Viktoria Aschaffenburg
- Eintracht Frankfurt |
Bezirksliga Main 1926/27 - 12. Spiel
2:1 (0:0)
Termin: 28.11.1926
Zuschauer: 2.500
Schiedsrichter: Gottmann (Karlsruhe)
Tore: 1:0 Münstermann, 1:1 Friedel Egly (Elfmeter), 2:1 Münstermann
Viktoria Aschaffenburg | Eintracht Frankfurt |
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Trainer |
Spielertrainer |
Viktoria Aschaffenburg — Eintracht Frankfurt 2:1!! Für Viktoria, die mit den Hanauer 94ern den Tabellenschwanz innehaben, hieß es heute „Punktesammeln", und wenn sie auch der Meisteranwärter lassen muß. Und hierzu war ihnen jedes Mittel recht. Diese Spielweise war rücksichtslos hart und hätte bei einem mehr durchgreifenden Schiedsrichter wie dem heutigen, Gottmann, Karlsruhe, wohl nicht ungestraft produziert werden dürfen. Die erste Hälfte sah Eintracht fast ständig im Angriff. Was
sich jedoch hier der ohne jeden Zusammenhang spielende Sturm im Auslassen
von Torgelegenheiten leistete, war schon nicht mehr schön. Nur
vereinzelt kam Viktoria zu den allerdings gefährlichen Durchbrüchen
— zu Treffern langte aber die Schießkunst auch bei ihnen
nicht. Die zweite Halbzeit brachte dann gleich drei Tore. Das einzige
der Eintracht war ein Elfmeter, der Ausgleich für einen schönen
Schuß Münstermanns aus Kolb-Vorlage. Schon glaubte man an
ein Unentschieden, als Judisch im Eintrachttor einen Rückpaß
fallen ließ, den Münstermann ohne Mühe eindrückte.
— 2:1. Schluß. (aus dem 'Fußball' vom 30.11.1926)
Viktoria Aschaffenburg — Eintracht Frankfurt 2:1 Die Aschaffenburger Viktoria ließ auf eigenem Platze die Frankfurter Eintracht die Erfahrung machen, mit der mehr oder weniger jeder dort zu Gast weilende Verein rechnen muß. Das war schon vor langem so, scheint zurzeit auf dem Gipfelpunkt befindlich, und ob es weiter so bleibt, — kommt ganz auf die Energie der Verbandsbehörden an. Ich habe hier, so ungern es der Berichterstatter tut, die Frage aufzuwerfen, wie lange noch die Behörde dulden will, daß in Aschaffenburg ein — man möchte sagen — staatsanwaltreifer Fußball gespielt wird. Es beleuchtet die in Aschaffenburg heimische Auffassung ganz vortrefflich, wenn ein Zuschauer die Protestrufe des Gegners mit den Worten abtut: "Ach was! Nix wie druff! Wer hawwe ja nix zu riskiere". Möglich, daß man als Abstiegskandidat "nix zu riskiere" hat. Aber auch als solcher hat man das Ansehen des Fußballsportes zu wahren, unabhängig von der Frage, in welcher Klasse künftig die Aschaffenburger Viktoria spielen wird. Ich habe bereits bei früheren Anlässen, die zum Teil schon Jahre zurückliegen, den Vorsitzenden des Ostmainkreises, Herrn Germer, auf diese Zustände aufmerksam gemacht, dem er selbst als prominentes Mitglied angehört, in Sonderheit habe ich ihn, was er schließlich zugeben mußte, auf das provokatorische Verhalten der Aschaffenburger Ordnungsleute aufmerksam gemacht, die die Rolle als eine Art Rufer im Streit in Erbpacht genommen zu haben scheinen. Uebereinstimmend mit den Klagerufen anderer Platzbesucher, mußte man auch diesmal mit tiefer Kümmernis feststellen, daß in Aschaffenburg sich nichts gebessert hat. Auf der Tribüne gab es nach reichlichem Wortgeplänkel die übliche Schlägerei mit geschwungenen Spazierstöcken, und was sich sonst um den Platz herum abspielte, ließ sich aus den wilden Gestikulationen der Zuschauer ahnen. Auf dem Platze selbst ging es unter der fast willenlosen Duldsamkeit des Spielleiters Herrn Gottmann von der Karlsruher Frankonia, namentlich gegen Spielende recht schlimm zu. Man weiß, daß eine Spielleitung in Aschaffenburg einem „suggestiven Einfluß" von außen her ausgesetzt ist. Bei der Fülle der Geschehnisse kann man auch schlechterdings gar nicht verlangen, daß ein Schiedsrichter alles sieht. Herr Gottmann hätte aber nur einen Bruchteil allen Uebeltums zu ahnden brauchen, und es wären einige Platzverweise fällig