Eintracht Frankfurt - MSV Duisburg

2. Bundesliga 2001/2002 - 24. Spieltag

2:0 (0:0)

Termin: So 24.02.2002 15:00
Zuschauer: 10.500
Schiedsrichter: Peter Lange (Filderstadt)
Tore: 1:0 Sasa Ciric (65.), 2:0 Ervin Skela (90.)

 

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Eintracht Frankfurt MSV Duisburg

     

  • Stefan Brasas
  • Carsten Wolters
  • Pavel Drsek
  • Steven Tweed
  • Philipp Bönig
  • Ralf Keidel
  • Thomas Vana
  • Michael Zeyer
  • Marc Kienle
  • Peter Peschel
  • Marius Ebbers

Wechsel

Wechsel

  • Sercan Güvenisik für Michael Zeyer (67.)
  • Gustav Policella für Philipp Bönig (76.)

Trainer

Trainer

  • Pierre Littbarski

Not gewinnt gegen Elend und Octagon gibt AG-Anteile zurück

"Alle haben uns schon abgeschrieben, doch im Fußball ist vieles möglich. Der Strohhalm ist zwar sehr klein geworden. Aber so lange rechnerisch noch was geht, klammern wir uns daran“, gibt sich Martin Andermatt auch nach der 1:4-Pleite in Bielefeld gewohnt optimistisch, auch wenn es eigentlich niemand mehr hören kann. Abgekommen ist er dazu noch von seiner eigentlich guten Idee, einen radikalen Schnitt in der Mannschaft durchzuführen, denn “wir können jetzt nicht nur mit Amateuren und jungen Spielern auflaufen. Keiner darf sich so leicht aus der Verantwortung stehlen. Es wird die eine oder andere Veränderung geben, aber keine grundlegende.“ Immerhin gibt es einen Torwartwechsel. Nikolov, der nach dem Hinspiel in Duisburg die Handschuhe an Heinen weitergeben musste, steht heute wieder im Kasten vor der Dreierabwehr mit Bindewald, Rasiejewski und Wiedener. Im Mittelfeld mit Wimmer, Streit, Preuß und Gebhardt soll zudem Skela wieder die Verantwortung anstelle von Guié-Mien übernehmen und im Sturm wird Ciric zusammen mit Kryszalowicz beginnen.

Nicht auf der Bank sitzt heute zur Überraschung aller Co-Trainer Kraaz, der von Andermatt offiziell zu einer Spielerbeobachtung geschickt wurde. Inoffiziell pfeifen die Adler von den Frankfurter Dächern, dass Kraaz nach Meinung von Andermatt zuletzt intern seine Autorität angezweifelt hat und nicht loyal zu ihm steht. So soll es bereits in dieser Woche ein klärendes Gespräch geben, um die Sache aus der Welt zu schaffen, erklärt Sportvorstand Woodcock: “Das ist Kinderkram. Es zählen nur Arbeit und Punkte. Es geht allein um die Eintracht, nicht um persönliche Animositäten. Mich interessiert nicht, was die beiden übereinander denken." Und in vierzehn Tagen ist dies auch nicht mehr von Belang…

Ganz anders sieht es beim MSV Duisburg aus, der sich nach zuletzt sieben Spielen ohne Niederlage von den Abstiegsrängen auf Rang Neun hochgearbeitet hat, so dass Trainer Littbarski selbstbewusst verkündet: “Wir gewinnen heute 1:0!“ Jedoch muss er seine Mannschaft umstellen, da gleich drei Spieler an einem Magen-Darm-Virus erkrankt sind, Voss gelbgesperrt und Grzelak verletzt ist. Dafür kann der zuletzt angeschlagene Spielmacher Zeyer auflaufen und Ebbers im Sturm unterstützen. Keine Unterstützung wird es dafür für die Eintracht von den nur spärlich besetzten Rängen im Waldstadion geben, denn die Fans trauern auf eigene Art um einen in der Vorwoche tödlich verunglückten Anhänger. Die Blöcke 31-33 bleiben geschlossen sitzen und es wird auf Fahnen, Banner und lautstarke Unterstützung verzichtet. Aber das Geschehen auf dem Rasen schreit auch nicht nach Beifallskundgebungen. Duisburg beginnt aus einer massiven Defensive heraus sehr verhalten, während den Frankfurtern die Verunsicherung nur zu deutlich anzumerken ist. So prägen viele Stockfehler, Geplänkel im Mittelfeld und ein paar wenige Einzelaktionen das triste Geschehen.

