FV Frankfurter Kickers - Karlsruher
FV |
Freundschaftsspiel 1910/1911
4:4 (1:1)
Termin: 04.09.1910 auf dem Victoria-Platz
Zuschauer:
Schiedsrichter: Albert Sohn (Victoria Frankfurt)
Tore: 1:0 Neidhardt, 1:1 Band, 2:1 Neidhardt, 3:1 Fritz Becker, 4:1 Fritz Becker, 4:2 Band, 4:3, 4:4 (Elfmeter)
FV Frankfurter Kickers | Karlsruher FV |
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Karlsruher Fußball-Verein — Frankfurter Kickers 4:4 4. September 1910. Die Mannschaft des K.F.V. war nicht complet erschienen, was darauf zurückzuführen ist, daß einige Mitglieder der Mannschaft sich noch in Ferien befinden. Die Stürmerreihe war bis auf den linken Außenstürmer gekommen und sorgte dafür, daß das trotz des schlechten Wetters zahlreich erschienene Publikum voll und ganz auf seine Kosten kam. Unsere Mannschaft trat in der geplanten Aufstellung an und zwar spielten Tor: Kotsch, Verteidiger: Seibel und Claus, Halbspieler: Bergner, Bertrand und Halle, Stürmer: Rist, Becker (rechter Flügel), Hohmann (Mitte), Neidhardt und Fay (linker Flügel). Vom Anstoß aus bemächtigten sich die gegnerischen Stürmer des Balles und brachten unser Tor in ernste Gefahr. Der schlüpfrige Boden hinderte jedoch ein genaues Schießen. Nachdem die ersten gefährlichen Minuten überwunden waren, setzte Bertrand unsere Stürmer in Bewegung. Das Leder wanderte vom rechten Flügel nach der Mitte und einen gut vorgelegten Ball konnte Neidhardt zum ersten Tor verwandeln. Der K.F.V. strengte sich mächtig an, doch fand er in unserer Hintermannschaft einen nicht zu unterschätzenden Gegner und unsere Stürmer konnten mit Unterstützung der Halbspieler die Karlsruher zurückdrängen. Einen schönen Schuß Fays konnte Dell nur mit Mühe abwehren. Der Ball kam Becker vor die Füße, alles glaubte das zweite Tor sei fertig, aber der Schuß ging hoch über das Tor. Es war offensichtlich, daß der schlechte Boden beide Mannschaften an der Entfaltung ihres vollen Könnens hinderte. Besonders von unserer Verteidigung war man bessere Leistungen gewöhnt, als das am Sonntag gezeigte. Keine befreienden Stöße oder wirksames Zuspiel war zu entdecken. Kurz vor Halbzeit konnte Band, der Halblinke des K.F.V., aus einem Gedränge gleichziehen. Vorher hatte Kotsch verschiedene schöne Schüsse gehalten, besonders einen solchen von Fuchs. Der Regen setzte auch nach Halbzeit fort. In verhältnismäßig kurzer Reihenfolge erzielte Neidhardt ein und Becker zwei Tore und stellten das Resultat auf 4:1. Nun begannen die Karlsruher mächtig zu arbeiten. Förderer war überall und schlug eine Taktik ein, welche bei dem schlechten Wetter und Boden die einzig richtige war und schließlich auch den Erfolg brachte. Er gab regelmäßig den Ball weit nach vorne und dann begann ein Wettrennen zwischen unserer Verteidigung und den Stürmern des K.F.V. Daß bei dieser Taktik jeder Fehler der Hintermannschaft prompt ausgenützt wurde, ist klar. Band schoß auch das zweite Tor für den K.F.V. Kurz darauf riß Fuchs aus und nur im letzten Moment erschien Claus als Retter. Das dritte Tor des K.F.V. wurde ebenfalls durch einen und gut ausgenützten Vorstoß erzielt. Ein Elfmeter verhalf schließlich, den Gästen zum Ausgleich. Unseres Erachtens war der Eingriff des Schiedsrichters hier nicht am Platz, denn Claus griff vollständig fair ein. Ein weiterer Erfolg blieb jedoch den Karlsruhern versagt. Wie bereits bemerkt, waren die Bodenverhältnisse sehr schlecht, obwohl der Victoria-Platz gut in Ordnung gehalten war. Er dürfte zur Zeit der beste geschlossene Platz in Frankfurt sein. Als Facit des Wettspieles darf man sagen, daß in Fußball-technischer Beziehung unsere Mannschaft den Gästen nicht nachstand. Hätten wir die gleiche Energie im Angriff und in der Verteidigung entwickelt, so wären die Karlsruher nicht unbesiegt nach Hause gefahren. Hoffentlich hat unsere Mannschaft etwas gelernt und macht nutzbringenden Gebrauch in den Verbandsspielen, welche schon nächste Woche beginnen. Unsere Stürmer gehen zu nah an den Mann, ehe der Ball abgegeben wird und auch die Halbspieler halten das Leder viel zu lange bei sich, ehe die Stürmer versorgt werden. Die Aufstellung der Mannschaft war im Großen und Ganzen glücklich. Auch die anfänglichen Zweifler werden wohl mit uns die Ansicht teilen, daß Neidhardt und Fay der beste linke Flügel ist, den wir auf die Beine bringen können. Rist enttäuschte etwas am Sonntag. Ihm fehlt noch die Energie und die Besonnenheit in schwierigen Momenten. Unbedingt sollte der Versuch gemacht werden, wie sich Hermann Kreuzer der Mannschaft anpaßt. Als rechter Halbspieler wäre er am richtigen Platze, während Bergner nach links geht. Da unser Kapitän P. Halle demnächst eine Uebung zu absolviren hat, sollte man nicht versäumen, die Aufstellung zu probieren. Neidhardt hat sich ganz gut eingeführt. Wir hoffen, daß er noch etwas schneller wird und auf dem Platz weniger Anordnungen austeilt, was ausschließlich Sache des Spielführers ist, welcher ebenfalls von diesem Recht mit weiser Bescheidenheit Gebrauch machen sollte. Von den ersten vier Spielen der Saison konnten wir zwei
für unsere Farben entscheiden, während die beiden anderen unentschieden
verliefen. Das allgemeine Interesse konzentriert sich jetzt auf die Verbandsspiele,
die uns hoffentlich mehr Freude bereiten, als die vorjährigen. A.
C. (aus der Vereinszeitung der Frankfurter Kickers vom 15.09.1910) |