Viktoria 94 Hanau - Eintracht Frankfurt

Bezirksliga Main 1926/27 - 6. Spiel

0:2 (0:0)

 

Termin: 10.10.1926
Zuschauer: 2.000
Schiedsrichter: Morczinczyk (Ludwigshafen)
Tore: 0:1 Friedel Egly, 0:2 Bernhard Kellerhof

 

>> Spielbericht <<

Viktoria 94 Hanau Eintracht Frankfurt

  • Krause
  • Schindler
  • Zentner
  • Schmidt
  • Neidhardt (Platzverweis)
  • Methfessel
  • Schömber II
  • Schleucher
  • Schömber I
  • Link
  • Fiedler (Platzverweis)

 


 

Trainer

Spielertrainer

 

Hanau 94 - Eintracht Frankfurt 0:2

Ein Spiel, wie es nicht sein soll. Die Ursache: Unvernünftiges, johlendes, unsportliches Publikum. Die Spielhärte fordert ihre Opfer.

Um gleich diese Unerquicklichkeiten bei der Wurzel zu fassen, beginne ich mit unseren sportlich noch wenig erzogenen Zuschauern. Ein äußerst bedeutendes Moment im ganzen Fußballsport ist die Zuschauerfrage; mit ihr steht und fällt die Propaganda für unseren Sport, soweit die große Oeffentlichkeit in Frage kommt; und solange nur die Spieler Ausschreitungen begehen, liegt es bei den Schiedsrichtern und beim Verband, sie auf schnellstem Wege von jeder weiteren unheilvollen Betätigung auszuschließen. Ich bedauere außerordentlich, dieses Thema als Einleitung wählen zu müssen, stelle aber zunächst fest, daß nicht die Hanauer Zuschauer an einem Vorgang beteiligt waren, der sich auf der dicht gedrängten Tribüne abspielte, sondern lediglich Frankfurter Gäste, die es nicht für nötig hielten, nach gerechter Aufforderung des Platzausschusses zu verschwinden, und was sich dann abspielte, war mehr, als das Benehmen eines anständig erzogenen Menschen zuläßt. Viktoria suchte Ordnung zu schaffen, sie war aber nicht in der Lage, durch eine geschickte Belehrung dieser äußerst zornigen Herren Herr zu werden. Wenn aber erst mal durch die Massen Ausschreitungen und Gewalttätigkeiten begangen werden, dann ist ein nicht mehr gutzumachender Schaden im großen entstanden. Die Anzeichen sind trübe; die Popularität des Fußballsportes hat sich noch gesteigert und damit haben wir neue Massen von Leuten auf die Spielfelder erhalten, die neben Fanatismus und der heutigen Aufgeregtheit weder Regelkenntnis noch den guten Willen mitbringen, sich anständig aufzuführen. Wenn nun die Vereine es nicht verstehen sollten oder wollen, hier den Geist eines fairen und jeder Gewalttätigkeit freien Fußballsportes zur Geltung zu bringen, der leicht durch das Verhalten einzelner Zuschauergruppen zum Gegenteil aufgezogen werden kann, dann muß der betr. Platzausschuß sich nicht davor scheuen, den Ort dieser Ursache vom kranken Uebel zu befreien, auch dann, wenn es sich um Gäste handelt, die weniger aus Begeisterung, denn mehr eines radaulustigen Schauspiels wegen gekommen sind; es muß dafür gesorgt werden, daß unser Haus von außen nicht verunehrt und verunreinigt wird. Es ist schon genug darüber gesprochen worden, und wir hoffen, daß statt langer Erwägungen unmittelbar daraufhin Vorbereitungen getroffen werden, durch eine starke Tat, bei wiederkehrenden Fällen, gleich, wen sie trifft, die Luft zu reinigen und ein für allemal den Betreffenden klarzulegen, daß diese Existenzkämpfe einwandfrei auszutragen sind und nicht entschieden und beeinflußt werden durch ein jeder Ehrlichkeit und jeden Sportgeistes bares Publikum.

