Darmstädter SC - Frankfurter
Fußball-Verein |
Freundschaftsspiel 1912/1913
0:6 (0:5)
Termin: 25.05.1913
Zuschauer:
Schiedsrichter:
Tore: 1:0 K. Leising, 2:0 K. Leising, 3:0 K. Leising, 4:0 Otto Köllisch, 5:0 Fritz Krömmelbein, 6:0 Rob. Kauffmann
Darmstädter SC | Frankfurter Fußball-Verein |
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F. F.-V. I. — Därmstadter Sportklub I 6:0 (5:0). Durch verschiedene Absagen musste unsere Mannschaft in folgender Aufstellung spielen: Gmelin, Clauss, Pfeiffer, Braun, Fritz Krömelbein, Becker, Burckhardt, Köllisch, Leissing, Rob. Kauffmann, ter Horst. Verschiedene Umstände waren zusammengekommen, die Gewähr genug boten, dass das Spiel zu einem erstklassigen würde. Vor allem war es ein wunderschöner, prächtiger Sommertag, eine glühende Hitze herrschte. Dementsprechend war auch das Gras auf dem Darmstädter Sportplatz entwickelt. Höher noch als das Gras waren die schönen gelben Blumen, die auf langen Stengeln sitzen und im Volksmund den Namen.... Löwenzahn führen. Dazu kam noch, dass der Platz auf der einen Seite recht feucht war, trotz der sonstigen Trockenheit auf ihm. Vermutlich war das früher einmal ein Froschteich gewesen. Dass wir gewinnen würden, stand ausser Frage, denn wir waren ja begleitet von dem so gern gesehenen und geachteten jungen Ehepaare, das uns bis jetzt nur einmal auf den Reisen nach ausserhalb im Stiche gelassen hatte, und das hatte uns ja bekanntlich um die Meisterschaft gebracht. Wenn die Familie K. dabei ist und die Mannschaft hat vor dem Spiel unter Pfeiffer's Leitung das Puppchen gesungen, dann gewinnen wir immer. Das Spiel begann mit guten Angriffen der Darmstädter Stürmer. Zweimal hatte unser linker Verteidiger zum gewohnten, mächtigen Schlage ausgeholt, zweimal hatte er auch ebenso wuchtig daneben gehauen. Er war sicher noch etwas schwach auf den Beinen, denn er hatte eine längere Fahrt (nicht blos mit der Eisenbahn) hinter sich und dazu kaum etwas gegessen. Gmelin vermag die Gefahr noch rechtzeitig zu beseitigen. Unsere Stürmerreihe beginnt nun ihrerseits auch etwas zu arbeiten. Durch gutes Vorlegen der Bälle durch seinen Läufen vermag der alte Herr mit den Wichsstiefeln die brenzlichsten Situationen hervorzurufen vor dem Darmstädter Tore. Auch der Linksaussen glänzt durch gute Läufe mit präzisen Flanken, während hier schon sein Innenstürmer, der blonde Schokoladenkavalier, eine gewisse Nonchalance an den Tag legt. Der Ehemann in der Mitte hat heute die Schiessstiefel an, dreimal vermag er mit wuchtigem Stosse erfolgreich zu sein. Unsere Mannschaft bleibt überlegen, die Darmstädter Angriffe werden immer wieder zurückgewiesen, einer mit viel Glück. Köllisch erzielt dann das 4. Tor. Nun folgt eine kleine, sehr nette Episode. Köllisch hat eine sogenannte totsichere Sache ausgelassen und erntet dafür den folgenden Ausspruch Pfeiffer's „Ach, awer Köllisch, gehste ham!" Da wird aber der blonde Vereinsstürmer, der doch eben erst ein Goal gemacht hat, wütend. In seinem bekannten, tändelnden Kavalierschritt geht er auf den unverschämten Verteidiger zu und spricht, indem er dabei seine Gestalt zu 1.52,5 m emporstreckt: „Herr Pfeiffer, wir sprechen uns nach dem Spiele weiter!" Der Erfolg dieser Mannesrede des kleinen Stürmers war ein durchschlagender, denn von unserer Mannschaft fängt einer nach dem andern an, furchtbar zu lachen. Des weiteren passiert noch etwas seltenes. Unser rechter Läufer zeigt, dass er auch schiessen kann. Einen zurückgegebenen Ball schlägt er mit unheimlich scharfem Tritt auf