Eintracht Frankfurt - Olympique
Marseille |
Freundschaftsspiel 1928/29
5:0 (4:0)
Termin: 16.06.1929
Zuschauer: 6.000
Schiedsrichter: Rettelbach (Ludwigshafen)
Torschützen: 1:0 Fritz Schaller (5.), 2:0 Joseph Kron (24.), 3:0 Fritz Schaller (30.), 4:0 Bernhard Kellerhoff (44.), 5:0 Karl Ehmer
"30 Jahre Eintracht"
Eintracht Frankfurt | Olympique Marseille |
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Trainer | Trainer |
(aus dem 'Kicker' vom 18.06.1929)
Die Jubiläumsspiele des Main-Meisters Hohe Niederlage des französischen Meisters. - Gute Leistungen der "Alten Herren". Eintracht Frankfurt - Olympique Marseille 5:0 (4:0). Der diesjährige französische Landesmeister, den die Eintracht zu ihrem Jubiläum als Gegner auserkoren hatte, lockte kaum 6000 Zuschauer zum Riederwaldplatz. Mag es das schöne Wetter gewesen sein oder vielleicht das vortägige Spiel des Fußballsportverein gegen Guts Muts Dresden, oder versprach man sich von den Franzosen nicht viel, daß das breite Oval am Riederwald erheblich Lücken aufzuweisen hatte? Tatsache ist, daß die, die es vorzogen, den Sonntag-Nachmittag anderweitig totzuschlagen, nichts, aber rein garnichts versäumt hatten. Gewiß, man sah die Eintracht in bester Verfassung Schulfußball vorführen, man sah herrliche Tricks von Leuten wie Mantel, heute die reinste Offenbarung, Kellerhoff, Dietrich, Kron und Schaller, aber wenn man dann immer wieder sah, wie der mäßige Widerstand der Gäste direkt grotesk wirkte, wie man einfach alles in die Verteidigung zog und fast nie ernsthafte Vorstöße unternahm, wurde das Spiel langweilig, man sehnte sich nach dem Ende. Sollte das wirklich die beste Mannschaft Frankreichs gewesen sein? Das Spiel am Vortage in München, das übrigens auch verloren ging, kann nicht von so weittragender Bedeutung für die Leistungen gewesen sein, denn schon in den ersten Spielminuten war die Ueberlegenheit der Frankfurter so eklatant, daß der Sieg von vornherein feststand. Hier drehte es sich lediglich um die Höhe des Resultats. Daß es zum Schluß "nur" 0:5 hieß, hatten die Gäste ihrem wirklich hervorragenden Torhüter und nicht zuletzt den beiden Verteidigern zu verdanken, die in der Zerstörung wirklich Großes leisteten. Rechnete man in der ersten Halbzeit noch damit, daß sich die Gäste doch noch finden würden, so sah man sich nach Seitenwechsel arg getäuscht, denn gerade in dieser Zeitspanne wurde die Ueberlegenheit der Frankfurter geradzu erdrückend. Mit Ausnahme der beiden Außenstürmer hatten die Gäste alles zur Verteidigung zurückgezogen, dabei konnte die verstärkte Abwehr den wohldurchdachten Kombinationszügen der Eintracht wenig anhaben. Immer und immer wieder wurde der Ball von den brillanten Flügeln vorgetragen, die mit ihren präzisen Flanken Torchancen auf Torchancen schafften. Man konnte wirklich glauben, ein Spiel der Eintracht mit einer A-Klassenmannschaft vor sich zu haben, so überwältigend war die Ueberlegenheit des Mainmeisters. Die Eintracht spielte richtiggehend mit ihrem Gegner Katz und Maus. Es hatte den Anschein, als wenn Eintracht sich in der Pause vorgenommen hätte, nicht über eine gewisse Zahl Tore hinauszugehen. Es wurden Schulbeispiele von Kombinationszügen und eleganten Tricks gezeigt, aber weniger und ungenau geschossen. So kam es, daß in der zweiten Halbzeit nur noch ein Tor fiel. Nach den gezeigten Leistungen des Meisters von Frankreich muß man bei der Beurteilung der Mannschaften, die jenseits der Ardennen zu Hause sind, sehr vorsichtig sein. Die Mannschaft besitzt einige ganz talentierte Einzelspieler, die aber naturgemäß bei einem Gegner, wie ihn die Eintracht z. Zt. darstellt, nichts zu bestellen haben. Der Elf fehlt es an System, ihr Spiel ist zu zerrissen, ihre Aktionen zu durchsichtig. Dabei ist die Mannschaft ohne jeglichen Kampfgeist. Der Elf fehlt es scheinbar am Konditionstraining, schon in der ersten Halbzeit ließ die Kampfkraft einzelner Spieler erheblich nach, sodaß man schon das Schlimmste befürchtete. Ohne zu übertreiben, kann man behaupten, daß das Ergebnis leicht hätte zweistellig werden können, wenn der Eintrachtsturm nach Seitenwechsel mit der gleichen Energie weitergespielt hätte und wenn im Tor der Franzosen nicht ein so guter Hüter, wie es Alle war, gestanden hätte. Die Einzelbeurteilung der Gäste fällt