FC St. Pauli - Eintracht Frankfurt

Bundesliga 2010/2011 - 10. Spieltag

1:3 (1:1)

Termin: Sa 30.10.2010, 15:30 Uhr
Zuschauer: 24.330
Schiedsrichter: Marco Fritz (Korb)
Tore: 1:0 Carlos Zambrano (5.), 1:1 Theofanis Gekas (42., Foulelfmeter), 1:2 Theofanis Gekas (70.), 1:3 Caio (90.)

 

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FC St. Pauli Eintracht Frankfurt

  • Thomas Kessler
  • Florian Lechner
  • Carlos Zambrano
  • Markus Thorandt
  • Bastian Oczipka
  • Fabian Boll
  • Matthias Lehmann
  • Rouwen Hennings
  • Gerald Asamoah (48.)
  • Fin Bartels
  • Marius Ebbers

 


 

Wechsel
  • Max Kruse für Hennings (59.)
  • Deniz Naki für Fabian Boll (76.)
  • Florian Bruns für Florian Lechner (81.)
Wechsel
Trainer
  • Holger Stanislawski
Trainer

 

Strafraumkiller Gekas und die tretenden Verlierer

"Nein, Chris wird leider ausfallen und auch nicht mit nach Hamburg reisen. Er hätte natürlich sehr gerne gegen seinen ehemaligen Club gespielt, aber seine Rückenbeschwerden sind zu groß", erklärt Michael Skibbe vor dem Spiel gegen den Tabellenzehnten St. Pauli und auch Schwegler ist aufgrund eines eingeklemmten Muskels im Rücken angeschlagen, will aber auf die Zähne beißen: "Ich bin nicht so beweglich, aber es wird schon irgendwie gehen." Muss es auch, denn Meier wird nach seinem Muskelfaserriss noch mindestens drei Wochen ausfallen, so dass die Alternativen im defensiven Mittelfeld überschaubar sind. So wählt der Trainer die Mannschaft, die nach der Auswechslung von Meier bereits den HSV aus dem Pokal geschossen hatte, nämlich mit Köhler und Schwegler vor der Abwehr, Altintop und Ochs auf den Außenpositionen sowie Caio im offensiven Mittelfeld hinter der einzigen Spitze Gekas. "St. Pauli ist eine kämpferisch starke Mannschaft und ich erwarte ein sehr körperbetontes Spiel. Wir werden uns zunächst gut wehren müssen, um dann selber zu unserem Spiel zu finden", warnt Michael Skibbe, der mindestens einen Punkt beim Aufsteiger holen möchte.

"Wir wissen um die Qualität der Eintracht, sie sind auswärts stärker als zuhause. Aber wir haben ein Heimspiel und wir glauben an unsere Chancen. Wir müssen im Kollektiv gut funktionieren", gibt sich St. Pauli-Trainer Stanislawski kämpferisch, aber sein Team konnte bislang nur in der Ferne mit drei Auswärtssiegen überzeugen, während es zuhause erst einen Heimsieg für den Aufsteiger gab. Trotz der 0:2-Niederlage in Stuttgart verändert der Trainer sein Kollektiv nur auf einer Position, anstelle von Kruse spielt Hennings im zentralen Mittelfeld neben Asamoah und Bartels auf den Außenpositionen, als einzige Sturmspitze agiert Ebbers.

Wie gewohnt, laufen die Mannschaften unter den Klängen von AC/DCs "Hells Bells" in das modernisierte Stadion ein, das leider seinen besonderen Charme gegen Businesslogen eingetauscht hat. Und höllisch geht es auch auf dem Platz los, denn St. Pauli geht mit viel Engagement und Härte in die Zweikämpfe und schafft es, der Eintracht den Schneid abzukaufen, um die ersten schnellen Angriffe zu starten. Es läuft die 5. Spielminute, nachdem Russ einen Freistoß von Lehmann abblockt, schlägt dieser auch die fällige Ecke von der rechten Seite. Der Ball wird geklärt, doch über Bartels kommt das Leder erneut zu Lehmann, der weder von Caio noch von Altintop angegangen wird und es hoch an den Fünfmeterraum flankt. Arg bedrängt von Asamoah geht Torhüter Nikolov mit nur einer Hand zum Leder und bekommt danach auch noch Asamoahs Faust in den Rippen zu spüren, doch dies interessiert weder Schiedsrichter Fritz noch Zambrano, der nun köpfen kann. Russ lenkt die Kugel mit der Brust zur Seite und schaut entsetzt zu, wie der 21-jährige Peruaner den Ball fast auf Höhe der Torauslinie mit der Hacke Franz durch die Beine ins Netz stochert.

