Eintracht Frankfurt -
West Ham United |
Freundschaftsspiel 1923/24
0:4 (0:2)
Termin: 17.05.1924
Zuschauer: 10.000
Schiedsrichter: Koppehel (Berlin)
Tore: 0:1 Robinson (20.), 0:2 Robinson (40.), 0:3 Moore (57.), 0:4 Robinson (85.)
Eintracht Frankfurt | West Ham United |
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Trainer |
Trainer |
Frankfurt - London Westham United F.C. schlägt Eintracht 4:0 vor 10000 Zuschauern. Spannender schöner Kampf. Der Hattrick Robinsons. Die Glanzpunkte der Fußballsaison vor dem Kriege waren stets die Engländerspiele. Die Hotspurs, Newcastle, Bradford usw. zeigten uns, wie man Fußball spielt, und mancherlei haben wir gelernt. Und doch, sie sind uns leider immer noch über. Was die Londoner uns da am Samstagabend zeigten, war noch nicht einmal der allerbeste englische Fußball, aber -- wir haben vor einigen Wochen Fürth, Nürnberg, München, Budapest und Wien hier gesehen und müssen leider feststellen, daß die Balltechnik, die Ballbeherrschung all dieser Größen ohne weiteres von den Westhamleuten glatt übertroffen wurde. Die Engländer waren früher unsere Lehrmeister und sind es bis heute geblieben! Damit müssen wir uns abfinden. Der von 10.000 Zuschauern besuchte ritterliche Kampf ließ keinen Moment die Frage nach dem Sieger offen. Eintracht war gezwungen, mit einer geschwächten Mannschaft anzutreten. Der Sturm bestand außer seinem hervorragenden Führer aus vier jungen Leuten, die von den Engländern sämtlich um Haupteslänge überragt wurden. Und doch arbeitete dieses Stürmchen drei ganz glatte Torchancen heraus, Pech vereitelte den verdienten Erfolg. Die gesamte Mannschaft der Eintracht zeigte einen selten gesehenen Eifer und zwang die Londoner in der zweiten Hälfte zur vollen Hergabe ihrer Kräfte. Der Sturm des Westham United F.C. zeigte vereint mit den stets drängenden Läufern vorbildliches Dreieckspiel, genauestes Abgeben, ein je nach der Lage wechselndes, stets rationelles Angriffsspiel. Man schießt, wenn die Gelegenheit unbedingt sicher erscheint, und startet nach dem Ball im Kurzstreckenläufertempo. Einen Mann muß man besonders erwähnen: den Rechtsaußen Yewos. Vollendete Ballbehandlung, vollendete Tricks, raschester Start, stetes Platzhalten, die feinsten Flanken und Eckbälle, kurzum der Außenstürmer, wie er sein soll. Die Läuferreihe: ökonomischstes Spiel, Arbeiten im Schritt, stets dem Gegner im Weg, vollkommen unauffällig, aber auch unüberwindlich arbeitend. Die Verteidigung Meister der Kunst des Abseitsstellens, reiner, flacher Schlag, keine einzige Rakete, die Bälle stets sofort verwendbar. Was der Torwächter kann, das zu zeigen hatte er zu wenig Gelegenheit. Die Mannschaft stand: Westham U. Kaine Österling Schenk Pfeiffer
Schönfeld Weber Eintracht waren die elf Frankfurter. Zwei Mann könnten sich nach kurzer Vorbereitung ohne weiteres in jeder englischen Profimannschaft sehen lassen: Pfeiffer und Trump. Trump ist schon immer ein guter Torwart gewesen, aber der Kampf gegen die Engländer sah ihn als Helden des Tages. Die intelligente, aufmerksame, tollkühne Art seines Haltens zwang das Publikum unzählige Male zu lauter Anerkennung, der sich auch die Engländer anschlossen. Demonstrativ schüttelte ihm Kaine nach dem Spiel coram publico die Hände! Pfeiffers feingeistiges, technisch ausgezeichnetes Spiel fand bei