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Eintracht Frankfurt - Rot-Weiß Oberhausen |
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2. Bundesliga 2001/2002 - 32. Spieltag
2:2 (1:1)
Termin: Fr 19.04.2002 19:00
Zuschauer: 6.000
Schiedsrichter: Gräfe (Berlin)
Tore: 1:0 Pawel Kryszalowicz (27.), 1:1 Chiquinho (32.), 2:1 Albert Streit (59.), 2:2 Dimtcho Beliakov (88.)
Eintracht Frankfurt | Rot-Weiß Oberhausen |
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Ein blauer Brief von der DFL, Investorengerüchte und… Oberhausen “Gurkensalat in Rahm und Frankfurter Würstchen“, verspricht die Speisekarte für das heutige Spiel des Tabellensiebten gegen den Dreizehnten der Zweiten Liga. Ein Omen oder wirklich nur das Essen für die VIP-Gäste? Armin Kraaz jedenfalls wünscht sich, dass “wir in den letzten drei Spielen ungeschlagen bleiben. Wir haben in Hannover verdient gewonnen und wollen an diese Leistung anknüpfen.“ Und zwar mit fast der gleichen Mannschaft wie bei den Niedersachsen, denn große Auswahl hat der Trainer dank sechs verletzter Spieler und der Gelbsperre von Schur nicht mehr, so dass auch Jones wieder in der Startelf steht, obwohl er unter der Woche das laufende Training wutentbrannt verlassen hatte und von Nikolov überredet werden musste, sich wenigstens am Spielfeldrand ein wenig locker zu machen. “Jeder kennt doch Jermaine, der meint das nicht so und ist einfach nicht so gut drauf gewesen“, meint Kraaz schulterzuckend, nachdem er mit ihm gesprochen hatte und ihn heute auf die rechte Außenbahn hinter den Spitzen Ciric und Kryszalowicz aufstellt, während Wimmer, Sim, Rada und Wiedener nach abgesessener Gelbsperre wieder die Viererabwehr bilden.
Auf dem Platz gibt es dafür Tristesse. Gerade einmal 6.000 Zuschauer verirren sich bei nasskaltem Wetter an diesem Freitagabend ins Waldstadion und bereuen diese Entscheidung vermutlich wie der heutige Ehrengast Bum Kun Cha schon nach einigen Minuten. Denn es spielen fast nur die Gäste, während bei der Eintracht Stockfehler und lange Bälle ins Nichts geübt werden. Auch die Abwehr offenbart im Gegensatz zu ihrer Vorstellung in Hannover wieder ungeahnte Lücken, so dass vor allem Chiquinho kaum zu halten ist. Immerhin hat die Eintracht Glück, dass Oberhausen nicht konsequent spielt und fahrlässig mit den Chancen umgeht. So köpft zunächst Rietpietsch aus gut fünf Metern freistehend neben das Tor und drei Minuten später gelingt Scharpenberg das gleiche Kunststück (25.).
Danach verfällt das Spiel wieder in die alte Lethargie, wobei Oberhausen noch die aktivere Mannschaft ist. Die Eintracht hingegen betreibt allerbeste Antiwerbung, obgleich gemunkelt wird, dass Tony Woodcock mit Ex-Schatzmeister Gaetano Patella, 59er-Meister Istvan Sztani und einigen unbekannten Herren mit dunklen Anzügen auf der Tribüne sitzt, um über den potentiellen neuen Geldgeber zu debattieren. Doch dazu später mehr…
Doch die Führung gibt der Eintracht keine Sicherheit, zumal jetzt auch noch Wimmer mit einer Fleischwunde an der rechten Wade humpelnd den Platz verlässt, nachdem bereits fünf Minuten zuvor Gemiti für Gebhardt ins Spiel kam, bei dem sich der Verdacht auf Muskelfaserriss nicht bestätigen wird. Für Wimmer, der seinen Vertrag in Frankfurt gerne verlängern würde, kommt Rosen zu seinem zweiten Saisoneinsatz. Auch Oberhausen wechselt, es kommt Müller für Obad, nachdem bereits Beliakov, der bei der Eintracht im Sommer noch im Probetraining durchgefallen ist, für Riepietsch ins Spiel kam (68.). RWO drückt jetzt mit Mann und Maus auf den Ausgleich, während sich den Frankfurtern Räume zum Kontern bieten, die sie allerdings einmal mehr nicht nutzen. Und so kommt es, wie schon so oft in dieser Saison. Eine Flanke segelt in den Strafraum, ausgerechnet Beliakov ist zur Stelle und köpft die Kugel zum 2:2 ins Netz (88.). Der Endstand in einem Spiel, das es schnell zu vergessen gilt.
