Union Niederrad - Eintracht Frankfurt

Bezirksliga Main-Hessen 1928/29 - 2. Spieltag

4:2 (0:2)

 

Termin: 26.08.1928
Zuschauer: 3.000
Schiedsrichter: Schäfer (Nürnberg)
Tore: 0:1 Karl Ehmer, 0:2 Fritz Schaller, 1:2 Stork, 2:2 Kolter, 3:2 Lindner, 4:2 Stork

 

>> Spielbericht <<

Union Niederrad Eintracht Frankfurt

  • Wissenbach
  • Reuter
  • Stork
  • Kolter
  • Lindner

 


 

Trainer
  • William Townley
Trainer

 

Union Niederrad — Eintracht Frankfurt 4:2.

Der Aufbau der Verbandsspieltabelle der Gruppe Main hat es mit sich gebracht, daß die Großfrankfurter Ligavereine, die vier Tabellenführer des vergangenen Jahres, ziemlich frühzeitig auf einander stoßen. Die erste Begegnung zwischen dem FSpV. und Rotweiß hatte dem Altmeister eine unerwartete Niederlage gebracht. Damit schien der Hauptreiz der mainischen Punktkämpfe, das Kopfankopfrennen zwischen Eintracht und FSpV., wesentlich abgeschwächt, denn am Samstag abend hatten die Bornheimer ihren ersten Punkteverlust weg, und die Riederwaldleute rieben sich vergnügt die Hände. Aber in dem Geschehen auf Erden muß es einen ganz heimlichen und doch so unheimlichen Ausgleichskünstler geben, der nun auch die Eintracht um zwei Pünktchen ärmer machte, indem er sie prompt und unerbittlich gegen die Niederräder Union verlieren ließ. Die Niederlage war weder eine zufällige noch eine unglückliche, sie war verdient. Sie ereignete sich genau in der gleichen Weise, in der vor drei Jahren schon einmal Eintracht auf dem gleichen Platze und von dem gleichen Gegner 3:6 geschlagen wurde, nachdem sie bis zur Pause 3:0 geführt hatte. Auch diesmal stand der lebhafte Kampf bei Halbzeit 2:0 für den Mainmeister, aber er hatte aus der trüben Erfahrung früherer Jahre scheinbar nichts gelernt und ließ sich den anscheinend unentrinnbaren Sieg aus den Händen winden. Eintracht hatte bis zur Pause ein wahrhaft schönes Spiel vorgeführt, das sie in den ersten 15 Minuten recht deutlich, späterhin mehr als leicht überlegen machte. Zwei Tore kurz nach Spielanfang und unmittelbar vor der Pause waren der verdiente Lohn hierfür. Der erste Treffer kam durch eine Kettenkombination von rechts bis halblinks zustande, bis schließlich Ehmer placiert einschießen konnte, während Schaller einen Durchlauf von der Mitte des Feldes mit erfolgreichem Schusse abschließen konnte.

Mit dem Seitenwechsel kam dann der Umschwung. Die Eintrachtmannschaft, die auf dem ungewohnt unebenen Felde an sich große Schwierigkeiten hatte, ermüdete sichtlich. In der Läuferreihe, die bis dahin ganz hervorragend gespielt hatte, fing es an. Sie hatte sich offenbar in den ersten sehr lebhaften 45 Minuten zu sehr verausgabt. Bald griff die Unsicherheit auch auf die Verteidigung über, und der Sturm wartete vergeblich auf Beschäftigung. Inzwischen waren die Unionleute, die bereits vor der Pause sich mehr und mehr in Politur gesetzt hatten, zum Generalangriff übergegangen und kämpften mit unvergleichlicher Hingabe. Den größten Ansporn schöpften sie aber erst aus einem Strafstoß, den ihr Halbrechter Stork, zweifellos ein vorzüglicher Strafstoß-Spezialist, aus etwa 20 Meter Entfernung unhaltbar in das Netz jagte. Von diesem Augenblicke an zierten sich die Niederräder absolut nicht mehr und drängten auf Ausgleich. Als sie ihn nach einem Gedränge vor dem Eintrachttor durch Kolter erzielt hatten, schraubten sie ihren Ehrgeiz noch eine Stufe höher und hatten auch hiermit vollen Erfolg. Lindner erzielte das dritte Tor, Stork vergrößerte den Vorsprung dann noch auf ein nicht mehr einzuholendes 4:2.