Eine davon hätte allerdings fast zur Führung gereicht: Skela spielt aus dem Halbfeld einen wunderbaren Pass in die Gasse zu Kryszalowicz, der genau im richtigen Moment startet und das Abseits aufhebt. Er sprintet in den Strafraum, umkurvt Torhüter Brasas und schießt. Doch zwei Duisburger sind schneller als der polnische Nationalspieler und können die Kugel von der Linie wegstochern (11.). Kaum zu glauben, aber sechs Minuten später ist es erneut Skela, der den Polen zum Laufen bringt, der abermals Brasas ausspielt, diesmal jedoch am nachsetzenden Torhüter scheitert. Auch beim dritten und vorerst letzten Versuch scheitert Kryszalowicz, diesmal segelt sein Schuss von der Strafraumgrenze weit am Duisburger Kasten vorbei (21.).

Das war es dann mit der Frankfurter Sturmherrlichkeit im schweigenden Waldstadion. Weder Preuß noch Skela können das Spiel irgendwie an sich reißen, während sich die anderen Frankfurter ausgiebig im ungepflegten Fehlpass üben. Einer davon führt fast zur Führung für den MSV, als Wiedener die Kugel auf Nikolov zurück spielen will, die jedoch am Torhüter und zum Glück auch am eigenen Tor vorbeikullert (24.). Erst nach gut einer halben Stunde werden die Gäste ein wenig mutiger, Nikolov kann einen Kopfball von Drsek abwehren (32.) und kurz vor der Halbzeit muss er sein ganzen Können aufbieten, um dem durchgebrochenen Peschel im Strafraum die Kugel vor den Füssen wegzuschlagen (45.). “Das hatte nicht viel mit Profifußball zu tun“, meckert Tony Woodcock zur Pause und auch MSV-Trainer Pierre Littbarski räumt ein: “Das war ein Spiel mit sehr vielen Fehlern.“

Ohne Wechsel geht es in die zweite Halbzeit, die ebenso trist beginnt, wie die erste endete. Lediglich Ciric kann für ein seichtes Raunen sorgen, als er einen Pass von Wimmer unter Kontrolle bekommt, sich volley vorlegt und aus der Drehung abzieht, aber Torhüter Brasas nicht bezwingen kann (48.). Danach versucht es die Eintracht minutenlang ideen- und absolut erfolglos, in die Nähe des Meidericher Strafraums zu kommen, der von den Gästen fast hermetisch abgeriegelt wird. Immerhin ist jetzt von den Rängen etwas zu hören, doch das langgezogene “Eeeh“ bei Ballbesitz der Eintracht, dass mit einem dumpfen “Uuuuh“ bei Ballkontakten des MSV abwechselt, ist wohl nicht die Unterstützung, die sich der Trainer erhofft hat. So reagiert er und bringt Yang, allerdings überraschend für den bislang immerhin auffällig spielenden Kryszalowicz (63.). Doch auch ein “blindes Huhn findet mal ein Korn“, meint der Volksmund und so ist es ausgerechnet Yang, der zwei Minuten später vom rechten Strafraumrand aus flach abzieht. Ein Duisburger spritzt dazwischen, so dass der Ball abgefälscht wird und genau beim bislang fast unsichtbaren Ciric landet, der sie an Torhüter Brasas vorbei zur 1:0-Führung ins Netz schiebt (65.).

