Karlsruher FV - Eintracht Frankfurt
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Süddeutsche Meisterschaft 1928/29 - 10. Spiel
0:3 (0:2)
Termin: 28.04.1929
Zuschauer: 4.500
Schiedsrichter: Sackenreuther (Nürnberg)
Torschützen: 0:1 Fritz Schaller, 0:2 Krenz, 0:3 Walter Dietrich
Karlsruher FV | Eintracht Frankfurt |
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Trainer |
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Die Ueberraschung in Karlsruhe Karlsruher FV. — Eintracht Frankfurt 0:3. Als ich um die dritte Mittagsstunde zum KFV.-Platze komme, guckt der Lautsprecher einer Frankfurter Rundfunkgesellschaft neugierig über den Lattenzaun. Er wird uns wohl das Turiner Spiel und — wie sich nachträglich herausstellte — den deutschen Sieg vermitteln wollen. Bis zur Halbzeit unseres heutigen Rundenspieles blieb er verschwiegen. Umsomehr habe ich selbst zum KFV. — Eintrachtspiel zu sagen. * Man wußte nicht recht, wie man sich zu Eintracht Frankfurt stellen soll. Diese Mannschaft enttäuschte bislang in den Rundenspielen sehr, so daß die anhänglichsten der KFV.-Anhänger ihren nicht umzubringenden Optimismus fortsetzen und der KFV.-Elf in der vorangegangenen Woche die schönsten Siegeshoffnungen einräumen konnten. Es kam aber wieder einmal anders. In Wirklichkeit stand ein Sieg der Eintracht gar nie in Frage. Im Gegenteil. Die 0:3-Niederlage schmeichelt dem KFV. noch sehr. Die doppelte Ration wäre nach der schlecht und recht verteilten ersten Halbzeit, im zweiten Spielabschnitt den dann prächtig spielenden Frankfurtern recht gut zu Gesicht gestanden. Eine so prächtig aufgelegte Frankfurter Mannschaft hatten wir nicht erwartet, allerdings auch nicht einen solch schwachen KFV., der heute offenbar den schwärzesten Tag dieser Saison hatte. Dabei waren mehr als 4000 Zuschauer gekommen, im Hinblick auf den propagierten zweiten Tabellenplatz. Und wie schlug die Stimmung des Publikums um. Da erntete Eintracht einmal für famoses Spiel und kernige Schüsse Beifall bei offener Szene und am Schlusse zogen sie mit jenen Kundgebungen der Massen ab, die sonst ausnahmslos dem KFV. gelten. * Der Wind, der sich mit der warmen Sonne verband, machte es den Spielern nicht immer leicht, in ein flüssiges Spiel zu kommen. Ueberhaupt stand die ganze erste Halbzeit weit eher im Zeichen mehr und weniger wirksamer Verteidigerarbeit, als in besonders gefügten Feldleistungen der übrigen Reihen. Lange mußte man warten bis positives heraussprang. Es blieb im ersten Akt bei Stückwerk beiderseits, wenn auch die Gäste mehr Einheitlichkeit und System erkennen ließen. Sie hatten in Kellerhoff und Schaller zwei prächtige Flügel, aber die Mitte blieb zunächst weich. Außer dem prächtigen Mantel war Frankfurts Läuferreihe (Goldammer) ungenau im Zuspiel: Schütz allein brauchte seine Leistung im zweiten Spielabschnitt nicht zu verbessern, sie war stets gleichbleibend gut, bei reinen Abwehrschlägen. Die Abwehr, die Zerstörungsarbeit! Hier lag vielleicht eine gewisse Stärke der Karlsruher noch. Die im Aufbau schwache Läuferreihe tat wenigstens in der Durchkreuzung gegnerischer Absichten ihre Pflicht. Damit ist allerdings auf die Dauer nichts erreicht, zumal die Gäste noch vor der Pause durch Schüsse Schallers und Krenz' unanfechtbar in Führung gingen. Dem KFV. und insbesondere seiner Läuferreihe gelang die aufbauende Leistung nicht. Der Sturm mit dem befangenen Siccard auf halbrechts, wurde nicht gespeist, er wurde aber immer lustloser je länger er darauf warten sollte, daß endlich die Maschine, oder wenigstens das Maschinchen in Gang kam. * Da war noch eine zweite Halbzeit. Unser braver Lautsprecher fing jetzt zu husten an und verkündete das 1:1 in Turin nach Ablauf der ersten zehn Minuten. Dann sang er noch, um uns ans Herz zu greifen: „schlaf' ein mein Blondengelein..", hat aber damit gewiß nicht die Elf des KFV. gemeint. Eintracht erkannte jetzt, daß der heutige KFV. zu keiner geschlossenen und energievollen Leistung fähig war und riß die Initiative an sich. Gewiß, nicht jeden Sonntag wird es der KFV. seinem Gegner so leicht machen, sich spielerisch nach Belieben zu entwickeln, vielleicht gibt darüber schon das Rückspiel am nächsten Sonntag Aufschluß. Aber diese Feststellung soll das prächtige Spiel der Gäste nicht schmälern. Sie hatten eine großartige zweite Halbzeit und Dietrich spielte mit Kellerhoff und Mantel feine Stückchen vor, während drüben Schaller aus vollem Lauf präzis flankte. Wäre Dietrich, der nun zu voller Form auflief, zweimal die Latte nicht im Wege gewesen und hätte der Frankfurter Angriff sein Spiel in die Breite nicht so stark übertrieben, dann müßte das gezeigte Können in einer anderen Torzahl zum Ausdruck gekommen sein, um die Schwärze des Tages zu bestätigen, schoß Bekir einen Elfmeter prompt daneben, nachdem Pfeiffer und Schütz den fleißigen, aber auf sich selbst gestellten Poretti ordentlich eingekeilt hatten. Die Karlsruher, mit dem verletzten Siccard als Statist am rechten Flügel, mit Reisch auf halbrechts an ungewohnten Platz, hatten eine erbarmenswerte Stürmerreihe, der einfach nichts gelingen wollte. Wohl griff Trumpp verschiedentlich ein, aber die ganze Struktur des KFV.-Spieles neigte nun einmal nicht zu einem richtigen Mannschaftsspiel. Dazu war vornehmlich die Läuferreihe zu sehr unter Form und der Sturm selbst zu nachdenklich. Sie machten allesamt einen konsternierten Eindruck. Kurz vor Spielende kommt Dietrich nach glänzender Kombination zum Schuß und zum dritten Male ist Waßmannsdorf geschlagen. Ecken 2:6. * Dem KFV. fehlt seit langer Zeit ein ausgesprochenes Konditionstraining. Damit erfaßt man so außerordentlich viel, daß es weiterer Worte darüber an dieser Stelle nicht mehr bedarf. — Schiedsrichter Sackenreuther, Nürnberg, war in großer Form. Julius Hüber. (aus dem 'Kicker' vom 30.04.1929)
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