1. FSV Mainz 05 - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 2010/2011 - 32. Spieltag

3:0 (3:0)

Termin: 30.04.2011, 15:30 Uhr
Zuschauer: 20.300
Schiedsrichter: Wolfgang Stark (Ergolding)
Tore: 1:0 Andreas Ivanschitz (26.), 2:0 Elkin Soto (38.), 3:0 Elkin Soto (45.)

 

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1. FSV Mainz 05 Eintracht Frankfurt

  • Christian Wetklo
  • Niko Bungert
  • Bo Svensson
  • Jan Kirchhoff
  • Christian Fuchs
  • Eugen Polanski
  • Elkin Soto
  • Andre Schürrle
  • Lewis Holtby
  • Andreas Ivanschitz
  • Florian Heller

 


 

Wechsel
  • Malik Fathi für Christian Fuchs (58.)
  • Sami Allagui für Florian Heller (67.)
  • Marcel Risse für Andreas Ivanschitz (76.)
Wechsel
Trainer
  • Thomas Tuchel
Trainer

 

Eine schallende Ohrfeige und ein knallender Warnschuss

“Um so größer die Schwierigkeiten, um so größer die Anstrengungen, die wir unternehmen - dieses Spiel ist eine riesige Herausforderung“, macht Christoph Daum sich und seiner Mannschaft Mut, um sich "für die Leistungen der letzten Wochen mit einem Dreier zu belohnen." Dies ist auch bitter notwendig, droht doch bei einer Niederlage der Sturz auf den Relegationsplatz, falls Wolfsburg gegen die auswärtsschwachen Kölner gewinnen sollte. So vertraut der Trainer nach dem 1:1 gegen die Bayern wieder auf seine Abwehr mit Köhler, Russ, Jung und Rode, der erneut in der Innenverteidigung spielt. Lediglich im Mittelfeld ersetzt Meier Fenin, so dass Altintop und Ochs auf den Außenpositionen und Schwegler sowie Clark vor der Abwehr spielen.

“Derbycharakter? Diesen Ball werden wir ganz flach halten. Wir werden keine Energien in dieses Szenario investieren. Aber es wird höchste Zeit, dass wir die Eintracht einmal schlagen“, gibt sich FSV-Trainer Tuchel kämpferisch. Schließlich geht es darum, Rang Fünf und damit den Europa-League-Platz zu verteidigen, den die Mainzer seit dem sensationellen Start in die Liga mit sieben Siegen in Folge stets mindestens inne hatten, auch wenn es in der Rückrunde erst einen Heimsieg gegen Mönchengladbach gab. "Wir übernehmen zuhause die aktive Rolle, das ist klar", verspricht der Trainer, der seine Mannschaft gegenüber dem 0:0 in Nürnberg auf vier Positionen verändert. Kirchhoff, der bis zu seinem 16ten Lebensjahr bei der Eintracht spielte, rückt in die Innenverteidigung neben Svensson, Bungert und Fuchs. Holtby sowie Ivanschitz bilden das offensive Mittelfeld neben Schürrle, Heller agiert als einzige Sturmspitze.

Es ist eine riesige Stimmung im alten Bruchwegstadion, tausende schwarz-weiße Fahnen zieren die Blocks der Eintracht-Fans, die einmal mehr unter anderem mit drei Schiffen an den Rhein gekommen sind, um den ersten Sieg unter Christoph Daum bei der schlechtesten Heimmannschaft des Jahres 2011 herbei zu schreien. Doch bereits in den ersten Sekunden zeigt sich, dass Mainz mit vollem Einsatz in dieses Spiel geht und der Eintracht keinen Zentimeter Raum lässt. So verlieren erst Ochs und dann Schwegler leichtfertig den Ball, aber zum Glück steht Heller beim langen Pass von Fuchs im Abseits (1.).

Doch trotz einer kleinen Chance für Altintop (3.): Es spielt nur Mainz, das jetzt Eckball von der linken Seite hat. Ivanschitz schlenzt das Leder hinter den langen Pfosten, wo Schürrle es unbedrängt in die Mitte zum nachrückenden Soto ablegen kann, der das Tor jedoch bedrängt von Meier und Ochs verfehlt (5.). Nur eine Minute später ist es wieder Schürrle, der Jung schwindlig spielt, mit seinem Schuss aus spitzem Winkel jedoch an Fährmann scheitert. Schnell, direkt und immer einen Schritt schneller als die Frankfurter spielt der FSV, so dass die Eintracht nur dank eines Querschlägers zu einer weiteren Chance kommt, die Altintop jedoch in halblinker Position volley aus elf Metern deutlich neben den Kasten von Torhüter Wetklo setzt (8.).

