Eintracht Frankfurt -
Kingstonian FC |
Freundschaftsspiel 1925/26
1:1
Termin: 23.05.1926 im Stadion
Zuschauer:
Schiedsrichter: Weingärtner (Offenbach)
Tore: 1:0 Willi Pfeiffer, 1:1 Mann
Eintracht Frankfurt | Kingstonian FC |
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Spielertrainer | Trainer
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Das Gastspiel der Kingstonians Eintracht — Kingstonians London 1:1. Die Eintracht versuchte es am Pfingstsonntag mit englischen Amateuren — den Kingstonians. Ich kenne den Klub nicht und habe nichts von ihm gehört. Es wird behauptet, er beteilige sich an einigen Pokalspielen und seine Spieler seien Universitäts- und Grafschaftsrepräsentative. Der normale, auf die Hatz der Verbandssplele eingestellte Sterbliche kann sich darunter nichts vorstellen. Da eine zugkräftige Reklame fehlte, um ihm einen Anstoß zu geben, präferierte er es, in die umliegenden Ortschaften zu wallfahrten, um seine Spuren in Malwäldern zu hinterlassen, Spuren, die in fettfleckigem Butterbrotpapier bestehen. Oder er trank sein Bier anstatt in Frankfurt wo anders. Oder er hetzte durch sogenannte Ausflugsorte. Oder er wartete mit fiebernder Spannung auf das Ergebnis des Pokalspiels in Fürth. Vielleicht lag er auch in Hemdsärmeln am Fenster seines Wohnzimmers unnd bläkte auf die Straße. — * Was er auch immer tun mochte!! ... Kurz nach vier ging Im Stadion der imposante Union-Jack hoch, neben ihm die Farben der Stadt Frankfurt. Die elf Engländer in rot-weiß-quergestreiftenn Jerseys wurden mit Beifall empfangen. Auch als die Eintracht kam, klatschten die Leute lebhaft. Die Spieler versammelten sich in der Mitte des Spielfeldes. Etliche Zivilisten in echter oder markierter englischer Gangart, feierlich wie Duellsekundannten, wanderten zur Spielergruppe. Einer führte ein kleines, rosa gekleidetes Pummelchen an der Hand. Dieses Pummelchen trug einen sehr schönen und gewiß sehr teuren Rosenstrauß. Das Pummelchen in Rosa mit den Rotrosen hörte sich die Speeches der Zivilisten und das „Hipp-hipp-hurra" der Eintrachtleute an. Ob es an Max Ballenbergs Familie-Schimek-Hei dachte, als die Engländer ihren Kneipruf ausstießen? „Heiiiiij..... Hoeiliii..... Heloiiiij" machten sie. Ich bezweifle, daß das Pummelchen an Max Ballenbergs „Hei" dachte. Es wäre ihm aber zu gönnen, wenn es diesen großen Max einmal zu sehen bekäme. Das Pummelchen gab seine Rosen dem englischen Spielführer und der bückte sich ganz tief und gab dem kleinen Mädchen einen artigen Handkuß. Hei. wie nett .... die Runde klatschte. — * Das Spiel verlief etwas eintönig, weil nicht weniger als 24 Eckbälle getreten wurden. 17 trat die Eintracht, sieben die Engländer. Dagegen fielen nur zwei Tore, für die Eintracht durch Pfeifer, für Old merry England durch den Mittelstürmer. Die Kingstonians zeigten die wesentlichen Merkmale des englischen Spieltypus. Die Flügel wurden als Angriffsträger bevorzugt. Sie erhielten lange und weite auf den Raum gespielte Vorlagen. Auch der Innensturm zog die halbhohe Vorlage auf denn freien Raum, dem flachen Paß — man sah ihn auch — vor. Das „Freie-Raum-Spiel" verschaffte große Schnelligkeit. Die Läufer spielten ebenfalls halbhoch zu und auch auf den freien Raum. Sie verfügten über ein ausgezeichnetes Stellungsspiel — wie sämtliche Spieler der Londoner — und deckten ganz vortrefflich ab. Mark your man! Die Backs schlugen einfach ideal schön ab. Sie gaben ihrem Sturm jeden Ball, und jeden Ball an den rechten Fleck. Ob der Torwart etwas kann, weiß man nicht, denn er griff nur zwei-, dreimal ein. Sämtliche Spieler zeigten eine famose Ballbehandlung, glänzendes und variiertes Ballstoppen, gutes Kopfspiel und eine ausgezeichnete körperliche Disposition. Der beste Mannn auf den Platz war der englische Linksaußen. Immerhin beherrscht mich jetzt noch der Eindruck, also ob die Kings mehr hätten zeigen können, als an diesen Feiertage.— * Die Technik der Eintrachtmannschaft steht auf hoher
Stufe. Das Feldspiel war auch heute sehr gut; der stark bevorzugte flache
Paß verlangsamt jedoch das Spiel. Hintermannschaft und Läuferreihe
taten restlos ihre Pflicht. Der Sturm war im Felde vortrefflich —
mit Ausnahme des leise versagenden Dietrich — vor dem Tore jedoch
stellten sich alle Läufer gleichermaßen unbeholfen an. Die
Zahl der verpatzten Torchancen, die der eigenen Hilflosigkeit der Stürmer
und dem raschen Eingreifen der Verteidiger zum Opfer fielen, ist groß.
