Boguslaw Kwiecien nannte sich nach der Annahme der deutschen Staatsbürgerschaft am 9.1.1986 Wolfgang April *03. 09. 1959 Bis 1978 Metal Kluczbork, 1978/79 Stal Mielec, 1979 bis 1983 Gwardia Koszalin, 1983/84 Stal Mielec, 1984 bis Dezember 1985 Eintracht (1984/85 gesperrt), Dezember 1985 bis 1986 SpVgg Bayreuth, 1986/87 Eintracht Amateure und FC Sabadell, 1987 bis 1989 SpVgg Bad Homburg, 1989 bis 1991 FC Glarus.
Nur 48 Stunden oder: Der „Fall April“ 24 Jahre alt ist Boguslaw Kwiecien, als er im Mai 1984 aus Polen flüchtet. Sein Ziel ist der Westen, wo er hofft, sein Geld damit zu verdienen, was er am besten beherrscht: das Fußballspielen. In diesem Metier genießt er eine gewisse Reputation, schließlich war er in seiner Heimat nicht nur für die Vereine Gwardia Koszalin und Stal Mielec aktiv, sondern auch für diverse Nachwuchsmannschaften des polnischen Fußballverbandes, für die er insgesamt 16 Spiele absolvierte. Aus seiner Zeit in Mielec kennt Kwiecien einen Fußballer, der geschafft hat, was ihm vorschwebt: Cezary Tobollik. „Turbo“ hatte bereits 1983 den Weg nach Deutschland eingeschlagen und sich mittlerweile bei Eintracht Frankfurt etabliert. So führt der Weg Kwieciens ebenfalls zu den Adlerträgern, für die er erstmalig, ausgestattet mit einer vorläufigen Spielerlaubnis des DFB, am 13. Oktober 1984 beim Freundschaftsspiel gegen den A-Klasse-Vertreter VfB Unterliederbach aufläuft. Und seine Premiere gelingt: Der Neuzugang erzielt beim 6:0 der Eintracht nicht nur ein Tor, er überzeugt auch Trainer Dietrich Weise, der dem Abwehrspieler seine baldige Bundesligapremiere in Aussicht stellt. Nur 48 Stunden später kann der mittlerweile 25-Jährige seine Träume erst einmal ad acta legen. Beim DFB geht ein Fernschreiben des polnischen Fußballverbandes ein, mit dem die obligatorische Sperre von einem Jahr eingefordert wird, die jeden Spieler trifft, der ohne Einwilligung des Verbandes den Verein wechselt. Wieder ist es der Werdegang Tobolliks, der bei Kwiecien die Hoffnung weckt, dass sich alles zum Guten wenden werde. Schließlich hatte die Eintracht, um eine Sperre des Stürmers Tobollik zu verhindern, mit dem polnischen Verband eine Übereinkunft erzielt und sich bereit erklärt, 25.000 Mark sowie Sportartikel im Wert von 100.000 Mark nach Polen zu senden. Doch der Fall Kwiecien läuft anders, der Neuzugang ist Verteidiger, „und in diesem Bereich drückt uns der Schuh nicht“, sagt Eintrachts Vizepräsident Dr. Harald Böhm. In der Konsequenz ist die Eintracht nur zu einer deutlich niedrigeren Zahlung bereit, die der polnische Verband aber ablehnt. Damit tritt die Sperre in Kraft: Bis zum 15. Juli 1985 ist Kwiecien vom aktiven Spielbetrieb ausgeschlossen. Was ihm bleibt, ist das Training, zudem nutzt er die Zeit, um in der Abendschule Deutsch zu lernen. Mit einjähriger Verspätung scheint sich für Kwiecien der Traum einer Bundesligakarriere schließlich doch zu erfüllen. In der Saisonvorbereitung 1985 hinterlässt er einen guten Eindruck und gilt als Aspirant auf einen Stammplatz. Seine Ligapremiere kann er gleich am ersten Spieltag beim 1:1 der Eintracht beim 1. FC Köln feiern. Kwiecien wird eine ordentliche Leistung bescheinigt, er gilt als geradliniger Spieler, der über große Kopfballstärke und einen kernigen Schuss verfügt. Auch in den kommenden Spielen gegen Nürnberg im Waldstadion (1:1) und beim 1:0-Auswärtssieg in Düsseldorf steht Kwiecien in der Startelf, muss allerdings einiges an Kritik einstecken. Zwar wird er seinem Ruf als „starker Zerstörer“, der „vor Kraft strotzt“, gerecht, gleichzeitig wird aber klar, dass seine technischen Fähigkeiten eher überschaubar sind. Noch dreimal kommt Kwiecien in der Hinrunde 1985/86 für die Eintracht zum Einsatz, keines der Spiele absolviert er über die volle Distanz. Als die krisengeschüttelte Eintracht, die sich in unmittelbarer Nähe der Abstiegsränge befindet und in den ersten 16 Punktspielen gerade einmal 15 Treffer zustande brachte, nach einem neuen Stürmer Ausschau hält, bringt dies das Aus für Kwiecien am Riederwald. Denn der schließlich verpflichtete Wunschkandidat David Mitchell ist Australier. Da aber laut DFB nur zwei Spieler aus Nicht-EG-Staaten unter Vertrag genommen werden dürfen und eine Weiterbeschäftigung von Jan Svensson nicht infrage steht, muss Kwiecien die Eintracht verlassen. Auf Leihbasis folgt daher im Dezember der Wechsel zur Spvgg. Bayreuth. Ab 9. Januar 1986 ist der Fußballspieler Boguslaw Kwiecien Legende. Zu diesem Datum wird sein Antrag auf Einbürgerung bewilligt, fortan trägt er den Namen Wolfgang April. Den „Wolfgang“ hatte ihm Dietrich Weise in seiner Eintrachtzeit als Rufnamen verpasst, April ist die deutsche Übersetzung des polnischen Monatsnamens Kwiecien. Zwölf Spiele absolviert er für den Bayreuther Zweitligisten in der Rückrunde 1985/86, um sich zu Saisonbeginn 1986 wieder am Riederwald einzufinden. Zum Einsatz kommt er allerdings nur bei den Eintracht-Amateuren, sodass er noch während der Saison die Eintracht ein zweites Mal verlässt, um seine Zelte beim katalanischen Verein CE Sabadell aufzuschlagen, der als Aufsteiger in die Primera División gegen den Abstieg spielt (sieben Einsätze). Zwar wird Sabadell nur Vorletzter, kann die Klasse aber über die Relegationsrunde halten. Zurück nach Deutschland kehrt April zur Saison 1987/88, und auch der Region bleibt er treu. Er verdingt sich beim hessischen Oberligisten Spvgg. Bad Homburg, mit der er 1989 ins Finale um die Deutsche Amateurmeisterschaft einzieht, das der Taunusclub im Elfmeterschießen gegen Eintracht Trier verliert. Im Anschluss wechselt er in die Schweizer Nationalliga B zum FC Glarus, wo er noch zwei Jahre bis 1991 spielt, bis er seine aktive Karriere beendet. (fgo)
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