Stuttgarter Kickers -
Eintracht Frankfurt |
Freundschaftsspiel 1925/26
1:3 (1:1)
Termin: 14.03.1926
Zuschauer: 6.000
Schiedsrichter: Nirk (Sportklub Stuttgart)
Tore: 1:0 Mihalek, 1:1 Willi Pfeiffer, 1:2 Karl Döpfer, 1:3 Fritz Schaller
Stuttgarter Kickers | Eintracht Frankfurt |
|
|
Trainer
|
Spielertrainer |
Da man hier sonst verbandsspiel- und pokalspiellos war — Sportklub trug sein letztes Verbandsspiel in Pforzheim aus —, hatte der Kickersplatz anläßlich des Privatspieles der Frankfurter Eintracht einen ansehnlichen Besuch aufzuweisen, der mit mindestens 6000 Zuschauern veranschlagt werden kann. Das bewies dem Gegner, wie sehr man seine früheren, sportlich schönen Spiele hier in angenehmer Erinnerung hatte. Wenn das heutige Treffen, das die Frankfurter Eintracht mit 3:1 (1:1) gewann, keine ganz würdige Fortsetzung in der Kette dieser Erinnerungen bildet, so trägt daran nicht zum geringsten ein Mann, der Mittelstürmer Pfeiffer die Schuld. Was sich derselbe heute an Reklamationen und dauerndem Foulspiel zuschulden kommen ließ, erinnert ganz an die Zeit, in der ihm sein eigener Verein wegen dieser Untugenden kalt stellte. Man sollte annehmen, er sei inzwischen durch die Jahre reifer geworden, aber seine heutige Leistung überzeugte mich vom Gegenteil. Im stillen werden sich die Prominenten der Frankfurter Eintracht, die auf der Estrade der Kickerstribüne saßen, wie Albert Sohn und Graf von Beroldingen, der Direktor des Frankfurter Flugplatzes, wohl auch dasselbe gesagt haben. Die Leistungen der übrigen Eintrachtleute müssen unter zwei Gesichtspunkten beleuchtet werden: die erste Spielhälfte, die mehr defensiven Charakter hatte und lediglich des Gegners Spiel zu zerstören suchte, und die zweite, der die Erkenntnis der Schwächen des Gegners die Initiative selbst in die Hand nahm und in der letzten halben Stunde durchblicken ließ, was Mr. Pearry den Leuten bisher beigebracht hatte. Hervorragend schlug sich während der ganzen Spieldauer die gesamte Verteidigung und der Mittelläufer Egly. Weniger der Sturm, der erst in Schwung kam, als Pfeiffer, der übrigens heute noch kein schlechter Sturmführer ist, mit weiten Vorlagen seine Flügel nach vorne schickte. Er hatte es hier nicht schwer, damit die Erfolge einzuleiten, da Weber und Schaller sowohl an Schnelligkeit wie an Schußvermögen tatsächlich etwas können. Restlos enttäuschte nur Dietrich, bei dem man als Schweizer Internationalen natürlich einen anderen Maßstab anzulegen gezwungen war, als bei deutschen Durchschnittsspielern. Entweder fühlte er sich auf dem Halblinksposten nicht wohl, oder aber, er mochte nicht: auf alle Fälle war er heute einer der Schwächsten. — Inzwischen kann man sagen, daß die Frankfurter Mannschaft taktisch hervorragend gespielt hat, aber technisch nicht ganz an unsere Vertreter herankam. Einen imponierenden Eindruck machte die durchweg stämmig gebaute Mannschaft wenn es galt, auf eine gut geübte Abwehrmethode Strafstößen vor dem 16-Meterraum zu begegnen. Die Kickers ließen sich heute wirklich wieder einmal völlig verblüffen. Die erste Viertelstunde legten sie ein Spielchen hin, daß man auf der Tribüne vor lauter „Ah" und „Oh" nicht ins dem Staunen herauskam. Nachher mußte man so enttäuschteren Gefühlen Platz machen. Und was war geschehen? Die Einheimischen wetteiferten mit der Frankfurter