Inter Mailand - Eintracht Frankfurt

UEFA Europa League 2018/2019 - Achtelfinale, Rückspiel

0:1 (0:1)

Termin: 14.03.2019, 21:00 Uhr
Zuschauer: 49.866
Schiedsrichter: Ovidiu Alin Hategan (Rumänien)
Tore: 0:1 Jovic (5.)

 

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Inter Mailand
Eintracht Frankfurt

  • S. Handanovic
  • d'Ambrosio
  • de Vrij
  • Skriniar
  • Cedric
  • Vecino
  • Borja Valero
  • Candreva
  • Politano
  • Perisic
  • Baldé

 


  • Trapp
  • Da Costa
  • Hinteregger
  • Hasebe
  • Ndicka
  • Kostic
  • Willems
  • Rode
  • Gacinovic
  • Jovic
  • Haller

 

Wechsel
  • Ranocchia für Cedric (62.)
  • Esposito für Borja Valero (73.)
  • Merola für Politano (80.)
Wechsel
  • de Guzman für Gacinovic (59.)
  • Stendera für Willems (72.)
  • Paciencia für Rode (89.)
Trainer
  • Luciano Spalletti
Trainer

 

 

Jovic schießt Eintracht ins Viertelfinale

Nach knapp 25 Jahren hat es die Eintracht wieder geschafft: Sie steht im Europapokal-Viertelfinale. Ein Tor von Luka Jovic reicht zum 1:0-Auswärtssieg in Mailand. Die Eintracht stellte über die komplette Spielzeit die gefährlichere Mannschaft und schaltete nach Donetsk verdientermaßen den nächsten ehemaligen Champions League-Teilnehmer aus. Die Hütter-Elf hätte schon viel früher die Entscheidung herbeiführen können, ließ aber im zweiten Durchgang beste Konterchancen ungenutzt. Da hinten aber wie im Hinspiel die Null stand, war auch das zu verkraften. Mit dem achten Sieg in der Europa League-Saison stellte die Eintracht außerdem einen neuen deutschen Rekord auf.

Die Ausgangsposition war vorher klar: Ein Unentschieden würde mit Sicherheit für die Verlängerung oder sogar für das Weiterkommen reichen. Bei einem Remis mit Toren wäre die Eintracht sicher im Viertelfinale. Aus diesem Grund sagte Sportvorstand Fredi Bobic auch vor dem Match selbstbewusst: "Ein 0:0 zuhause ist ein gutes Ergebnis. Vor allem wenn du früh in Führung gehst, erhöhst du auf den Gegner den Druck." Als hätte Fredi Bobic zum Zeitpunkt des Interviews schon eine gewisse Vorahnung gehabt.

Personal: Rotation beendet, Willems ersetzt Fernandes

Cheftrainer Adi Hütter, der wegen einer Sperre der UEFA das Spiel auf der Tribüne verfolgen musste, rotierte nach dem Düsseldorf-Spiel wieder zurück: Die Stammkräfte Sébastien Haller, Mijat Gacinovic und Evan Ndicka nahmen wie erwartet wieder ihre Positionen ein. Dafür weichen mussten Goncalo Paciencia, Jonathan de Guzman und Almamy Toure. Für den in der Europa League gelbgesperrten Gelson Fernandes rückte Jetro Willems ins Team, diese letztgenannte Veränderung war die einzige gegenüber des Hinspiels vor einer Woche.

Traumstart im Fußballtempel

Während die Eintracht im Hinspiel noch etwas abwartender begann, legte die Hütter-Elf in Mailand los wie die Feuerwehr. Ein Angriff nach dem anderen rollte auf das Tor der Gastgeber. Bereits nach drei Minuten hatten die über 15.000 Eintracht-Anhänger den Torschrei auf den Lippen. Filip Kostic zog von links scharf ab, Milano-Torsteher Samir Handanovic parierte stark, konnte aber nur nach vorne abwehren, wo Haller die Kugel aus kurzer Entfernung an die Latte stocherte (3.). Nur drei Zeigerumdrehungen später durfte der Anhang jubeln: Stefan de Vrij brachte sich selbst in Bedrängnis, Luka Jovic nutzte das aus, schüttelte den Abwehrmann locker ab und lupfte das Spielgerät frech über Handanovic zur Führung ein. Der Innenpfosten half noch mit. Die Eintracht blieb auch nach der Führung spielbestimmend, ohne die ganz großen Chancen zu verbuchen.

