Eintracht Frankfurt - FC Hanau 93

Bezirksliga Main-Hessen 1928/29 - 1. Spieltag

7:1 (2:1)

 

Termin: 19.08.1928
Zuschauer: 5.000
Schiedsrichter: Karl Schmitt (Offenburg)
Tore: 1:0 Karl Döpfer, 2:0 H. Kissinger, 2:1 Philippi, 3:1 Bruno Goldammer, 4:1 Karl Döpfer, 5:1 Karl Ehmer, 6:1 Karl Döpfer, 7:1 Karl Ehmer

 

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt FC Hanau 93

 


 

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Frankfurter Echo

Eintracht Frankfurt — FC. 1893 Hanau 7:1.

„7:1 oder wer hätte das gedacht!" In dieser nicht mehr ungewohnten Form habe ich das verblüffende Ergebnis dieses ersten Verbandsspieles am Riederwald den wohlgezählten Dutzenden von Anfragern am Sonntag Abend schonend beigebracht. In solcher Höhe haben sich die beiden alten Rivalen, Eintracht Frankfurt a.M. und 1. FC. Hanau 1893, noch niemals auseinandergesetzt. Der Torunterschied, der um so überraschender kam, als viel wohlwollende Freunde glaubten, dem Mainmeister für die neue Saison ein möglichst ungünstiges Prognostikum stellen zu müssen, während man — wie meistens zu Saisonbeginn — von den Hanauern immer nur im Munkeltone reden hörte, was auf bestimmt eintreffende Ueberraschungen nach der positiven Seite hindeutete. Es kam wieder einmal ganz anders. Eintracht gewann, gewann haushoch, FC. 1893 verlor, verlor faustdick. Und doch! Ganz so einfach war die Sache nicht. Zum Glück ist sie immer schnell erzählt. Eintracht hatte in der ersten Viertelstunde das Spiel vollkommen allein in der Hand, lag dauernd im Angriff und führte nach 20 Minuten mit 2:0 Toren. Dann kam ein ganz krasser Umschwung. Aehnlich dem jüngsten Privatspiel gegen Köln-Sülz verfiel die Frankfurter Elf in demselben Maße in geradezu sträflichen Leichtsinn, wie FC. 1893 sich mit Nachdruck auf den eigentlichen Zweck seiner Reise nach Frankfurt besann. Aeußerlich erkenntlich wurde der Rollentausch durch den einen Treffer, den Hanau aufzuholen vermochte. Kurz vor der Pause gelang es dann den Eintrachtleuten mit großer Mühe, den Kampf wieder einigermaßen ausgeglichen und für ihre zuschauenden Anhänger (es gab auch laut vernehmbare andere Zuschauer) erträglich zu gestalten. Nach Seitenwechsel setzten die Frankfurter dann, ganz wie im Anfang, mit großem Elan an. Die Befürchtung, daß wiederum nach einer Viertelstunde ein Abflauen des Siegeswillens Platz greifen werde, erwies sich als hinfällig. Die Riederwälder steigerten von Minute zu Minute ihre spielerische Ueberlegenheit, kämpften in den letzten 30 Minuten in ganz hervorragender Form, bis sie den mehr und mehr erlahmenden Gegner schließlich vollends knockout gepaukt hatten. Ziffernmäßig nachweisbar trat dieser Zustand allerdings erst ganz kurz vor Schluß ein, da die Tore der zweiten Halbzeit erst in den letzten 10 Minuten fielen. Dann allerdings mit beängstigender Häufung.

