Eintracht Frankfurt -
SpVgg 60/94 Hanau |
Bezirksliga Main-Hessen 1928/29 - 5. Spieltag
5:1 (4:0)
Termin: 16.09.1928
Zuschauer: 1.500
Schiedsrichter: Bachmann (Karlsruhe)
Tore: 1:0 Karl Ehmer (3., Elfmeter), 2:0 H. Kissinger, 3:0 H. Kissinger, 4:0 H. Kissinger, 5:0 Karl Ehmer (49.), 5:1 Sachs (62. Elfmeter)
Eintracht Frankfurt | SpVgg 60/94 Hanau |
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Trainer | Trainer |
Frankfurter Echo Eintracht Frankfurt — SpVgg. Hanau 60 94 5:1. Wasser und Wasser gibt noch lange keinen Wein, meinte Kollege Strohl während des Spiels mit Bezug auf die Vereinigung von Hanau 1860 und 1894. Das ist richtig! Was man da von Hanau sah, war der krasse Gegensatz von dem, was uns vor acht Tagen Hanau 1893 bot: es war nicht mehr als Kreisliga! Kein Wunder, daß es da die Eintracht leicht hatte, ein eindrucksvolles Resultat herauszubringen. Sie hatte aber ihren Ehrgeiz bis zur Pause bereits befriedigt und führte nachher nur noch eine Partie zu Ende, die jeglichen Reizes entbehrte. Die Ereignisse des Tages sahen bereits in der dritten Minute einen von Ehmer verwandelten Elfmeter. Die Hanauer Verteidigung hatte eine Abwehr versucht, die die Billigung des guten Unparteiischen Bachmann-Karlsruhe nicht finden konnte. Die Eintracht war klar überlegen. Goldammer und Ehmer verschuldeten zwar auch Strafstöße, doch hatte Hanau kaum andere Möglichkeiten, sich aus der Umklammerung zu lösen. Nach einer Flanke Schallers hielt der Torwart einen Kopfball Ehmers und kickte dann den Ball zu allem Ueberfluß ins Aus zur Ecke. Ein eifriger Ordnungsmann versuchte auch zu kicken, flog aber bei diesem schwierigen Unternehmen auf die Nase. Es muß auch heitere Momente geben und das Publikum genoß echte Schadenfreude. Nach einer weiteren Ecke jagt Goldammer den Ball weit weg. Er war nicht gut aufgelegt die erste Halbzeit .... Dietrich, der Techniker und Verteiler, überraschte plötzlich seine Anhänger durch einen Bombenweitschuß, der nur wenig übers Tor wegging. Und man glaubte schon, er habe das Schießen vollkommen verlernt! Dietrich war überhaupt recht gut und gab schöne Vorlagen. Eine davon war ganz prächtig und so raffiniert, daß seine eigenen Mitspieler die Situation nicht begriffen. Mit Schaller bildete Dietrich auch den gefährlichen Sturmflügel. Viel schwächer war Kissinger und in seinem Gefolge Kellerhoff. Und ausgerechnet Kissinger machte die nächsten drei Tore, alle auf Flanken Schallers, der von Dietrich vorgeschickt wurde. Man muß allerdings bemerken, daß Hanaus Torwart Schleucher Kissinger gegenüber großes Entgegenkommen zeigte. Als der erste Ball gemächlich aufs Tor gerollt kam, ließ er ihn höflich passieren. Das zweite Mal schoß Kissinger allerdings herzhaft. Beim dritten Male handelt es sich um einen Kopfball. Der kleine Schleucher kam aus seinem Tore heraus, um aus nächster Nähe anzusehen, wie seine beiden Verteidiger den Ball verfehlten, der dann zum leeren Tore flog. Die einzige Freude erlebten die Hanauer in dieser Halbzeit an Kron, ihrem hochtalentierten Halblinken, der ein wahrer Ballartist ist. Er dribbelte nach Herzenslust und mit besonderer Vorliebe um Goldammer herum, der kein Mittel fand, ihm beizukommen. Goldammer wurde so im Mittelfeld herumgetrieben und wußte sich gar nicht mehr zu helfen. Hätten mehrere Krons im Hanauer Angriff gestanden, so wäre es wohl vor