Wormatia Worms - Eintracht Frankfurt

Süddeutsche Meisterschaft 1930/31 - 4. Spiel

2:3 (1:2)

 

Termin: 08.02.1931
Zuschauer: 4.000
Schiedsrichter: Gröschel (Fürth)
Tore: 0:1 Karl Ehmer (4.), 0:2 Fritz Schaller (9.), 1:2 Mannertz, 2:2 Debusi (58.), 2:3 August Möbs (76.)

 

>> Spielbericht <<

Wormatia Worms Eintracht Frankfurt

  • Gispert
  • Klosset
  • Völker
  • Kiefer
  • Hirsch
  • Wolf
  • Bitter
  • Winkler
  • Mannertz
  • Gölz
  • Debusi

 


 

Trainer
  • Ludwig Philipp
Trainer

 

Wormser Woche

Wormatia Worms — Eintracht Frankfurt 2:3 (1:2).

Es ist zu vermuten, daß auch die ausgepichtesten und härtesten Fußballspieler diesen schönen Sport aufgeben würden, wenn es alle Sonntage so hart und zäh und unerbittlich hergehen würde, wie an diesem Meisterschaftssonntag im Wormatiastadion. Pardon wurde nicht gegeben, und es gehörte schon eine gewisse Portion Selbstbeherrschung der Spieler dazu, um das Treffen nicht ausarten zu lassen. Herr Gröschel aus Fürth ist jedenfalls niemals Herr des Kampfes gewesen. Er verstand es weder, die Vorteilsregel sinngemäß auszulegen, noch waren seine „foul-Entscheide" richtig. Gegen Spielende half er sich, indem er wahre Serien von Hochbällen gab. Dazu kommt, daß zwei seiner Torentscheide äußerst zweifelhafter Natur waren. Das Führungstor der Eintracht roch nicht nur, sondern, man verzeihe den harten Ausdruck, es stank nach Abseits. Und als Wormatia in der zweiten Hälfte ausglich, da stürmte die gesamte Gästemannschaft verzweifelt auf Herrn Gröschel ein, um ihn zur Zurücknahme seines Entscheides zu bewegen. Die Sache war so: Wormatia hatte angegriffen. Der Linksaußen Debusi startete schnell nach dem Ball und als er ihn erreichte, war das ganz dicht vor der Torlinie. Schmidt im Eintrachttor warf sich verzweifelt auf das Leder. In diesem Augenblick wurde die Sicht verdeckt, denn nun waren zahlreiche Spieler aus beiden Lagern zu Hilfe geeilt. Als sich der Knäuel entwirrte, geschah es, daß die Wormatiaspieler stürmisch die Arme zum Himmel hoben und Tor riefen. Da hatte der Schiedsrichter aber bereits getrillert.

Die Mannschaften kamen mit Ersatz. Bei Eintracht fehlten Dietrich und Goldammer; bei Wormatia Ludwig Müller und Fries. Ein herrlich blanker Wintersonnensonntag stand überm Wormatiastadion. Das Spielfeld war notdürftig vom Schnee befreit und sah von der Tribüne aus recht passabel aus. Doch auf dem Feld gab es zahlreiche Stürze. Die Ouvertüre war sehr heftig, schon nach zehn Minuten führte Eintracht 2:0. Wormatia war von der ersten Sekunde an völlig verdattert. Ihr mißglückte alles. Die Läuferreihe existierte nicht. Eintracht drängte. Eintracht herrschte. Eine halbe Stunde lang gab es nur Frankfurt zu sehen. In dieser großen Drangperiode gab es beim Gast nur das eine zu bemängeln: er schoß zu schlecht und zu wenig. Leichtsinnig gemacht durch die zwei verhältnismäßig billigen Erfolge (dem Ehmertor folgte ein Treffer Schallers auf Flanke Kellerhofs, mühelos ins Tor geschossen, nachdem drei Wormatianer vorbeigehauen hatten), leichtsinnig also sah es aus, als käme es Eintracht auf weitere Erfolge nicht an. Aber nach 35 Minuten rappelte sich Wormatia auf. Es kam Schwung in die Mannschaft. Die Läufer wurden jetzt wenigstens sichtbar. Der Sturm bekam Bälle. Und damit wurde es auch gleich gefährlich. Doch Gölz knallte ein paarmal den Verteidigern „todsichere" Bälle in die Füße und schoß einmal freistehend auf Schmidts knallrotes Trikot. Auch Bitter machte ähnliche Geschichten. Dann gab es, drei Minuten vor Schluß dieser Hälfte, einen Straßstoß für ein durch Gramlich an Winkler begangenes „foul". Mannertz trat diesen Ball ganz ausgezeichnet ins ungedeckte Toreck. Debusi hatte die „Gasse" freigemacht, Schmidt war die Aussicht versperrt. Bis zur Halbzeit war der Kampf schon reichlich hart und äußerst schnell gewesen.

