Eintracht Frankfurt - FC Chelsea

UEFA Europa League 2018/2019 - Halbfinale, Hinspiel

1:1 (1:1)

Termin: 02.05.2019, 21:00 Uhr
Zuschauer: 48.000
Schiedsrichter: Carlos del Cerro Grande (Spanien)
Tore: 1:0 Jovic (23.), 1:1 Pedro (45.)

 

>> Spielbericht <<

Eintracht Frankfurt
FC Chelsea

  • Trapp
  • Abraham
  • Hasebe
  • Falette
  • Da Costa
  • Fernandes
  • Hasebe
  • Rode
  • Kostic
  • Gacinovic
  • Jovic

 


  • Kepa
  • Azpilicueta
  • Christensen
  • David Luiz
  • Emerson
  • Jorginho
  • Kanté
  • Loftus-Cheek
  • Pedro
  • Willian
  • Giroud

 

Wechsel
  • Paciencia für Fernandes (73.)
  • Willems für Gacinovic (90.)
Wechsel
  • Hazard für Willian (61.)
  • Kovacic für Loftus-Cheek (82.)
Trainer Trainer
  • Maurizio Sarri

 

 

Leidenschaftliches Unentschieden

Die Eintracht liefert Chelsea FC einen Fight am absoluten Limit und hält sich mit dem 1:1 alle Möglichkeiten aufs Finale offen. Jovic (23.) und Pedro (45.) treffen. Bei Frankfurt hielten sich unbändige Leidenschaft mit taktischem Geschick die Waage. Dennoch ließ sich gegen die individuell beschlagenen Londoner nicht alle Chancen verhindern. Gemessen am Spielverlauf können die Hessen mit dem 1:1 besser leben als die Blues.

Auch wenn dem Vierten der Bundesliga der Vierte der Premier League gegenüberstand, waren die Rollen klar verteilt: Hier der Emporkömmling aus Frankfurt, erstmals seit fünf Jahren international vertreten und überhaupt seit 39 Jahren wieder in einem Halbfinale. Dort Chelsea FC, Gewinner der UEFA Champions League 2012 und Europa League 2013 und in letzterem Wettbewerb seit 15 Partien ohne Niederlage. Gleichzeitig einte beide Seiten eine kleine Ergebnisdelle in ihren heimischen Ligen mit drei sieglosen Spielen am Stück, was den Kampf um die Königsklasse weiter verschärfte. Dahingehend standen die Gäste wesentlich mehr in der Pflicht, während die Adler den Ausnahmezustand vor allem genießen und eine vernünftige Ausgangssituation für das Rückspiel in einer Woche schaffen wollten.

Personal: Hasebe auf die Sechs, Gacinovic genesen

Adi Hütter griff auf die Maßnahme vom Auswärtsspiel in Lissabon zurück und zog Makoto Hasebe vor ins defensive Mittelfeld. Den freigewordenen Posten in der Innenverteidiger bekleidete Simon Falette links, Martin Hinteregger rückte in die Zentrale. Anstelle des gesperrten Ante Rebic begann der wiedergenesene Mijat Gacinovic in leicht hängender Position hinter der einzigen Sturmspitze Luka Jovic. Ansonsten hielt der Cheftrainer am Stamm der Vorwochen fest.

Großer Kampf und hohe Kopfballkunst

Die auf große Kompaktheit ausgerichtete Aufstellung füllten die Adler von der ersten Sekunde dank der richtigen Einstellung mit Leben. Angetrieben vom dauertosenden Publikum in der natürlich restlos ausverkauften Commerzbank-Arena warfen sich die Hessen in jeden Zweikampf als wäre es der letzte und entwickelten mit zunehmender Spieldauer auch nach vorne immer mehr Ideen. Die Blues hatten zwar mehr Ballbesitz, ließen ihren gefälligen Passstafetten aber keine zwingenden Chancen folgen, was nicht zuletzt der giftigen und aufmerksamen Herangehensweise der Hausherren geschuldet war. Ersten eigenen Torannäherungen über den Flügel, als Da Costa in die Arme von Kepa Arrizabalaga flankte (18.) und einen indirekten Freistoß, als David Abraham am langen Pfosten lauernd zu hoch zielte (21.), folgte Mitte der ersten Halbzeit die erste Stufe der Ekstase, als Jovic eine maßgeschneiderte Flanke von Filip Kostic unnachahmlich, fast waagrecht in der Luft liegend, ins lange Eck köpfte (23.). In der Folge erhöhte der Titelanwärter merklich die Schlagzahl. wenngleich der Titelanwärter bis zur Pause merklich die Schlagzahl erhöhte. Zunächst blieb ein am rechten Pfosten vorbeirauschender Distanzschuss von Pedro die einzige nennenswerte Offensivaktion (27.). Doch kurz vor der Pause verfehlte Ruben Loftus-Cheek aus halblinker Position erst knapp den Kasten und servierte wenige Augenblicke später in einer vergleichbaren Aktion für Pedro, der nicht lange fackelte und auf 1:1 stellte (45.).

