Eintracht Frankfurt -
FSV Frankfurt |
Bezirksliga Main-Hessen 1928/29 - 15. Spieltag
2:4 (0:0)
Termin: 02.12.1928 im Stadion
Zuschauer: 30.000
Schiedsrichter: Fritz (Oggersheim)
Tore: 0:1 Pache, 0:2 Böttner, 1:2 Karl Döpfer, 1:3 Armbruster (77.), 2:3 Fritz Schaller (84.), 2:4 Armbruster
Eintracht Frankfurt | FSV Frankfurt |
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Trainer | Trainer |
Frankfurter Echo Eintracht Frankfurt — FSpV. Frankfurt 2:4 (0:0). Man hatte in der Vorwoche gelegentlich über die hohen Eintrittspreise für das große Ortstreffen zwischen Eintracht und FSpV. Frankfurt manche abfällige Bemerkung fallen hören, weil die Eintrittsgelder zwischen 0.50 und 6 RM. festgelegt waren. Nun, was die Stehplätze anbelangt, hielten die geforderten Beträge sich streng an das Ortsübliche. Die Sitzplätze wurden allerdings etwas höher als sonst bewertet, wodurch jedoch in erster Linie auf die Zwischenhändler durch Steigerung ihres Risikos abschreckend gewirkt werden sollte. Im übrigen — wenn man ein Fußballspiel durchaus nur von einem Sitz- oder gar Tribünenplatz aus miterleben kann, warum soll man das nicht auch entsprechend höher bezahlen müssen? In den teuren Tagen des Frankfurter Sechstage-Rennens, bei dem die Preise beträchtlich höher sind, sollte man doch nicht vergessen, daß die Vereine heutzutage leider von den Einnahmen eines einzigen Großkampfes den gesamten Vereinsbetrieb eines ganzen Jahres finanzieren müssen. Vor einigen Wochen schlug Eintracht den FSpV. mit 5:2 Toren. Nicht ganz so hoch und sicherlich nicht in gleich überzeugender Weise gewann diesmal Old-Bornheim gegen die Leute vom Riederwald. Aber der Sieg war mit 4:2 immerhin noch klar und dem Spielverlauf nach berechtigt. Die Vergleichsmöglichkeiten zwischen Vor- und Rückspiel sind nur gering: der gleiche Schauplatz im Frankfurter Stadion, das gleiche unfreundliche Regenwetter, vor allem aber das gleiche Fußballfieber und die gleiche Riesenspannung der 35.000 Zuschauer. Sonst hatte sich seit jenem 23. September mancherlei geändert. FSpV. hatte nach dem Eintritt des vorzüglichen Mittelläufers Knöpfle und nach der Neuordnung seiner Trainingsverhältnisse an spielerischem Niveau nachweislich und merklich gewonnen, die Eintracht dagegen durch Spielerverletzungen und Disqualifikationen unleugbar an Gefährlichkeit Einbuße erlitten. So traf der aufs stärkste vertretene FSpV. auf eine Eintrachtelf, in der Trumpp, Goldammer und Kübert zu ersetzen waren. Da obendrein Schaller erkrankt auf den Platz kam und zu allem Ueberfluß Kissinger kurz nach Spielbeginn erheblich verletzt wurde, war Eintracht so stark gehandicapt, daß sie die Niederlage etwas leichter wird ertragen können, zumal sie sich vorläufig noch den Punktverlust leisten kann und immer noch mit drei Punkten Vorsprung führt. FSpV. war gut im Schuß, wenn auch immer noch nicht in der aus früheren Glanztagen bekannten Höchstform. Körperlich fit und moralisch gut aufgelegt, während Eintracht aus besagten Gründen etwas bedrückt erschien. Allzu großes Niveau hatte der Kampf der beiden Mannschaften nicht, die Kampfhandlungen muteten etwas zerhackt an. Eines aber berührte auf beiden Seiten angenehm: der glühende Wunsch, zu gewinnen, die restlose Hingabe an eine große Aufgabe, deren