Um die Meisterschaft
von Süddeutschland
hat nun am gestrigen Sonntag das erste Spiel
in Frankfurt a. M. zwischen der Spielvereinigung Fürth (Ostkreismeister)
und dem Frankfurter Fußballverein (Nordkreismeister) stattgefunden.
Dieser Begegnung hat man allgemeines Interesse entgegengebracht,
weil das Resultat eine offene Frage war und nur soviel feststand,
daß beide Kreismeister über achtunggebietendes Können
verfügen. Leider hat das Spiel gezeigt, daß an den
beiden Mannschaften die Ligakämpfe nicht spurlos vorübergegangen
sind. Die jung aufstrebende Fürther Mannschaft ist seit dem
Spiel gegen Wacker (München) gezwungen, für den verletzten
Mittelstürmer Ersatz einzustellen, auch im allgemeinen ist
die Mannschaft stark mitgenommen, so daß sie heute ganz
nahe an dem bedenklichen Zustand des Übertrainiertseins angekommen
ist. Hier erweist sich mit grasser Deutlichkeit, daß man
einer Mannschaft eben nicht zuviel zumuten darf. Ligakämpfe,
Kreisspiele und — Pokalspiele innerhalb weniger Wochen sind
aber ganz entschieden zu viel. Es ist unglaublich, daß man
die Pokalspiele jetzt doch noch durchführt. Was soll den
der Kampf um den „Goldpokal", wenn die Gesundheit der
Spieler darunter leidet! Mit dieser Privatfußballrunde sind
wir jetzt tatsächlich auf einem Stand angelangt, der vor
sportlicher Vernunft weichen muß. Es wäre wahrhaftig
nicht mehr als klug gewesen, wenn man die „Privatrunde"
fallen gelassen hätte, jetzt ist sie doch nur noch eine Mißgeburt.
Im Sport sind aber Krüppel undenkbar.
Nun zum Ausgangspunkt unserer Betrachtung. Auch
der Frankfurter Fußballverein erwies sich als geschwächt;
Sehnenverzerrungen bei Spielern sind nichts anderes als eine Folge
von Überanstrengung, der der jugendliche, noch in Entwicklung
stehende Körper nicht gewachsen ist. Was folgt daraus? Daß
wir dafür sorgen müssen, unseren Vereinen Gelegenheit
zu geben, Fußball zu spielen und Wettkämpfe auszutragen
nach den Begriffen des Körper und Geist bildenden Sportes.
Das Spiel in Frankfurt a. M.
Spielvereinigung Fürth — Frankfurter
Fußballverein 1:0. Nun gehört auch das von der Frankfurter
Sportgemeinde mit so vieler Sehnsucht erwartete Treffen des Ostkreismeisters
und dem des Nordkreises der Vergangenheit an. Nehmen wir das Resultat
vorweg! Fürth war die glücklichere Mannschaft. Mit 1:0
Toren vermochte sie die beiden wertvollen Punkte mit nach Hause
zu nehmen. Man kann mit vollem Recht sagen, Fürth
hatte Glück, denn der Nordkreismeister war gezwungen, das
Spiel während 70 Minuten mit 10 Mann durchzuführen,
von denen der eine noch eine Sehnenzerrung erhalten hatte und
aus diesem Grunde nur eine Statistenrolle spielen konnte. Dornbusch,
der beste Stürmer, den der Frankfurter Fußballverein
z. Zt. in seinen Reihen hat, erhielt eine Verletzung, die seine
Überführung in das Krankenhaus angebracht erscheinen
ließ. Man hätte meinen sollen, daß es unter diesen
Umständen Fürth ein Leichtes sein würde, den Sieg
an sich zu reißen. Dem war aber nicht so! Im Gegenteil,
die Frankfurter Mannschaft war, selbst nummerisch entkräftet,
derart stark im Angriff, namentlich noch nach dem Vorfall in der
ersten Spielhälfte, daß die Verteidigung Fürths
vollauf beschäftigt war, um einen Erfolg der einheimischen
Mannschaft zu vereiteln. Auch nach Halbzeit war das Spiel vollständig
offen. Am besten wird dies aus der Tatsache erhellt, daß
Frankfurt 7 Eckbälle erzielte, dem Fürth nur einen entgegensetzen
konnte.
Das Spiel würde, trotz des Verlustes Dornbuschs,
zweifellos einen anderen Ausgang genommen haben, wenn die Aufstellung
der Frankfurter Stürmerreihe eine andere gewesen wäre.
Die letzten Sonntage in den Nordkreisspielen hatte bei dem Fußballverein
Reich in der Mitte gestürmt. Reich ist nun bekanntlich alles,
nur kein Stürmer. Seine Tätigkeit war indessen immerhin
derart produktiv, daß seine Aufstellung gerechtfertigt erschien.
