Alemannia Aachen - Eintracht Frankfurt

2. Bundesliga 2001/2002 - 27. Spieltag

2:1 (1:0)

Termin: Fr 15.03.2002 19:00
Zuschauer: 10.500
Schiedsrichter: Stampe (Handorf)
Tore: 1:0 Josef Ivanovic (43.), 2:0 Henri Heeren (49.), 2:1 Uwe Bindewald (89.)

 

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Alemannia Aachen Eintracht Frankfurt

     

  • Stephan Straub
  • Manuel Benthin
  • Marc Spanier
  • Henri Heeren
  • Edwin Bediako
  • Stephan Lämmermann
  • Bernd Rauw
  • Karlheinz Pflipsen
  • Thierry Bayock
  • Markus Daun
  • Josef Ivanovic

 

 

Wechsel

  • Daniel Rosin für Stephan Lämmermann (62.)
  • Mark Zimmermann für Josef Ivanovic (68.)
  • Willi Landgraf für Markus Daun (78.)

Wechsel

Trainer

Trainer

Eine beschämende Vorstellung

“Die Chance ist klein, aber sie ist noch da. Wir müssen von acht Spielen sechs gewinnen, solange das noch möglich ist, werden wir es anpacken“, macht Interims-Trainer Kraaz sich und seiner Mannschaft vor dem Auswärtsspiel beim Tabellenzwölften aus Aachen Mut, während er es im Training locker angehen lässt, um sich über die Aufstellung Klarheit zu verschaffen: “Wir müssen jene elf Mann finden, die das Spiel im Sinne der Mannschaft gewinnen wollen und nicht die eigene Zukunft in den Mittelpunkt stellen. Wir werden mit offenem Visier spielen und wir wollen gewinnen.“ Aufgrund der Rotsperre von Schur und des Muskelfaserrisses von Gebhardt stellt Armin Kraaz die Abwehr wieder auf eine Viererkette um, in der heute neben Wiedener und Rada der zuletzt gesperrte Bindewald und Wimmer beginnen werden. Gemiti ersetzt Gebhardt auf der linken Außenbahn und der wieder genesene Ciric stürmt neben Kryszalowicz anstelle von Yang.

"Wir wollen eine kleine Serie starten, um aus dem Schlamassel rauszukommen", sagt unterdessen Ex-Eintracht-Trainer Jörg Berger, der die Alemannia sportlich in ruhigeres Fahrwasser bringen will. Denn wirtschaftlich und finanziell sieht es ähnlich chaotisch aus wie in Frankfurt, auch wenn dies bei der Eintracht selbst noch kaum einer wahrhaben will. Nachdem das alte Präsidium der Alemannia im November geschlossen zurücktrat, hat der neue Klubchef Lieven, wie er sagt, “einen Saustall vorgefunden." Obskure Finanzunterlagen, überteuerte und unnötige Leasingfahrzeuge für Spieler und Trainer, auslaufende Sponsorenverträge und zu allem Überfluss die “Geldkofferaffäre“ (eine vorgetäuschte Ablösesumme für den australischen Spieler Rudan), die dazu führte, dass der ehemalige Schatzmeister Ende Februar in Untersuchungshaft musste und die Steuerfahndung sowie der DFB gegen die Alemannia ermitteln. Dazu passt sportlich das 1:2 beim Tabellenletzten in Saarbrücken vom letzten Spieltag, dem Jörg Berger, der mittlerweile "mit Haut und Haaren Alemanne" ist, unbedingt einen Sieg folgen lassen möchte.

Wie angekündigt, beginnt die Eintracht vor nur 10.700 Zuschauern, unter denen ausgerechnet die Spieler von Hansa Rostock ihre Plätze im Gästesitzblock einnehmen, sehr druckvoll gegen die verunsichert wirkenden Alemannen und setzt sogleich ein Ausrufezeichen. Streit setzt sich im Zusammenspiel mit Guié-Mien auf der linken Seite durch und spielt auf Preuß. Der zieht sofort ab, doch Torhüter Straub kann parieren (3.). Danach testen Ciric und Kryszalowicz sowie Preuß mit einem Scherenschlag den Aachener Schlussmann (7.), ohne ihn aber ernsthaft in Gefahr zu bringen. Die Eintracht bleibt überlegen und hat die nächste Großchance durch Streit, der einen Freistoß in den Strafraum schlenzt. Bediako will klären, doch die Kugel rutscht ihm über den Fuß, so dass sie ans rechte Lattenkreuz prallt, dann aber geklärt werden kann (21.).