Lösung natürlich nur einem glücken konnte. Die Kombination setzte zeitweilig aus, manchmal allerdings sah man recht zügiges Zuspiel. Will man den Kernpunkt des keineswegs unberechtigten Sieges des FSpV. herausgreifen, so muß man auf die Unterschiedlichkeit der beiden Torwächter hinweisen. Der Eintrachthüter Judisch, während des ganzen Kampfes übrigens in erstaunlich guter Form, hat bekanntlich nur einen völlig unzureichenden Abschlag, der den eben vom Tor abgestoßenen Ball fast immer wieder in den Strafraum zurückkommen läßt, Krieger dagegen, der im übrigen durchaus nicht immer einen unbedingt zuverlässigen Eindruck machte, jagte seinen Ball jedesmal fast bis an die gegnerische 16-m-Linie und entlastete somit seine gesamte Hintermannschaft in ganz beträchtlicher Weise. Bei 90 Minuten schwersten Frankfurter Großkampfes kann eine solch wesentliche Unterstützung einer Hintermannschaft selbstredend nicht ohne Folgen bleiben. Dies war heute der Fall, der aufmerksame Beobachter hat hierin einen erheblichen Grund für die Eintracht-Niederlage zu erblicken. Hintermannschaft und Läuferreihe hielten sich im großen und ganzen die Waage, im Sturm war FSpV. unweigerlich besser dran, da der Gegner ja mit zwei lahmen Flügeln arbeiten mußte und Ehmer, der Sturmführer, von Knöpfle ziemlich erfolgreich gedeckt wurde. Das Prägnanteste auf der einen Seite war die beachtlich behende Form Paches, auf der anderen Seite die geschickte Deckungsarbeit des „Ersatzmannes" Bechthold. Lobenswert die im allgemeinen recht sportliche Note des Drumherum, wenn auch — namentlich, aber nicht nur — einzelne Spieler des FSpV. etwas zarter hätten zu Werke gehen sollen. Nicht belanglos der Umstand, daß bei Halbzeit noch kein Tor gefallen war, in den zweiten 45 Minuten dagegen deren 6 zu verzeichnen waren. Ganz kurz nach der Pause kam Böttner nach einem Gedränge vor dem Eintrachttor zum ersten Erfolg, dem derselbe Spieler unmittelbar darauf einen zweiten durch tadellosen Kopfball folgen ließ. Dann wartete Schaller mit einer guten Leistung auf und ließ seinen Nebenmann Döpfer zu einem Torschuß kommen. Zu dem in dieser Kampfphase nicht undenkbar gewesenen Ausgleich kam es jedoch nicht, vielmehr gab Armbruster dem Treffen erneut eine für FSpV. günstige Wendung, indem er sich geschickt bis vor das Eintrachttor durchkämpfte. Noch einmal ließ eine lobenswerte Energieleistung Dietrichs die Anschlußmöglichkeit auf 2:3 steigen, wobei Schaller Torschütze war und Krieger verteufelt falsch stand, dann aber ließ Armbruster durch einen über Maurischat gehobenen Ball keinen Zweifel mehr übrig, daß Eintracht als besiegte Elf — wenn auch recht ehrenvoll unterlegen — das Stadion verlassen werde. Herr Fritz aus Oggersheim führte die Pfeife. Er war nicht der berühmte „schöne Fritz", der sich bescheiden im Hintergrund zeigte. Er trat in allen Fällen der Notwendigkeit mit unerbittlichem Nachdruck in den Vordergrund und tat gut daran, zumal er trotz aller Energie den Spielern jeglichen, irgendwie zu rechtfertigenden freien Lauf ließ. Herr Fritz hat sich die Anerkennung und den Dank beider Parteien erworben. Ludwig Isenburger. * Das große Interesse dieser Rivalenbegegnung liegt wohl darin, daß die Frage nach dem Besseren nie eindeutig beantwortet