Eintracht Frankfurt - VfR Mannheim

Freundschaftsspiel 1926/27

2:2 (1:1)

 

Termin: 16.01.1927
Zuschauer:
Schiedsrichter: Dr. Carow (Frankfurt)
Tore: 1:0 Georg Stroh (32.), 1:1 Fleischmann (36.), 2:1 Georg Stroh, 2:2 Fleischmann

 

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt VfR Mannheim

 


  • Betsch
  • Deschner
  • Grünauer
  • Bleß
  • Fleischmann
  • Engelhardt II

 

Spielertrainer

Trainer

 

Frankfurter Echo

Eintracht gegen VfR. Mannheim 2:2

Wenn mir die siebenmonatliche Beschäftigung auf Klasse Untersekunda die „Jungfrau von Orleans" nicht so sehr vermiesst hätte, wurde ich mit dem pompösen Zitat beginnen: „Die Waffen ruhen, des Krieges Stürme schweigen..." So begnüge ich mich handereibend mit der Feststellung, daß die Verbandsspiele ein seliges Ende gefunden haben. (Es könnte Leute geben, welche den ersten Satz falsch verstehen. Man lasse seiner Phantasie den allerfreisten Spielfreilauf.)

Die Vereine tun etwas für ihre Landwirtschaft, denn sie lassen ihre Spieler, die auf ihrem eigenen oder fremden Miste gewachsen sind, in Privatspielen etwas lernen. Im fröhlichen Plätschern des lauen Privatspielgewässers wird man des Fußballs erst wieder froh. Man sieht, daß etwas dahinter steckt. Man merkt, daß er nicht nur dazu da ist, um die zeitweise grotesk geratenen Instinkte sonntagslangweiliger Typen zu entfesseln und zu befriedigen. Diese Feststellung ist sehr wertvoll, denn die so festgestellte Erscheinung — nicht die Instinkte, sondern das "Etwas-Dahintersteckende" — läßt einem letzten Endes an der sittlichen Kraft des Fußballsportes nicht verzweifeln.

Die Eintracht begann die Privatspiele mit einem ausgezeichneten Gegner. Das ist sie schließlich ihrer Privatspiel-Traditiion schuldig. Zudem ist der VfR. Mannheim allhierorts ein gern gesehener Gast. Er entschädigte die Zuschauer für ihr Kommen meiner Ansicht nach mehr als reichlich. Für Mannheims Spiel habe ich immer ein gewisses Faible gehabt. Es ist im Laufe der Zeit reifer geworden. Die Kambination war ausgezeichnet. Man bekommt nicht jeden Sonntag solche Leckerbissen auf der Fußballschüssel serviert. Originelles und phantasievolles Zusammenspiel sah man, überraschende und die Schwierigkeit einer jeden Situation lösende Pässe vom Stürmer zum Läufer, vom Läufer zum Verteidiger und umgekehrt. Dabei geschah dies alles nicht um des Reizes willen, den solche Stückchen ausüben, sondern auf der gesunden Grundlage des Zuspiels auf den freien Raum und den freistehenden Mann. Nahm zum Beispiel irgend ein Stürmer den Ball auf und lief dem gegnerischen Tor zu, bedrängt von einem Läufer und von einem Back bedroht, dann gab er den mühsamen Versuch des Durchbrechens entschlossen auf, er vermied es auch, den anderen Stürmern zuzuspielen, weil diese wohlgedeckt waren, kühn und entschlossen spielte er seinen Ball zu irgend einem freistehenden Läufer. Und dieser Läufer war auf den Ball gefaßt, erwartete ihn zu jeder Minute und war sich über die Art seiner Verwendung bereits klar. Auch in den Zeiten höchster Bedrängnis verschmähte es ein Verteidiger nicht, im Strafraum sogar an den Partner abzuspielen, weil dieser freiere Bewegungsmöglichkeit hatte. Daneben gab es aber auch die energischen, harten, halbhoch und steil durchgeführten Vorlagen an die Außenstürmer. Auffallend und vorteilhaft war es, daß sie von den auf diese Art vortrefflich zuspielenden Backs fast ausschließlich bedacht wurden. Im Augenblick des Ballabschlags standen sie daher meist noch frei, da sich der Innensturm kurz zuvor mit der ganzen Hintermannschaft herumgeschlagen und diese auf sich konzentriert hatte. Man merkte eben sachgemäßes Training, insbesondere auch an der körperlichen Durchbildung der Spieler. Trotz dieser gutdurchdachten Spielweise gabs keine Ueberzärtelung, sondern kräftiges Spiel. Im einzelnen war der Sturm im Feld sehr gut, im Zusammenwirken manchmal wie die Hand eines berühmten und tastensicheren Pianisten, deren fünf Finger das Leben in ihrem Nachbarn spüren. Grünauer glänzte durch gute und energische Flankenläufe und gute Flanken. Der Rechtsaußen war etwas schwächer. Im Innensturm verspricht Bleß ein ebenso guter Stürmer zu werden, wie er ein Läufer war. Engelhardt II hat, glaub ich, längere Zeit nicht mitgewirkt. Sein technisches Repertoire ist außergewöhnlich reichhaltig und seine Beteiligung an dieser Stürmerreihe zu deren Vorteil. Fleischmann als Mittelstürmer schoß beide Tore. Das Schußvermögen der Stürmer war im übrigen recht schwach und diese Schwäche der Hauptfehler der Mannschaft. Die Läuferreihe gut; drei sehr bekannte Spieler. Sie war dem Eintrachtsturm an Körperkraft reichlich überlegen. Ihr Spiel war gut, Deschner war wohl der schwächste. Die Verteidigung war sehr sicher in der Abwehr. Den Torwart Betsch muß nach anfänglich guten Leistungen die Nervosität gepackt haben, denn er beging einige schwere Fehler.