das Darmstadter Heiligtum. Uuuh! macht das Publikum, well play, Becker, der behaarte Aussenstürmer; weiter aber auch nichts, der Schuss war nämlich knapp daneben gegangen. Das zweite Mal ist das Glück insofern holder, als der gute Schuss von der Querlatte zurückspringt und dann von Fr. Krömmelbein gut platziert zum 5. Tore verwandelt wird. Dann ist Halbzeit. Nach 1/4 Stunde gehts wieder los. Bei der Frankfurter Mannschaft sind die verschiedenartigsten Scheitel zu bewundern. Darmstadt hat Anstoss. Unsere Stürmerreihe hat den Kampf noch nicht eröffnet, Krömmelbein flickt an seinen Schnürriemen, der rechte Half lutscht noch, der Herr Verteidiger ist mit der Frisur noch nicht fertig und schon ist der Linksaussen von Darmstadt an Gmelin vorbei, dem leeren Tore zu — aber da knallt's —, unser Kapitän hat gerettet. Die Tatkraft der Darmstadter erlahmt bald wieder und das Spiel beginnt noch eintöniger und langsamer zu werden. Burckhardt hat mit dem Schiedsrichter einen Pakt geschlossen, er soll immer abseits pfeifen, wenn ein Ball nach links kommt, er ist zu müde. Köllisch bleibt der bequeme Kavalier, er muss noch nach der Filiale heute Abend, da kann er sich doch hier nicht abquälen. Leissing schimpft, er ist empört über den Vertrag Burckhardts mit dem Schiedsrichter, Kaufmann arbeitet gut, ter Horst lässt dauernd Rufe ertönen nach seinem Halfback, aber der macht nicht mehr so recht mit, ab und zu gibt er einen seiner bekannten Schüsse von sich (oha), sonst ist er gerade im Begriff, Wurzeln zu ziehen, begünstigt durch das feuchte Froschteichplateau. Alb. Braun macht seine Ringkämpfe mit dem Rechtsaussen, der noch einmal so schwer ist wie er, ruhig weiter, Krömmelbein spielt gut. Auch die Hintermannschaft hat ihr Intermezzo, Gmelin hat bei einem forschen Angriff von Darmstadt, bei dem sich ein Gewühl vor unserem Tore entwickelt, sein Heiligtum verlassen. Der Ball kommt an dem Gewimmel aufs Tor. Da aber hat sich schon Pfeiffer postiert, der mit wuchtigem Schlage das Schüsslein zur Ecke abwehrt. Gmelin wird darauf von dem gestrengen Kapitän gestaucht, weil er den Ball nicht mit den Händen genommen hätte. Unser Goalmann grinst in Anbetracht der Sachlage, der Kapitän ist wütend und will Gmelin rausstellen. Erst als man ihn darauf aufmerksam macht, dass Gmelin ja gar nicht in dem Augenblicke im Tore gestanden hatte, wird der Herr Kapitän etwas ruhiger. Die fällige Ecke wird wieder in alter Eintracht und mit gewohntem Nachdruck ins Feld befördert. Bald darauf erringen wir durch blendenden Schuss von Kaufmann das 6. Tor. Zum Schlusse wird der rechte Läufer noch einmal wach. Darmstadt hat umgestellt und einen neuen Mann an den linken Flügel gestellt, der Becker mit Gewalt an dem Bestreben stört, seine Pedale in wurzelförmige Verbindung mit der Bodendecke zu bringen. Hoch im Bogen liegt unser Halfback im Dreck. Aber der Darmstädter hat nicht recht getan dabei, er muss es bald erfahren. In kurzer Zeit vermag ihn unser Läufer öfters zu zwingen, parterre zu gehen. Hoch im Bogen fliegt der Darmstadter in Löwenzahn's Wogen. Endlich ist Schluss. Auch der Schluss hat sein komisches Intermezzo. Bei dem
Waschen war der Darmstädter Herr Tänzer sehr behilflich beim
Wasserbeitragen. Plötzlich stellt er aber den Betrieb ein; mit erhobener
Stimme erklärt er, dass er nicht, wie man ihn verschiedentlich angeredet
in Frankfurter Mundart, „der Herr Nachttopf" sei, sondern der
Diener des Darmstädter Sportklubs.
Knaul. (aus der Vereinszeitung des Frankfurter Fußball-Vereins
vom 01.06.1913) |