Zu wenig Entlastung

Auch nach dem Seitenwechsel hatten die Londoner mehr vom Ball und in der nächsten Viertelstunde die Führung auf dem Fuß. Erst pflügte der wuchtige Loftus-Cheek durch die Frankfurter Hälfte, erhielt von Pedro den Ball zurück und schoss aus zentraler Position freistehend über das Gehäuse (54.). Dann schlug beinahe die Stunde von David Luiz als der Innenverteidiger einen Freistoß auf den Kasten von Kevin Trapp abfeuerte, der Torhüter aber mit den Fingerspitzen und der Latte zur Ecke rettete (60.), ehe seine Vorderleute wieder mehr Zugriff auf das Geschehen bekamen. Dennoch blieb Chelsea das strafraumpräsentere Team. Loftus-Cheek prüfte Trapp, Hazards Nachschuss hatte den nächsten Eckstoß zur Folge (74.). Dann wieder nach einer Freistoßhereingabe David Luiz, dessen Kopfball bei Trapp in sicheren Händen war (77.). Fehlte über weite Strecken bei Frankfurt die nötige Entlastung, legten die Adler gegen Ende nochmal eine Schippe drauf, schlugen aber nicht mehr entscheidend zu.

Fazit: Alles offen

Auch wenn das Auswärtstor des Gegners die Ausgangslage fürs Rückspiel etwas verschlechtert, erhält sich die Eintracht mit diesem Resultat alle Möglichkeiten für Baku. Der Wert des 1:1 zeigt sich folglich erst in einer Woche. Allein das ist als Erfolg zu bewerten.

Stimmen zum Spiel

Sportvorstand Fredi Bobic: Natürlich willst du zuhause kein Gegentor bekommen, aber Chelsea ist eine Topmannschaft. Dennoch haben wir alles gezeigt: unsere Leidenschaft und Mentalität waren richtig stark. Filip Kostic hat ein sehr starkes Spiel gemacht. Er hat alles abgerufen, was ihn auszeichnet. Wie das gesamte Team.

Cheftrainer Adi Hütter: Das war heute ein absoluter Achtungserfolg gegen eine Topmannschaft, wir haben uns toll verkauft. Besonders in der Zeit unmittelbar vor und nach der Halbzeit hat man gesehen, über welche Qualität Chelsea verfügt. Wir haben vor allem in der Anfangsphase eine klasse Leistung gezeigt, da haben uns die Fans mit ihrer fantastischen Choreo einmal mehr angesteckt. Der Gegentreffer kurz vor dem Seitenwechsel hat uns ein wenig aus der Spur gebracht, aber trotzdem sind wir immer aggressiv und leidenschaftlich geblieben. Darauf bin ich stolz. Wir hatten am Ende sogar noch gute Chancen, zum Beispiel durch David Abraham. Insgesamt war es ein durchaus gerechtes Unentschieden, auch wenn die Klasse von Chelsea natürlich deutlich wurde. Für das Rückspiel ist die Favoritenrolle weiterhin klar, Chelsea hat die Trümpfe in der Hand. Trotzdem ist alles möglich, weshalb wir zuversichtlich sind. Auch, weil mit Ante Rebic im Rückspiel ein wichtiger Spieler zurückkehrt, der uns mit seiner Schnelligkeit guttun wird. Wir müssen mit Mut und Selbstvertrauen nach London fahren und dann wieder eine Top-Leistung abrufen. Mal sehen, was mit Sébastien Haller ist. Aber jetzt freuen wir uns auf das Spiel in Leverkusen, dann kommt das Rückspiel. Zum Saisonende wird jedes Spiel intensiv. Diesen Abend dürfen wir genießen, müssen dann alle Kräfte mobilisieren und frisch für Sonntag werden.

Makoto Hasebe: Wir müssen auswärts ein Tor schießen, das wird schwierig. Ich freue mich, dass Ante dann wieder dabei sein kann. 46 Spiele oder mehr in einer Saison habe ich noch nie absolviert. Aber das ist Kopfsache. Ich hoffe jetzt noch auf fünf Spiele. Wir haben nur zwei Tage Pause, aber alle anderen sind ja jünger als ich. Also schaffen wir das! Es war ein gutes Spiel, aber wir müssen im Rückspiel noch besser spielen.

Gelson Fernandes: Wir haben gezeigt, dass wir mithalten können. Es bleibt alles offen. Chelsea hat richtig Qualität einwechseln können. Das war der schwerste Gegner in dieser Saison. Wir haben alles versucht. Schade, dass das Gegentor so spät in der ersten Halbzeit gefallen ist. Die Choreografie war überragend. Ich bin stolz auf unsere Fans.

Mijat Gacinovic: Wir haben bis zum Schluss gekämpft. Ein 1:1 gegen diese Mannschaft ist kein schlechtes Resultat. Wir hatten zwar die Möglichkeit auf ein zweites Tor, aber Chelsea genauso. Sie haben enorm viel Qualität. Wenn Willian geht, kommt Hazard – allein daran sieht man ihre Möglichkeiten. Wir müssen im Rückspiel ein Tor erzielen und keins bekommen. Ich hoffe auf einen Auswärtssieg, aber mit einem 2:2 könnte ich natürlich auch leben.

