Eintracht Frankfurt - Hakoah
Wien |
Freundschaftsspiel 1922/23
0:0
Termin: 31.12.1922
Zuschauer: 6.000
Schiedsrichter: Christe
Tore: ./.
Eintracht Frankfurt | Hakoah Wien |
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Trainer |
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(aus dem 'Sport-Tagblatt', Wien, vom 02.01.1923)
Wiener Fußball am Main Hakoah zeigt gegen Eintracht hohe Klasse Ende gut, alles gut! Die Frankfurter Eintracht hat das Jahr 1922 mit einem Spiele abgeschlossen, das zu dem Besten gehört, was diese Mannschaft im verflossenen Jahre auf dem grünen Rasen gezeigt hat. Es war ein guter Griff, die bekannte Hakoah Wien zu verpflichten, ging doch den Gästen ein sehr guter Ruf voraus. Nicht zuletzt hatten die in den Weihnachtsspielen in Offenbach und Würzburg erzielten Resultate bewirkt, daß bei einigermaßen gutem Wetter ein Massenbesuch des Spieles feststand. So mögen denn an Silvester 6000 Zuschauer Zeuge eines Kampfes gewesen sein, der, für ein Freundschaftstreffen vielleicht zu hart, wohl jeden in den gezeigten Leistungen befriedigte. Das Wetter war etwas windig, der obligatorische Regen setzte jedoch zuvorkommenderweise erst mit dem Schlußpfiffe ein. Der Riederwaldplatz, das Schmuckkästchen unter den Frankfurter Fußballfeldem, trotz der wochenlangen Regenperiode in sehr guter Verfassung. Als Herr Christe das Spiel anpfiff, standen die beiden Vereine mit folgenden Mannen im Kampfe: Hakoah Wien: Duldig; Scheuer, Levitus; Molnar, Guttmann, Konus; Heß, Häusler, Nemes, Grünwald, Katz. Eintracht: Sackmann; Eberlein, Klemm; Schneider, Kirchheim, Larem; Szabo, Beutler, Pfeiffer, Schönfeld, Weber. Sofort setzt ein schönes Kombinationsspiel ein, bei dem die brillante Ballbehandlung und Technik der Wiener Gäste augenscheinlich wird. Eine erzwungene Ecke vor dem Eintrachttore bringt nichts ein, der Ball wird abgewehrt, vom Frankfurter Sturme übernommen, und schon jagt Schönfeld einen Schuß hoch über die Latte. Unbestreitbar hat in der folgenden Kampfphase Wien mehr vom Spiele, aber die Eintrachtdeckung arbeitet mit einem heuer nie gesehenen Eifer. Letzten Endes ist es immer wieder Sackmann im Frankfurter Heiligtume, der die bestgemeinten Schüsse — und es sind deren nicht wenige — mit Sicherheit meistert und sein Netz rein zu halten weiß! Einige mit äußerster Wucht getretene Strafstöße aufs Frankfurter Tor macht er in erstklassiger Manier unschädlich. Frankfurt findet sich in der Mitte der ersten Halbzeit. Die Läuferreihe wirft ihren Sturm wiederholt zu gut eingeleiteten Angriffen vor, die jedoch ebenfalls eine sehr ballsichere Verteidigung bei der Abwehr finden. Ein scharf placierter Strafstoß für Eintracht wird vom Wiener Torwächter abgewehrt, der Ball kommt zu Pfeiffer, der ihn an der Latte vorbei ins Aus streifen läßt. Eine günstige Torchance ist ausgelassen! Ein Durchbruch Pfeiffers wird von Wien gerade noch abgefangen und schon sieht es vor Sackmanns Kiste brenzlich aus. Sackmann greift wiederholt schneidig ein, indem er den gegnerischen Stürmern im letzten Augenblick die Bälle abnimmt. Leider muß er kurz vor der Pause bei einer Karambolage — allerdings ohne Verschulden des Gegners — eine sehr schmerzhafte Schulterverletzung hinnehmen, die ihn im weiteren Verlaufe des Kampfes unbedingt behinderte. Wenn nun Sackmann nach der Pause, lebhaft applaudiert, wiederum antrat, so ist dies nicht hoch genug anzuerkennen. War der Kampf bis hierher sehr fair, so wurde nun eine Note in das Spiel gebracht, die bei einem Freundschaftstreffen