Eintracht Frankfurt -
SpVgg Fechenheim |
Bezirksliga Main-Hessen 1928/29 - 3. Spieltag
3:1 (1:0)
Termin: 01.09.1928
Zuschauer: 3.500
Schiedsrichter: Dölcker (Stuttgart)
Tore: 1:0 Fritz Schaller, 1:1 Pinther, 2:1 Karl Ehmer, 3:1 H. Kissinger
Eintracht Frankfurt | SpVgg Fechenheim |
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Trainer | Trainer |
Frankfurter Echo Eintracht Frankfurt — FVgg. 1903 Fechenheim 3:1. Der zweite September stand in Groß-Frankfurt vollkommen im Zeichen der Leichtathletik. Am Vormittag wurde die große Herbststaffel „Rund um die Anlagen" gelaufen (die sich übrigens einer kläglich schwachen Beteiligung erfreute!), und am Nachmittage fand im Stadion der achte leichtathletische Länderkampf „Deutschland — Schweiz" statt, über dessen Verlauf an anderer Stelle und aus berufenerer Feder berichtet sein wird. Das Spielverbot für alle anderen sportlichen Veranstaltungen der Verbandsvereine bedingte die Verlegung des Ligaspieles Eintracht Frankfurt gegen Fußballvereinigung 1903 Fechenheim auf den Samstagabend. Es ergab einen 3:1-Sieg der Frankfurter, aber wiederum einen solchen, über den der zahlreiche Vereinsanhang nicht recht froh wurde. Er mußte allzu schwer erkauft werden, trotzdem die siegreiche Elf während der Mehrzahl der neunzig Minuten klar und deutlich uberlegen war. Aber die Gegenseite wehrte sich so zäh und verbissen, daß Eintracht erst in den letzten zehn Minuten die beiden Tore machen konnte, die ihr den fraglos verdienten Punktgewinn brachten. Es zeigte sich wieder einmal, daß man auch ohne annähernd gleichwertiges Können einem Spitzenverein das Leben recht versauern kann, wenn man nur mit dem nötigen Eifer und Schneid „dazwischenfahren" kann. Dies verstanden die Fechenheimer so meisterhaft, daß der Ausgang des Kampfes lange genug ungewiß war. Eintracht war technisch die weitaus bessere Mannschaft und im Kombinationsspiel zeitweilig aufs allerbeste disponiert. Selbst das Flachspiel war in einem solchen Gerade vorherrschend, daß Tore eigentlich ganz von selbst hätten fallen müssen. Wenn es trotzdem so furchtbar schwer hielt, den nicht immer körperlich gleichwertigen Gegner niederzuringen, so hauptsächlich deshalb, weil in zahlreichen entscheidenden Momenten die Schnelligkeit des Entschlusses ebenso sehr zu wünschen übrig ließ, wie die Behendigkeit der Bewegungen. Namentlich in letzterer Hinsicht waren die Fechenheimer sehr oft im Vorteil. Es waren fixe Leute, und die fünf Eintrachtstürmer werden selbst am besten wissen, wie oft sie um einen berühmten Bruchteil einer Sekunde zu spät kamen. Auch die Läuferreihe hinkte gar manches Mal einen kleinen Sechzehnteltakt hinter den Ereignissen her. Wie hätte es auch sonst kommen können, daß bei so zahlreichen Torgelegenheiten der siegsichernde Vorsprung so entsetzlich lange auf sich warten ließ und der gesamte Vereinsanhang bereits am Verzweifeln war, als endlich der Bann gebrochen werden konnte. Die erste Halbzeit sah die Frankfurter meistens im Angriffe, die im allgemeinen nur von gelegentlichen, aber wuchtigen und stets gefährlichen Vorstoßen der Gegner unterbrochen wurden. Etwa Mitte der ersten Halbzeit leitete ein Flankenschlag Kellerhoffs das erste Tor ein, das Schaller erzielte. Dafür verschuldete Kellerhoff indirekt das Ausgleichstor, da er kurz nach Seitenwechsel durchaus überflüssiger Weise den Ball an Ensinger verlor, der ihn zu