Daß Union Zeit brauchte, um sich gegen die mit allen Mitteln der Technik und Taktik arbeitende Meisterelf zurechtzufinden, darf ihr nicht verargt werden. Für sie zählen nur die letzten 45 Minuten, und diese waren eine einzige, große Ruhmestat. Im Hinblick auf den für Union betrüblichen Halbzeitstand ist der schließliche Sieg umso höher zu werten. Die Mannschaft verdankt ihren Erfolg in der Hauptsache ihrer Hintermannschaft und hier ganz besonders ihren beiden Läufern Wissenbach und Reuter, die sich wahrhaft aufopferten. Im Sturme überragte namentlich der unermüdliche Schaffer Stork. Sogar der Ersatzmann Lindner verdiente sich Lob.

Bis zur Pause verfügte Eintracht vor allem über eine ganz hervorragende Läuferreihe, in der die technische Feinarbeit Mantels, die taktische Uebersicht Goldammers und das eifrige Zerstörungsspiel Küberts geradezu rühmlich waren. Später war die ganze Reihe abgekämpft. Ebenso fehlte in der Verteidigung die anfangs vorhandene große Sicherheit, und der schließlich nicht mehr allzu viel beschäftigte Sturm büßte an Zusammenhang ein. Kurz, Eintracht hatte eine ganz famose erste und eine recht schwache zweite Halbzeit.

Schiedsrichter Schäfer vom 1. FC. Nürnberg versah sein Amt einwandfrei. Er schien viel auf der Praxis kommende Schulung mitzubringen. Selbstredend konnten da häufige Meinungsverschiedenheiten mit dem Publikum nicht ausbleiben, dessen Urteil ja meistens durch keinerlei Sachkenntnis beschwert ist.

In Niederrad gibt es einen sehr sympathischen Mann, der sich mit liebevollem Fleiße um das Wohlergehen der Presseleute bemüht und alle erdenklichen Anstrengungen macht, ihnen ihr manchmal doch recht mühevolles Dasein zu erleichtern. Leider werden die guten Absichten dieses wackeren Mannes aufs schändlichste durchkreuzt durch das ganz unqualifizierbare Benehmen einer großen Anzahl von Platzbesuchern, unter denen die holde Weiblichkeit ein recht großes Kontingent ausmacht. Aber schließlich sind Vereinsvorstände und Ordnungsleute in erster Linie dazu berufen, ihre Platzbesucher zu anständigen Manieren zu bringen, die Sportberichterstatter betrachten es als aussichtslos, in die Niederräder „Villen" heute noch die fehlenden Kinderstuben einzubauen. Anders liegt natürlich die Sache, wenn unmittelbare und obendrein noch durch nichts gerechtfertigte Anpöbelungen der Berichterstatter vorliegen, wie es diesmal auf dem Unionplatze der Fall war. Hier werden wir Sportjournalisten uns gar nicht lange besinnen, jedem Fußballfanatiker und jeder Sportplatzhyäne zu zeigen, wie nachdrücklich und erfolgreich wir uns unserer Haut erwehren. Der Verein Frankfurter Sportpresse schläft nicht, er wird zu handeln wissen. Dem Vorstande des FC. Union Niederrad, der vielleicht bis jetzt noch keine Kenntnis von den Vorgängen am vergangenen Sonntage hat und den auch keine direkte Schuld trifft, unterbreite ich einstweilen die ganz bescheidene Bitte, die Berichterstatter nicht gerade in das allerdickste Gros der Plärrer einzukeilen.      Ludwig Isenburger. (aus dem 'Kicker' vom 28.08.1928)

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