FC Hanau 93 - Eintracht
Frankfurt |
Bezirksliga Main 1926/27 - 10. Spiel
1:1 (1:0)
Termin: 14.11.1926
Zuschauer: 2.000
Schiedsrichter: Ullmann (Wiesbaden)
Tore: 1:0 Klingler (44.), 1:1 Bruno Goldammer
FC Hanau 93 | Eintracht Frankfurt |
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Trainer |
Spielertrainer |
Rund um Frankfurt 1. Hanauer F.C. 93 — Eintracht Frankfurt 1:1. Das Vorspiel, welches Hanau 93 in Frankfurt in der zweiten Hälfte durch eifrigeres und besseres Spiel der Eintrachtler 3:1 verlor, konnte man als Maßstab nicht nehmen, denn einesteils war Hanau seinerzeit durch Hilperts und Karls Fehlen benachteiligt und andernteils fehlt heute bei Eintracht Pfeifer, Dietrich und Kübert, auch Trumpp wird nicht von der Partie sein, dürfte aber von Judisch vollkommen ersetzt worden sein. Die Chancen hatten eigentlich nun für Hanau 93 gesprochen, aber es kam anders, und Eintracht konnte dank eifrigem Spiel und eines für solche Spieler noch nicht qualifizierten Schiedsrichters, einen für sie wertvollen Punkt mit nach Hause nehmen. Gegen Ende der ersten Hälfte taut Hanau etwas auf. Der Erfolg bleibt dann auch eine Minute vor der Pause nicht aus. Karl hat sich freigespielt, schiebt zum gutstehenden Schäfer, welcher an Schnorr weitergibt, der mit gutem Schuß das erste Tor einschießt, welches aber Judisch bei nicht glattem Boden sicher gehalten hätte. Jubel im Hanauer Lager, welcher anhält, bis beide Mannschaften das Feld verlassen haben. Gleich nach Wiederanfang gibt der Schiedsrichter einen zweifelhaften Strafstoß an der 16-Meter-Linie, welcher von Schaller schön getreten, direkt verwandelt wird. Fifi. (aus dem 'Fußball' vom 16.11.1926)
Hanau 93 - Eintracht Frankfurt 1:1 Die in den Spielberichten über Hanau 1893 in letzter Zeit immer wiederkehrende Feststellung, daß die durch Hilpert und Karl vervollständigte Elf im besten Begriffe steht, sich wieder mehr in den Vordergrund zu schieben, besteht zu Recht. Wer Vor- und Rückspiel gegen die Frankfurter Eintracht gesehen hat, der muß wahrgenommen haben, daß die 93er, die in den diesjährigen Verbandsspielen einen ungewohnt schlechten Start hatten, einen unvergleichlich viel günstigeren Eindruck zu erwecken vermögen. Man darf dabei zunächst den Umstand unbeachtet lassen, daß die Hanauer auf eigenem Boden immer mehr aus sich herausgingen, als wenn sie am Riederwald zu Gaste waren. Die Mannschaft ist unzweifelhaft ganz wesentlich verbessert und wird, gegen wen auch immer, noch Punkte zu holen verstehen. Sie besitzt wieder die alte Härte, und man darf sie in ihrer Gesamtheit als gut ausgeglichen betrachten. Und doch ist es nicht mehr die gleiche Elf des Vorjahres, die sich bis an die Tabellenspitze durchkämpfen konnte, um letzten Endes durch ein widriges Geschick auf Meisterehren verzichten zu müssen. 1893 hat in einigen Dingen gegen das Vorjahr doch sichtlich nachgelassen, vielmehr die Elf ist noch nicht wieder in der besten Form Die Schnelligkeit, wie sie jeder Ligaspieler sein eigen nennen soll, sieht man eigentlich nur von Klingler, die andern alle lassen sich mehr oder weniger Zeit zu allen Handlungen, selbst zu denjenigen, die nur Sinn und Zweck haben, wenn sie blitzartig über den nichts ahnenden Gegner hereinbrechen. Früher war das anders. Wer ein schnelles Spiel sehen wollte, der mußte nach Hanau zu 1893 gehen. Hoffen wir, daß der alte status bald wieder erreicht sein wird. Auch das Zusammenspiel wurde auf dem Brauereiplatze schon in besseren Variationen gezeigt. Ich gedenke der Zeiten, da die von den Verteidigern abgespielten Flachbälle die Läuferreihe durcheilten, dort blitzschnell verlängert wurden, bis die Angriffsreihe gewissermaßen gemeinsam von den genau vorgelegten Bällen Besitz nahm Auch dieses Aktivum in dem Können Hanaus war fast gar nicht mehr wahrnehmbar. Drei Umstände mögen hier ausschlaggebend sein: Hilpert, so gut und unersetzlich dieser Mittelläufer ist, scheint einen Fehler von entscheidender Bedeutung zu besitzen. Er scheint mit den zahlreichen Bällen, die er in seinen Besitz zu bringen versteht, weniger auf unentwegte Fütterung seines