Borussia Neunkirchen - Eintracht
Frankfurt |
Süddeutsche Meisterschaft 1928/29 - 9. Spiel
0:1 (0:1)
Termin: 14.04.1929
Zuschauer: 4.000
Schiedsrichter: Müller (Beiertheim)
Torschützen: 0:1 Fritz Schaller
Borussia Neunkirchen | Eintracht Frankfurt |
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Trainer |
Trainer |
Eintracht wieder in Fahrt Borussia Neunkirchen — Eintracht Frankfurt 0:1. Die schlechten Kritiken, die man in der letzten Zeit den Frankfurtern gegeben hatte, können heute keine Fortsetzung finden, denn der heutige Sieg war durch gutes Spiel vollauf verdient. Mit dem entscheidenden Tor hatte es allerdings eine eigenartige Bewandtnis, denn nicht das vom Schiedsrichter gegebene, sondern ein anderes, nicht gegebenes, war das wirkliche Siegestor. Als nämlich der Frankfurter Innensturm einmal sich mit den beiden Borussiaverteidigern herumschlug, stand der Rechtsaußen Schaller um ungefähr drei Meter in Tornähe abseits, ohne daß der Schiedsrichter pfiff. Als einen Moment später dann Schaller. vollkommen ungedeckt, aber anscheinend nicht mehr abseits, den Ball bekam, konnte er leicht an Lietz vorbei einsenden. In der zweiten Hälfte aber schießt Eintracht sehr stark an den linken Pfosten, von wo der Ball zum rechten Pfosten prallt und knapp daneben sich ins Netz dreht. Nach Ansicht des Schiedsrichters hatte ein neben dem Tor stehender Zuschauer (was hat der dort verloren?) den Ball ins Tor gelenkt. Dieses jedoch verdiente Tor blieb den Gästen versagt. Man hatte das Gefühl, daß der Schiedsrichter, Müller (Beiertheim), durch seine Entscheidung einen Ausgleich schaffen wollte. Hätte er der Eintracht auch das zweite Tor zuerkannt, so wäre es dieser Mannschaft durchaus zu gönnen gewesen, schon mit Rücksicht auf ihr außerordentliches Pech in der ersten Viertelstunde. Was da nämlich an pfundigen Schüssen auf den Borussenkasten kam, das hat man in solcher Qualität in den vorangehenden Spielen nicht erlebt. Aber Pfosten, Latten und Beine verhinderten hartnäckig den Erfolg. Besonders erwähnenswert ist ein Schuß Ehmers, des eifrigsten Schützen, aus ungefähr 20 Meter Entfernung, der mit geradezu unheimlicher Wucht an die untere Lattenkante ging, zu Boden prallte und von da wieder innerhalb des Spielfeldes in die Luft ging, um dann wegbefördert zu werden. Die Frankfurter waren durch ihren Sturm, der nicht einmal zu den besten unserer süddeutschen Spitzenklasse gehört, den Borussen doch unzweifelhaft überlegen. Ferner fiel der Vergleich der Mittelläufer noch sehr zugunsten Eintrachts aus, obgleich manche Bewegungen Goldammers infolge seiner etwas unproportionalen Länge unbeholfen aussehen; jedenfalls entpuppte er sich als ein sehr nützlicher Spieler. In der übrigen Hintermannschaft hatte Eintracht, trotz der Qualitäten eines Schütz und eines Mantel, kein Uebergewicht über Borussia. Die erfolgreichsten Stürmer Frankfurts waren heute Ehmer und Kellerhoff. Dietrich und Schaller standen nicht viel nach, dagegen zeigte Döpfer Schwächen, indem er oft nicht am rechten Platz war und wenig Uebersicht für die geeignetste Ballabgabe an den Tag legte. Kübert spielte nicht immer einwandfrei, was man von seinen Kameraden aber keineswegs behaupten kann. So spielt z.B. Schütz trotz seiner großen Wucht vorbildlich fair. Trumpp zeigte viel Schneid und Geschick im rechtzeitigen Herauslaufen. Wie in den vorangehenden Spielen zeigte sich der Borussiasturm auch heute wieder in seiner Zerrissenheit und Hilflosigkeit. Denne war heute der Beste; dieses Prädikat hat aber nur relative Bedeutung. Mit Jakob kommt kein rechtes Zusammenspiel zustande, er muß noch viel lernen. Schörnack läßt immer mehr nach, worin er noch von Koch übertroffen wird. Anschütz ging an. In der Hintermannschaft war wie immer der Mittelläufer der schwache Punkt; die Gesamtleistung der Hintermannschaft war aber wieder recht gut. Sprenger war der beste Verteidiger auf dem Platze. Welsch stand ihm nicht viel nach. Man muß berücksichtigen, mit was für einem Gegner die Neunkircher Verteidiger es zu tun hatten, während Schütz und Kirchheim meistens nichts weiter zu tun hatten, als die ihnen vor die Füße oder auf die Köpfe gespielten Bälle wieder vorzugeben. Auch Lietz zeigte sich wieder von der besten Seite, denn er machte dem Gegner als letztes Bollwerk manche sicher erscheinende Torchance zunichte. Gegen Bayern München war seine Leistung noch größer gewesen, weil er dort noch schwerere Aufgaben zu lösen hatte. Während des ganzen Spieles waren die Frankfurter — mit episodenhaften Ausnahmen — überlegen. Am stärksten war ihr Drängen zwischen der fünften und fünfzehnten Minute, wo aber das bereits geschilderte Pech ihr Mühen umsonst machte. Dann fiel das zweifelhafte Tor, welches über beide Punkte entschied. Der Sturm der Borussen hatte einige Male ganz große Torchancen bei seinen Vorstößen. Zweimal geschah es, daß Jakob bereits den herauslaufenden Trumpp geschlagen hatte, doch der Ball war nicht ins Tor zu bringen. Im Verlauf des Spieles stellte Eintracht das Eckenverhältnis auf 10:0. Das erwähnte 2. Tor verursachte einen längeren Disput, aber der Schiedsrichter ließ sich nicht umstimmen und so blieb es bei 0:1. Wenn auch viele Zuschauer wieder anderer Meinung waren, so ändert das doch nichts an der Tatsache, daß Herr Müller (Beiertheim) ein guter Schiedsrichter ist; auf Grund von ein oder zwei Versehen darf man kein vernichtendes Urteil fällen. Trotz der vielen Mißerfolge der Borussia hatten sich verhältnismäßig viel, nämlich schätzungsweise 4000 Zuschauer eingefunden, um zum letzten Male in den Verbandsschlußspielen von der einheimischen Mannschaft enttäuscht zu werden. Die letzten drei Spiele haben die Borussen nämlich auswärts auszutragen, was bedeutet, daß zu den bisher gewonnenen drei Punkten keiner mehr hinzukommt. Albrecht Menzel. (aus dem 'Kicker' vom 16.04.1929)
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