Nach rund 25 Minuten kamen die Gastgeber etwas besser in die Partie. SGE-Keeper Kevin Trapp stellte in dieser Phase bei einer Reihe von Standardsituationen seine Strafraumbeherrschung unter Beweis, Torchancen gab es aber keine. In der 38. Minute klaute Gacinovic im Mittelfeld den Ball, sprintete in unnachahmlicher Manier los und scheiterte mit seinem schwächeren linken Fuß am stark parierenden Handanovic. Kurz darauf zielte Luka Jovic aus 20 Metern etwas zu hoch. Das war das letzte Highlight einer starken ersten Halbzeit der Adlerträger.

Souverän runtergespielt

Auch nach dem Seitenwechsel hatte die Eintracht zunächst mehr Zug zum Tor. So beispielsweise in der 54. Minute, als Haller aus spitzem Winkel am aufmerksamen Handanovic scheiterte. Fast im Gegenzug verbuchten auch die Gastgeber ihre erste richtige Chance: Matteo Politano zog mit links aus der Distanz ab, der Ball ging nur knapp am Pfosten vorbei. In der Folgezeit versuchten die Hausherren Druck aufzubauen, was aber nur selten gelang, während die Eintracht viele ihrer guten Konterchancen liegen ließ und somit eine frühzeitige Entscheidung verpasste. In der 71. Minute fasste sich Abwehrmann Milan Skriniar ein Herz, dessen Schuss wurde gefährlich abgefälscht und kullerte nur knapp am Tor von Trapp vorbei. Das sollte es aber auch schon von Inter gewesen sein: Die Eintracht hatte mit Jovics-Kopfballchance kurz vor Schluss den nächsten Hochkaräter auf ihrer Seite und spielte im Anschluss die Führung souverän runter.

Fazit: Völlig verdienter Auswärtssieg

Die SGE gewann hochverdient und hätte bei einer besseren Chancenverwertung das Spiel früher entscheiden können. Inter konnte den starken Abwehrverbund um Makoto Hasebe nur ganz selten in Bedrängnis bringen und schied verdient aus.

Stimmen zum Spiel

Christian Peintinger, Co-Trainer: Wenn man beide Partien betrachtet, sind wir verdient weitergekommen. Ich bin stolz auf die tolle Leistung der Mannschaft. Wir haben unglaublich viel Leidenschaft und Hingabe gezeigt. Jeder einzelne Spieler hat alles gegeben, um ins Viertelfinale zu kommen. Einige Spieler waren am Ende von Krämpfen geplagt und sind trotzdem jeden Meter zurückgelaufen. Für mich persönlich war es ein aufregendes Ereignis, unsere Mannschaft vor so einer tollen Kulisse coachen zu dürfen. Es war ein überragendes Gefühl, am Ende noch mal mit den Fans zu feiern. Es war ein Highlight in meiner Karriere, aber in erster Linie geht es um den Erfolg der Mannschaft.

Sebastian Rode: Es ist ein unglaublich gutes Gefühl. Wir sind stolz und froh, dass wir es geschafft haben. Ich fühle mich momentan sehr gut, habe das Vertrauen vom Trainer und dann spielt es sich einfacher. Am Ende hatte ich einen Krampf in den Waden und dann noch einen in den Bauchmuskeln - also ich war schon leer. Wenn wir so als Team weitermachen, können wir auch die ganz großen Teams ärgern.