Spielverlauf: Dieser Kampf, der durch das Gästekommando an Publikum reich beschickt war, brachte kein schönes Spiel im üblichen Sinne des Wortes und allenthalben gab man auch unverhohlen der Unzufriedenheit über die Darbietungen Ausdruck. Es war eben kein Spiel, sondern zuerst ein Kampf und letzten Endes Streit. Die Phrase von der Enttäuschung, die spielerisch gut bezeichnete Mannschaften zu bringen pflegen, ist auch bei diesem Anlaß schwer zu vermeiden. Freilich trägt viel Schuld ein Publikum, das seine Erwartungen zu hoch schraubt, und sich einbildet, ihre Lieblinge dadurch zu schützen, daß sie bei Verfehlungen des Gegners, nach ihrer Ansicht in lauten, unwürdigen und flegelhaften Anpöbelungen den Schiedsrichter von seiner Geduld abzubringen, und nur ihre Mannschaft die Gipfelleistung fußballsportlicher Kunst darstellen könne. Schon die Aufregung, von der die Spieler erfaßt sind, läßt soeben Erwähntes nicht zu, außerdem lehrt die Erfahrung, daß mit der Kunst des Gegners nicht auch die Schönheit des Spieles wächst, daß vielmehr die Leistungen des einen durch die Arbeit des anderen paralysiert werden und Züge herrlichster Kombination, die sich bei geringem Widerstand frei entfalten können, von einer kräftigen Gegenhandlung einfach im Keime erstickt werden. Hieraus erklärt es sich, daß es, mit Ausnahme der Anfangsspielzeit der zweiten Hälfte, zu einer harmonischen Gesamtleistung auf keiner Seite kam and die Kampfeshandlungen durch die gegenseitigen Zerstörungsarbeiten nie lang in Fluß blieben und zerflatterten.

Nichtsdestoweniger war es ein großer Kampf mit prickelnden Episoden und wirkungsvollen dramatischen Effekten, sowohl außen wie innen. Ein hartnäckiges Ringen, in dem letzten Endes wohl der bessere, aber auch durch die Gunst des Hanauer Hüters die Eintracht wohlverdienter Sieger wurde. Als bei Beginn der zweiten Hälfte der Frankfurter Sturm zu Form kam, war es Egly, der seiner Mannschaft durch einen wohlgezielten 30-Meter-Schuß die Führung brachte. Fünf Minuten später benutzt Kellerhof eine Gelegenheit, dem ungeschickten Krause das Nachsehen zu geben, der einen Ball durch die Beine über die Torlinie gleiten läßt Dann erfolgt der erste Ausschluß; Neidhardt, der im ganzen Spiel fair blieb, geht Goldammer an und wird vom Platz verwiesen, Kübert von der Eintracht nimmt Fiedler zwischen die Beine, wobei beide vom Schiedsrichter erwischt werden, Platzverweis. Das Spiel hat Eintracht in der Hand, zieht sich aber langsam in die Defensive zurück. Hanau macht noch schöne Vorstöße, ist aber durch Fiedlers Ausscheiden besonders geschwächt, und Schömber allein ist nicht mehr fähig, sich durch die glänzende Eintrachtverteidigung Schütz-Pfeiffer durchzusetzen.

Als Schiedsrichter amtierte Morczinczyk-Ludwigshafen, es wäre ihm ein leichtes gewesen, zwei Ruhestörer zu Beginn des Platzes zu verweisen, um sich dann vor den noch bleibenden den nötigen Respekt zu verschaffen. Nachher war es zu spät, die ihm nach Spielschluß zugedachten Koseworte ebenfalls ein Zeichen schlechter Erziehung einzelner Fanatiker. Viktoria 94 hat alles getan, um die unnötig erregten Zuschauer zur Ordnung zu rufen. Wenn es ihr anfangs nicht gelang, kräftiger einzuschreiten, so möge ihr dies für die Zukunft eine Lehre sein: der Verein ist schuldlos an diesen Ausschreitungen jenseits des Rasens.     Kaba (aus dem 'Kicker' vom 12.10.1926)

 

 


 

 

aus den Vereinsnachrichten 10/11-1926:

 

 

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