Frankfurter Fußball-Verein - SV Wiesbaden

Nordkreis A-Klasse 1911/1912 - 13. Spiel

3:2 (0:2)

Termin: 17.12.1911
Zuschauer:
Schiedsrichter:
Tore: 0:1, 0:2, 1:2 Willi Schulze - 'Caesar', 2:2 (Elfmeter), 3:2 Jakob Dornbusch (89.)

>> Spielbericht <<

Frankfurter Fußball-Verein SV Wiesbaden

 


 

 

Sportverein Wiesbaden — F. F.-V. (2:3)

17. Dezember 1911.

Wir spielten in folgender Aufstellung:

Chaboud
Klebe     Seibel
Schweikert      Reich     Jockel
Becker      Dornbusch      Lampe      Pickel      Schulze


Der Sportverein Wiesbaden stellte uns seine verjüngte Elf gegenüber, die sich sehr gut bewährte. An Zusammenspiel vor Halbzeit uns so sehr überlegen, dass wir uns oft vergebens bemühten, den Ball in unseren Besitz zu bekommen, erzielte der Gegner 2 Tore, deren erstes auf Conto des rechten Verteidigers kommt, der einen freien Ball nicht wegtreten konnte. Von Halblinks nach Halbrechts gespielt, prallte der Ball vom linken Verteidiger nach scharfem Schuss ins Tor. Der zweite Erfolg war ein Schuss in die obere rechte Ecke, der nicht zu halten war.

Nach Halbzeit gehen wir endlich zum Angriff über, und bald findet eine der wenigen Flanken Schulzes aus Versehen den Weg ins Netz. Wiesbadens Torwächter, der den Ball wohl in der Mitte erwartete, wohin er auch kommen sollte, war hierauf nicht gefasst gewesen. Neuer Mut lässt unsere Mannschaft zu einer Energie aufleben, der der deutliche Wille zum Sieg aufgeprägt war. Ein Elfmeter bringt uns den Ausgleich und damit beginnen wir, scheinbar zufrieden, wieder abzuflauen. Auch Wiesbadens Sturm hat sich ziemlich ausgegeben und kann den Ball nicht wie in der ersten Hälfte beherrschen. Wir kommen deshalb langsam wieder ins Uebergewicht, aber die Verteidigung ist schwer zu nehmen, und einige auf den Mann gegebene Bälle hält der Torwächter.

Eine schöne Gelegenheit wird von Pickel ausgelassen, der, anstatt zu schiessen, den Ball zu Dornbusch gibt, der gedeckt ist. Endlich eine Minute vor Schluss entsteht noch ein Gedränge vor Wiesbadens Tor. Der linke Verteidiger hält, am Boden liegend, einen unsrer Stürmer durch Festhalten vom Ball ab, dafür kommt Dornbusch zum Schuss und der Ball geht in*die linke Ecke. '

Soweit der Spielverlauf in Kürze. Von unsrer Mannschaft kann ich nicht viel Gutes berichten. Der Sturm macht immer wieder denselben Fehler: er schiesst nicht. Statt eines raschen Entschlusses sieht man immer das Hin- uud Herschieben des Balles vor dem Tor, bis er fort ist. Von der alten Weisheit, dass ein guter Angriff die beste Verteidigung ist, scheinen unsere Stürmer nichts zu wissen. Die Aussenleute halten den Ball zu lange, es kommen entschieden zu wenig Flanken. Besonders Becker will immer erst um mindestens einen Mann herum, bevor er abgibt. Das merkt doch der Gegner auch und richtet sich danach. Zuviel Zusammenspiel bringt keine Erfolge, zuwenig aber auch nicht.

Dass unter diesen Umständen die Läufer schwer zu spielen haben ist klar; an diesem Tage waren sie dazu im Durchschnitt nicht auf der Höhe, Reich versagte sogar. Schweikert hatte viel Arbeit und wurde dieser auch gerecht. Aber sein Zuspiel muss vollkommener werden. Man muss es sich versagen können, einen schön kommenden Ball einfach nach vorn zu schlagen, das ist kein Zuspiel, wie es der Läufer haben muss. Auch Jockel wurde erst im Laufe des Spiels warm.

Besonders bemerkenswert ist die mangelnde Unterstützung der Läufer durch den Sturm. Verliert ein Stürmer den Ball, so beginnt er den Gegner wohl zu verfolgen. Sein Läufer stellt sich zur Deckung. Nach zwei Schritten gibt der Stürmer die Verfolgung auf und der Gegner spielt den freien Bai] zu, den der Läufer dann natürlich nicht mehr erreichen kann. Nur Dornbusch macht hierin eine rühmliche Ausnahme. Und dann sagen die Leute: „Herrgott sind die Läufer miserabel!" (Doch soll damit nicht das aus anderen Gründen massige Läuferspiel entschuldigt werden.)

Die Verteidiger zeigten wieder den zu grossen Hang zu weit aufzurücken; sie dürfen nicht zu oft vor ihren Läufer zu finden sein, um diesen die Arbeit zu erleichtern. Besser ists, die Bälle, die man an seinem richtigen Platz bekommt, gut wegzubefördern. Chaboud hielt, was in seiner Macht lag; die Tore konnte er kaum verhindern.

Die Mannschaft geht unzweifelhaft seit einigen Spielen zurück. Wenn sie sich nicht zusammennimmt, geht das Rennen trotz Vorsprung verloren.

Wiesbaden hat seine Mannschaft schön eingespielt. Der Sturm ist gleichmässig, doch noch nicht ausdauernd genug. Die Aussenläufer, der rechte Verteidiger fallen ab, ebenso der Torwächter. Mittelläufer und linker Verteidiger sind die besten Leute. Die Zusammenarbeit unterscheidet sich von der unsrigen, dass alle Spieler sich in bedrängten Lagen den Ball vorwärts, rückwärts und seitwärts zugeben und dieser Umstand war es, der unsere Spieler vor Halbzeit so oft nicht zum Angriff kommen liess.

Der Besuch war etwas flau infolge der am Sonntag geöffneten Geschäfte.      Menningen. (aus der Vereinszeitung des Frankfurter Fußball-Vereins vom 01.01.1912)

>> Spieldaten <<

 

© text, artwork & code by fg