Das Vibrieren des eigenen Aluminiums scheint sie geweckt zu haben, denn plötzlich ergreifen die Hausherren die Initiative und gewinnen immer mehr Zweikämpfe, während den Gästen heftig die Düse geht. Kaum ein Spielzug gelingt noch, dafür werden die Bälle einfach nach vorne gebolzt und die Alemannia zum Stürmen eingeladen. Was diese dankbar annimmt. Zunächst scheitert Lämmermann mit einem Schuss aus der Drehung noch am linken Pfosten (27.), dann setzt sich Pflipsen einmal mehr auf rechts gegen Gemiti und Streit durch, findet für seine Flanke aber zum Glück keinen Abnehmer (29.). Auch wenn sich das Mittelfeld der Eintracht in Auflösung befindet, kontern können sie scheinbar noch. Allerdings ist es bezeichnend, wie sie dies umsetzen. So kombinieren sich Ciric, Guié-Mien und Kryszalowicz zwei Minuten später zwar schön in den gegnerischen Strafraum, doch beim Torabschluss behindern sich der Pole und der Kongolese so dämlich, dass Guié-Mien ins Straucheln gerät und das leere Tor verfehlt.

Von dieser Slapstickeinlage lässt sich Aachen nicht beeindrucken und stürmt munter weiter. Wieder ist es Pflipsen, der sich auf der rechten Seite durchsetzt und nicht angegriffen wird. Er sieht, dass Nikolov weit vor seinem Kasten steht und zieht aus gut 25 Metern ab, doch die Latte rettet für den bereits geschlagenen Frankfurter Torhüter (39.). Vier Minuten später ist es allerdings so weit. Pflipsen kann einen Steilpass am rechten Strafraumrand annehmen, rennt nach vorne und passt ihn fast von der Torauslinie in die Mitte, wo der aufgerückte Ivanovic den Ball aus fünf Metern zur inzwischen verdienten 1:0-Führung einschiebt, mit der es in die Pause geht.

Zur zweiten Halbzeit reagiert Armin Kraaz auf die Schwäche der linken Abwehrseite und bringt Rasiejewski für Streit. Doch auch diese Umstellung ist den Hausherren sehr egal, sie greifen einfach weiter an. In der 49. Spielminute gibt es Freistoß, den Rauw aus fast 30 Metern hoch in den Strafraum schlägt. Nikolov und Rada zögern, nicht aber Heeren, der hochsteigt und das Leder unter die Latte zum 2:0 einköpft. Kurz darauf wird es hektisch, als es zwischen Wimmer, Rasiejewski, Lämmermann und Pflipsen ein Handgemenge gibt, das mit einer gelben Karte für Lämmermann endet. Leider zeigen die Frankfurter ansonsten nicht die nötige Aggressivität, so dass Trainer Kraaz erneut reagiert, die Viererkette auflöst und Skela sowie Yang für Rada und Gemiti bringt (57.). Aber mit ihrem pomadigen Spiel und Mondbällen in den Strafraum gibt es kein Durchkommen gegen die sich inzwischen weit zurückziehenden Aachener.

So plätschert das Spiel in den folgenden 20 Minuten ereignislos vor sich hin. Es gibt ein paar harmlose Schussversuche auf beiden Seiten, Nikolov leistet sich eine Unsicherheit beim Herauslaufen, Yang fällt durch Stockfehler sowie Fouls und Wimmer durch ein rüdes Foul an der Eckfahne auf, für das er die gelbe Karte kassiert (71.). Es ist Sommerfußball der übelsten Sorte, dass von den Frankfurter Fans nur noch mit betretenem Schweigen quittiert wird. Bis zur 89. Spielminute, als es eine Ecke für die Eintracht gibt, die Skela vor den Fünfmeterraum schlenzt. Ein Aachener will klären, ein Frankfurter köpft zurück und schließlich ist es Bindewald, der die Kugel aus fünf Metern zum 1:2-Anschlusstreffer in die Maschen köpft. Seinem ersten Saisontor. Nun besinnen sie sich noch einmal und rennen alle nach vorne, selbst Nikolov hält es nicht in seinem Kasten, doch die hohen Bälle der letzten drei Minuten sorgen auch nicht mehr für Gefahr.

