Rot-Weiss Frankfurt -
Eintracht Frankfurt |
Bezirksliga Main-Hessen 1930/31 - 7. Spiel
3:6 (1:4)
Termin: 12.10.1930
Zuschauer: 10.000
Schiedsrichter: Glöckner (Pirmasens)
Tore: 0:1 Bernhard Leis (20.), 0:2 Bernhard Kellerhoff (24.), 1:2 Kraushaar, 1:3 August Möbs, 1:4 Fritz Schaller, 2:4 Ditzel, 3:4 Krauß I, 3:5 Hans Stubb, 3:6 Fritz Schaller
Rot-Weiss Frankfurt | Eintracht Frankfurt |
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Trainer |
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Frankfurter Echo Rot-Weiß - Eintracht 3:6. Trotz starken Regens vor Spielbeginn war dieses wichtige Verbandsspiel von etwa 10000 Zuschauern verhältnismäßig gut besucht. Die Eintracht war sich anscheinend von vornherein klar, daß sie mit ihrem sonst gewohnten flachen und engmaschigen Kombinationsspiel in diesem Schlammboden nichts erreichen könne. Sie tat also das einzig richtige, sie kombinierte halbhoch, aber nicht weniger genau als sonst, und zeigte damit namentlich in den ersten 45 Minuten ein ganz vorzügliches Spiel. Vergegenwärtigt man sich nun — und selbst der fanatischste Eintrachtmann wird dem wohl nicht widersprechen wollen — daß der Halbzeitstand von 4:1 Toren für Eintracht zweifellos viel zu hoch war, daß etwa ein 4:3 den Leistungen im Feldspiel am korrektesten entsprochen hätte, dann muß man folgerichtig daraus schließen, daß auch Rot-Weiß unmöglich schlecht gewesen sein kann. Viele Anhänger der Bockenheimer ließen sich durch den schließlich zahlenmäßig hohen Spielverlust zur offensichtlichen Unzufriedenheit mit dem Abschneiden ihrer Mannschaft und den Leistungen einzelner Spieler verleiten. Die Mißgestimmten vergaßen eben, die große Misere des fußtiefen Schlammes in ihr Calcul mit einzubeziehen. Manche sahen nicht das Positive in der aufopfernden Abwehr der beiden Verteidiger, sie behielten nur die Momente in ihrem Gedächtnis, in denen Engelhardt oder Kornrumpf hin und wieder der Glätte des Geläufes unterlagen. Sic urteilten über Kreß nach der Art, in der das vierte Tor der Eintracht zu Wege kam, und übersehen vollständig, daß dem Internationalen gerade in diesem Falle das tückische Leder nur deshalb unerreichbar blieb, weil es in einer Pfütze förmlich liegen blieb. Man darf sich also durch den ziffernmäßigen Ausgang nicht irreführen lassen, Der Gesamteindruck beider Mannschaften war sehr günstig. Der Sieg der Riederwälder war verdient, aber er ist zweifellos zu hoch ausgefallen. Rotweiß hatte bereits in den ersten zwanzig Minuten drei ganz reelle Torchancen, man kann weiterhin in Betracht ziehen, daß Eintrachts letztes Tor, das sechste, aus Abseitsstellung Kellerhoffs erzielt wurde, und wenn man diesen Erwägungen selbst die natürlich auch von den Riederwäldern einige Male verpaßten Torgelegenheiten entgegensetzt, so bleibt im gesamten doch der Eindruck: der Torunterschied fiel zu groß aus. Vor allem aber darf eins nicht vergessen werden, die Erfolge für den Sieger fielen nicht alle mit zwangsläufiger Unabwendbarkeit, wie man dies von den Treffern der unterlegenen Partei behaupten kann. Wie dem aber auch sei, beide Mannschaften haben sich so gut geschlagen, daß man nicht in den Krümeln suchen soll, um dem einen oder anderen Spieler gelegentliche Schwächen nachzuweisen. Wer