Aus dieser kurzen Schilderung des Spielverlaufes wird ersichtlich, daß die Hanauer keineswegs so schlecht waren, als man einem 1:7-Verlierer zunächst nachsagen möchte. Die Gäste leisteten zunächst, mit Ausnahme der letzten zehn Minuten, ganz erheblichen Widerstand, und ich warne alle Leichtsinnigen, die sich etwa durch das heutige Spielergebnis zu der Auffassung verführen lassen, sie brauchten die Hanauer „Biehn"-enstiche nicht mehr fürchten. Die Mannschaft erwies sich bis zu ihrem Zusammenbruch ganz am Schlusse als äußerst hartnäckiger Gegner, der in mancherlei Hinsicht seine sehr beachtlichen Qualitäten und Vorzüge hat. Die Elf ist sehr schnell, im Sturme auffallend gut eintrainiert, nur etwas schwach im Schusse. Mannschaften, deren Außenläufer keine guten Zerstörungsspieler sind, werden sich vor den beiden Hanauer Flügelstürmern schwer hüten müssen. Auch das Innentrio ist namentlich mit seinem Karl und Philippi, der das Ehrentor für seine Partei sehr schön erzwang, „gar nicht so ohne" ... In der Läuferreihe fiel die sichere Arbeit Rothardts auf. Auch Schnorr war nicht schlecht als Mittelläufer. Wertvollster Bestandteil der Elf, alter Hanauer Tradition gemäß, — das Schlußtrio, insbesondere der Torhüter Steinebach. Alles in allem ist es schade, daß die energischst aber fair kämpfende Mannschaft diese unerhörte Katastrophe über sich ergehen lassen mußte, die übrigens jeder anderen Elf ebenso gut hätte zustoßen können.

Hanau 1893 loben, heißt in diesem Falle Eintracht in den Himmel heben, wie sie es mit diesem grandiosen Siege allerdings auch verdient hat. Ehe ich es jedoch tue, möchte ich doch sagen, daß die Riederwaldleute zeitweilig keinen allzu imposanten Eindruck machten. Um diese Zeit schien es an der notwendigen Nervenkonzentration zu fehlen. Während der Pause müssen die Spieler jedenfalls fürchterliche Einkehr — ein jeder mit sich selbst — gehalten haben, denn nach dem zweiten Kick hatte sich das Blatt unglaublich gründlich gewendet. Die Leute brauchten noch etwa 15 Minuten, um sich in dem neuen Fahrwasser zurecht zu finden, dann aber waren sie nicht mehr zu halten. War vorher eigentlich nur Goldammer, der während des ganzen Spieles in ganz gewaltiger Form arbeitete, der Mann, zu dem man unbedingtes Vertrauen haben konnte, so gesellten sich ihm nach und nach noch Schaller, Kellerhoff, Mantel, Döpfer, Kübert und schließlich auch noch die anderen hinzu. Am offenkundigsten wurde die Aktivität im Sturme und hier besonders bei den beiden Flügelleuten, die eben einfach nicht mehr zu halten waren. Kurz und gut, die letzten 30 Minuten des Eintrachtspieles entschädigten reichlich für manche Schwäche, die man zuvor in den Kauf hatte nehmen müssen.

Die Tore fielen (in chronologischer Folge) durch Kissinger, Philippi, Goldammer, Döpfer, Ehmer, Döpfer und Ehmer. Ohne in Einzelheiten einzugehen, möchte ich an den famosen Kopfball Goldammers erinnern, seine prächtigen Fernschüsse und seine durchdachten Vorlagen. Auch Schallers raffinierte Flankenschläge und Kellerhoffs rasante Durchbrüche dürfen als besonders lobenswert bezeichnet werden. Auf Hanauer Seite war die Fangarbeit Steinebachs, die tadellose Sturmführung Karls, die Angriffslust des rechten Sturmflügels und die Zerstörungsarbeit Rothardts und Schnorrs in gleichem Maße erwähnt.

Herr Karl Schmitt vom Fußballverein Offenburg hatte in dem schnellen und selbstredend harten Kampfe eine äußerst schwierige Rolle als Spielleiter übernommen. Da es in dem schweren Treffen keinerlei grobe Entgleisungen gab, daß der genaue Beobachter der Ereignisse mit den Entscheidungen des Schiedsrichters durchweg einverstanden sein konnte, das war das Verdienst des Herrn Schmitt, der sich somit nicht zum ersten Male auf Frankfurter Boden verdiente Anerkennung erwarb. Nur in der Zeitaufnahme bemerkte ich eine kleine Differenz. Mir schien, als habe die zweite Halbzeit 47 Minuten gedauert, ohne daß ich von einer offiziellen Spielverlängerung Kenntnis genommen hätte.      Ludwig Isenburger. (aus dem 'Kicker' vom 21.08.1928)

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