Eintracht Frankfurt - Red Star Olympique Paris

Freundschaftsspiel 1926/27

5:3 (2:0)

 

Termin: 06.02.1927, Doppelveranstaltung im Stadion (Germania 94 - Wormatia Worms)
Zuschauer: 4.000
Schiedsrichter:
Tore: 1:0 Walter Dietrich, 2:0 Kaufmann, 3:0 Georg Stroh, 3:1, 3:2 Domergue, 3:3, 4:3 Kaufmann, 5:3 Friedel Egly (Elfmeter)

 

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt Red Star Olympique Paris

 


  • Clement
  • Lund
  • Wartel
  • Domergue
  • Varon
  • Nicholas

 

Spielertrainer

Trainer

 

Paris besucht Frankfurt

Eintracht — Red-Star-Olympique Paris 5:3.

Es ist unbedingt erforderlich, daß ich meiner Wut über dieses Wetter Luft mache, ehe ich auf alles andere eingehe. Man sollte glauben, man lebe in dem sogenannten Zeitalter der Technik. Dabei bringen es diese Leute nicht einmal fertig eine so überflüssige Sache wie Schnee von der Großstadt fernzuhalten. In den Bergen mag's ruhig schneien, damit wohleingewickelte Personen jederlei Geschlechts, meistens wird es sächlich sein, auf langen Brettern und einer Gitterkiste Abhänge heruntersausen können. In einer Großstadt, wo man die Bretter nicht unter den Füßen, sondern vor dem Kopf hat, ist Schnee schlecht am Platz. Sie hätten mal meine Galle sehen sollen, als ich gezwungen war, durch naß-kalten Schlamm zu waten, der in temperiertem Zustande ein Aufenthaltsort für Krokodile gewesen wäre.

Unberufen Thoi-Thoi-(ry), die „Locar-Noskes" habens geschafft. Vor ein paar Jahren wäre es allerdings nur nach Ansicht Denaturrierter ein Verbrechen gewesen, von der Möglichkeit französischem Besuchs auf deutschen Sportplätzen überhaupt nur zu reden. Heute ist es eine Selbstverständlichkeit. Und wenn ich Aufhebens davon mache, so geschieht es nur, um darauf hinzuweisen, daß der Fußballsport und diejenigen, welche seine Internationalität und seine völkerverbindenden Eigenschaften propagierten, recht behalten haben. Die Politik hat sich beim Sport zu bedanken. Wenn sie uns auch den sichtbaren Erfolg vor der Nase weggeschnappt hat, so ist es doch Pflicht und Schuldigkeit aller Sportsleute aller denkbaren Nationen, den friedlichen Verständigungsgeist zu verstärken und zu verbreitern, indem sie die sportlichen Beziehungen weiter fördern und pflegen.

Von dieser Warte aus gesehen, gewinnt das Spiel zwischen Eintracht Frankfurt und Red-Star Paris eine heute vielleicht noch ungeahnte aber nicht zu unterschätzende Bedeutung.

Um von der politischen Seite, die man hier nicht so ausführlich behandeln kann, auf die spielerische jenes Ereignisses zu kommen, so haben mich die Leistungen der Pariser nicht wenig überrascht. Es wird den Romanen immer schwer sein, sich in die Mathematik des schottischen Flachpasses oder in die immerhin bestehende Gründlich- und Schwerfälligkeit des englischen Spieles einzuleben. Seine Wesensart und sein Temperament treiben ihn zu anderen Dingen. Deshalb sind die Franzosen klassische Rugbyspieler. Deshalb dachte man von ihren Assaciationsfähigkeiten bislang gering. Sehr zu Unrecht ... Man muß allerdings beobachten können, um den Elan und den Esprit, das für jeden Franzosen typische Grazile der Bewegung und des Denkens in den Taten französischer Fußballspieler zu sehen. Da wird flach kombiniert mit einer Präzision, die an das Zusammengehen eines Uhrwerkes erinnert, da steigen Steilvorlagen auf, knapp, kurz und logisch, daß es eine Freude ist. Plötzlich schwirrt ein ganz langer, schwerer Paß zu irgend einem Spieler, den kein Mensch erwartet und dessen Wirkung um so überraschender ist. So wechselt das Spiel in tausend Spielarten und Farben, wie eine Revue in jener berühmten Folies Bergeres, an deren Besuch Provinzbesucher aller Länder der Welt in der Erinnerung dankbar zehren.