Maurizio Sarri (Trainer Chelsea FC): In den ersten 20 Minuten haben wir es nicht gut gemacht, weil wir nicht die richtige Mentalität an den Tag gelegt haben. Erst ab der 25. Minute haben wir angefangen, richtig Fußball zu spielen. Danach haben wir unsere Sachen sehr ordentlich gemacht, wir hatten die Partie über lange Zeit im Griff. Aber die Eintracht ist immer gefährlich geblieben, insbesondere über Konter. Letztlich hätten wir den Sieg aus meiner Sicht verdient gehabt, aber ein 1:1 auswärts ist in Ordnung. Wir spielen nun zuhause, wollen ins Finale und anschließend den Titel holen. Aber die Eintracht hat auch auf fremdem Platz schon unterstrichen, dass sie sehr gefährlich sein kann. Das ist uns bewusst.

Alles, was zählt

Die Europafestivitäten haben ihren nächsten Höhepunkt erreicht. Doch seit dem heutigen Freitag verordnen sich die Adler bewusst eine internationale Denkpause. Denn der anspruchsvolle Tanz auf zwei Hochzeiten, an deren Ende im Optimalfall sogar der Eintritt in das Konzert der ganz Großen stehen könnte, verlangt Eintracht Frankfurt einen Spagat sondergleichen ab. "Wir haben nur zwei Tage Pause", blickte Makoto Hasebe schon unmittelbar nach dem Schlusspfiff des Europa League-Halbfinalhinspiels gegen Chelsea FC auf das bevorstehende fast buchstäbliche Sechspunktespiel bei Bayer Leverkusen am Sonntag. Der Ausgang dieses Aufeinandertreffens wird mitentscheidend sein, inwieweit die Adlerträger für eine weitere Europapokalsaison, ganz gleich welcher Ebene, planen können oder umso aufmerksamer in den Rückspiegel blicken müssten.

Anders gesagt: Es wird das nächste allerwichtigste Spiel in dieser an gefühlten Endspielen nicht armen Saison. Und diese erstreckten sich über Schlüsselspiele wie den ersten Heimsieg gegen Hannover 96 in der Hinrunde bis zum Coup gegen SL Benfica im April. An jenen wie am gestrigen Tage konnte die Fußballwelt Zeuge eines Hexenkessels werden, dessen Ausmaße im Vorfeld zwar zu erahnen waren, aber schon eine halbe Stunde vor dem Anpfiff jegliche Vorstellungskraft sprengten, ehe um die kunterbunte Choreografie herum sich ein schwarz-weißes Fahnenmeer durch das weite Rund in Bewegung setzte. Zumal noch weit nach Schlusspfiff jeder Platz im Stadion besetzt blieb und 48.000 Zuschauer – abzüglich der Gäste von der Insel – „Im Herzen von Europa“ zelebrierten. Frankfurt wie es singt – und lacht? Das hängt nicht nur, aber auch vom weiteren sportlichen Verlauf ab, an dessen Ende der Lohn für die harte Arbeit der vergangenen Monate stehen soll.

Gegen den schwersten Gegner mitgehalten

"Wir haben vor allem in der Anfangsphase eine klasse Leistung gezeigt, da haben uns die Fans mit ihrer fantastischen Choreo einmal mehr angesteckt. Diesen Abend dürfen wir genießen", mochte es sich Adi Hütter gleichwohl nicht nehmen lassen, die Besonderheit dieses Erlebnisses herauszustellen. Denn wie auch Gelson Fernandes, der an der Seite von Sebastian Rode und Makoto Hasebe im defensiven Mittelfeld Funken der Gefahr so früh wie möglich löschte, bemerkte: "Wir haben gezeigt, dass wir mithalten können. Das war der schwerste Gegner in dieser Saison. Chelsea hat richtig Qualität einwechseln können." Auch wenn sich die Frankfurter Sportler allesamt über das Auswärtstor des Gegners ärgerten, war dennoch allen bewusst, dass der englische Spitzenklub, von dem sich sicher nicht behaupten ließe, er hätte die Zügel schleifen lassen, mehr als einmal hätte treffen können. Und so reisen die Adler nächste Woche mit keinem Wunschergebnis in die Hauptstadt, aber dennoch mit einem Resultat, das alle Träume am Leben hält. Den Rechenschieber ließ Cheftrainer Hütter ohnehin in der Schublade. Bis in einer Woche an der Stamford Bridge der nächste Akt der Europafestspiele eröffnet wird, geht es für die Eintracht vom Main an den Rhein. "Aber jetzt freuen wir uns auf das Spiel in Leverkusen, dann kommt das Rückspiel. Zum Saisonende wird jedes Spiel intensiv", sagt Hütter und lässt dabei unausgesprochen, was vor der Woche der Wahrheit am Donnerstag wie am Sonntag gilt: Verlieren verboten.

 

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Bericht und Fotos von www.eintracht.de







 

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