Eintracht Frankfurt - Rot-Weiss Frankfurt

Bezirksliga Main-Hessen 1930/31 - 9. Spiel

1:2 (1:1)

 

Termin: 26.10.1930
Zuschauer: 7.000
Schiedsrichter: Theo Maul (Nürnberg)
Tore: 1:0 Bernhard Leis, 1:1 Kraus I, 1:2 Dietzel (80.)

 

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt Rot-Weiss Frankfurt

 


  • Kreß
  • Kornrumpf
  • Engel
  • Sand
  • Dietermann
  • Kraushaar
  • Kraus I
  • Dietzel
  • Kraus II

 

Trainer Trainer

 

Eintracht Frankfurt — Rotweiß Frankfurt 1:2 (1:1).

Willi Kreß, Deutschlands Ländertorwächter, hatte mit der Frankfurter Eintracht, die ihm vor vierzehn Tagen sechs muntere Tore in den Kasten geknallt hatte, noch eine kleine Rechnung glatt zu stellen. Zu diesem Zwecke unterwarf sich der Bockenheimer in der Vorwoche einem Spezialtraining, das in völliger Weltabgeschlossenheit und frühzeitigem Schlafengehen bestand. Diese Gewaltkur half, und so kam der Süddeutsche Verbandsmeister zu seiner ersten Niederlage in dieser Saison. Es war ein doppelter Punktverlust auf eigenem Platze, den man nur als völlig verdient bezeichnen kann. Wiederum, genau wie vor vierzehn Tagen, ist dieser Neunzig-Minuten-Film sehr schnell und einfach gezeichnet.

Eintracht war in der ersten Halbzeit zweifellos die bessere Mannschaft, in den ersten zwanzig Minuten beherrschten die Riederwälder die Lage und führten auch verdient mit einem Tore, das bereits unmittelbar nach Beginn durch einen sehr scharfen Flachschuß des Mittelstürmers Leis gefallen war. Etwa zwanzig Minuten später kam Rotweiß jedoch zum Ausgleich. Eine Flanke des Linksaußen Kraus II wurde von Schmitt zu kurz abgewehrt, und der Nachschuß des Halbrechten Kraus I fand unrettbar den Weg ins Netz. Von da ab ließ die Vorherrschaft der Platzherren merklich nach. Ueberdies flaute der ganze Kampf stark ab, zeitweilig empfand man das Gefühl einer gewissen Langweile. Nach dem Seitenwechsel änderte sich die Kampflage stark zu Gunsten der Gäste. Rotweiß zeigte große Schneid, kämpfte mit seiner bekannten Hartnäckigkeit, drückte die gegnerischen Vorstöße der Zahl nach immer mehr herab, vergaß aber dabei keineswegs, selbst recht häufig, vor allem aber immer sehr gefährlich, das Eintrachttor zu attackieren. Seinem Elan, seiner ganzen Liebe zur Sache überhaupt kam es wesentlich zu statten, daß Möbs einen durch Kornrumpf verschuldeten Elfmeter verschoß, wofür sich Kreß graziöserweise bei dem unglücklichen Schützen bedankte. Für die Bockenheimer aber war dieser verschossene Elfer ein Fingerzeig, daß die Götter an diesem Tage in ihrem unerforschlichen Ratschluß die Würfel gegen den Meister geworfen hatten. Die Kreß-Mannschaft spielte sich in große Sicherheit hinein und erzwang zehn Minuten vor Schluß den entscheidenden Erfolg. Er fiel wiederum aus einer zu kurzen Abwehr eines Strafstoßes Kraushaars. Diesmal placierte Dietzel den Nachschuß unhaltbar. Zum Schluß machte Eintracht noch einmal verzweifelte Anstrengungen, um die drohende Niederlage abzuwehren. Aber es glückte nicht mehr. Die wenigen Minuten sahen dann wieder die Rotweißen in bedrohlichster Nähe des Eintrachttores.