Kurz darauf kassiert Schwegler die Gelbe Karte, als er nach einer verunglückten Ballannahme erst Schürrle umgrätscht, um nur Sekunden später nach einer Kopfballrückgabe eines Mainzers Torhüter Wetklo von den Beinen zu holen (12.). Ab jetzt muss er aufpassen und hält sich bei den künftigen Zweikämpfen merklich zurück. Zwei Minuten später überlistet Polanski die Abwehr der Adler mit einem Lupfer aus dem Halbfeld. Ivanschitz ist zur Stelle, vertändelt zwar zum Glück den Ball gegen Rode vor dem Fünfmeterraum, kann ihn sich aber wiederholen und zu Schürrle passen, dessen Schuss abgeblockt wird. Die Eintracht verliert das Leder auf dem Weg nach vorne und wieder ist es Schürrle, der Fuchs mit einem schnellen Pass auf links steil schickt. Der spielt flach nach innen, doch Heller grätscht sechs Meter vor dem leeren Tor knapp an der Kugel vorbei (15.).

Es wird einem Angst und Bange. Wie ein Hühnerhaufen präsentiert sich die Eintracht, absolut verunsichert, ohne Kampf und Einsatz, kaum ein Pass über fünf Meter findet sein Ziel. Und dann muss auch noch Clark raus, der sich ohne Einwirkung eines Gegners einen Muskelfaserriss im linken Oberschenkel zugezogen hat. Für den 28-Jährigen kommt Fenin, so dass Meier jetzt neben Schwegler vor der Abwehr spielt (19.). Nur Sekunden später kann Kirchhoff unbedrängt vor den Strafraum passen, wo Heller die Kugel Soto in den Lauf spielt. Doch wieder ist Fährmann zur Stelle und kann abwehren. Dann die 23. Spielminute, Jung sprintet nach vorne und passt zu Meier, der den Ball durchlässt, so dass der tatsächlich genau bei Gekas landet. Doch der Grieche zögert acht Meter vor dem Tor, so dass ihm die Kugel von den Füssen gespitzelt werden kann und erneut bei Meier landet, dessen Schüsschen aber nur in die Arme von Wetklo trudelt.

Geht jetzt endlich ein Ruck durch die Mannschaft? Von wegen, nach einem Ballverlust des heute überfordert wirkenden Rode spielt Schürrle den Ball zu Heller auf die rechte Außenbahn, der nach einem Haken vor Jung erneut zu Schürrle spielt. Der fackelt nicht lange und legt den Ball direkt in den Lauf von Holtby, der wiederum vor dem sich ihm entgegen werfenden Fährmann am Fünfmeterraum quer legt. Köhler versucht das Leder erfolglos unter Kontrolle zu bekommen, so dass sich Ivanschitz bedankt und ihm die Kugel humorlos vom Schlappen ins verwaiste Tor zur 1:0-Führung für Mainz grätscht (26.).

Auch der Rückstand lässt die Eintracht nicht aufwachen, behäbig schieben sie sich die Kugel zu. “Wir haben uns versteckt und hatten Angst“, meint Ochs, der sich gut an die eigene Nase fassen kann. Denn sein Zusammenspiel mit Jung klappt überhaupt nicht, aber auch auf der linken Seite fallen die Kombinationen zwischen Köhler und Altintop eher unter die Kategorie “Gerumpel“. Immerhin muss Torhüter Wetklo nach einem Freistoß von Schwegler, den Meier verlängert, durchatmen, als er den Ball schläfrig nach vorne patscht, aber vor Fenin klären kann (32.). Danach geht es wieder in die andere Richtung. Einmal mehr kann Polanski die Abwehr mit einem schnellen Pass in die Mitte überlisten, Schürrle startet ebenso wie Ivanschitz, der im Abseits steht, doch zum Glück schnappt sich der Österreicher den Ball, um ihn eigensinnig ins Netz zu schieben, während die Fahne des Linienrichters bereits nach oben schnellt (36.).

