Kickers Oxxenbach - Eintracht Frankfurt

Bezirksliga Main 1923/24 - 9. Spiel

3:1 (1:0)

Termin: 02.12.1923
Zuschauer:
Schiedsrichter: Benz (Stuttgart)
Tore: 1:0 Balder (43.), 2:0 Nenninger, 2:1 Willi Pfeiffer, 3:1 Maßmann (78.)

>> Spielbericht <<

Kickers Oxxenbach Eintracht Frankfurt

  • Schnitzler
  • Fiedler
  • Balder
  • Nenninger
  • Rech
  • Manus
  • Gröner
  • Maßmann
  • Best
  • Wendling



 

Trainer
Trainer

Kickers schlagen die gleichwertige Eintracht

Wie alle Bezirke in Süddeutschland, so leistet sich auch das Maingebiet von Sonntag zu Sonntag neue Überraschungen. Immer wieder zeigen am Abend die Tafeln bei Dehm, der Frankfurter Fußballzentrale, Resultate, die ein Kopfschütteln wohl verstehen lassen. Sollte der vergangene Sonntag daher eine Ausnahme machen? Man wußte genau, daß der Kampf zwischen Kickers und Eintracht in Offenbach äußerst hart werden würde. Man dachte vielleicht an einen knappen Erfolg der Hessen, da sie einmal gegen Eintracht immer ihre besten Spiele liefern, dann aber auch ihre nächsten Spiele gewinnen müssen, wenn sie ihren bedenklichen Tabellenstand verbessern und sich aus der Gefahrzone des Abstieges herausschaffen wollen. An ein 3:1 hatten aber selbst die eingefleischtesten Offenbacher nicht gedacht. Daß der Tabellenführer mit dem Letzten der Skala fertig werden würde, war wohl anzunehmen. In diesem Falle hatte man jedoch mehr wie ein 2:0 erwartet. Wiederum brachte Helvetia, die Bockenheimer Elf, die Überraschung. Ließ sie sich vor 14 Tagen mit 4:1 von dem Offenbacher Sp.V. schlagen, so legte sie gestern die gefürchteten Hanauer 93er mit dem gleichen Ergebnisse, allerdings reichlich hoch, hinein, Das 2:2 der Bürgeler in Aschaffenburg entspricht meinen Voraussagen.

Das interessanteste Spiel fand ohne Zweifel in Offenbach statt. Um es vorauszunehmen, es war ein feiner, technisch hochstehender Kampf, der äußerst fair durchgeführt, jede Partei eine Halbzeit in Vorteil sah. Beide Vereine stellten ihre besten Leute ins Feld. Eintracht führte von Anstoß ab ein mustergültiges Kombinationsspiel mit all seinen Vorzügen und Nachteilen (unzweckmäßige Überkombination) vor, und konnte sich dadurch entschieden in Vorteil setzen. Prächtig klebte die überragende Läuferreihe an ihrem Sturme, so daß manche Torgelegenheit geschaffen wurde, die jedoch einmal der Unentschlossenheit der Sturmreihe, dann aber auch der taktisch richtigen Verteidigerarbeit des Platzbesitzers zum Opfer fiel. In diesem Zeiträume gefielen die Kickers nicht besonders. Trotz alledem gelang es ihnen, eine Minute vor der Pause das führende Tor zu erringen. Beuttler, Eintrachts famoser rechter Läufer, mußte infolge unglücklichen Sturzes auf dem vereisten Boden ausscheiden. Unter Ausnützung dieser Lücke wurde der Ball in Tornähe gebracht, wo ihn Balder aus 2 m Entfernung für Trumpp unhaltbar einschoß.