Technisch beherrschen die Spieler ihren Ball sehr gut, sie decken ihren Gegner gut ab, ihr Stellungsspiel allerdings ist noch nicht so ausgeprägt, weil die enorme Schnelligkeit es ersetzt. Das gegenseitige Verständnis der Spieler untereinander ist sehr gut entwickelt, ein kräftig genährtes, kompaktes und wohl erzogenes Etwas, eine scharfe Waffe im Kampf. Und die einzelnen Spieler, das Innentrio! Wer von Euch hat Dumas „Drei Musketiere" nicht schon verschlungen. Erinnert dieser schnelle und zuschlagende Nicholas nicht an d'Artagnan. den tapferen Gascogner, der schlaue Halblinke nicht an den mit der Waffe gleichgut fechtenden Aramis, den kleinen Abbé, dessen Taten sich unvergeßlich in meine Erinnerung eingeprägt haben. Und der Halbrechte, der wuchtig zu schießen wußte, führte partout ein so ruhiges und überlegtes Spiel vor, daß man ihn füglich dem Athos gleichstellen kann, so daß im Quartett nur der Muskelpack Porthos fehlt. Damit sind die Innenstürmer meines Erachtens nach hinreichend gekennzeichnet. Die Flügel fielen etwas ab, ohne schlecht zu sein. Der Linksaußen soll bereits das 37. Lebensjahr erreicht haben. Die Läufer lieferten sehr wertvolle Arbeit, vor allem Domergue und Varon. Ihr Zuspiel ist besonders hervorzuheben. In der Hintermannschaft glänzte der Norweger Lund. den sein Partner Wartel leider in wichtigen Augenblicken im Stich ließ. Durch Fehler des rechten Backs sind drei Tore entstanden. — Der Torwart Clement gefiel durch seine Gewandtheit und Geschicklichkeit — Er roch den Ball ...

Auch die Eintrachtmannschaft lieferte ein so gutes Spiel, daß ein Sieg mit einem Tor Unterschied als verdient bezeichnet werden muß. Schließlich war ja das fünfte Tor auch ein Elfmeter, den Egly zu verschießen beabsichtigte. Eine unglückliche Parade Clements vereitelte diese offenbare Absicht Hervorzuheben ist die vortreffliche Arbeit der Frankfurter Verteidigung, in der Pfeifer wieder mitwirkte. Sie gebot dem meisterhaften Innentrio der Panamisten meisterhaft Halt. Gut war Trumpp, wenn auch zu waghalsig. Die Läuferreihe Müller —Goldammer—Schönfeld spielte bedeutend besser und wertvoller als gegen Fürth. Der Sturm wollte nicht recht zusammen. Es fehlt eben, solange Dietrich nicht Mittelstürmer spielt, der rechte Sturmführer. Von dieser Ansicht bin ich ebenso wenig abzubringen, wie der olle Civis Romanus Cato, der auch Zeit seines Lebens der Ansicht war, daß Karthago ein bißchen zerstört werden müßte. Auf dem Halbstürmerposten kommen die Führerqualitäten des Schweizers nicht zur Auswirkung und Geltung. Und diese Qualitäten sind groß genug, um sie auszunutzen. Recht gut machte sich Egly auf Halblinks, wenn er auch mehr als die anderen Spieler unter dem glatten Boden zu leiden hatte.

Der Verlauf des Spieles war sehr anregend. Die Pariser setzten mit einem entzückenden Angriff ein, der fast wie ein paar Takte aus der „Ariesienne" klangen. Zwei schnell erworbene Ecken brachten den Franzosen nichts ein. Die konzentriertere Kombinationsmethode — sie war auch deutlich schwerfälliger — der Eintracht, die mit großer Gründlichkeit gepflegt wurde, setzte sich durch und zwang die Pariser Verteidigung zur Abwehr. Dietrich erzielte das erste Tor aus angeblicher Abseitstellung. Gleich darauf setzten Egly und Kaufmann eine schlecht abgewehrte Flanke Dietrichs zum zweiten Male unbarmherzig in Clements Netz. — Die Pause kam ohne weitere Erfolge heran. Bis dahin glich sich das Spiel aus, da sich die Pariser durch zahlreiche aber nur zu zwei weiteren Ecken führenden Angriffe zeitweilig der Herrschaft über Feld und Spiel bemächtigen. Sofort nach dem Anpfiff zur zweiten Halbzeit stieß der rechte Flügel der Eintracht energisch vor, Döpfers Flanke wurde von Stroh zum dritten Tor verwandelt. Paris strengte sich an. Aus einem Gedränge heraus erzwang ein Schuß des Halblinken dem Ball den Weg ins Eintrachttor. Nicht viel später — Minuten sind mir verhaßt, weil sie unwiderbringlich sind — traf ein Schuß Domergues zum zweiten Male ins Schwarze. Und der Eintrachtsieg schien anläßlich der Pariser Drangperiode ins Ungewiße gerückt, als der Halbrechte eine feine Vorlage klug, berechnet und scharf aus etlichen Metern Entfernung zum dritten Tor für Paris verwandelte. Das Glück wollte aber, daß eine rasche Flanke Döpfers den Linksaußen Kaufmann ungedeckt am rechten Fleck traf. Dieser lenkte aus kurzer Entfernung sachte ein und trug so zum Sieg der Hiesigen wesentlich bei. Damit kam der oben geschilderte Elfmeter.

So war's. Die Pariser sind glücklich ... ils reverront Panama ....!

Ueber den Platz ging's nach dem Spiel 7:0, 12:0??? Die Gesichter waren lauter große Fragezeichen ... Sollte Fürth wirklich ein Cannae geworden sein. Jockey. (aus dem 'Kicker' vom 01.02.1927)

 

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