Germania 94 Frankfurt - Eintracht
Frankfurt |
Kreismeisterschaft Nordmain 1921/22
2:2 (1:1)
Termin: 29.01.1922
Zuschauer: 10.000
Schiedsrichter: Blauth (Mannheim)
Tore: 0:1 Donner (2., Eigentor), 1:1 Schreyvogel (30.), 2:1 (Elfmeter, 2:1 Peter Szabo
Germania 94 Frankfurt | Eintracht Frankfurt |
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Trainer |
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Hartes Ringen in Frankfurt Germania eröffnet mit Eigentor — Ein peinlicher Schiedsrichter — Widrige Bodenverhältnisse — Interessante Szenen Der Germaniaplatz an den Sandhöferwiesen bot am vergangenen Sonntag ein Bild, ähnlich dem beim Schlußspiel um die deutsche Meisterschaft. Germania hatte gute Vorbereitungen getroffen, um des Andranges Herr zu werden. Als der sehnsüchtig erwartete Kampf begann, mögen wohl 10.000 Zuschauer anwesend gewesen sein. Gerade als der Schiedsrichter zur Platzwahl pfiff, krachte vor der Tribüne der erste Notaufbau zusammen. Eine Anzahl Borussen hatten sich eine eigene Tribüne errichtet, die aber die Belastung nicht aushielt und einstürzte, als zwei Spieler der Ligamannschaft, die noch einen Teil des gegen Sportverein errungenen schwerwiegenden Punktes trugen, auch noch Platz nehmen wollten. Massenbesuchbilder in- und außerhalb des Platzes. Bierfässer, Holzklötze, Tische, Stühle, Drückwagen wurden herbeigeschleppt, um als Erhöhungsgelegenheit zu dienen für die, welche nicht in den ersten Reihen standen. Wer vor dem Spiel Langeweile hatte, der konnte sich hinter der Tribüne amüsieren und feststellen, wie schwer es war, eine solche Stehgelegenheit zu bekommen. „Haben Sie den Stuhl hinterlegt, nein, dann bleibt er hier"; „Der Drückwagen kommt nicht hier weg!" schreit der Vereinswirt, und schon muß er sich im Laufschritt nach einer anderen Ecke wenden, um zu verhindern, daß die Bierfässer, leere und volle, nach dem Spielplatz befördert werden. „Die Kisten gehören dem Selterswasserfabrikanten, jede kostet mich 65 Mark, wenn sie kaputtgehen; zum Donnerwetter, lassen Sie die hier!" „Sogar das Hackklotz haben sie aus der Kohlenkammer geholt", poltert eine weibliche Stimme aus dem Küchenfenster. Sie wird stärker und ärgerlicher im Kampf mit einem Jüngling, der gerade einen Korb fortschleppen will. Die Szenen, die sich kurz vor Spielbeginn abspielen, sind urkomisch. Die Ordnungsleute der Germania haben alle Hände voll zu tun, um Herr der Lage zu bleiben. Einer hat mit viel List und Mühe ein leeres Bierfaß bis vor die Tribüne gebracht. Hier wird er nicht übel angehaucht, denn er rollt mit seiner Tribüne dem Verbandsvorstand, der eben vollzählig erscheint, vor den Füßen herum. „Die Treppe muß geräumt werden; das geht nicht!" tönt es fortwährend auf der Tribüne. „Setzen! Setzen! Es geht los; ich will auch etwas für mein schweres Geld sehen!" ruft's von hinten. Der Schiedsrichter pfeift zum Beginn, und damit ist die Ruhe hergestellt. Der Germaniasturm ein Ganzes Was in den 1 1/2 Stunden gezeigt wurde, war gerade kein kunstvoller Fußball, aber es war Tempo in dem Spiel, und Arbeitsfreudigkeit vom ersten bis zum letzten Augenblick. Der glatte, dabei harte und schneebedeckte Boden ließ nicht das Spiel aufkommen, das man erwartet hatte. Vornehmlich Eintracht litt sichtlich unter den ungewohnten Platzverhältnissen. Überraschend war, wie sich Germania, trotz des Eigentores in der zweiten Minute, schnellstens zusammenfand. Schnürle war wohl die Hauptkraft im Sturm, aber nicht in dem Maße, wie früher. Die fünf Stürmer bildeten ein geschlossenes Ganzes, in dem jeder den anderen kannte und durchdrungen war von dem Führersystem — Einzelarbeit leisten im Innensturm, Gegner auf sich ziehen und dann steil nach vorne geben zu den freigespielten Flügeln. Es reichte Germania nicht zum Sieg, weil dieses Verständnis, diese Zusammenarbeit nicht der ganzen Mannschaft eigen