dem Eintrachttore gefährlich geworden! Nach Halbzeit sorgte Ehmer für den fünften Treffer bereits nach vier Minuten. Dann zogen die Eintrachtstürmer die Schußstiefel aus und vergnügten sich an schönem Feldspiel. Sie stießen auch plötzlich auf Kron als Verteidiger, was ihnen das Dasein keineswegs erleichterte. Hanau strebte zum Ehrentreffer. Die günstige Gelegenheit kam in der 17. Minute, wo Kübert dem durchgebrochenen Sell einen Stoß in den Rücken gab, so daß ein Elfmeter fällig war. Sachs verwandelte. Das gab den Hanauern die ersehnte Gelegenheit, eine Brieftaube abgehen zu lassen, die diese freudige Nachricht überbringen sollte. Die übrigen Tauben (sie werden nicht viel mitgebracht haben!) blieben arbeitslos. Es hätte aber nicht viel gefehlt, so wären noch mehr freudige Nachrichten nach Hanau abgegangen, denn Trumpp leistete sich einige Schnitzer, wozu ihm vorherige Fehler Vespers Gelegenheit gaben. Das Spielende kam schließlich nicht unwillkommen. Die eine Halbzeit hätte vollkommen genügt .... Eintracht hat nächsten Sonntag gegen Fußballsportverein zu spielen und genießt Favoritenstellung, da Sportverein zurzeit ganz auf dem Hund ist, während sich Eintracht noch im Bereich ihrer vorjährigen Form hält. Die Mannschaft hat allerdings in der Verteidigung einen sehr schlechten Punkt: Vesper. Dieser von Germania übernommene Spieler ist nicht gerade schlecht, paßt aber nicht recht zu Schütz und hat auch gar nicht die Figur eines Verteidigers. Seine vielen Stellungsfehler schaffen bedrohliche Lagen. Es kommt dazu, daß sich Schütz oft zu weit vor wagt und Vesper durchaus kein Standverteidiger ist. Trumpp als letzte Instanz ist auch lange nicht unfehlbar. Grund genug, daß man sich in Eintrachtkreisen über die Verteidigung Sorge macht. — Die Läufer sind gut, insbesondere der Internationale Mantel und der zähe und zuverlässige Kübert. Mittelläufer Goldammer fehlt zur Klasse doch noch manches. Er ist groß und tüchtig. Man darf! ihn aber auch nicht überschätzen. — Im Sturm kommt alle Gefahr von Dietrich und Schaller, einem famosen Tandem. Ehmer ist nicht wendig genug, viel zu steif in den Hüften, dafür aber kräftig und schußgewaltig. Kissinger kann gut sein, ist es nicht immer. Kellerhoff vergißt zu schießen und flankt oft etwas verspätet, ist aber zweifellos ein guter Flügelmann. Hanaus hervorstechendster Spieler ist Kron, der auf halblinks wenig Konkurrenten im Mainbezirk hat. Aber er steht allein auf weiter Flur. Sein linker Nebenmann P. Sachs geht noch an, ebenso der Rechtsaußen Petrausch, dagegen sind Sell und E. Schleucher recht ungefährlich. In der Läuferreihe arbeitet der alte Mittelläufer Neidhardt unermüdlich, doch mit geringem Erfolg, ebenso wie die Außenläufer Lerch und Barthel. W. Sachs und Speerschneider in der Verteidigung sind ebenso wie ihr Torwart über die Gesetze des Stellungspiels wenig unterrichtet. Das wirkt sich sehr ungünstig aus. Jedenfalls wird ohne wesentliche Verbesserung die neugebackene Hanauer Spielvereinigung sich kaum aus der Abstiegszone herausschaffen können. Mit Schiedsrichter Bachmann-Karlsruhe konnte man zufrieden
sein. Unter den 1500 Zuschauern befanden sich einige, die ein ausgesprochenes
Bedürfnis hatten, ihre Stimme möglichst laut ertönen zu
lassen. Es war vollkommen überflüssig und dürfte krankhaft
sein ..... August. (aus dem 'Kicker'
vom 18.09.1928) |