Dank einer blamablen Leistung in der zweiten Halbzeit und der siebten Saisonniederlage verabschiedet sich die Eintracht endgültig aus dem Aufstiegsrennen. Zum Dank haben ihnen die gut 800 mitgereisten Fans bereits während des Spiels den Rücken zugekehrt, ihre Schuhe unter dem Rauch bengalischer Feuer hochgehalten und werfen den wenigen aufrechten Spielern, die sich in die Kurve trauen, ihre Schals entgegen, um den traurigen Rest mit einem gellenden Pfeifkonzert zu verabschieden.


Stimmen zum Spiel

Armin Kraaz: “Ich bin emotional sehr aufgewühlt, denn es war frustrierend und auch beschämend, was hier viele meiner Spieler abgeliefert haben. Unsere Offensiv-Abteilung konnte man komplett vergessen. Ab sofort müssen wir neu für die Zukunft planen, das heißt, dass wir auch Spieler berücksichtigen werden, die bisher in der zweiten Reihe standen und auf die wir in der nächsten Saison bauen wollen. Wir müssen aufpassen, dass wir in den letzten sieben Spielen nicht unseren Ruf ruinieren.“

Tony Woodcock: “Einige Spieler können jetzt ganz ruhig an ihre WM-Vorbereitung denken, einige andere sich auf den Urlaub vorbereiten oder ihre Zukunft planen. Einige Akteure müssen sich ernsthaft fragen und fragen lassen, ob es für sie noch Sinn macht, dass ihr Arbeitgeber auch in der nächsten Saison Eintracht Frankfurt heißt, gleich, ob ihre Vertragszeit jetzt aus- oder weiterläuft. Ich bin jetzt acht Monate bei der Eintracht, aber die Mentalität, die ich in diesem Kader hier erlebt habe, ist nicht meine.“

Uwe Bindewald: "Ich habe versucht, mein Bestes zu geben. Aber es kann sein, dass andere nicht mehr hundertprozentig bei der Sache sind. Es muss ein radikaler Schnitt her. Jetzt ist egal, was für Köpfe rollen, denn es geht um die Zukunft des Vereins und nicht um einzelne Personen. Man braucht nun vor allem Zeit eine neue Mannschaft zu formen.“


Das neue Waldstadion wird vorgestellt

Abseits der Zweitligatristesse wird den Fans und der Öffentlichkeit bei einem Infoabend der Fan- und Förderabteilung das neue Stadion präsentiert. Bürgermeister und Sportdezernent Achim Vandreike, Projektmanager Gotthold und Architekt Paap präsentieren die Grundzüge des Stadionprojektes mit rund 50.000 Plätzen, von denen gut 8000 als Stehplätze konzipiert sind. Prunk ist scheinbar Trumpf bei dem Projekt, “wir haben uns dabei an der neuen Stierkampf-Arena in Saragossa orientiert. Nur ist das Dach in Frankfurt um ein Vielfaches größer. So etwas gibt’s auf der ganzen Welt nicht“, erklärt der Architekt und Bürgermeister Vandreike ergänzt: “Dies wird architektonisch eines der schönsten Stadien Europas.“

Am 17. Juni wird der Spatenstich erfolgen und gut ein Jahr vor der Weltmeisterschaft 2006 soll das neue Stadion fertig gestellt sein. In die Tribünen kommen vornehme Business-Logen, Räumlichkeiten für Gastronomie und Fans und Besucher werden entstehen, zudem sollen neuen Zufahrtswege und Parkmöglichkeiten entstehen. “Neben Popkonzerten können sogar Kongresse oder Türkische Hochzeiten im Stadion veranstaltet werden“, verkündet der Sportdezernent, um kurz auf die Situation bei der Eintracht einzugehen: “Das Stadion wird auf alle Fälle gebaut. Die Situation bei der Eintracht erschwert uns jedoch ganz klar die Suche nach einem neuen Betreiber. Ich gebe zu, das macht uns Sorgen.“ (tr)

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