ist. Die Läuferreihe, in der jeder einzelne seiner Aufgabe gerecht wurde, arbeitete, wenigstens in der ersten Hälfte, beinahe fehlerfrei mit in diesem Schnürlesystem, aber nicht die Verteidigung. So gut Bossert und Heckmann gespielt haben, ballsicher, energisch, vorzüglich deckend, im Kampf um den Ball fast immer siegreich, einen fein flach zugespielten Ball, den die Läufer oder Stürmer aufnehmen können, hat man selten von ihnen gesehen, die Bälle kamen wohl mit weitem Schlag von dem Tore weg, aber meistens je höher, je lieber, wie es gerade der Fuß fertigbrachte. Jede Partei beherrscht eine Halbzeit Eintracht war, hauptsächlich in der ersten Hälfte, nicht stark genug, um dem Gegner sein eigenes System aufzuzwingen; im Gegenteil, Germania war, da der größere Eifer, die stärkere Energie auf ihrer Seite war, tonangebend die ersten 45 Minuten und nötigte dem Meister eine ihm fremde Spielart auf. Als ich Eintracht in der zweiten Hälfte fand, begünstigt durch die größere Ausdauer, zeigte sich deutlich ihr von Germania so verschiedenes System; reine flache Kombination von Mann zu Mann — wenn es läuft, kommt der Ball nicht über Kopfhöhe — glänzendes Stellungsvermögen, Beherrschen des Balles mit Kopf und Körper in jeder Lage, mit einem Wort: auf den Rasen umgesetzte Arbeit des Geistes. Daß es Eintracht nicht zum Sieg langte, hatte seine Ursache in dem wenig glücklichen Spiel der Halbspieler. Imke war auf dem glatten Boden nicht Herr über sich, Böttcher arbeitete vorbildlich im Felde, war aber vor dem Tore zu Ende mit seiner Kunst; Schluß machen als Stürmer, Läufer spielen. Köster war mäßig. Bleiben noch Pfeiffer und Szabo, von denen letzterer einfach glänzend spielte, während der Mittelstürmer seine sonstige Form nicht erreichen konnte. Die Läuferreihe hatte ihren wunden Punkt in Kirchheim. Von den Verteidigern konnte sich Edinger lange nicht zurechtfinden auf dem Eisboden, sein Spiel war auffallend unrein, trotzdem stellte er seinen Mann. Lindner war in hervorragender Form. Gar manchmal mußte sich Schnürle vor ihm beugen. Koch war der Held der ersten Hälfte. Schüsse von Schnürle und Möller aus unmittelbarer Nähe fing er verblüffend. Das Ausgleichstor von Germania, etwa in der 30. Minute, nach feiner Sturmkombination von Schreyvogel errungen, konnte er nicht halten. Germania ging wieder in Führung durch Elfmeter. Schnürle war im Strafraum unfair genommen worden. Eintracht kam abermals zum Ausgleichstor durch eine Prachtleistung von Szabo. Ein von ihm getretener Strafstoß kommt ihm wieder vor die Füße, und mit unheimlichem, flachem Stoß kann er im Nachschuß verwandeln. Angenehm aufgefallen bei dem Spiel ist, daß es, abgesehen von einzelnen Kleinigkeiten, nie über die Grenzen des Erlaubten ging. Der Schiedsrichter, Herr Blauth aus Mannheim, konnte gefallen wegen seiner Unparteilichkeit. Eine andere Frage ist, ob er in bezug auf Können dem großen Kampfe gewachsen war. Es war oft zu beobachten, daß er pfiff, und kein Mensch wußte warum. Das ist in den meisten Fällen kein gutes Zeichen. Oft wußten auch Spieler und Zuschauer nicht, für wen nun eigentlich Strafstoß ist. Die Begründung dafür war mir klar. Herr Blauth hat des öfteren Strafstoß verhängt über den sog. Revanchespieler, ohne den Hervorbringer des Revanchegedankens zu erfassen. Natürlich soll ein Schiedsrichter mit aller Schärfe vom ersten Augenblick an durchgreifen, aber nicht ein Spiel verpfeifen und damit ihm den Reiz nehmen, Die Elfmeterentscheidung war hart, aber angebracht, inkonsequent aber deshalb, weil vorher derartige Vorfälle in beiden Strafräumen ungerügt gelassen worden waren. Aber darum nichts für ungut, Herr Blauth. Mit dem Schlußpfiff wälzte sich der Menschenstrom dem ungenügenden Ausgang zu, um sich am kommenden Sonntag am Riederwald wieder einzufinden zum Entscheidungskampf. (aus dem 'Fußball', Ausgabe 5/1922) |