Eintracht Frankfurt - Wormatia Worms

Süddeutsche Meisterschaft 1928/29 - 14. Spiel

3:2 (2:2)

Termin: 01.06.1929
Zuschauer: 3.000
Schiedsrichter: Adolf Krotz (Göppingen)
Torschützen: 0:1 Dietz, 1:1 Karl Ehmer (Elfmeter), 2:1 Fritz Schaller, 2:2 (Elfmeter), 3:2 Karl Ehmer

 

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt Wormatia Worms

 


  • Giespert
  • Rudi Müller
  • Deibert
  • Dietz
  • Philipps

 

Trainer Trainer
  • Ludwig Philipp

 

Eintracht — Wormatia 3:2

Wenn eine Fußballmannschaft das Vorspiel ganz gegen alle Erwarten verliert und das Rückspiel gewinnt, pflegen alle Berichte anzufangen: „Die Revanche ist geglückt!". Warum soll ich eine Ausnahme machen? Also: aus der 1:3-Niederlage der Frankfurter Eintracht wurde ein 3:2-Sieg über Wormatia Worms. Das ist nicht ganz dasselbe, aber wer das recht interessante Treffen am Samstag gesehen hat, kümmert sich nicht um die Tordifferenz, sondern wundert sich, daß diese mit dem Herannahen ihrer Jubiläumsspiele immer mehr in Fahrt kommende Eintrachtelf seinerzeit zwei wichtige Punkte verschenkte, die ihr damals weit wertvoller waren (oder hätten werden können) als heute, wo sie nicht viel mehr bedeuten als gerade das Tüpfelchen auf dem Worte „Prestige". Eintracht ist ob ihres schlechten Startes in den diesjährigen Kämpfen um die Verbandsmeisterschaft oft gescholten worden. Ich hatte immer den Eindruck, daß dies sehr zu Unrecht geschah. Dank der bekannten und durch die Not diktierten Termineinteilung hatte sie ganz im Anfang gegen ihre schwersten Rivalen Vor- und Rückspiel austragen müssen und hierbei die Punkte verloren, mit deren Gewinn im voraus nur unter Zusammenwirken aller günstigen Umstände zu rechnen war. Später hat sie Sieg an Sieg gereiht und konnte nach Beendigung ihres vorletzten Verbandsspieles mit seltener Gleichmäßigkeit in die Tabelle der Meisterrunde eingetragen werden. Sie hatte in 13 Treffen 6 Siege, 1 Unentschieden und 6 Niederlagen zu verzeichnen, wobei mit 24:24 Toren und 13:13 Punkten sich sämtliche Conten in Soll und Haben ausglichen. Das nenne ich keine negative Leistung und halte die Gruppe Main des Bezirkes Main-Hessen auch in diesem Jahre für sehr gut repräsentiert.

Diesmal erwies es sich erneut, daß selbst bei bestem Können der erwünschte Erfolg nicht voll erreicht wird, wenn eine Mannschaft nach Schablone spielt. Eintracht wollte ihren Gegner mit demselben entzückenden Tändeln mit dem Balle niederringen, mit dem sie jüngst in der Schweiz nachhaltigsten Eindruck gemacht hatte. Das war vollkommen fehl am Platze, denn für diese Spielweise war die Wormatiaelf zu hart und vor allem viel zu schnell. Die Frankfurter hätten in diesem Treffen etwas mehr Kampfstil anwenden sollen und wären hiermit hinsichtlich der „score" sicherlich besser gefahren. Man muß sich eben auch als Fußballer sagen: „Wie der Mann ist, so brät man ihm die Wurst."

Beide Verbindungsstürmer waren schwach, der Ersatzverteidiger auf der rechten Seite meistens unrein im Abschlag. Alle übrigen Leute waren gut, Kellerhoff und der Fußball-Rastelli Mantel sehr gut, Willi Pfeiffer sogar ganz groß. Daß der in Berlin international spielende Schütz und der schonungsbedürftige Dietrich nicht spielten, mag außer Betracht bleiben, denn auch bei Wormatia fehlten mit Winkler und Hartmann zwei der Allerbesten.