Mit der kuriosen Führung im Rücken legt der Aufsteiger mit langen Bällen in die Spitze nach, während die Eintracht noch immer nicht richtig im Spiel ist. Weder Altintop noch Ochs auf den Außenbahnen können sich in Szene setzen und im Mittelfeld schaffen es weder Köhler noch Schwegler, ein wenig Ruhe ins Spiel zu bringen. Auch Jung hat so seine Probleme mit Bartels, während Tzavellas immerhin die linke Seite im Griff hat. Wieder kommt der Tabellenzehnte über Ebbers, aber Schwegler grätscht dazwischen, so dass es Freistoß gibt. Aus über 25 Metern schlenzt der Gefoulte selbst den Ball aufs Tor, Nikolov wirkt überrascht, kann die Kugel aber über die Latte lenken (13.). Erst nach zwanzig Minuten finden die Frankfurter etwas besser in die Partie, sie gehen konsequenter in die Zweikämpfe und erarbeiten sich mehr Ballbesitz, ohne spielerisch zu überzeugen. Da der Tabellenzehnte die Räume im Mittelfeld konsequent eng macht und dem ballführenden Spieler die Passwege nimmt, versuchen es die Adler nun vergeblich, mit langen Bällen in Richtung Gekas zu Chancen zu kommen.

Es läuft bereits die 30. Spielminute, nach einem Foul im Halbfeld an Caio gibt es Freistoß, den der Gefoulte selbst ausführt. Der Schuss geht in Richtung rechtes Toreck, wird aber zur Ecke abgefälscht. Immerhin, es war der erste Torschuss der Frankfurter. Kurz darauf gibt es wieder einen Freistoß, den Tzavellas in die Mitte schlenzt. Getümmel im Strafraum, das übliche Gezerre und Franz fällt wie von der Tarantel gestochen, aber Schiedsrichter Fritz fällt auf diese Einlage nicht rein (32.). Immerhin scheinen diese Aktionen die Eintracht ein wenig aufzuwecken, denn langsam erspielen sie sich tatsächlich ein Übergewicht im Mittelfeld, auch wenn St. Pauli immer ruppiger dazwischen geht, so dass das in den letzten Spielen so brillante Kurzpassspiel zwischen Jung und Ochs nach wie vor ausfällt, Altintop auf links wirkungslos und von Köhler nichts zu sehen ist. Es fehlen nicht nur die Ideen, auch die Kraft scheint nach der englischen Woche zu fehlen.

Dann die 41. Spielminute, Caio spielt einen schlampigen Pass zu Schwegler, doch während Oczipka zu klären versucht, rauscht Ochs energisch dazwischen, um in den Strafraum zu sprinten. Paddy legt zurück auf Schwegler, der den Ball vor die Füße von Gekas spielt. Bedrängt von Zambrano bringt der 30-Jährige das Leder unter Kontrolle, bekommt aber während der Drehung einen Tritt gegen das Standbein, fällt leichtfüßig und ballt die Faust. Denn Schiedsrichter Fritz trifft eine harte, aber richtige Entscheidung, auch wenn Ochs anmerkt: "Den Elfmeter muss man nicht geben." Gekas ist es egal, er schnappt sich die Kugel von Altintop, der eigentlich schießen wollte und haut sie unhaltbar für Torhüter Kessler ins rechte obere Eck. Zum 1:1-Ausgleich (43.).

Nun wird es hektisch auf dem Platz, der Anhang von St. Pauli tobt und auf dem Platz legt der Aufsteiger kräftig nach. Nach einem weiten Einwurf in den Frankfurter Strafraum rammt Hennings, der zuvor schon durch einige üble Szenen auffiel, Ochs beim Kopfballduell den Ellbogen ins Gesicht (44.). Paddy bleibt blutüberströmt liegen und verlässt zur Behandlung den Rasen, kann aber zur zweiten Halbzeit mit einem Klammerpflaster weiter spielen. Danach ist Pause und Trainer Skibbe nicht zufrieden: "Wir fanden keine Bindung zum Spiel, gedanklich und emotional waren wir viel zu langsam." "Wir hatten schwere Beine, vor allen Dingen haben wir aber zu oft das Schwere versucht, anstatt das Einfache zu machen", bringt Schwegler die ersten 45 Minuten auf den Punkt.

Auch zur zweiten Halbzeit sieht es so aus, als habe Holger Stanislawski seinem Kollektiv rohes Fleisch serviert, denn von Beginn an langen sie ordentlich hin. Zuerst tritt Hennings Schwegler bei einem Zweikampf in den Unterleib und fast zeitgleich bekommt der ballführende Russ schmerzhaft die Stollen des völlig übermotivierten Asamoah am rechten Fuß zu spüren. Schiedsrichter Fritz zeigt dem 32-Jährigen, der bereits wegen Meckerns die Gelbe Karte erhielt, völlig zu Recht die Gelb-Rote Karte, was der scheinbar schlechtsichtige St. Pauli-Trainer nur lapidar kommentiert: "Wenn man so einen überforderten Schiri hat, dann muss man vorsichtiger sein. Wir durften irgendwann ja überhaupt nicht mehr in die Zweikämpfe."