Gilly, der Spielführer des Frankfurter Fußballvereins,
stellte nun an Stelle Reichs, der krankheitshalber verhindert
war, den früheren Mittelstürmer Lampe ein. Der Erfolg
war ein vollständig negativer. Nicht allein, daß Lampe
ganz außer Form war, passierte ihm auch noch das Malheur,
sich eine Zerrung zuzuziehen, die ihn vollends außer Gefecht
setzte. Es wäre besser gewesen, er hätte das Feld verlassen.
Die
Mannschaft Fürths hat, das muß offen gesagt werden,
hier in Frankfurt enttäuscht. Sie führte wohl ein gut
durchdachtes Spiel vor, doch war der Sturm vor dem Tore absolut
unsicher. Es mag wohl sein, daß die Stürmer an der
Frankfurter Verteidigung einen Widerstand fanden, auf den sie
nicht gefaßt waren. Aber nach dem, was man von dem Sturm
gehört hatte, war man auf andere Leistungen gespannt. Eine
der letzten Spielschilderungen war zu dem Schluß gekommen,
daß aus der Fürther Mannschaft selbst ein Burger nicht
mehr hervorrage. Zugegeben, daß damals der Spielverlauf
die Handhabe zu einem derartigen Schluß bot! Heute war es
wenigstens nicht so. Burger steht nach seiner Spielauffassung
und seinen Leistungen immer noch einen Grad höher wie seine
Mitspieler und nur seinem energischen Spiel hat Fürth den
einen Erfolg zu danken. Es war in der zweiten Spielhälfte,
als der Frankfurter Torwächter, der sonst durchaus auf der
gewohnten Höhe stand, den Ball nicht schnell genug fortbringen
konnte. Burger setzte über seine Stürmer hinweg energisch
nach und drückte Mann und Ball ein. Außer ihm ist vielleicht
noch Mütze als Verteidiger zu erwähnen. Er hat einen
sicheren, befreienden Schlag und nimmt gut ab. Merkwürdigerweise
hatten die beiden Torwächter fast nichts zu tun. Gefährliche
Situationen gab es kaum für sie. Eins zwingt indessen noch
an der Fürther Mannschaft zur Rüge, das ist das unnötig
scharfe Spiel. Als Entschuldigung kann man vielleicht gelten lassen,
daß bei der Mannschaft noch zu sehr die Erfahrungen, die
sie in den Meisterschaftsspielen in ihrem Kreise gemacht hat,
nachwirken! Aber die Frankfurter Mannschaft war sicherlich, bis
sie soweit war, auch nicht auf Rosen gebettet gewesen. Sie hat
trotzdem ein von Anfang bis Ende faires und einwandfreies Spiel
vorgeführt. Der gerade anwesende Spielausschuß des
V.s.F.V. dürfte vielleicht angesichts des Treffens zu der
Überzeugung gekommen sein, daß im Nordkreis nicht mehr
und nicht weniger gesündigt wird wie überall sonst auch.
Nun zu der einheimischen Mannschaft! Wir wollen
sie nicht übermäßig loben, aber sie hat ein Spiel
vorgeführt, wie man seither wenige von ihr sah. Es ist ja
bekanntlich eine alte Erfahrung, daß das eigene Können
an dem des Gegners wächst. Den Eingeweihten war auch bei
Erwägung der Chancen keinen Augenblick die Überzeugung
zu nehmen gewesen, daß der Nordkreismeister alles daransetzen
würde, um seinen Kreis würdig zu vertreten. Er ist unterlegen
und zwar, wie kein Mensch bezweifeln wird, der dem Spiele beigewohnt
hat, unverdient. Die einheimische Verteidigung war in einfach
glänzender Verfassung. Claus sowohl als Thelin erwiesen sich
als unbedingt sichere Verteidiger. Die Leistungen Claus rissen
die zahlreich erschienenen Zuschauer immer wieder zu Beifallsäußerungen
hin. Von den Läufern vermochte Gilly an Burger nicht heranzureichen.
Dafür waren die Außenläufer Frankfurts besser
wie die Fürths. Namentlich Jockel überbot sich wieder
einmal. Henkel, der erst kurze Zeit in der Elf mitwirkt, stand
ihm nicht viel nach. Die drei Stürmer gaben sich alle Mühe,
Erfolge zu erzielen. Sie leisteten zeitweise Hervorragendes. Wenn
ihnen zählbare Erfolge versagt blieben, so lag dies daran,
daß naturgemäß die Fürther Verteidigung
bei der Abweisung der Angriffe nur mit drei Mann zu rechnen hatte.
Das Treffen wurde von Herrn Knab (Stuttgart)
in einwandfreier Weise geleitet. (aus 'Fußball und olympischer
Sport', Ausgabe 11/1912 vom 11.03.1912)