Dann die 38. Minute, nach einem vermeintlichen Foul von Russ an Ivanschitz gibt es Freistoß aus 20 Metern, den Fuchs durch die nicht eng genug stehende Mauer knallt. Fährmann kann den Ball nur nach vorne abwehren, wo Soto im Gegensatz zu den Frankfurtern schnell reagiert und die Kugel aus sechs Metern zum 2:0 in die Maschen haut. Fünf Minuten später folgt der nächste Nackenschlag für den Hühnerhaufen, der kaum mehr über die Mittellinie kommt. Nach einem weiten Abschlag von Torhüter Wetklo kämpfen Heller und Rode vor der Strafraumgrenze um den Ball, der 20-Jährige zieht den Stürmer am Trikot und kassiert dafür von Schiedsrichter Stark die Rote Karte, was auch einige Mainzer Spieler nur den Kopf schütteln lässt. "Nicht nachvollziehbar", zürnt Heribert Bruchhagen, während Rode den Platz frustriert verlässt, immerhin aber nur für ein Spiel gesperrt wird.

Schürrle führt den Freistoß aus, der zunächst von der Mauer abprallt, doch Bungert lupft den Ball hoch über die wieder zurück laufende Abwehr. Soto kommt vor dem linken Fünfmeterraumeck an die Kugel, lässt Jung mit einem kurzen Haken wie einen Schulbuben stehen und schiebt das Leder vorbei am sich streckenden Fährmann ins lange rechte Toreck. Zum 3:0 für Mainz (44.), mit dem es kurz darauf in die Pause geht. “Das war eine Frechheit, was wir gespielt haben, wir sind abgeschlachtet worden. Dabei haben wir die ganze Woche geübt, wie man mit dem Pressing der Mainzer umgeht. Aber wir waren wie in Schockstarre“, schüttelt Kapitän Ochs den Kopf über den wohl katastrophalsten Auftritt der gesamten Saison, während die Frankfurter Ultras und viele andere Fans bereits schweigend, betroffen und wütend das Stadion verlassen.

Der kleine Rest der Frankfurter Fans dreht sich schweigend um, als die Mannschaften das Spielfeld zur zweiten Halbzeit betreten. Mainz lässt es jetzt wesentlich ruhiger angehen, so dass die Eintracht, die sich nur noch um Schadensbegrenzung bemüht, wenigstens zu ein paar Spielzügen und tatsächlich einer Torchance kommt. Köhler ist es, der einen Freistoß auf Höhe des Mittelkreises in den Strafraum schlägt. Beim Versuch, den Ball zu fangen, prallt Torhüter Wetklo mit Fuchs zusammen, so dass die Kugel am linken Strafraumeck bei Altintop landet, der konsequent bleibt. Überhastet haut er den Ball aus sechs Metern ebenso viele Meter über die Latte (55.).

Der Rest des Spiels ist Feiern für die Mainzer Fans und Spieler, die den vermeintlichen Einzug in die Europa-League zelebrieren. Dabei finden die Spieler noch Zeit, auch beste Torchancen zu versemmeln. Heller prüft Fährmann mit einem strammen Schuss ins kurze Eck (66.), Holtby versemmelt den Nachschuss nach einem Flatterball des eingewechselten Allagui (68.) und wiederum Holtby (75.), Allagui (79.), Schürrle (81.) und Risse (84.) vergeben weitere gute Möglichkeiten.

Dann endlich kommt der erlösende Schlusspfiff von Schiedsrichter Stark. Lange genug hat Mainz die Eintracht am Nasenring durch die Manege gezogen. Der Notenschnitt des kicker-Sportmagazins spricht Bände. Vier Mal die 6, einmal die 5,5 und der Rest der Feldspieler erhält die Note 5. Zu Recht. Doch schlimmer noch als die Noten sind die anderen Ergebnisse, denn Wolfsburg, Köln und Mönchengladbach haben ihre Spiele gewonnen. Die Eintracht liegt nun auf Platz 16 mit zwei Punkten Vorsprung auf die Borussia und einem bzw. vier Punkten Rückstand auf Wolfsburg und Köln.