Bei Wiederanstoß fehlen bei den Frankfurtern zwei Mann, ein Umstand, der sich sofort bitter rächen sollte. Nenniger nimmt den Anstoß der roten Adler auf, kann ohne Läuferdeckung glatt durchlaufen, und eine Minute nach der Pause reift der zweite Erfolg für die Kickers. Ohne Zweifel wirkte der überraschende Gang der Ereignisse deprimierend auf die Eintracht. In der Folge leisten die Platzbesitzer in raumgreifenden Flügelvorlagen und wuchtigem Drange nach des Gegners Tor Hervorragendes, doch sind sie nicht in dem Maße wie Eintracht vor Halbzeit überlegen. Der sehr energische Pfeiffer wirft seine Fünferreihe immer wieder ins Treffen. Bei einer solchen Gelegenheit gelingt es ihm, durch prächtigen Schuß den Ehrentreffer für seine Farben zu erringen. Mit erhöhtem Eifer arbeiten die Frankfurter. Der Ausgleich scheint in der Luft zu liegen. Doch Fiedler, des Gegners bester Mann, bannt in der Verteidigung jede Gefahr, so daß der Torwächter nur ganz selten einzugreifen hat. 12 Minuten vor Schluß ist das Spiel entschieden. Eine Vorlage Gröners kann Maßmann unter dem Jubel seiner Anhänger verwandeln.

Wie schon in der Einleitung gesagt, war es ein prächtiges Spiel. Ritterlichkeit und Fairneß, hohes technisches Können und Aufopferung lassen das Urteil „erstklassig" unter keinen Umständen als gewagt erscheinen. Dabei muß sogar noch der Umstand betont werden, daß die Spieler infolge des besonders auf der Tribünenseite arg vereisten Platzes einen ungemein schweren Stand hatten. Höchst bedauerlich bleiben aus diesem Grunde die ohne jeden Zusammenstoß mit einem Gegner erfolgten Verletzungen von Best und Beuttler, die beide in dem glatten Qe-lände ihre Ursache finden.

Die Elf des Siegers bot nach dem etwas zerfahrenen Spiele der ersten Hälfte eine abgerundete Leistung, die es eigentlich unerklärlich erscheinen läßt, aus welchem Grunde die ohne Zweifel technisch beste Mannschaft des Südmains so weit am Ende der Tabelle rangiert. Schnitzler im Tor hatte wenig zu tun, bewies aber in einigen gefährlichen Situationen, daß er sein Fach versteht. Die Verteidigung war ohne Tadel. In der Halbreihe schien Best gesundheitlich nicht zufriedenstellend disponiert, Rech war schwach, Manus dagegen überragend. Der Sturm hatte in Maßmann die technisch gute Mitte, in Gröner, dem Halbrechten, aber den famosen Führer, der stets die Situation beherrschte. Die Außen waren beide sicher und schnell, während Wendling nichts verdarb, aber in Zukunft von seiner Körperkraft doch etwas weniger Gebrauch machen dürfte, da er ja seine eigenen Kameraden gefährdet.

Eintracht zeigte wiederum, daß ihr technisches Können auf einer sehr hohen Stufe steht, und im Mainbezirk in seiner Gesamtheit unerreicht ist. Wenn jedoch der Torschuß vergessen wird, so ist dies ein Mangel des Systems und nicht zuletzt auch des individuellen Könnens, denn ein erstklassiger Spieler sollte auch in jeder Lage den zielbewußten und allein zählenden Torschuß beherrschen. Pfeiffer war seinen Mannen wiederum der überragende Führer, der durch die technische Vollendung seiner Stürmerarbeit auffiel. Seine Nebenleute waren ausnahmslos gut. Hervorragend arbeitete die Läuferreihe. Der kleine Schneider sucht immer noch seinesgleichen im Mainbezirk. Und Kirchheim, der Mittelläufer, lieferte eines seiner besten Spiele. Der junge Beuttler, der zum zweiten Male auf dem Posten des rechten Halfs stand, war eine Offenbarung. Er hielt bis zu seiner Verletzung meisterhaft den ihm anvertrauten Flügel. In der Verteidigung war Eberlein besser als der etwas unsichere Klemm. Und der Torhüter Trumpp hielt, was zu halten war. An den Toren ist er schuldlos. Er ist Frankfurts bester Goalkeeper.

Endlich sei auch noch des Schiedsrichters Benz (Stuttgart) lobend gedacht, der durch seine klare Stellungnahme zu den Spielvorgängen, durch seine vorbildlichen Abseitsentscheidungen ohne Zweifel ein gut Teil zu dem Gelingen des Treffens beitrug. Auch das zuschauende Publikum verhielt sich des Kampfes würdig, für die gestern in geringer Anzahl auftretenden obligatorischen Schreier fand man ein mitleidiges Lächeln. (aus dem 'Fußball', Ausgabe 49/1923 vom 06.12.1923)

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