Verteidigung darin, die schönsten Hochbälle zu erzielen und zogen dabei ihrer zarteren Bauart wegen immer den kürzeren. Alle guten An- und Vorsätze der letzten Spiele schienen vergessen zu sein, und man glaubte sich in die Zeit zurückversetzt, wo man nicht mehr von einem sprichwörtlichen Kombinationssystem der Stuttgarter Kickers zu reden gewohnt war. Fast jeder Einzelne hatte heute schwache Momente, und man muß es als ein besonderes Ereignis bezeichnen, daß gerade Höschle, der Vielumkämpfte, heute beinahe der beste Mann seiner Elf schien. Neben ihm sind noch Mihalek, dem aber beängstigende Fehler unterliefen, Niederbacher und mit doppelter Betonung Schäfer, Keßler und Wunderlich zu erwähnen. Ein neuer Mann stellte sich in Lieb vor; zu Vorschußlorbeeren liegt zwar kein Anlaß vor, aber man muß sagen, daß er einem gewissen System Verständnis entgegenzubringen vermag. Maneval konnte den verletzten Weiler schon aus Gründen der mangelnden Uebung nicht ersetzen, und Welz bleibt einmal der Unglücksrabe, dessen unglückliches Spiel mehr auf das Konto seiner jeden Sonntag anders gearteten Verwendung zu setzen ist. Warum Kurz nicht endlich in die Läuferreihe zurückgenommen wird, bleibt wiederum unfaßlich, nachdem man an dutzenden Beispielen gesehen hat, daß er nicht schießen kann. Das Spiel der Kickers von heute war jedenfalls wieder weitab von den Leistungen, die in den letzten Spielen fast zu großen Hoffnungen erwecken ließen. Aber solche Rückschläge schaden einer Mannschaft die noch nicht ganz ihr vorgezeichnetes System beherrscht, bekanntermaßen nichts, weil sie sonst zu leicht sich in Sicherheit wiegen läßt, und dem Gegner nicht den nötigen Ernst entgegenbringt. Schiedsrichter Nirk - Sportklub hatte keine leichte Aufgabe vor sich, als er sich plötzlich in die Regionen eines hartes Kampfes versetzt sah und trug vielleicht in diesem Zeitpunkt dem Charakter des Treffens zu wenig Rechnung. Seine Entscheidungen aber waren in jeder Beziehung einwandfrei. Es bleibt noch zu betonen, daß beide Mannschaften je zwei Ersatzleute aufzuweisen hatten; bei Frankfurt fehlten der Ungar Karoly und Bäuerle, während Kickers Weiler und Link ersetzt hatten. Die erste Spielhälfte sah mehr Kickers in der Offensive, bis der oben schon angedeutete Umschwung eintrat. Kickers erzielten zwar noch das Führungstor durch einen von Mihalek im Nachschuß verwandelten Handelfmeter; aber bald hatte Pfeiffer mit einem Saftschuß das Remis hergestellt. Die Angriffe der Frankfurter wurden in der zweiten Halbzelt systematischer und schüchterten die nicht mit der Hergabe ihres ganzen Könnem spielenden Kickers derart ein, daß die durch Döpfer und Schaller erzielten beiden Tore der Feldüberlegenheit von Eintracht vollauf gerecht wurden. Ja, es hätte in den letzten fünf Minuten noch schlimmer gehen können, wenn der immer freistehende Schaller die Situationen restlos erfaßt hätte. Es ist stets ein Zeichen der Unzufriedenheit mit den Leistungen der Einheimischen, wenn das Publikum vor Ende des Spieles wegläuft. Diesmal war es in sehr reichlichem Maße der Fall; die Kickersmannschaft darf sich deshalb hinter die Ohren schreiben, daß selbst ihre eigenen Anhänger mit ihrem Spiel nicht einverstanden waren. (aus dem 'Kicker' vom 16.03.1926)
aus den Vereinsnachrichten 03-1926:
aus den Vereinsnachrichten 04-1926:
|