Und die Ursache dieses manchen überraschenden Ergebnisses? Eintrachtler waschechten Geblütes waren der Meinung, dem Mittelläufer Goldammer nachzusagen, er sei nicht in bester Form gewesen, habe die Bälle nicht genügend auf die Sturmflügel gegeben, und somit seinem Sturm die gewohnte Gefährlichkeit genommen. Das ist m.E. nur insofern richtig, als sich die etwaigen Schwächen eines Mittelläufers naturgemäß immer am deutlichsten bemerkbar machen. Mir däucht, als sei die ganze Eintrachtmannschaft zurzeit nicht richtig in Schwung. Schon die Leistungen am Vorsonntag gegen Niederrad, die nach dem Urteil einiger glaubhafter Leute nicht recht befriedigt haben sollen, deuten auf einen gewissen Formrückgang hin. Möglich, daß er bis zum nächsten Spieltag wieder ausgeglichen sein wird. Er äußerte sich diesmal in dem mangelhaften Zusammenhang der einzelnen Reihen, und innerhalb dieser Reihen fehlte wieder der oft gerühmte enge Kontakt der einzelnen Spieler. Man sah diesmal nichts von dem gefürchteten Dreieckspiel, das seither immer der Schlüssel zu den beharrlichen Eintrachtsiegen war Wirklich gut war nur Stubb, Schaller, Mantel und Gramlich Auch Kellerhoff und Schütz befriedigten schließlich, aber den übrigen, namentlich den beiden Verbindern, fehlte das „gewisse Etwas", das seither die Homogenität der Elf ausmachte. Torwächter Schmitt war unsicher im Fangen. Es liegt an der Art, mit der er zupackt. Zweimal mißlang ihm die Faustabwehr, und der Gegner zog daraus den Nutzen.

Rotweiß war anfangs im Hintertreffen. Aber die Mannschaft erfocht sich Schritt für Schritt wachsende Geltung. Mit der vorzüglichen Form, in der sich Kreß präsentierte, wuchs das Zutrauen jedes Spielers zu sich selbst. Ausgesprochen schwach blieb nur der Rechtsaußen, dessen Fähigkeiten eben Grenzen gezogen sind. Sein Nebenmann Kraus I spielte überraschend frisch und hat als der beste Mann seines Angriffs zu gelten. Kraus II stand ihm nicht viel nach. In der Hauptsache darf sich jedoch der Bockenheimer Verein bei der Läuferreihe für den wichtigen Erfolg dieses Tages bedanken. Engel spielte nach der Pause ein ganz großes Spiel, der alte Franz Sand stand während der ganzen Spielzeit sehr wacker seinen Mann, und Dietermann blieb seiner Aufgabe ebenfalls nicht viel schuldig. Selbst die beiden Verteidiger überwandten ihre anfängliche Unsicherheit sehr bald und nicht minder gründlich.

Das vorangegangene Spiel der beiden Reserve-Mannschaften endete 2:0 für Eintracht. Das Bemerkenswerte bei dieser Begegnung war die Mitwirkung der beiden alten Kämpen Willy Pfeiffer auf der einen, Jean Fritz auf der andern Seite. Im Grunde sollte man in den Reserven nur junge, entwicklungsfähige Kräfte verwenden. Hier aber zeigte es sich, welche Rückenstärkung für die gesamte Mannschaft die Ausnutzung der Erfahrung einiger alter Spieler bedeutet. Wenn Jean Fritz z.B. richtig beim „Pinseln" ist, lacht einem das Herz im Leibe.

Theo Maul war Spielleiter. Sehr gut, wie immer — trotz einiger kleiner Fehler. Das Publikum sollte sich angewöhnen, über diese Belanglosigkeiten ohne Schreien hinwegzugehen, wie es der Journalist aus wohlerwogenen Gründen auch tut. Eines hätte man sich bei Freund Theo etwas besser wünschen mögen: die Beachtung der Vorteilsregel.      Ludwig Isenburger. (Aus dem 'Kicker' vom 28.10.1930)

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