Frankfurter Fußball-Verein
- Karlsruher FV |
Süddeutsche Meisterschaft 1911/1912 - 5. Spieltag
0:7 (0:2)
Termin: 28.04.1912
Zuschauer: 2.000
Schiedsrichter: Brucker (Stuttgart)
Tore: 0:1 Hirsch (16.), 0:2 Fuchs, 0:3, 0:4, 0:5, 0:6, 0:7
Frankfurter Fußball-Verein | Karlsruher FV |
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Karlsruher Fußballverein—Frankfurter Fußballverein 7 : 0. Mit genau dem gleichen Ergebnis wie vor acht Tagen in Karlsruhe bewies auch in Frankfurt der Meister des Südkreises seine Überlegenheit über den des Nordkreises. Wohl mancher hatte vergangenen Sonntag den Kopf geschüttelt als er das Ergebnis aus Karlsruhe vernahm. So horrent hoch dünkte keinem der Klassenunterschied zwischen den beiden Meistern. So wollte sich mancher selbst überzeugen, ob denn tatsächlich eine derartige Überlegenheit bestünde und ob tatsächlich gegen die Spielart der Karlsruher nicht aufzukommen war. Es mögen an die 2000 Zuschauer gewesen sein, die den Platz des Frankfurter Fußballverein umsäumten, als Herr Brucker (Stuttgart) das Treffen anpfiff. Sofort entwickelte sich ein äußerst schnelles Spiel, das von Karlsruhe mehr und mehr in die Hälfte Frankfurts verlegt wurde. Vorerst hielt die Hintermannschaft stand, mit Ausnahme von Gilly, der als linker Verteidiger sehr mäßig als Ersatz für Claus spielte. Von Anfang an war Jockel gezwungen, um das Spiel wenigstens einigermaßen zu halten, als dritter Verteidiger mitzuspielen. Daß dadurch naturgemäß die ganze linke Seite in gewisser Hinsicht lahmgelegt war, darf natürlich dann kein Wunder nehmen. Mit guter Unterstützung ihres Mittelläufers leitete der K.F.V.-Sturm tadellos durchdachte Angriffe ein, die in der 16. Minute zum ersten Erfolge durch einen scharfen Schuß Hirschs führten. Chaboud im Frankfurter Tore hatte vorher einen sehr scharfen Ball Breunigs und einen solchen Hirsch's sicher gehalten. Dieses erste Tor hätte vermieden werden können, wenn nicht der linke Verteidiger der einheimischen Mannschaft in merkwürdig nachlässiger Weise eine Flanke Tscherters zu vermeiden versucht hätte. Statt den freien Ball bei der ohnehin bedrängten Lage der Verteidigung sofort hinwegzubefördern, sah er sich bemüßigt, erst allerlei Kinkerlitzchen zu machen, wobei ihm denn natürlich der Ball durch den bedeutend schnelleren Flügelstürmer abgenommen wurde. Kurz darauf bot sich dem Frankfurter Fußballverein Gelegenheit, auszugleichen. Becker war als rechter Flügelstürmer durchgekommen. Der Lauf wurde im Strafraum seitens des Verteidigers des K.F.V. durch Hände unterbunden. Der hierauf verhängte Elfmeterball konnte aber von Reich nicht verwandelt werden, da Schwartze im Tor den Ball direkt auf die Hände erhielt. Das 2. Tor für Karlsruhe fiel genau wie am Sonntage vorher kurz vor Halbzeit durch Fuchs und es ging somit mit dem gleichen Ergebnis in die Pause. Von dem Frankfurter Sturm hatte man bis dahin herzlich wenig zu sehen bekommen. Die Außenleute wurden durch die guten Außenläufer des K.F.V. vollständig kaltgestellt und der Innensturm war mehr wie Null. Man hatte der Abwechselung halber mit dem seitherigen rechten Läufer Henkel einen Versuch als Mittelstürmer gemacht, der aber kläglich scheiterte. Henkel selbst trifft dabei absolut keine Schuld; er tat sein Möglichstes. Daß ein Mann nicht über seine Kräfte kann, ist klar. Daß man weiter bei einem Gegenüber wie Breunig schon mehr wie gut sein muß, um überhaupt zur Geltung zu kommen, weiß jeder, der diesen Mittelläufer und sein Können kennt. Karlsruhe hatte in der ersten Hälfte mit dem Winde und gegen die Sonne gespielt. Man war gespannt, wie sich die einheimische Mannschaft mit Unterstützung des Windes zurechtfinden würde. Ehe man aber richtig wußte, daß der Kampf wieder begonnen hatte, saßen auch schon wieder 2 weitere Tore im Netze Frankfurts und das, wie gesagt, im Zeitraum von noch nicht ganz 3 Minuten. Die Hoffnung also, ein möglichst anständiges Resultat herauszubekommen, sank mehr und mehr unter den Gefrierpunkt. Es kam wie eine Lähmung über die einheimische Elf! Anders kann ich mir wenigstens die vollständige Untätigkeit der Elf nicht erklären. Daß ein Stürmer sich überhaupt in Bewegung setzte, um einen Ball zu erhalten, oder aber einem zugespielten Ball entgegenlief, war eine große Seltenheit. Wenn ein Spieler Karlsruhe's 5 Meter, der Einheimische aber nur 3 Meter vom Ball entfernt war, dann konnte man immer sicher sein, daß Karlsruhe den Ball bekam. Der Start der Stürmer war derartig minimal, und das Verständnis, sich einigermaßen günstig zu stellen, so gering, daß der Kampf immer und immer wieder vor dem Tore Frankfurts sich abspielte, dessen Torhüter sich alle Mühe gab, zu halten, was eben zu halten war. Das vollständige Versagen Gillys, der immer und immer wieder auf den gleichen Tricks Tscherters hereinfiel, ist aber wohl in der Hauptsache der Grund, daß K.F.V. die hohe Torziffer erreichte. Wenn an seiner Stelle Claus gestanden hätte, dann hätte die Torzahl zweifelsohne nicht diese Höhe erlangt. Bei dem Südkreismeister war der Sturm auf der alten
Höhe. Das ungemein schnelle Spiel stach um so mehr hervor, als in
dieser Hinsicht eben Frankfurt sehr nachstand. Dann kann jeder der 5 Stürmer
schießen, was bei der einheimischen Mannschaft heute schon aus dem
Grunde nicht in Erscheinung treten konnte, weil sie nicht zum Schusse
kam. Über die Läuferreihe erübrigt sich jede lobende Äußerung
. Sie ist zu bekannt und eingespielt als daß schwere Versager eintreten
könnten. Allgemein bewundert wurde wieder das sehr faire und elegante
Spiel Holsteins, der von seinem Partner sehr gut unterstützt wurde,
wenn auch die Bälle, in denen er auf eine Unterstützung überhaupt
angewiesen war, zu zählen waren. (aus 'Fußball und olympischer
Sport', Ausgabe 18/1912 vom 29.04.1912) |