Armin Kraaz, kurz angebunden: “Es war ein gerechtes Ergebnis.“ Alexander Ristic, Trainer RWO: “Wir wollten hier gewinnen, haben aber leider unsere Chancen nicht genutzt. Nach dem Klassenerhalt werde ich mit Oberhausen über eine Vertragsverlängerung reden. Es ist deshalb eine Ente, dass mit der Eintracht schon alles klar sei.“ Präsident Peter Fischer zu Verhandlungen mit einem Investor: “Ich gehe davon aus, dass bis spätestens nächsten Sonntag eine Entscheidung fallen wird.“
Rund ums Waldstadion wird weiter wild spekuliert, wer der ominöse neue Investor sein könnte. “Von US-Milliardär Anschütz bis hin zur Russen-Mafia, von Israel bis Norwegen. Doch wer „Mister X“ tatsächlich ist, weiß keiner so genau“, formuliert es die Regionalpresse und vermutet, dass ein Finanzinvestor aus Ungarn in die engere Wahl gekommen sei. Dem Aufsichtsrat vorgestellt werden sollte der Investor eigentlich kurz vor dem Spiel gegen Oberhausen, doch die Sitzung wurde mangels Inhalt abgesagt, weil "es von der Investorenseite her noch viele Fragen gibt", erklärt Präsident Fischer, um zu ergänzen: “Ich kann nur so viel sagen: Es sind überaus seriöse und absolut professionelle Geschäftsleute. Sie nehmen die Eintracht zurzeit genauestens unter die Lupe, wissen sogar Bescheid über unsere Unterhosenfarben am Verhandlungstisch.“ Klar ist, dass die Eintracht bis zum Saisonende ca. 5 Millionen Euro aus Transfererlösen sowie die 7,5 Millionen Euro-Einlage eines neuen Investors aufbringen muss. “Engagiert sich kein neuer Geldgeber, könnten hier wirklich die Lichter ausgehen. Die Chancen stehen bei 50:50, die nächste Woche wird sehr spannend“, betont Fischer in der ihm eigenen Art. Keine Überraschung ist auch, dass die Deutsche Fußball Liga DFL der Eintracht in zwei bis drei Tagen einen “blaue Brief“ übersenden wird, da Finanzvorstand Dr. Pröckl bereits mehrfach erklärt wurde, dass sich die Verbandsoberen nicht mit Rettungsplänen sondern nur mit harten Zahlen und Verträgen zufrieden geben. Die Lizenzverweigerung bedeutet aber nicht das endgültige Aus. Bis Ende Mai hätte die Eintracht Zeit, “frisches Geld“ nachzuweisen. Unterdessen hat Vereinsvizepräsident Hans-Joachim Schroeder schriftlich seinen Rücktritt erklärt, denn “es gab mehrere Ereignisse, die ich nicht mehr mittragen kann.“ Nicht nur von Octagon, auch von der Fußball-AG ist der 59-Jährige tief enttäuscht: "Von Beginn an habe ich nicht verstanden, weshalb die Verantwortlichen gleich am großen Rad drehen wollten. Man hat das Pferd von hinten aufgezäumt, man hat geglaubt, man sei Bayern München, anstatt bescheiden anzufangen. Es hat mir gewaltig gestunken, dass die AG-Leute immer von Altlasten geredet haben. Die haben das Ding doch selbst an die Wand gefahren, und das mit viel mehr Geld, als wir zur Verfügung hatten."
Am 23. April flattert er herein und versetzt zunächst einen anderen Zweitligisten in Schockstarre: "Die Deutsche Fußball-Liga hat dem SSV Reutlingen die Lizenz für die zweite Fußball-Bundesliga entzogen. Wegen schwerwiegender Verstöße im Lizenzierungsverfahren für die laufende Saison wird der Klub vom Spielbetrieb 2002/2003 ausgeschlossen und rückt zum Ende dieser Spielzeit automatisch ans Tabellenende.“ Damit steht Reutlingen neben Babelsberg, Saarbrücken und Schweinfurt als Absteiger fest, während die bislang abstiegsgefährdeten Unterhachinger gerettet wären. Allerdings gelingt es Reutlingen Mitte Mai im zweiten Beschwerdeverfahren, den Exodus abzuwenden. Die Lizenz bleibt erhalten, allerdings wird es einen Sechs-Punkte-Abzug in der neuen Saison geben. Bitter für Unterhaching, dass nun doch in die Regionalliga absteigen wird. Vorerst… Für die Eintracht “enthält das Schreiben der DFL keine Überraschung. Demnach hat Eintracht Frankfurt die Lizenz für die Spielzeit 2002/2003 unter Auflagen und Bedingungen erhalten. Die Bedingung über die Stellung einer Bankgarantie oder eines entsprechenden Liquiditätsnachweises ist bis Ende Mai zu erbringen“ wird in einer offiziellen Pressemitteilung am 23. April verkündet. (tr)
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