vom 03.03.1931)

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