29.03.2007

Vom Eisernen Steg zur Friedensbrücke

Am 29.05.99 war mein Sohn acht Monate alt. Schönes Wetter zum Spazieren gehen an diesem Tag.
Am Morgen und an den Tagen zuvor habe ich - wie ihr alle – gerechnet: Wie kann es der Eintracht eigentlich noch gelingen, den Klassenerhalt zu schaffen?

Gegen Kaiserslautern gewinnen, Klassenerhalt schaffen – mit dieser Tordifferenz?
Aber das 2:1 gegen Bremen, das 2:0 gegen Dortmund und vor allem das 3:2 gegen Schalke ließen hoffen.

Letzte Infos holte ich mir per Videotext, Zeitung etc. Ein Stadionbesuch? Der war weit weg. Wenn man so kleines Kind zu Hause hat, dann ist das Geld knapp. Meine Frau brauchte mich natürlich auch, gerade am Wochenende. Ein Bobbelche macht Spaß, ist aber auch viel Arbeit.

Ich hatte also nur die Möglichkeit, mich per Radiokonferenz und gleichzeitig per Videotext zu informieren.

Nach dem Mittagsschläfchen des Kleinen wollte meine Frau gerne einen schönen Spaziergang machen. Hin –und hergerissen zwischen daheim bleiben wollen - ich musste doch wissen, was in den Stadien passiert - und lieber Papa und Ehemann sein, entschloss ich mich, mitzugehen.

0:0 stand es zur Halbzeit. Rostock führte in Bochum, Freiburg in Nürnberg und Stuttgart führte gegen Bremen, vielleicht fiel mir deshalb der Entschluss - mitzugehen - auch etwas leichter.

Wir wohnten damals in der Altstadt, nahe dem Mainufer. Wir gingen dort gerne spazieren und so sollte es auch an diesem Tag sein. Irgendein Fest war damals dort, ich weiß nicht mehr, welches. Jedenfalls wurden in einem Zelt alte Tauchanzüge ausgestellt, das wollte ich mir doch mal anschauen (?). Nein, dort gab es ein Radio und auch der Mann, der dort Sachen ausstellte, war wohl Eintracht-Fan: „1:1 durch Tore von Chen Yang und dem von Schjönberg verwandelten Handelfmeter, wir geben zurück ins Funkhaus“.

OK, dachte ich. Schade eigentlich, dass die tollen Ergebnisse der letzten Wochen scheinbar nicht ausreichten.

Wir gingen weiter, schauten noch einige Sachen an.

Der Spaziergang sollte bis zur Friedensbrücke gehen und von dort aus über Dribbdebach zurück nach Hause.

Just in dem Moment als wir auf der Friedensbrücke waren, sagt meine Frau: „Was ist denn jetzt los? Hörst du auch das Gehupe von da unten?“ „Eine Hochzeit wird´s wohl sein,“ sagte ich.

Schwarz-weiße, schwarz-rote Fahnen, Schals von Fans, die in einem Autocorso aus Richtung Kennedyallee fuhren, kamen an uns vorbei. Ein endloser Strom.

Doch was hatte das zu bedeuten? Klassenerhalt? Sieg – klar! Aber... Klassenerhalt?
Meine Frau baute mich wieder auf: „Die ham´s geschafft, doch noch geschafft!“ Ich konnte das aber irgendwie nicht glauben. Dass Eintracht-Fans auch dann die Eintracht per Autocorso gefeiert hätten, selbst wenn´s nicht gereicht hätte, ist ihnen doch zuzutrauen. Ich beschloss deshalb, mir die Spannung bis zum Schluss aufrecht zu erhalten.

Ich habe nicht im Videotext geschaut. Kein Radio gehört. Nichts. Ich habe gelitten und gewartet bis Erich Laaser sagte: „... und dann kam Fjöööörtoooft“. http://www.eintracht-archiv.de/1999/1999_fjoertoft2.jpg

Um 20 Uhr wusste ich erst Bescheid. Und nach dem Spaziergang und Happa-Happa hat der Kleine dann wieder schön geschlafen.


Der Autor „SGE-Wuschel“ ist Christoph aus Frankfurt und seit ca. 1981 Eintrachtfan.

 

© text, artwork & code by fg