wird. Sportverein war wohl in den Jahren 1923 bis 1926 der Eintracht klar überlegen, was auch ohne weiteres anerkannt wurde. Dann kam jedoch der Umschwung, ein Umschwung zum Guten bei der Eintracht, ein Nachlassen bei den Bornheimern. Jener 1:0-Sieg, der vor zwei Jahren dem Sportverein noch die Meisterschaft sicherte, war eine heiß umstrittene Angelegenheit. Damals schon fühlte sich die Eintracht gleichwertig, ja überlegen. Letzte Saison ließ der Sportverein mehr nach, Eintracht kam mehr auf. Das erste Treffen endete 1:1 dank Paches aufopferndem Läuferspiel. Dann verlor der FSpV. im Stadion 0:2 Punkte, Spiel und Meisterschaft. Auch in dieser Saison ging das erste Spiel dem Sportverein verloren. Man erinnert sich noch an das klägliche 2:5 durch die hoch überlegene Eintracht. Aber das war auch kein Sportverein: Eine zusammengewürfelte, planlose, untrainierte Mannschaft. Diesmal stand ein anderer Sportverein auf den Beinen. Die „Trainer"-G.m.b.H hat gearbeitet. Die Mannschaft, verstärkt durch Knöpfle, gut und einheitlich aufgestellt, ist hart, ausdauernd und schnell. Sie ist auch gut, besitzt einen erstklassigen Sturm, glänzende Läufer und nur etwas schwache Verteidiger. Der Ausfall durch die Verletzungen von J. Fritz, Furch, Wijk usw. ist noch nicht wettgemacht. Der Siegeslauf dieser neuen, neugeborenen Sportvereinmannschaft ist unvergleichlich. Er hat auch vor der Eintracht nicht halt gemacht. Aber----, ja es ist ein „aber" dabei. Die letztes Jahr vom Glück so begünstigte Eintracht mußte diese Saison doch daran glauben, Spielerverletzungen zu erleiden. Goldammer, der schwer zu ersetzende Mittelläufer, fehlte. Auch der disqualifizierte Kübert. Dazu spielte Schaller mit einer Halsentzündung. Kissinger mit einer alten Verletzung, die sich im Spiele wiederholte! Das sind Entschuldigungsgründe. Denn wenn Sportverein sagen konnte, daß er gegen Eintracht noch nie verlor, wenn Pache ihm zur Verfügung stand, so kann die Eintracht jetzt auf den Ausfall eines Ihrer Besten hinweisen, ebenso auf ihren Formrückgang, der noch nicht wieder voll behoben ist. Die Zeit zwischen Vor- und Rückspiel ist so kurz gewesen, der Umschwung aber ein so großer — denn diesmal war der Sportverein ganz klar überlegen! —, daß die Frage nach dem überhaupt Besseren nicht, die Frage nach dem augenblicklich Besseren nur zweifelhaft entschieden wurde. Auf jeden Fall sind beide Mannschaften gut: sie werden beide den mainischen Fußball in den Endspielen gut vertreten. Das Spiel selbst passionierte 30.000 Menschen, die sich laut aber anständig benahmen. Die Spieler waren allerdings hitziger als gewöhnlich. Der gute Schiedrichter Fritz-Oggersheim mußte energische Verwarnungen austeilen. Heinig und Henß beim Sportverein, Maurischat und insbesondere Dietrich bei der Eintracht leisteten sich einige dicke Entgleisungen. Dietrich, über dessen raffiniertes Faulspiel man sich oft amüsieren kann, muß doch aufpassen, seine Genfer Reputation nicht in Frankfurt zu erneuern. Im allgemeinen war der Kampf doch mehr hart als unfair, wenn es auch beiderseits Verletzungen gab. (Heinig wurde herausgetragen und schied ganz aus). Nach gewöhnlichem Ligamaßstab ging es sogar zahm her, aber man ist gewohnt, gerade die Spiele Eintracht — Sportverein besonders