Sturmes auszugehen, als vielmehr eine günstige Gelegenheit zu eigener Initiative erspähen zu wollen. Ich sage absichtlich, daß dies so scheint, aber ich glaube nicht, daß mich meine Beobachtung täuschte. So sehr dies Verhalten des Spielers für seinen lobenswerten Ehrgeiz spricht, die Angriffsreihe kommt dabei gar manchmal zu kurz. In dieser Angriffsreihe liegen zwei weitere Umstände verborgen, die die Spielstärke der Mannschaft gegen frühere Zeiten herabgedrückt haben. Rothardt I ist nicht annähernd so schnell wie Krebs II, der früher den Rechtsaußenposten einnahm. Das weitere Manko bringt der Mittelstürmer auf. Gewiß ist Karl ein guter Sturmführer, ein vortrefflicher Bälleverteiler und ein Stratege von großer Umsicht. Aber er beschränkt sich zu sehr auf seine Führerrolle und stürmt nicht genug mit seinen Nebenleuten. Nur ein einziges Mal machte er in echter Stürmerweise einen kernigen Vorstoß, und dieser Vorstoß brachte durch Klingler ein Tor für Hanau. Das einzige Tor für Hanau. Karl hätte das „Zum Sturm! Auf! Marsch!, marsch!" häufiger, nein, immer mitmachen müssen, und Hilpert hätte ihm mehr die Rolle des Bälleverteilers abnehmen müssen, dann hätte Hanau mehr als ein einziges Tor gemacht. Nach wie vor ist übrigens die Hanauer Verteidigung mit Krebs I und Schlett, die sich so hartnäckig zu staffeln versteht, der beste Teil der Elf. Allerdings spielen die beiden nun auch lange genug nebeneinander, um zu wissen, was sie sich gegenseitig zutrauen dürfen. Torwächter Steinebach hielt gut, war manchmal sogar sehr gut. Und nun zur Eintracht! Sie kam mit 15 Mann nach Hanau. Zwei Kranke und zwei Disqualifizierte sahen sich die Partie von außen an. Man kann nicht sagen, daß die vier unfreiwilligen Zuschauer gerade die schlechtesten Riederwälder sind. Dietrich laboriert noch an seinem Muskelriß, Trumpp hat sich eine Knöchelschwellnng zugezogen. Kübert und Pfeiffer warten den Ablauf ihrer harten Bestrafung ab. Oder deren Beendigung auf andere Weise? Die Voraussetzungen für eine Herabsetzung der Strafe scheint mir in beiden Fällen recht nahe zu liegen. Es mag hier nicht der Platz sein, auf die beiden Straftaten und ihre Aburteilung durch die Behörden einzugehen, aber die Gelegenheit zum Hinweis auf einen Umstand darf ich mir nicht entgehen lassen. Pfeiffer, dem man zugab, daß er provoziert worden war, hat man verurteilt, den provozierenden Gegner ließ man unbehelligt (was nicht richtig sein kann) und erklärte Pfeiffer, daß er sich eben nicht hätte provozieren lassen dürfen (was richtig ist). Kübert wurde dagegen eröffnet, daß er deshalb besonders hart zu bestrafen sei, weil durch seine Provokation ein Gegner zu einer Tätlichkeit verleitet und deshalb vom Felde gewiesen worden sei. Man kann nicht anders, als beide Urteile nebeneinander zu halten, und man muß sich sagen, daß hier etwas nicht stimmt. Etwas ganz erhebliches sogar. Die Rechtsprechung innerhalb des Verbandes muß unter einen Hut gebracht werden können und auch gebracht werden. Noch selten haben zwei Urteile sich so diametral gegenüber gestanden. Die Gerechtigkeit verlangt, daß hier schnell und gründlich nachgeprüft wird. Je eher, umso besser, damit die Rechtssicherheit, jenes unerläßliche Erfordernis in jedem Gemeinwesen, auch im Bereich des SFV. nicht Not leide. Wie es auch kommen mag, der erzwungene Verzicht der Eintracht auf vier ihrer besten Leute war eben ein Beweis, daß auch im Fußballsport ein Unglück selten allein kommt. Es war ein schweres Handicap für die Mannschaft, die trotzdem durchaus nicht aussichtslos nach Hanau gefahren war. Ruhige Ueberlegung mußte den klein gewordenen Hoffnungsschimmer wieder erstarken lassen. Ich argumentiere: eine Verteidigung im Mainbezirk muß nicht so überragend stark sein, wie sie von Pfeiffer-Schütz gestellt wird und sie wird immer noch genügen. Das Facit: die Verteidigung Egly-Schütz war mehr als genügend. Sie war sehr gut. Egly, in dem ich immer einen Verteidiger habe erblicken wollen, hielt tadellos stand und klärte mit weitem Schlage oder mit gut berechneten Kopfbällen. Ferner: an Hand früherer Leistungen war