Aber nach der Pause steigerte sich das Tempo noch beträchtlich. Leider auch die Zahl der Zusammenstöße. Es wurde manchmal recht ungeniert geholzt. Die Mannschaften haben sich da gegenseitig nicht viel herauszugeben. Zum Glück siegte gegen Spielende die Vernunft. Kurz nach Wiederbeginn kam es zu der oben geschilderten Szene und damit zum Ausgleich. Das Treffen nahm eine Wendung. Eintracht blies zum Generalangriff. Sie warf sich verzweifelt nach vorn und, während einige Wormser Zuschauer ironisch in den Frankfurter Schlachtruf: „Bujo", einstimmten, da hatte sich der wackere Schaller flugs auf die Socken gemacht, gefährlich geflankt und Möbs Gelegenheit gegeben, das Ding einzudrücken. Der Sieg war geschafft. Niemand glaubte jetzt im Ernst noch an einen Wormser Erfolg. Der kam auch nicht, obwohl die Bemühungen heiß genug waren.

Der Favorit hat gewonnen und mit ihm die bessere Mannschaft. Wormatia kann zufrieden sein. Das Ergebnis ist mehr als nur ehrenvoll. Auch das Eckenverhältnis deutet an, wieviel die Wormser ihrem berühmten Gast zu schaffen machten. Der hatte keinen schwachen Punkt in seinen Reihen... wenn man nicht sagen will, daß im Sturm der Kopf fehlte: Dietrich. Leist als Mittelläufer bot jedenfalls eine Leistung, die von Goldammer in seiner jetzigen Verfassung kaum erreicht worden wäre. Auffallend war die eminente Schnelligkeit der Gästemannschaft. Die Härte der Verteidiger. Die Eleganz Mantels. Der ungeheure Eifer Trumplers. Die Klugheit im Zusammenspiel der linken Sturmseite Kellerhof-Möbs. — Wormatia verlor nicht, weil sie die erwartungsgemäß schwächere Leistung bot und bieten mußte. Sie verlor, weil die Läuferreihe in der ersten halben Stunde allzu kraß versagte, vor allem die Außenläufer. Sie scheiterte in dieser Zeitspanne auch daran, daß die Halbstürmer nicht zurückgingen, um auszuhelfen. Als die Elf mit vieler Mühe und unter großen Opfern an Nerven und Kraft den Ausgleich geschafft hatte, da war sie mit ihrer Kraft zu Ende und mußte von der in der Ballkontrolle, im Stoppen, im rascheren Zuspiel weit überlegenen Mannschaft eine Niederlage hinnehmen. Eine, um es nochmal zu betonen, sehr ehrenvolle Niederlage.

Unangenehm war die Härte des Spieles, die mitunter unerträglich war. Aber es ging für die Mannschaften natürlich um allzuviel. Die Eintracht kämpfte im wahren Sinne des Wortes um die süddeutsche Meisterschaft und Wormatia... nun, man kennt ja diesen Wormatiaehrgeiz auf heimischem Gelände.      Richard Kirn. (Aus dem 'Kicker' vom 10.02.1931)

>> Spieldaten <<

 

© text, artwork & code by fg