Die Eintracht war technisch und im Felde keineswegs viel schlechter. Ihr Feldspiel und ihre Kombination inkliniert zum Schematischen und Mechanischen. Die Vorlagen und Pässe kommen nicht mit der Exaktheit, die Mannheims Vorlagen und Pässe zeigten. Das Zuspiel auf den freistehenden Mann und auf den freien Raum ist nicht gut genug durchgebildet. Auch die Durchführung der Vorlagen ist nicht exakt genug. Das mag an der Ballbehandlung und -beherrschung liegen. Hierin waren die Mannheimer überlegen. Schließlich konnten die Eintrachtspieler mit einigen Ausnahmen an das Stellungsspiel der Mannheimer nicht heran. Diese Fehler lassen sich nur durch die Arbeit eines Trainers ausmerzen, der Gelegenheit hat, die Mannschaft zu studieren und zu beobachten und mit Anweisungen zu versehen. Der Fußballspieler braucht seine Gebrauchsanweisung ebenso wie ein Anti-Grippepräparat. Wesentliche Schwächen in der Mannschaft beeinträchtigten die oft naheliegende Siegesmöglichkeit (Ein Sieg wäre unverdient gewesen.) Die Flügelstürmer waren sehr schwach besetzt. Man sollte Kellerhof und Döpfer auf ihren Posten stehen lassen und, wenn das Eintrachtherz schon an Kaufmann hängt, diesen sehr eifrigen Spieler in den Innensturm nehmen. Vor allen Dingen würde Dietrich als Mittelstürmer noch mehr leisten. Das „noch" steht mit Absicht da, denn der Schweizer ist für den Eintrachtsturm eine Notwendigkeit. Es liegt eben an den Nebenleuten, wenn sie seine Vorlagen nicht ausnützen, trotzdem es großartige Vorlagen sind. Und es liegt auch an den anderen Stürmern, wenn sie auf Intentionen, die außerhalb des ach so normalen Rahmens liegen, nicht eingehen können. In der Läuferreihe klafft das Loch in der Mitte, größer und schädigender wie das „Loch im Westen". Goldammer ... Jammer würde sich reimen. Ich wills nicht tun. Aber es steht fest, daß nicht alles Gold ist was „ammert". Ein Mittelläufer mit den Bewegungen eines Mannequin ist eine Unmöglichkeit. Es mag sein, daß Goldammer bessere Tage hat. Dann kann er sie nur selten haben, und er bedarf der Ruhe um seine Form zu stärken. Der beste Läufer war Müller. Die Verteidigung arbeitete sehr gut. Dal gleiche gilt von dem Torhüter Düring, der sich sehr geschickt gegen alle Schüsse verteidigte und nach Verdienst vom Glück begünstigt wurde.

Der Spielverlauf war sehr angenehm. Das erste Tor schoß Stroh in der 32. Minute. Fleischmann glich in der 36. Min. aus. Nach der Pause schoß Stroh das Führungstor. Wiederum verdarb Fleischmann den Frankfurtern die Siegesfreude.

Die Harmonie eines wunderhübschen Verbandsspieles wäre vollkommener gewesen. Aber es ist schon so mit der ungemixten Freude des Lebens .... Irgend ein Sündenbock taucht auf. Diesmal wars der Schiedsrichter Dr. Carow vom SC. Rot-Weiß, ein sehr guter Bekannter von mir. Gerade deshalb will ich ihm den gutgemeinten Rat geben, sich am Ende seiner zwar kurzen — allzu kurzen!!! — aber erfolgreichen Schiedsrichterlaufbahn zu betrachten und diese auf die Fußballfelder seiner Phantasie und nächtlichen Träume zu verlegen, denn ich sehe es nicht gerne, wenn meine Bekannten — dabei nicht einmal mit Unrecht nur in übertriebener Form — vom Publikum sozusagen unfreundlich begrüßt oder besser verabschiedet werden.

In diesem Zusammenhang taucht aber die ernsthaft zur Debatte gestellte Frage auf, ob man den Vereinen, die Privatspiele gegen auswärtige Gegner veranstalten, zumuten kann, irgend einen durch die Schiedsrichter-Vereinigung bestellten Schiedsrichter so ganz einfach hinzunehmen, um sich dadurch ihre Spiele zum mindesten beeinträchtigen zu lassen. Man lasse den Vereinen doch freie Auswahl. Es kann sich jeder Mensch seinen Arzt heraussuchen und seinen Rechtsanwalt. Warum soll sich ein Verein nicht einen ihm bekannten, vor allem als fähig bekannten Schiedsrichter aussuchen dürfen?      Jockey. (aus dem 'Kicker' vom 18.01.1927)

 

 


 

 

aus den Vereinsnachrichten 01-1927:

 

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