Ich erwähnte zuvor, daß Wormatia hart spielte, aber ich betonte mit Nachdruck, daß dies keineswegs unfair geschah. Es sind allerhand stramme Kerls in dieser Mannschaft, und sie setzen ihren Körper wuchtig ein. In ihrem Sturm war beträchtlich mehr Nachdruck als auf der Gegenseite. Leider kombinierte er ungenügend und scheiterte an diesem Mangel. Im allgemeinen spielten die Gäste mehr hoch als flach. Auch dies war natürlich ein Schönheitsfehler, es sei denn, daß es in der bewußten und vorsätzlichen Absicht geschah, den Gegner aus dem Konzept zu bringen. Das Schlußtrio war sehr stabil, und die Läuferreihe deckte mit Beharrlichkeit sehr gut ab. Der linke Läufer Rudi Müller war hierbei der erfolgreichste. Die Angriffsreihe konnte unter Philipps überlegter Führung und dank des Eifers der übrigen eine ansehnliche Reihe bedrohlicher Vorstöße unternehmen, aber es fehlte allen Wormser Stürmern am herzhaften Schuß.

Die erste Halbzeit brachte ziemlich offenes Spiel, wenn auch bei sichtlichem Vorteil der Frankfurter. Trotzdem erlangten die Gäste zunächst die Führung, da der Linksaußen Dietz einen famosen Flankenwechsel seines Halbrechten Deibert stoppen und auswerten konnte. Als der zum aussichtsreichen Schusse ausholende Ehmer von hinten gehakt wurde, gab es einen berechtigten Elfmeter, den Ehmer zum Ausgleich benutzte. Das Führungstor der Eintracht fiel auf ähnliche Weise wie der erste Treffer der Gäste. Der Halblinke Döpfer wechselte den Ball zu seinem Rechtsaußen Schaller, der in bekannter Manier seinen ungemein wuchtigen Schrägschuß anbringen konnte. Wiederum fiel dann der Ausgleich durch einen Elfmeter. Kirchheim hatte den zum aussichtsreichen Kopfstoß ansetzenden Halbrechten Deibert mit den Fäusten vom Balle weggedrückt und dann seinen eigenen faustenden Tormann unterlaufen. So hatten es die auf der Tribüne anwesenden Schiedsrichterkanonen Weingärtner, Wesp und Stroter übereinstimmend gesehen, und so wurde es mir von dem Spielleiter während der Pause bestätigt. Wegen des vom Publikum anscheinend unbemerkt gebliebenen Gebrauchs der Fäuste geht also auch dieser Elfmeter vollkommen in Ordnung. Nach der Pause fiel dann blitzschnell noch ein sehr schönes Tor für Eintracht, das ihr den verdienten, allerdings etwas zu knappen Sieg brachte, den sie in den letzten fünfzehn Minuten mit äußerstem Energieaufwand verteidigen mußte. Mantel hatte im eigenen Strafraum durch vorbildliches Sperren den Gegner vom Ball getrennt und diesen an Döpfer weitergegeben, Kellerhoff steuerte unaufhaltsam dem gegnerischen Tore zu und Ehmer schoß ein. Später schoß Schaller noch eine Bombe an den Pfosten, von wo der Ball ganz von ungefähr dem verdutzten Giespert in die Hände sprang, wie weiland den Bewohnern Schlaraffias vom Himmel die gebratenen Tauben in den Mund fielen.

Herr Adolf Krotz von SC. Göppingen machte als Schiedsrichter nur einen schwerwiegenden Fehler, der des Ankreidens bedarf. Er pfiff ein „foul" gegen Goldammer, als Kellerhoff mit dem Ball bereits durchgebrochen war. Er ignorierte also die bekannte Vorteilsregel und brachte hierdurch Eintracht um ein Tor von neunundneunzigdreiviertelprozentiger Gewißheit. Die Zuschauer, die im übrigen mit ihm zufrieden waren, befanden sich in starker Minderheit. Aber --- es waren die Sachkenner.      Ludwig Isenburger. (aus dem 'Kicker' vom 04.06.1929)



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