Gut nur, dass sich die Frankfurter weder von der Hektik auf den Rängen noch von den vielen Fouls beeindrucken lassen und das Spiel in Überzahl langsam in den Griff bekommen. Immer wieder ist es Schwegler, der das Spiel mit gelungenen Pässen eröffnet. Der Aufsteiger kommt nur noch sporadisch in die Hälfte der Frankfurter, aber es bleibt schwer, wie Altintop erklärt: "Die haben ja nur kick and rush gespielt. Die stellen sich hier hinten rein. Natürlich kann man sie dann nicht an die Wand spielen, aber wir haben wenigstens versucht, Fußball zu spielen." Dann die 60. Spielminute, Köhler behauptet auf der linken Außenbahn das Leder und spielt es zu Schwegler, der direkt für Caio auflegt. Ansatzlos zieht der 24-jährige Brasilianer aus gut 20 Metern ab, aber mit einer glänzenden Parade kann Torhüter Kessler den abgefälschten Ball mit der rechten Hand über die Latte lenken.

Weiterhin spielt nur noch die Eintracht, geduldig kontrollieren sie das Spiel, um den Tabellenzehnten aus der Reserve zu locken, denn es gibt kaum ein Durchkommen. Wie man harten Beton knacken kann, zeigt Schwegler allerdings perfekt in der 70. Spielminute. Er stoppt den Ball, schaut kurz nach vorne und schlägt, während Gekas startet, aus der eigenen Hälfte einen gefühlvollen Pass genau auf die Strafraumlinie. Zampano und Thorandt werden zu Statisten, als der Grieche den Ball gekonnt annimmt, sich gleichzeitig zurecht legt und den hinauseilenden Torhüter Kessler zum 2:1 tunnelt. Einfach klasse, das bereits 9. Bundesligator von Gekas, findet auch Altintop: "Wer ihn kennt, der weiß: Das ist kein Zufall. Er ist ein sehr cleverer Torjäger und für uns Gold wert." Michael Skibbe ergänzt: "Das war ein sensationeller, überragender Pass von Pirmin."

Während bei der Eintracht Steinhöfer für Jung, der sich eine Syndesmosebandzerrung zugezogen hat, in die Partie kommt (73.), bäumt sich St. Pauli auf und drängt auf den Ausgleich. Die 75. Spielminute, es gibt Ecke von der rechten Seite für den Aufsteiger. Lehmann schlenzt das Leder hoch an den Elfmeterpunkt, Thorandt kann unbedrängt köpfen, setzt den Ball aber zum Glück knapp neben das rechte Lattenkreuz. Der Aufsteiger setzt jetzt alles auf eine Karte und bringt mit Naki (76.) und Bruns (81.) für Boll sowie Lechner zwei offensive Leute und die Adler lassen sich tatsächlich zurück drängen. Doch außer einem gefährlichen Seitfallzieher von Ebbers, der in den Armen von Nikolov landet (81.) und einer vergeblichen Grätsche von Naki nach einer scharfen Hereingabe von Bartels (85.) springt zunächst nicht heraus. Dafür hat Altintop bei einem schnellen Gegenstoß die Chance, auf 3:1 zu erhöhen, als er von der linken Außenbahn nach innen zieht und das Leder flach, aber ein paar Zentimeter neben den Kasten von Kessler haut (87.).

Es läuft bereits die 89. Spielminute, nach einem Foul von Zambrano an Altintop gibt es Freistoß von der linken Außenbahn. Tzavellas schlenzt das Leder in den Fünfmeterraum, wo es dank des nassen Rasens in Richtung langer Pfosten springt. Caio steht goldrichtig und köpft die Kugel aus drei Metern in die Maschen (90.). Zum 3:1-Endstand.

Nach dem fünften ungeschlagenen Bundesligaspiel in Folge klettert die Eintracht mit 16 Punkten und einem bemerkenswerten Torverhältnis von 17:10 auf Rang 5 in der Tabelle. (tr)


Stimmen zum Spiel

Michael Skibbe: "Ich bin froh, dass wir das Spiel am Millerntor gewonnen haben. Am Anfang haben uns die St. Paulianer nicht zum Zug kommen lassen. Wir waren 15 bis 20 Minuten gedanklich zu langsam und haben die Zweikämpfe nicht gesucht. Erst am Ende der ersten Halbzeit kamen wir besser ins Spiel. Nach der Gelb-Roten Karte für Asamoah haben wir dann auch insgesamt besser ins Spiel gefunden. Bis zum Ende mussten wir jedoch zittern, denn der FC St. Pauli hat gut gekämpft."

Heribert Bruchhagen: "Teilweise haben die Hamburger getreten wie die Kesselflicker."

St. Pauli-Sportdirektor Helmut Schulte: "Bis zum Gegentor hatte ich nicht den Eindruck, heute verlieren zu können. Aber vor der Effektivität der Eintracht muss ich den Hut ziehen."

Patrick Ochs: "Wir machen uns keine großen Hoffnungen, dass wir da oben bleiben. Aber wir wollen natürlich weiter guten Fußball spielen und Punkte sammeln."

 

 

 

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