gewesen. So konkrete Vorwürfe, wie die vorliegenden, verlangen Namensnennung. Vor der Pause zeichneten sich hauptsächlich Dämmerling, Kolb und Rettelbach unangenehm aus, später kamen noch Kuhn, Albert, Schäfer und Münstermann hinzu, ohne daß die übrigen, mit Ausnahme von Odenwälder, ganz tatenlos blieben. Mag Herr Gottmann das mehrfache Nachschlagen von Rettelbach und Dämmerling, das teils rohe, teils gefährliche Spiel der übrigen gesehen haben oder nicht, in beiden Fällen bleibt er zur Leitung eines Spieles unfähig, an dem eine so derbe Mannschaft wie die Aschaffenburger beteiligt ist. Daß Herr Gottmann ganz zum Schlusse einen der Linienrichter verwarnte, mag nur beiläufig Erwähnung finden, daß sich der Spielleiter vor der Ausführung eines von ihm angeordneten Elfmeters in eine längere Unterhaltung mit einem in das Spielfeld eingedrungenen „Zivilisten" einließ, bedeutet ein novum. Der Spielverlauf und die mit ihm verknüpften sportlichen Vorgänge treten an Bedeutung hinter dem eben Gesagten weit zurück, und ich verschweige nicht, daß ich es für einen Fehler halte, wenn die Behörde, der die Vorgänge in Aschaffenburg nicht unbekannt sein können, erst auf eine Anzeige wartet, statt „von Amts wegen" einzuschreiten, ehe es zu spät ist. Eintracht besaß in Aschaffenburg einen recht schlechten Sturm, dem sie den Spielverlust zu verdanken hat. Die technische Ueberlegenheit im Felde in allen Ehren! Vor dem Tore versagte alles. Die Chancen waren teilweise so greifbar nahe, daß selbst das überragende Spiel eines Odenwälders wiederholt hätte klein beigeben müssen, wenn ... Ja, wenn ... Die meisten Chancen wurden verzögert, viele Schüsse sehr schlecht ausgeführt und die wenigen guten von Odenwälder fabelhaft gut gehalten. Als besten Stürmer hat man Stroh zu bezeichnen. Dietrich spielte ungemein zurückhaltend. In der Läuferreihe war Schönfeld gut, Müller zeigte in Stellungs- und Kopfspiel schöne Leistungen. Judisch kam nur wenig zum Eingreifen und machte zum Schlusse einen verhängnisvollen Fehler, als er eine Rückgabe seines linken Verteidigers zum zweiten Tor für den Gegner werden ließ. Viktoria hat einen Odenwälder im Tore, dem allein sie den knappen Sieg über die Frankfurter zu danken hat. Odenwälder hat wohl erworbenen Anspruch auf höchstes Lob. Wenn ihm auch die Untüchtigkeit des gegnerischen Sturmes gar manches ersparte, er erwies sich als ein ganz vorzüglicher Keeper. Seine beiden Vordermänner schlugen sich ebenfalls sehr wacker, waren aber doch zu sehr und zu aktiv an der allgemeinen Bolzerei beteiligt, als daß man sie in angenehmer Erinnerung führen könnte. Recht schwach spielte Kolb als Mittelläufer, der im Felde dem genau kombinierenden Innentrio der Eintracht nichts entgegenzusetzen hatte. Im Sturme blieb der rechte Flügel fast beschäftigungslos, während die linke Seite mit Rettelbach-Münstermann wiederholt gefährlich werden konnte. Der Allgemeineindruck der Viktoriaelf bleibt aber trotz des diesmaligen Sieges, der einer in ihrem Können stark zurückgegangenen Elf, die sich auf reines Zerstörungsspiel versteift und zu eigenen, erfolgversprechenden Aktionen nicht die erforderliche Einheitlichkeit und den unentbehrlichen Zusammenhang aufbringen kann. Eintracht vermochte nicht, aus ihrer bis weit nach der Pause wahrnehmbaren Ueberlegenheit im Feldspiel Kapital zu schlagen, und mußte, nachdem der Stürmer Egly mit dem Verteidiger Pfeiffer den Platz getauscht hatte, sich von Münstermann auf Vorlage Kolbs ein Tor gefallen lassen. Kurz darauf vorwandelte Egly einen Elfmeter zum Ausgleich. Ganz unmittelbar vor Schluß ließ Judisch dann einen von Schütz zurückgespielten Ball fallen, so daß Münstermann den siegreichen Treffer erzielen konnte. Ludwig Isenburger (aus dem 'Kicker' vom 30.11.1926)
aus den Vereinsnachrichten 01-1927:
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