FV Frankfurter Kickers - FSV
Frankfurt |
Nordkreis, A-Klasse 1910/1911 - 16. Spiel
0:1 (0:0)
Termin: 08.01.1911 auf dem Victoria-Platz
Zuschauer: 800
Schiedsrichter:
Tore: 0:1 Haseneier
FV Frankfurter Kickers | FSV Frankfurt |
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Fußballsportverein Frankfurt — Frankfurter Kickers 1:0. am 8. Januar 1911. Dieses mit großer Spannung erwartete Wettspiel nahm leider nicht den Verlauf, welchen Liebhaber eines schönen Sportes zu erwarten pflegen. Daß der Verlauf eine Wendung nahm, bei welcher der Parteihaß Orgien feiern durfte, war einzig und allein das Verdienst des Schiedsrichters. Bei allen Berichten, welche über unsere Wettspiele bisher an dieser Stelle erschienen sind, haben wir die Tätigkeit des Schiedsrichters entweder völlig ausgeschaltet oder aber einen gewissen Schutz in Anbetracht der Schwierigkeit seines Amtes walten lassen. In diesem Wettspiel verdient aber die Haltung des Unparteiischen eine rücksichtslose Kritik und dazu haben wir volle Berechtigung, denn wenn auch die Behörde die Schiedsrichter in der Ausführung ihrer Aemter oder bei Angriffen auf ihre Tätigkeit prinzipiell unterstützt, so haben wir auch ein Urteil, das Urteil der öffentlichen Meinung. Unsere Mannschaft trat in folgender Aufstellung auf den Platz: Tor: Charbout-Mollard, Verteidiger: Seibel und Claus, Halbspieler: Becker, Philipp Hohmann und Bergner, Stürmer: Albert Braun, Ribeiro, Adolf Hohmann, Band und Fay. Der Victoria-Platz war immer noch mit Schnee bedeckt und als das Spiel seinen Anfang nahm, mögen wohl 800 Personen die Barrieren umsäumt haben. Von Anfang an lagerte über beiden Parteien eine begreifliche Erregung, welche um so verständlicher ist; wenn, wie in einer hiesigen Tageszeitung zu lesen war, es sich angeblich um den Kampf zweier „Erbfeinde" handelt. Wenn die Herren von der Feder auch noch die Brandfackel zwischen die Parteien schleudern, dann wird der Möglichkeit, den Klassenhaß in die Reihen der Fußballvereine hinzutragen, der Weg geebnet. Wahrlich, die Wettkämpfe des Fußballsportvereins gegen uns nehmen von Jahr zu Jahr an sportlicher Vornehmheit ab, sondern tragen den Stempel eines künstlich geschürten Hasses, ähnlich dem, welcher die Wahlkämpfe der hiesigen politischen Parteien kennzeichnet. Das Spiel begann mit dem Anstoß des Sportvereins, welcher jedoch nur bis zu unserer Verteidigung gelangt und nun wogt gleich der Kampf scharf hin und her. Verschiedenemale hält die Pfeife des Schiedsrichters unsere Stürmer wegen Abseits auf, wo niemals ein Schatten von Abseits zu bemerken. Von den Stürmern waren Ad. Hohmann und Band die treibende Kraft, aber die Angriffe verlaufen ohne Resultat. Bei einem Angriff der Stürmerreihe Sportvereins fällt Boettger bei einem Zusammenprall mit Claus, doch der gegebene Elfmeterball, welcher nicht am Platze war, prallt am Pfosten ab. Bei dem kurz darauf folgenden Angriff unserer Mannschaft erhält Phil. Hohmann von rechts den Ball, umspielt einen Gegner und sendet an drei Verteidigern des Sportvereins vorbei den Ball ins Tor. Lauter Jubel. Aber verfrüht, denn sinnend steht der Schiedsrichter da, während die Verteidiger des Sportvereins bei ihm Reklamationen erheben. Eine kurze Aussprache des Schiedsrichters mit Thein, dem linken Verteidiger des Sportvereins und dann erfolgt — Torabstoß. Allgemeine Verwunderung — und Entrüstung. Aber der Schiedsrichter bleibt bei seiner Entscheidung und Sportverein kann kurz darauf mehrere Eckbälle erzielen, welche erfolglos verlaufen. Ein vom Sportverein verschuldeter Eckball wird von Ad. Hohmann über das Tor geköpft. Unsere Mannschaft bleibt weiter überlegen, Band gibt zu Fay, dieser strebt dem Tor, während Kreß, der rechte Halbspieler Sportvereins ihn aufzuhalten sucht. Da pfeift es wieder und der Sportverein wird zu einem Elfmeter verurteilt, der ebenfalls nach unserer und der Allgemeinheit Urteil mehr als unberechtigt war. Band tritt den Ball scharf am Torpfosten vorbei. Mit 0-0 geht es in die Pause. Unsere Mannschaft bleibt weiter überlegen, bis Band vom Schiedsrichter vom Platze gewiesen wird. Unsere 10 Mann arbeiten so gut wie möglich weiter, sodaß von der Ueberlegenheit irgend einer Partei nicht gesprochen werden kann. Ein Durchbruch bringt Sportverein durch Haseneier die Führung. Bei diesem Resultat verbleibt es bis zum Schluß. Es ist natürlich nicht möglich, alle Vorfälle, welche sich in einem Wettspiel ereignen, in einem Bericht getreulich aufzuzählen und zu beschreiben. Aber man durfte sich getrost sagen, daß dieses Wettspiel keinen Aufschluß über das Stärkeverhältnis der beiden Gegner gab. Unsere Mannschaft war, solange sie komplet stand, überlegen, dagegen muß gesagt werden, daß Sportverein mit Ersatz antrat, denn abgesehen von R. Nieß, dem rechten Verteidiger, welcher leider am Sonntag vorher gegen Victoria einen Beinbruch erlitt, dessen normale Heilung dem sympathischen Spieler von allen Seiten gewünscht wird, vermißte man Nuß und Henß. Bei dem Sportverein gefielen sehr gut Thein und Gelbarth, während die Stürmerreihe nicht so wie sonst zur Geltung kam. Band spielte auf unserer Seite sehr gut, ebenso Phil. Hohmann, Claus und Seibel. Das Publikum nahm einen leidenschaftlich erregten Anteil
an dem Spiel und der Schiedsrichter bekam nicht gerade die schönsten
Namen zu hören. Nun, wenn auch die Wogen der Erregung recht hoch
schlagen, die Zeit geht über sie hinweg und da unsere Mannschaft
noch reichlich Gelegenheit hat, die unverdiente Scharte auszuwetzen, wollen
wir allen Parteien für die künftigen Wettspiele einen angenehmeren
Verlauf wünschen. In der Beherrschung zeigt sich erst der Meister,
das gilt für alle, für Schiedsrichter, Spieler und Publikum.
(aus der Vereinszeitung der Frankfurter Kickers vom 15.01.1911) |