im übrigen sehr schlecht für sie aus. Gut waren neben dem Torhüter die beiden Verteidiger und die beiden Außenstürmer, wovon allerdings der rechte nach Seitenwechsel kaum noch beschäftigt wurde. Die Eintracht hatte bei diesem Gegner leichtes Spiel und konnte so alle Register ihres z.Zt. großen Könnens aufziehen, ohne sich dabei kämpferisch völlig auszugeben. Es wurde eben zweckmäßig auf Zermürbung des Gegners gespielt. Die 2 mal 45 Minuten ... Kurz nach 5 Uhr begann nach den üblichen Begrüßungen das Spiel. Marseille hatte Anstoß, verlor aber schon bald den Ball an den Gegner, der der gegnerischen Hintermannschaft gleich Beschäftigung gab. Nach einigem Geplänkel wurde es bereits in der 5. Minute Ernst. Ein Flankenschuß von Kellerhoff strich an der Torlinie entlang, ohne daß es dem Torwart gelang, den Ball an sich zu nehmen. Schaller bekam den Ball vor die Füße, der mit kräftigem Schuß in die äußerste Ecke des Tores befördert wurde. 1:0. Die Kombinationsmaschine der Eintracht läuft weiter gut. Nach einem Strafstoß für Frankfurt erhielt Goldammer den Ball, sein überaus wuchtiger Schuß wurde von Alle bravourös gehalten. Es dauerte eine geraume Zeit, ehe auch die Gäste einmal in die gegnerische Tornähe kamen. In der 18. Minute lag der Ausgleich in der Luft, einen Köpfer von Bonello konnte Trumpp gerade noch unschädlich machen. Der Nachschuß endigte im Aus. Der zweite Erfolg der Eintracht reifte in der 24. Minute heran. Ein vorbildlicher Kombinationszug führte den Ball von Kellerhof zur Mitte, von da zu Schaller, der Kron den Ball schußgerecht vorlegte, sodaß dieser mit plaziertem Schuß auf 2:0 erhöhen konnte. Ehmer und Dietrich hatten wiederholt gute Schußgelegenheiten, doch war immer wieder ein Körper oder ein Bein eines Gegners im Wege oder es wurde nicht plaziert geschossen. In der 30. Minute war Ehmer am Ball. Seine Steilvorlage zu Schaller führte durch letzteren mit Bombenschuß zum 3. Tor. Das Spiel wurde immer einseitiger. Angriff auf Angriff rollte aufs Gästetor. Mit dem Mut der Verzweiflung gab das Schlußtrio sein Letztes her und hatte damit bei dem zeitweise weichen Sturm des Gegners Glück. Erst eine Minute vor Halbzeit fiel das vierte Tor der Eintracht. Auch hier war uneigennütziges Kombinationsspiel die Ursache. Kellerhoff war der Torschütze, der eine Vorlage Dietrichs geschickt zum Torschuß verwertete. 4:0. Nach der Pause änderte sich das Bild im Wesenslichen nicht. Die Gäste konnten an Aufbau nicht denken und beschränkten sich auf Zerstörungsspiel, wobei sie nun etwas Glück zu haben schienen. Es fiel in der zweiten Halbzeit lediglich ein Tor. Eine Ecke für Eintracht schuf die Situation. Kron gab zur Mitte, Schaller nahm den Ball auf und legte diesen zu Ehmer, der den Ball ins Tor hob. 5:0. Mantel, Kron, Kellerhoff und Dietrich überboten sich gegenseitig in Kabinettsstückchen, es war eine Lust, diesen Leuten zuzusehen. Blieben auch weitere Tore aus, so wurde man doch einigermaßen durch das vorbildliche Spiel der Frankfurter entschädigt. Eine aufregende Sache gab es noch einmal, als Schaller eine seiner bekannten Bomben auf das Tor jagte, leider prallte der Ball an der Latte ab. Einige zahme Vorstöße des Gästelinksaußen endigten bei der Frankfurter Hintermannschaft, da dieser meist einsam auf weiter Flur stand und bei seinen Nebenleuten keine Unterstützung fand. Kritisches. Eine Beurteilung der Mannschaften bei diesem ungleichen Kräfteverhältnis ist naturgemäß sehr schwer. Diese Art von Gegnern liegen eben der Eintracht sehr gut, hier kann sie ihre Fähigkeiten so recht zur Geltung bringen. Die Mannschaft spielte eben mit ihrem Gegner bis er schachmatt gesetzt war. In der Mannschaft ist nichts zu kritisieren, höchstens, daß das Innentrio es nicht verstand, von den unheimlich vielen Torchancen die nötige Anzahl zu verwerten. Die beiden Halbstürmer sind nicht die wuchtigen Torschützen, die man unter diesen sucht. Im übrigen klappte es jedoch sehr gut. Bei den Gästen konnten, wie schon angeführt, nur vier Mann gefallen. Sehr schwach die Läuferreihe, die von Anfang an nichts zu bestellen hatte. Der Schiedsrichter leitete sehr gut, die Fairneß auf beiden Seiten erleichterte ihm sein Amt. (aus dem 'Sport-Echo aus dem Maingebiet' vom 29.06.1929)
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