Bruno Hübner, Sportdirektor: Vor dieser Leistung kann man nur den Hut ziehen. Wie die Mannschaft heute aufgetreten ist, mit welchem Willen sie das Ding gewinnen wollte. Ich bin wirklich beeindruckt. Wir haben schon im Hinspiel im zweiten Durchgang gemerkt, dass wir sie packen können. Und genau mit diesem Selbstbewusstsein sind sie in das Spiel gegangen. Jetzt hoffen wir, dass wir ein schönes Los bekommen.

Makoto Hasebe: Mein Kopf tut etwas weh, er hat mich an der Seite getroffen. Aber das ist kein Problem für das nächste Spiel. Ich möchte mich bei den Fans bedanken: Das war heute eine Heimspiel-Atmosphäre. Toll, dass wir davon etwas zurückgeben konnten. Wir haben eine starke Leistung gezeigt. Eigentlich hätten wir das Ding früher heimbringen müssen, drei bis vier Tore waren ohne Probleme drin. Aber nicht schlimm: Wir standen hinten gut und haben jetzt drei Mal in Folge zu Null gespielt.

Luciano Spalletti, Trainer vom FC Internazionale Milano: Wir sind nicht gut ins Spiel gekommen. Wir konnten vor allem zu Beginn nicht das umsetzen, was wir uns vorgenommen hatten. Und das hat uns, verbunden mit dem frühen Gegentor, das Leben richtig schwer gemacht. Wir sind früh draufgegangen und waren zu ungeduldig. Das war nicht notwendig. Und wenn wir mal Räume bekommen haben, haben wir diese nicht gut ausgenutzt. Insgesamt hatten wir zu wenig Ordnung, sodass es zu viele Lücken gab und wir viel laufen mussten. Wir haben versucht, das Spiel mit individuellen Fähigkeiten und nicht als Team zu lösen. Dabei haben wir zu viele falsche Entscheidungen getroffen. Diese Niederlage ist sehr bitter.

Erbarme, zu spät…

Die Eintracht steht als einzige deutsche Mannschaft im Viertelfinale des Europapokals. Das steckt dahinter.

Es lief bereits die 70. Spielminute zwischen dem FC Internazionale Milano und Eintracht Frankfurt, als es Kevin Trapp scheinbar doch etwas zu ruhig wurde und er sich mit einem gezielten Abschlag in die Füße des Gegners selbst zu einer der wenigen notwendigen Rettungstaten zwang. Dass Kevin über weite Strecken allein in seinem Gehäuse war – und in vielen richtigen Augenblicken bärenstark antizipierend das Leder aus der Luft fischte – hatte er zwangsläufig dem kompromisslosen Auswärtsauftritt seiner Vordermänner zu verdanken, die damit die Forderung ihres Rückhalts fast schon übertrafen, der im Vorfeld prophezeit hatte: „Wir müssen leidensfähig sein.“

Angefangen beim weiter an der Nase malträtierte Makoto Hasebe, der mit nun 156 Pflichtspielen für die SGE zu Cha Bum-kun, dem bislang alleinigen Rekord-Asiaten im Adler-Dress, aufschloss. Und weitere zwei umsichtige Bewacher neben sich wusste: Links den schlichtweg fehlerlosen und auch im Spielaufbau zielsicheren Evan Ndicka. Rechts den erneut stabilen Martin Hinteregger, seit gestern gemeinhin als Inter-Hacker bekannt. Davor räumte der vor Lauf- und Spielfreude nur so strotzende Sebastian Rode alles ab, was ihm in die Quere kam und musste sich nach 89 Minuten allein vor seinem Körper kapitulieren. Nicht nur auf den entfesselten Winterneuzugang bezogen lobte Christian Peintinger im Anschluss: „Jeder einzelne Spieler hat alles gegeben, um ins Viertelfinale zu kommen. Einige Spieler waren am Ende von Krämpfen geplagt und sind trotzdem jeden Meter zurückgelaufen.“ Der Österreicher hatte zusammen mit Armin Reutershahn die Geschicke an der Seitenlinie geleitet und in der nächsten magischen Nacht im Namen des zum Zuschauen verdammten Landsmannes Adi Hütter den nächsten Champions-League-Teilnehmer zu Fall gebracht. Das Fehlen des nominellen Chefs rund um die 90 Minuten war bemerkenswert unbemerkt geblieben, was die Teamfähigkeit dieser verschworenen Truppe genauso untermauerte wie die nahtlosen Integrationen im zentralen Mittelfeld, gemeinhin dem Herzstück einer Mannschaft, wo Jetro Willems und später Jonathan de Guzman zumindest in den ersten beiden Spielfelddritteln ihre Aufgaben zuverlässig erfüllten.