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Frankfurter Echo Ausgefragtes und Nachgetragenes Spät abends im Hotel Hansa-Royal, das sich zu einem wahren Musterbetrieb in der Behandlung und Verpflegung auswärtiger Sportleute entwickelt hat, traf ich nur noch das Direktorium des Kingstonian Amateur Football Club London. Der Schwarm von hüben und drüben hatte sich langst verlaufen und die feuchtfröhliche Tafelrunde der "Edleren" war im besten Schwunge. "Ich bin nicht zufrieden mit dem Spiele unserer Mannschaft," wiederholte C. S. Brockwell, der Schatzmeister der Kingstonians, mehrere Male. "Unsere Mannschaft hätte einen Tag früher London verlassen müssen, um völlig ausgeruht antreten zu können. Die Frankfurter waren frischer und schneller. Ihr Widerstand übertraf bei weitem unsere Erwartungen, trotzdem, wir im voraus wußten, daß die Zeiten längst vorüber sind, in denen englische Teams die Deutschen beliebig hoch schlagen konnten. Wir haben unseren Mittelläufer Craddock, der durch Treismann sehr gut ersetzt war, weniger vermißt, als Macey, der unser bester Stürmer ist. Als Halblinker bildet er mit Barnes und Mann den besten Teil unseres Sturmes. Die Spielweise der Eintracht hat uns sehr gut gefallen, und ich bin sicher, daß sie auch in England viel Beifall finden wird, wenn sie unserer herzlichen Einladung Folge leisten wird und recht bald unseren Besuch erwidert. Nur zwei Fehler möchte ich erwähnen, zumal ich vermute, daß viele deutsche Mannschaften davon behaftet sind. Wir in England rempeln fast nur mit der Brust, und wenn wirklich manchmal von der Seite gestoßen wird, darf der Arm niemals mithelfen. Das Rempeln mit dem Arm verstößt gegen die Regel und sollte unterbleiben. Die Ballbehandlung unserer heutigen Gegner ist sehr gut, aber sie wird noch viel besser werden, wenn der Ball nicht mehr mit der Spitze des Fußes gepaßt oder getreten wird. Man vermeidet in England den Spitzenkick grundsätzlich, weil der Ball in die Höhe steigt. Der Ball darf nur mit dem Außen- oder Innenspann gepasst werden, wobei er stets auf dem Boden bleiben wird und die Richtung genau eingehalten werden kann. Eckstöße, Elfmeter, Strafstöße usw. werden am besten mit dem oberen Reihen getreten, wobei der Fuß krampfhaft gestreckt werden muß, so daß er mit der vorderen Kante des Schienbeines möglichst eine gerade Linie bildet Beim Ansetzen zum Stoße muß dann das Knie scharf gewinkelt sein. Das müssen die Eintrachtleute noch lernen". Ich machte Mr. Brockwell darauf aufmerksam, daß Maurice Parry aus Liverpool die Mannschaft ein Jahr lang trainiert habe, und fragte, ob er Maurice Parry kenne. Die Frage allein wirkte fast wie eine Beleidigung. "Natürlich kennen wie Maurice Parry aus Liverpool. Wir kennen ihn alle in England. Schade, daß Sie ihn nicht mehr als Trainer haben. Sie haben in ihm den besten Fußballkenner Englands verloren." Nach ihren Reiseeindrücken und dem Grade ihrer Zufriedenheit mit der Aufnahme in Frankfurt gefragt, versicherten mich sämtliche vier Herren des Direktoriums unisono und im Brustton innerster Ueberzeugung: "We are delighted! Mehr Aufmerksamkeit und Herzlichkeit gibt es nicht, und wir freuen uns, nach unserem morgigen Spiele in Wiesbaden uns noch zwei Tage in der schönen Stadt und inmitten so vieler gentlemen aufhalten zu dürfen." "Wie waren Sie mit dem Schiedsrichter zufrieden?" fragte ich schließlich noch mit Nachdruck. "He was quite excellent!" lautete die kurze, aber bestimmte Antwort. "Wirklich?", fragte ich zurück, denn ich wollte es genau wissen, weil ich glaube, daß die Ansprüche der Engländer an einen Spielleiter viel höher sind, als wir sie gewöhnlich stellen. "I repeat, quite excellent," betonte Mr. Brockwell. Ludwig Isenburger (aus dem 'Kicker' vom 01.06.1926)
aus den Vereinsnachrichten 06-1926:
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