nicht angebracht ist. Eintracht verschärft das Tempo immer mehr. Das Spiel wird rasend schnell. Da durfte es nicht vorkommen, daß sich Spieler beider Parteien zu Handlungen hinreißen lassen, die eines Sportsmannes unwürdig. Herr Christe sah sich schließlich vielleicht von der lärmenden Hakoah-Anhängerschaft beeinflußt, genötigt, Pfeiffer zum Zuschauen zu verurteilen. Doch das Treffen bleibt weiter scharf. Trotz der 10 Mann kann Eintracht ein gewichtiges Wort mitreden. Bei gleichmäßig verteilten Gelegenheiten verstreicht die Zeit. Mit dem Schlußpfiffe des Herrn Gregor Christe endet ein schönes Treffen, das, wenn die Zwischenfälle sich nicht ereignet hätten, zu einem schönen Spiele geworden wäre. Herrn Christe haben wir hier in Frankfurt schon besser gesehen. Seine Entscheidungen waren oft anfechtbar, das Übersehen von Mängeln in der Gäste-Elf auf Kosten der Einheimischen sollte nicht vorkommen. Auch in einem Freundschaftskampfe muß der Schiedsrichter die Lage beherrschen. Hakoah Wien spielt einen prachtvollen, gepflegten Kombinationsfußball, schnell, flach, präzise, gute Wiener Klasse. Nach den glänzenden Offenbacher Berichten war ich etwas enttäuscht. Die Leute schießen viel zu wenig! Die Stürmer- und Deckungsreihe ist der Verteidigung: überlegen. Der Ersatztorwächter hielt sicher und brav, während die beiden Verteidiger nicht immer ganz sicher waren. In der Läuferreihe Molnar überragend. Ebenso Guttmann. Im Sturme brillierte der rasante Nemes, ein gefährlicher Durchbrenner. Die beiden Flügel fielen dagegen etwas ab, waren aber trotzdem sehr gut. Verschiedene Spieler verwischen leider den guten Eindruck ihres Spieles durch das allzu scharfe „An-den-Mann-gehen". Ich habe die Mannschaft zufällig am zweiten Weihnachtstage in Würzburg gesehen und kann mich an Hand der Würzburger Vorgänge und der Frankfurter Zwischenfälle des Eindruckes nicht erwehren, daß verschiedene Herren von Hakoah das „foul"-Spielen des Gegners durch dem Schiedsrichter nicht auffallendes raffiniertes Spiel direkt provozieren. Wie andere wären die gleichlaufenden Vorgänge in den beiden Städten zu erklären? Eintracht überraschte. Wohl niemand der anwesenden Zuschauer hatte an ein für Frankfurt so günstiges Resultat gedacht! Der beste Mann auf dem Platze war Sackmann im Tore. Ich habe bisher nur ganz selten eine solche Kette hervorragender Leistungen gesehen, wie sie Sackmann zeigte. Das war Extraklasse! Die Verteidigung mit Klemm und Eberlein leistete blendende Abwehrarbeit. Klemm war immer ein erstklassiger Verteidiger, warum also seither diese Experimente im Sturm? Schuster, bleib bei deinem Leisten! Den Mittelläuferposten versah der junge Kirchheim. Dieser hochtalentierte Spieler übertraf sich selbst. Sein nie erlahmender Kampfgeist, seine Aufopferung zeitigten eine herrliche Leistung. Sein Ballverteilen war gut, sein Druck nach vorne hat der Eintrachtmannschaft seither gefehlt. Die Außenläufer Schneider und Larem gut, Schneider jedoch der bedeutend Bessere. Im Sturme überraschte der junge Beutler durch exakte Ballbehandlung und verständnisvolles Zuspiel. Szabo, gesundheitlich nicht auf der Höhe, zeigte trotzdem seine überragenden Fähigkeiten. Pfeiffer ist ein tüchtiger Sturmführer, nur wird er immer noch im gegnerischen Strafraume kopflos. Mit Pfeiffer hätte wohl Eintracht in der zweiten Hälfte das Spiel für sich entschieden. Schönfeld auf Halbrechts sehr eifrig, ohne restlos zufrieden zu stellen. Weber am rechten Flügel gut.
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