Kunzig leitete, dessen Zuspiel an Pinther zum Treffer ausgenutzt wurde. Während der vorangegangenen acht und der folgenden 25 Minuten wickelte sich der Kampf übrigens ziemlich ausgeglichen ab. Die Fechenheimer kamen weit mehr als zuvor in die Nähe des Eintrachttores, und ihre Angriffe wurden manchmal recht bedrohlich. Schließlich merkte man aber doch ein deutliches Nachlassen ihrer Energie, und Eintracht hatte zum Schluß wieder das Spiel in der Hand. Aus zwei von Kirchheim und Goldammer gut getretenen Strafstößen erzielten dann Ehmer und Kissinqer die beiden entscheidenden Tore. Von den Eintrachtleuten Trumpp, Schütz, Kirchheim, Kübert, Goldammer, Mantel, Schaller, Döpfer, Ehmer, Kissinger und Kellerhoff hätte der Torwächter in all den Fällen, in denen er bis an die Strafraumgrenze hatte vorrücken müssen, sein Tor wieder beträchtlich schneller aufsuchen müssen. Sonst gab er keinen Grund zu Vorwürfen. Recht schwach war Kirchheim, dessen Unsicherheit manchmal bedrohliche Lagen schuf. Auch Schütz war diesmal (bei Anwesenheit des Herrn Notar Dr. Keyl!) nicht in gewohnter Klasseform. Ganz hervorragend arbeitete der famose Techniker Mantel, dessen Körpertäuschung allein schon den geistig sehr hoch stehenden Spieler verrät. Leider scheint er für harte Spiele nicht Kämpfer genug zu sein, ist auch „im Temperament nicht ganz rein", wie der Turfmann in gewissen Fällen sagt. Goldammer trug die Hauptlast dieses schweren Kampfes anerkennenswert gut, dagegen zeigte Kübert Schwächen. Im Angriffe waren die beiden Flügelleute die produktivsten. Der Innensturm spielte recht unterschiedlich. Auf der Gegenseite standen Spielmann, Schreiber, Heck (Ersatz für Veltum), Ensinger, Heidt, Gehrmann, A. Craß, Kunzig, Sohl, Zinther und Daßbach. Von ihnen ist Spielmann seit langem als einer der besten süddeutschen Torhüter bekannt. Auch diesmal blieb diese gute Meinung völlig unerschüttert. Von den vier Verteidigern auf dem Platze war Schreiber wohl unstreitig der beste. Er hatte an dem Achtungserfolg, den seine Mannschaft errang, wohl den größten Anteil. Aber auch Heck verriet keineswegs den „Ersatzmann". In der Läuferreihe fiel die energische Deckungsarbeit Gehrmanns auf, während Heidt erst nach der Pause angenehm von sich reden machte. Ensinger hatte gegen den schnelleren Kellerhoff einen sehr schweren Stand. Manchmal glückte ihm die zerstörende Absicht, manchmal aber auch nicht. Es besteht wohl kaum ein Zweifel, daß die Fechenheimer Angriffsreihe in einem ausgeglichenen Kampfe ihren guten Wert besitzt. Diesmal kam sie verhältnismäßig wenig zur richtigen Entwicklung, erwies sich dann aber als recht gefährlich. Die beiden Verbindungsleute schienen die treibenden Kräfte zu sein. Im allgemeinen verlegte sich die Fechenheimer Hintermannschaft
zu sehr auf Zerstörungsspiel, in der sie allerdings besonders tüchtig
war. Leider verwischte die Mannschaft den nicht ungünstigen Gesamteindruck
durch zu hartes Spiel in den letzten 10 Minuten, wodurch sie auch den
Gegner zu gelegentlichen Revanchen trieb. Zum Glücke war Herr Dölcker
von den Stuttgarter Kickers ein so aufmerksamer Spielleiter, daß
jede Missetat ihre gerechte Sühne fand. So bald sich Herr Dölcker
dazu verstehen kann, auch die „Vorteilsregel" gebührend
zu beachten, wird gegen seine Art, Punktkämpfe zu leiten, überhaupt
nichts einzuwenden sein. Ludwig Isenburger.
(aus dem 'Kicker' vom 04.09.1928) |