fair zu sehen und — noblesse oblige! Eine Halbzeit schien es so, als könnte der Sportverein keine Tore machen trotz Feldüberlegenheit. Die Eintracht dagegen erschreckte die Bornheimer mit Durchbrüchen, die die Verteidigung nervös machten. Nach Halbzeit wuchtete dann Pache gleich in der ersten Minute bis in den Strafraum und schoß das erste Tor unterstützt von Böttner. Zwei Minuten später Faul von Maurischat, Flankenstrafstoß Armbrüsters, Tor durch Kopfball Böttners! Bornheim jubelt. Die Freude wird gedämpft, als auf Fehlschlag Griefs Schaller zur Mitte geben kann und der völlig freistehende Döpfer einschießt. Sportverein bleibt leicht überlegen. Die letzte Viertelstunde ist dann sehr spannend. Beide Parteien verpassen Chancen, doch in der 32. Minute geht Armbrüster vor, umspielt Maurischat, umspielt ihn wieder, täuschte, wie wenn er zum freistehende Pache geben würde und lenkt den Ball ins Tor! Dann wird Heinig herausgetragen. Pache spielt Mittelläufer. Dietrich geht vor, macht einen Flankenlauf, gibt zu Schaller, der in der 39. Minute einschießt! Ein weiterer Schuß: Ausgleich? Nein, Ecke. Da geht Armbrüster durch -- 4:2! Delirium bei schwarz-blau... Eine Minute wird nachgespielt, Armbrüster schießt, das umgekehrte Resultat des Vorspiels? 'Judisch bewahrt die Eintracht davor und blockiert auf der Linie. Man sah von verschiedenes Spielern ganz große Leistungen. Knöpfle arbeitete unerhört. Dietrich, manchmal in der Qualität seiner Vorlagen überzeugender, kam viel seltener an den Ball. Knöpfle hat seiner Mannschaft somit mehr genützt. Beide sind internationale Extraklasse. Auf gleicher Höhe bewegte sich das taktisch unvergleichliche Stürmerspiel Paches, der wieder schön in Form gekommen ist. Seine Flügelvorlagen waren wieder mustergültig, mustergültig auch der Empfänger Armbrüster, das große Talent. Dieser war technisch finessenreich; er besitzt auch den richtigen Fußballinstinkt in jeder Situation. Klasse waren auch die Feinheiten eines Spielers wie Mantel, die klare Abwehr des hervorragenden Schütz. Direkt schwach war fast keiner. Vielleicht Heinig, vielleicht auch Döpfer. Grief spielte unregelmäßig und hat noch zu lernen, dagegen hat sich der Partner von Schütz, Maurischat, sehr verbessert. Beide Torwächter sehr gut. Bei den guten Spielern sind auch Henß und Eschenlohr nicht zu vergessen, Bretteville und Böttner nach Halbzeit. Brück hatte einen schwachen Tag. AehnIich erging es einigen Eintrachtstürmern, die undisponiert waren. Es fehlte überhaupt manches im Eintrachtsturm, vor allen Dingen fehlte dort — Dietrich! Zu den besten Leuten auf dem Platze zählt auch der Schiedsrichter. Die Prominenz war auch wieder stark vertreten. Herr Bensemann wurde vermißt, sein Ausbleiben ist durch das „Austria"-Spiel allerdings hinreichend entschuldigt. Jetzt wird wieder die Meisterschaftsfrage aufgerollt.
Hält die Eintracht die 3 Punkte? Nächsten Sonntag werden die
Offenbacher Kickers die Antwort zu geben haben. Es ist schwer, auf dem
Bieberer Berg zu siegen, um so mehr als man dort Ambitionen auf den dritten
Platz hat. Den zweiten hat jetzt der Sportverein bereits sicher, derselbe
Sportverein, der noch Mitte Oktober in unmittelbarer Abstiegsgefahr schwebte!!
Argus. (aus dem 'Kicker' vom 04.12.1928) |