Wünsch dir was

Doch auch im letzten Drittel ließen sich die Hessen erbarmungslos früh und oft blicken, womit sie die heimstarken Hausherren gewissermaßen überrumpelten. Dem Lattentreffer Sébastien Hallers folgte das Tor des Tages durch Luka Jovic, es war der Anfang vom Ende für die Italiener. Die Szenerie hatte rückblickend etwas von Wünsch-dir-was: „Wir wollen morgen lange die Null halten. Wenn wir ein Tor erzielen, haben wir gute Chancen auf das Weiterkommen“, war Peintinger schon am Mittwoch überzeugt. Der gerade vom erfolgserfahreneren Trapp seit Monaten beschworene Appell an den unbeirrten Glauben an die eigene Leistungsstärke war im altehrwürdigen San Siro mit jeder Faser greifbar, wie auch Sportdirektor Bruno Hübner die nonstop mutige Herangehensweise interpretierte: „Wir haben schon im Hinspiel im zweiten Durchgang gemerkt, dass wir sie packen können. Und genau mit diesem Selbstbewusstsein sind sie in das Spiel gegangen.“ Sodass letztlich einzig Milan-Goalie Samir Handanovic oder die eigene Chancenverwertung beziehungsweise inkonsequente Ausführung der Kontersituationen die Nerazzurri am Leben hielt, weshalb sich die Gäste insbesondere bei Standardsituationen, insgesamt kam Internazionale auf sieben Ecken, einer überschaubaren Anzahl brenzliger Situationen erwehren mussten. Das Bemerkenswerte an der ganzen Geschichte: Die europäischen Himmelsstürmer verfielen keineswegs in Panik, sondern spielten nicht zuletzt in der Schlussphase lieber ein Mal mehr zurück, als einen unnötigen Ballverlust zu riskieren, sodass um kurz vor elf die Eintracht als einziger Bundesligist in der Runde der besten Acht der diesjährigen Europokalwettbewerb feststand. Dem anständigen Arrivederci des letzten Mohikaners an die Italiener folgte bald ein herzliches Happy Birthday der über 15.000 mitgereisten, den halben Oberrang füllenden Frankfurt-Fans für Präsident Peter Fischer, der sich wohl kein schöneres Geschenk zu seinem 63. Geburtstag hätte vorstellen können als den ersten Viertelfinaleinzug der Eintracht seit 25 Jahren und einen neuen europäischen Auswärtsfanrekord! Zumal Frankfurt seit nun 14 Partien in der UEFA Europa League ungeschlagen ist, was ebenso einen deutschen Rekord bedeutet wie der achte Dreier innerhalb einer Saison. Wettbewerbsübergreifend sind die Adlerträger 2019 ohnehin unbesiegt – seit mittlerweile zwölf Begegnungen.

So stand dem Catenaccio-Ergebnis ein einer Reifeprüfung gleichendes Erlebnis gegenüber, das Christian Peintinger überschwänglich zusammenfasste: „Für mich persönlich war es ein aufregendes Ereignis, unsere Mannschaft vor so einer tollen Kulisse coachen zu dürfen. Es war ein überragendes Gefühl, am Ende noch mal mit den Fans zu feiern. Es war ein Highlight in meiner Karriere.“ Mit dieser Meinung steht er sicher nicht allein.

 

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Bericht und Fotos von www.eintracht.de





 

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