Stimmen zum Spiel

Christoph Daum: “Ich war überrascht von der Leistung meiner Mannschaft, sie sind mit Ausnahme von Ralf Fährmann alle weit unter ihren Möglichkeiten geblieben. Die Niederlage tut verdammt weh. Jetzt gehen alle Alarmglocken an, das ist Überlebenskampf pur. Aber wir werden uns jetzt nicht selbst zerfleischen und öffentlich zum Rundumschlag ansetzen. Der Relegationsplatz ist jetzt schon ein großes Ziel. Du musst unglaublich gut sein, um den zu erreichen."

Heribert Bruchhagen: “Mainz war uns in allen Belangen klar überlegen und wesentlich handlungsschneller. Der Leistungseinbruch von fünf, sechs Spielern ist eklatant. Wir müssen jetzt alle Kräfte bündeln, um wenigstens die Relegation zu erreichen. Aber wir haben immer noch Potenzial genug, um ein Heimspiel gegen Köln zu gewinnen, wir müssen es nur zeigen."

Marco Russ: “Wenn wir so weiterspielen, brauchen wir uns keine Gedanken mehr zu machen, dann steigen wir direkt ab. Wer in der Rückrunde ein Spiel gewinnt und nur sechs Tore schießt, hat es verdient, genau da zu stehen, wo wir stehen. Wir müssen sprechen in dieser Woche. Da muss was passieren.“


Ein Schuss im Waldstadion

Schockierende Nachrichten machen deutschlandweit die Runde, denn angeblich haben 150 “gewaltbereite Anhänger“ den Frankfurter Mannschaftsbus bei seiner Rückkehr ins Waldstadion anzugreifen versucht. Die Situation sei derart eskaliert, dass erst durch das Abgeben eines Warnschusses die Ordnung wieder hergestellt werden konnte. Je nach Nachrichtenblatt werden aus “dem Schuss“ auch “Schüsse“ und die Anzahl der “Chaoten“ steigt auf 400.

Tatsächlich ist ein Teil der Fans bereits nach Ende der ersten Halbzeit ins Waldstadion gefahren, um die Fahnen im Fahnenlager abzugeben und auf den Mannschaftsbus zu warten. Schließlich wurde über die Fanbetreuung ein Gespräch mit dem Trainer und drei Spielern vereinbart. Doch dazu kommt es nicht, denn der Sicherheitsdienst hatte die Tore im Waldstadion verschlossen, zudem hatte die Polizei auf Anforderung des Sicherheitsdienstes mit einer Hundertschaft eine Zufahrt zum Waldstadion abgesperrt. Während ein Großteil der Fans den Umweg um die Absperrung wählt, klettert eine Gruppe von ca. 30-40 Fans über Tor 8, wo es an der südwestlichen Rampe zu – wohl verbalen - Auseinandersetzungen mit dem Sicherheitsdienst und einem Zivilpolizisten gekommen ist, der sich nicht als solcher zu erkennen gab.

Während die Polizei zunächst von "schweren Ausschreitungen" spricht, bei denen 19 Personen festgenommen wurden, benutzt die Eintracht in ihrer offiziellen Presseerklärung die Formulierung "es kam zu einer erheblichen Eskalation", ohne genau darauf einzugehen, wer oder was der Auslöser war. Die Ultras vertreten in ihrer Stellungnahme die Ansicht, dass der Beamte überfordert gewesen sei und zur Waffe griff, als sich die Lage bereits entspannt hatte: “Durch die von ihm empfundene Bedrohung verlor er die Nerven und gab einen Warnschuss in die Luft ab, ohne vorher irgendeine Warnung auszusprechen. Zwischenzeitlich richtete er die Waffe auch direkt auf einzelne Leute aus der Gruppe.“ Polizeisprecher Jürgen Linker bedauert, dass es zu dem Schuss gekommen sei, stellt aber seine Sicht der Dinge klar: “Die Kollegen sind von Anfang an aktiv zurückgewichen und wurden aktiv bedrängt.“

Vorstandsmitglied Klaus Lötzbeier erklärt, dass "wir keine Anzeigen gegen die vorübergehend Festgenommenen stellen werden. Das ist nicht vorgesehen." Ob Stadionverbote ausgesprochen werden, sei noch nicht entschieden. Dennoch wird aufgrund der angeblich angeheizten Stimmung das Training am Sonntag und Montag aus Sicherheitsgründen abgesagt und soll erst am Dienstag wieder beginnen, bevor es in ein Kurztrainingslager nach Bitburg geht, um die Mannschaft auf die beiden Endspiele gegen Köln und Dortmund einzustimmen. (tr)

 

 

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