selbst jemals auf morastischem Boden gespielt hat, wird den zweiundzwanzig Akteuren dieses Großkampfes Dank und Anerkennung zollen. Die große Ueberraschung des Tages bot der Ersatzmann für Ehmer, der Eintracht-Mittelstürmer Leis, der später auch als Verteidiger zu glänzen wußte. Aber auch Rot-Weiß hatte einen, vielleicht etwas weniger beachteten, aber trotzdem ganz hervorragenden Mann. Ich stoppe einen Augenblick, weil ich nicht das mit Recht allerdings schon oft gesungene Loblied des Mittelstürmers Engel anstimmen will. Ich möchte die Betätigung des Linksaußen Krauß II als die Spitzenleistung dieser Mannschaft bezeichnen. Dieser Junge, so viel ich weiß, kaum sechzehnjährig, ist zweifellos ein Talent. Auch der rechte Flügelmann der Bockenheimer, Gentleman anscheinend von Haus aus, schlug sich nicht schlecht. Schade, daß 10 Minuten nach der Pause Stubb verletzt wurde. Einmal, weil dieser Spieler bis dahin sehr Gutes leistete, besonders aber, weil durch seinen Zwischenfall und die hierdurch bedingte Zurücknahme Leis' das Mannschaftsgefüge merklich Not litt. Die Mehrzahl der erzielten Tore wurde von den Flügelstürmern eingeleitet. In der Läuferreihe hatte nur Mantel im Anfange Momente kleiner Schwächen. Später brachte er sich mit energischem Ruck in die gleich gute Form, in der Gramlich und Goldammer permanent blieben. Schütz bot bis zur Verletzung Stubbs mit diesem eine einwandfrei abgerundete Leistung. Die Mehrheit des Rotweißanhanges war mit dem Spielleiter, Herrn Glöckner aus Pirmasens, nicht recht zufrieden. Mir gefiel Glöckner schon deshalb sehr gut, weil er m.E. sehr treffsicher erkannte, was bei Stürzen und Karambolagen der Bodenglätte zuzuschreiben war. Das Treffen verlief fair. 20 Minuten nach Beginn führte eine vorbildliche Kombination, zuletzt zwischen Kellerhoff, Dietrich und Leis, zu einem placierten Linksschuß des Mittelstürmers. 4 Minuten später setzte sich Kellerhoff energisch gegen Dietermann und Engelhardt durch, mit Geistesgegenwart bugsierte er den Ball gerade noch über die Fingerspitzen des Torwächters ins Rotweißnetz. Wenig später führte eine sehr gute Innenkombination zwischen Kraushaar und Kraus I zu einem unhaltbaren Torschuß Kraushaar aus nächster Tornähe. Kurz vor der Pause war Eintracht noch zweimal erfolgreich. Erst placierte Möbs einen Nachschuß flach und unhaltbar, dann profitierte Schaller von seiner eigenen Schnelligkeit und dem glücklichen Umstand, daß der Ball in der Nässe des Bodens liegen blieb. Nach der Pause wurde Rotweiß stark aggressiv. Nach
Zuspiel von Dietermann spielte sich Ditzel frei und placierte scharf und
unhaltbar unter die Latte. Der fünfte Eckball brachte dann ein weiteres
Tor durch Kraus I. Die nächsten zehn Minuten verliefen äußerst
kritisch. Es fehlte nicht viel, und Eintracht hätte auch noch den
Ausgleich hinnehmen müssen. Dann kam der Umschwung kurz vor dem Abpfiff.
Möbs schuf freie Bahn für Schaller, dessen Flanke von dem anstürmenden
Stubb mit Kopfball rettungslos verwandelt wurde. Schließlich brachte
auch noch der abseits stehende Kellerhoff den Ball zu Möbs, dessen
Schuß abgewehrt werden konnte. Aber gegen den Nachschuß Schallers
war eben kein Kraut gewachsen. Ludwig Isenburger.
(Aus dem 'Kicker' vom 14.10.1930) |