den Nebenleuten viel zu wenig Verständnis; zu erwähnen wäre hier nur noch die zähe Energie Schönfelds. Die Läuferreihe hatte naturgemäß die Hauptlast zu tragen und war oft nicht imstande, dem Sturm zu nützen. Eine Überraschung die neue Verteidigung: sehr schnell, forsch, Eglys Schlag noch nicht berechnet genug, Grünerwald reiht sich den beiden Besten würdig an. Herr Koppehel: ein großer Name, aber kein überzeugender, großer Pfeifenmann. Gewiß, das schwere Spiel stellte große Anforderungen, aber Herr Koppehel sah kaum einmal einen der zahlreichen zu ahndenden kleinen Foultricks der Engländer, wohl sah er fast jedes von der englischen Verteidigung hervorgerufenes Abseits, auf das die Eintracht übrigens nur wenig hereinfiel, als aber die Frankfurter das gleiche System anwandten, versagte Herr Koppehel, und das kostete die Eintracht ein Tor. Der Spielverlauf sei kurz skizziert: London erzielte neun, Frankfurt einen Eckball. Mehr als eine Viertelstunde vergeht in planmäßigen Angriffen der Engländer, die Frankfurt mit aller Energie gut abwehrt. Eintracht kommt auf, erwidert die Angriffe öfters, die Engländer wehren ruhig ab, kämpfen schärfer und erzielen nach zwanzig Minuten das erste Tor. Trump hat bedrängt den zweiten Eckball der Engländer verfehlt. Robinson schießt kaltblütig das Leder ins Netz. Die erste Chance der Eintracht: Pfeiffer legt dem freistehenden Weber den Ball schußgerecht vor, aus 4 Metern schießt der ihn in Haushöhe drüber weg! Bei einer Flanke des Rechtsaußen stürzt Trump im Gedränge; Robinson läßt wieder den Ball äußerst kaltblütig in die Maschen rollen. Die zweite Torchance der Eintracht: Schönfeld schießt gut placiert auf eine ungedeckte, vom Tormann nicht mehr zu erreichende Stelle des Kastens, die Latte oben am Pfosten streifend verfehlt der Ball sein Ziel. Nach der Pause größere Energie der Eintracht, die sich fünf Minuten lang vor Westhams Tor festsetzt, die dritte Torchance: Pfeiffer flankt den Ball rollend vors Tor, zwei Mann verfehlen, fast am Kasten stehend! Ein Schuß Moores aus dem abseits durchgekommenen Innentrio ergibt das dritte Tor, dann nehmen die englischen Angriffe zu, die Kampfkraft der Frankfurter nimmt im gleichen Maße ab, Trump arbeitet wie der Teufel, ein Mißverständnis zwischen ihm und Grünerwald gibt Robinson Gelegenheit zum hat-trick, er schießt scharf das vierte Tor. Im Anbruch der Dunkelheit geht das prächtige Spiel zu Ende. Die Londoner waren in Frankfurt bei der Eintracht sehr gut aufgehoben und gaben ihrer vollen Zufriedenheit in herzlich-natürlicher Weise Ausdruck. Man sah nichts von englischer Steifheit und Hölzernheit, sie freuten sich vom Jüngsten, dem Rechtsaußen Yewos, bis zu dem Ältesten, einem Direktor hoch in den Siebzigern, über alles wie die Kinder. Uns Deutschen ist diese kindliche Fröhlichkeit in vier Kriegs- und fünf „Friedens"jahren leider zum größten Teil abhanden gekommen! Die Stadtverwaltung gab ihr Interesse kund durch Anwesenheit mehrerer höherer Herren, auch die Spitzen der Sportbehörden waren zahlreich vertreten. Kurz und gut, man war allerseits zufrieden, last not least der Eintrachtkassier, dem die international jetzt so beliebt gewordene deutsche Mark ebenfalls sehr am Herzen liegt! Peka. (aus dem 'Fußball', vom 22.05.1924)
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