anzunehmen, daß Schönfeld kein schlechterer Flügelläufer ist, als Kübert, den er ersetzen sollte. Fraglich war nur, ob er nach langer Pause nichts von seinem früheren Können eingebüßt habe. Das Facit: Schönfeld schien die lange Unterbrechung seiner spielerischen Tätigkeit sehr gut bekommen zu sein, und er war für die zahlreichen Eintrachtler unter den Zuschauern gewiß die angenehmste Enttäuschung des Tages. Auch die Aufstellung Judischs als Torwart an Stelle Trumpps mußte durchaus nicht unbedingt katastrophale Auswirkung haben. Sie war bedingt durch die derzeitige Form des etwas dicklich und langsam gewordenen Ersatztorwächters und die Hilfe, die ihm seine Verteidigung angedeihen ließ. Diese Verteidigung ließ es, wie oben bereits erwähnt, an nichts fehlen, und Judisch selbst hatte einen recht annehmbar guten Tag. Ohne den Eindruck einer gewissen Unsicherheit ganz vergessen machen zu können, hielt er manchen schwierigen Ball in Anbetracht seiner etwas primitiven Fangtechnik doch recht gut. Sein Torabschlag war ungenügend in Reichweite und Plazierung. Fehlerhaft war es auch gar manchmal, den gefangenen Ball fortzuwerfen, statt ihn zu treten. Der Wurf ist ein Notbehelf in alleräußersten Fällen unentrinnbarer Zwangslage. Ob Judisch den Schuß Klinglers hätte halten können oder müssen, ist sehr schwer zu entscheiden. Der plazierte Scharfschuß des Hanauer Linksaußen war auf alle Fälle ein sehr schwieriger Ball. Ob unhaltbar, wer weiß? Wie die Dinge nun einmal lagen, erfocht Eintracht in Hanau zum Mindesten einen moralischen Erfolg In keiner Phase des Spieles war sie schlechter als ihr Gegner, zeitweilig sogar klar im Besitz aller Initiative. Die gesamte Läuferreihe war in guter Form, selbst Müller überbot seine sonstigen Leistungen. Nur der Sturm konnte nicht allen Anforderungen gerecht werden, so oft man ihn auch umstellte. Vielleicht wäre Weber, Döpfer, Schaller, Stroh, Kellerhoff (von rechts nach links) noch die beste Lösung gewesen. Es fehlte an der Führung und am Zusammenhang. Jeder einzelne hatte gewisse Schwächen und gewisse Vorzüge. Döpfer und Schaller genügten am ehesten. Man mußte diesen Sturm eben nehmen, wie er war. Der Platz an der schönen Aussicht hat übrigens nach wie vor noch seine Mucken. Das soll den fünf Eintrachtstürmern zugute gehalten werden. Wie die Tore fielen, ist bald berichtet. Karl macht fast auf der Seitenlinie rechtsaußen einen schnellen Vorstoß, bei dem er Egly überlistet, und gibt flach zu Klingler. Dieser umspielt Schütz und sendet mit scharfem Flachschuß ein. Fast im gleichen Augenblick fällt der Halbzeitpfiff des Schiedsrichters. Nach Anstoß bei Wiederbeginn kommt Eintracht vor und erhält wegen Hakens seitens des Gegners einen Strafstoß kurz vor der Strafraumlinie. Goldammer verwandelt mit scharfem Schlage. Herr Ullmann vom Sportklub ,,Nassau" in Wiesbaden, bemühte sich um eine unbefangene Spielleitung, die im großen ganzen auch gut gelang. Gelegentlich vergriff er sich, aber das kann vorkommen. Es war gewiß nicht bös gemeint, und das versöhnt umso leichter. Einen Fehler möchte ich ihm vorhalten, weil er grundlegender Art ist: viermal unterstellte er sich den Entscheidungen des Linienrichters. Ich sage ausdrücklich, er unterstellte sich. Das darf nicht sein. Der Schiedsrichter steht in seiner unbegrenzten Autorität weit über dem Linienrichter, der nur in äußersten Notfällen um Rat angegangen werden darf, wenn der Schiedsrichter aus eigenem zu keiner Urteilsfällung kommen kann. Nicht aber, wenn er bereits Anordnungen getroffen hat und diese von einer der beiden spielenden Parteien angezweifelt worden sind. Ich spreche hier, um ganz deutlich zu bleiben, von einem Einwurfe, einem Abseits, einem Eckball und wiederum von einem Einwurfe, in allen vier Fällen wäre die Befragung des Linienrichters leicht vermeidbar gewesen. Daß in allen vier Fällen Eintracht die Leidtragende war, tut durchaus nichts zur Sache Zweifellos lag keine böse Absicht vor. Ludwig Isenburger (aus dem 'Kicker' vom 16.11.1926)
aus den Vereinsnachrichten 10/11-1926:
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