Viktoria 94 Hanau - Frankfurter Fußball-Verein

Nordkreis Liga-Klasse 1912/1913 - 9. Spiel

1:2 (0:2)

Termin: 15.12.1912
Zuschauer:
Schiedsrichter: Späth (Mannheim)
Tore: 0:1 Fritz Weicz, 0:2 (18.), 1:2 (70., Eigentor)

 

>> Spielbericht <<

Viktoria 94 Hanau Frankfurter Fußball-Verein

  • Schmidt
  • Fiedler
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Hanauer Viktoria 94—FV Frankfurt 1:2 (0:2)

Hanau a. M. Die Ereignisse wechseln im Nordkreis sozusagen jede Woche. Und als letztes hat man unwillkürlich stets den FV im Auge. 4 Monate Disqualifikation! Einen Verein, der an der Spitze marschiert, der unser Spiel in seiner ganzen Schönheit verkörpert und auch ausübt, der im Nordkreis die Herzen schneller schlagen läßt, wenn man seinem Spiele zusieht. Und ungeschwächt erfreute er sich der Liebe und Sympathie auf dem Viktoriaplatze! Tausende, Abertausende waren es, die da heute gekommen waren, unseren Nordkreismeister im Spiele zu sehen. Sollte es ein Beweis sein der Hochachtung ihm gegenüber? Ja! Hoffen wir, daß bald der Schleier gelüftet wird, über diesen oben geschilderten Punkt.

Nun verzeihe, werter Leser, diese kurze Abweichung. Ich werde nun versuchen, ein treues Stimmungsbild über das stattgefundene Treffen wiederzugeben! Trübes, regnerisches Wetter, jedoch der Spielplatz in tadelloser Verfassung. FV mit drei Ersatz, Viktoria mit Ersatz für Mahla. Nach dem Anspiel ein Treffen in herrlicher Vollendung sieht der Beschauer vor sich. Ein Flankenspiel, Technik und Kombination, wie man selten sieht, überhaupt ein gebotener Sport, wo die Feinheiten alle zur Geltung kamen und die Kombination Triumphe feierte. Und wie gebannt hängen die Augen am Ball, wie anteilvoll werden die Leistungen auf beiden Seiten gewürdigt! Nun hat der „gefürchtete" Weicz den Ball, erwartungsvolle Pause und nun atmen die ganz Ängstlichen schon auf, denn der Mittelläufer hat mit allem Finesse diesem Kämpen den Ball abgenommen und heidi, nun geht es vor, wo schon die Verteidigung der Gäste in gefährlicher Situation abwehrt und flugs zieht schon Burckhardt eine schöne Flanke zur Mitte, die Sekunden werden zu Minuten und ein jeder sagt sich jetzt schon, dieses gibt einen schweren Kampf und sei es wie es will; hoffentlich siegt der Bessere.

Und so war es in der ersten Hälfte. FV drängt mächtig, die Verteidigung; bringt den Ball nicht weg und Weicz drückt ein feines Tor ein. Etwas verblüfft sind die 94er, ihr Zuspiel ist nicht so exakt und vor allem haperte es sehr im Schuß und anstatt dasselbe zu tun, wird immer kombiniert! Anders beim FV. Jede Chance zum Schuß wird benützt und als gar in der 18. Minute das zweite Tor fällt, glaubt jeder an eine hohe Niederlage.

Nach Halbzeit nehmen die 94er eine Umstellung vor. Fiedler geht in den Sturm und der „Ersatz"-Spieler in die Verteidigung. Nun kommt FV nicht mehr auf. Schon in der zweiten Minute glaubt man den ersten Treffer erzielt zu haben, und, o Maleur, zwei Meter davor wird derselbe verschossen, und als gar der Halbrechte von drei Meter vorbeischoß in der 10. Minute, sagt man sich, daß die 94er heute von Sportpech verfolgt waren.

FV verteidigt sehr gut, Clauß spielte mit seinem Partner hervorragend und alle Bemühungen sind vergebens. In der 25. Minute sieht man Linksaußen in blendender Form dem Tor zujagen, 1., 2. und der 3. Mann wird umspielt und scharf geschossen ist der Ehrenerfolg errungen! Noch 20 Minuten ist zu spielen, da tut FV auf und macht sich energisch aus der Umklammerung frei und das Spiel wird wieder offen und brenzlich wird es nun auch vor dem 94er Tor. Trotz lebhafter beiderseitiger Bemühungen wird kein Erfolg mehr erzielt.

Der Sieger hatte das Glück auf seiner Seite. Sein Können reicht auch ohnedies aus, den Sieg zu erringen. Die besten waren unstreitig Dr. Clauß, Pfeiffer, Becker und Burckhard, während der sonst vorzügliche Rechtsaußen Leising nicht zur Geltung kam. Der Unterlegene — sagen es wir offen — war seinem Partner vollständig ebenbürtig und daß sie zum mindesten kein unentschiedenes Resultat herausbrachten, war das buchstäbliche Pech im Schießen in der zweiten Hälfte und das bezeugt schon das Eckenverhältnis 9:2 für die 94er! Alles in allem ein sehr faires und schönes Spiel hatte sein Ende gefunden und bei dem Publikum wurde dem Sieger die verdiente Würdigung zu teil, denn einwandfrei endete der heiße, faire Kampf. Herr Späth-Mannheim leitete das Spiel korrekt. (aus 'Fußball und olympischer Sport', Ausgabe 62/1912 vom 16.12.1912)

 

 


 

 


('Süddeutsche Sportzeitung' vom 16.12.1912)



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