Umgehend zieht sich die Eintracht in die eigene Hälfte zurück, um die Gäste kommen zu lassen und auf Konter zu lauern, die sie jedoch einmal mehr nicht konsequent genug ausspielen. So passiert bis auf einen kurzen Aussetzer von Nikolov, der einen hohen Ball sich vor die eigenen Füße faustet, aber im Nachgang beherzt zupackt, herzlich wenig in den kommenden Minuten. Immerhin melden sich jetzt die Fans wieder lautstark zu Wort, um ironisch Lieder wie “So ein Tag, so wunderschön wie heute“ anzustimmen Duisburg hingegen versucht es in den letzten Minuten fast schon mit Gewalt, den Ausgleich zu erzielen, so dass die Eintracht jede Menge Platz hat, diesen aber weiterhin konsequent nicht nutzt. So verfehlt erst Ciric nach tollem Pass des für Gebhardt eingewechselten Mutzel aus gut zwölf Metern freistehend den Kasten, dann scheitern auch noch Yang (88.) und Skela (89.) an Torhüter Brasas.

So darf weiter gezittert werden, denn es läuft die Nachspielzeit, in der Keidel seinen Schuss an den Außenpfosten setzt. Sekunden später schnappt sich Skela am Mittelkreis das Leder, wuselt sich durch drei Duisburger hindurch in den Strafraum und knallt das Leder einfach aus elf Metern ins linke untere Toreck zur 2:0-Führung, die er theatralisch und ausdauernd feiert, was nicht nur den Fans, sondern auch Tony Woodcock nach den gezeigten Leistungen gar nicht gefällt: “Nach so einem Tor in einem Spiel wie im Grüneburg-Park, wenn zwei Alt-Herren-Mannschaften gegeneinander kicken, wäre ich ganz heimlich, still und leise zur Mittellinie gelaufen. Ganz klein mit Hut.“ In der Tabelle hat der Altherren-Sieg jedenfalls keine Auswirkung. Die Eintracht verharrt auf Rang 6 mit sieben Punkten Rückstand auf den Tabellendritten Greuther Fürth, dem Gegner im nächsten Auswärtsspiel.


Stimmen zum Spiel

Martin Andermatt, kurz angebunden: "Ich freue mich für die Mannschaft. Lasst uns aufs nächste Spiel schauen, nicht auf die Tabelle.“

Tony Woodcock: “Dass das heute nicht viel zu tun hatte mit Profifußball, dazu brauchte man kein Fachmann zu sein. Aber wichtig ist, dass wir heute gewonnen haben. Das ist eine neue Chance für die Mannschaft. Vielleicht gibt es dann neue Hoffnung.“

Präsident Peter Fischer: “Das war Not gegen Elend.“

Jens Rasiejewski: “Hauptsache gewonnen.“

Oka Nikolov zur finanziellen Situation: “Ich bin seit elf Jahren bei der Eintracht und würde gerne noch weitere zehn Jahre hier spielen.“


Octagon gibt AG-Anteile zurück, Lizenzplanungen bei der Eintracht

In knapp drei Wochen, also bis spätestens 15. März, muss die Eintracht die Lizenzunterlagen bei der Deutschen Fußball Liga einreichen und nach einem Saisonminus von ca. 10 Millionen Euro “müssen diese Zahlen schon sehr plausibel sein“, erklärt Präsident Fischer. Dennoch gibt sich Finanzvorstand Dr. Pröckl sehr optimistisch: “Wir werden die Lizenz bekommen, denn wir haben immer zweigleisig geplant. Zum einen haben wir bereits die Zusage unserer Sponsoren für die nächste Saison, zum anderen werden wir Transfervereinbarungen vorlegen können. Aber klar ist: Bei uns wird es keine Wahnsinnsverträge mehr geben.“

Was auch bitter nötig ist, denn seit der Saison 1999/00 wurden Verluste in Höhe von insgesamt 30 Millionen Euro angehäuft, die nur dank Octagon ausgeglichen werden konnten. Daher soll der Etat bei einem geplanten Zuschauerschnitt von 12.000 bei Verbleib in der zweiten Liga auf 12,5 Millionen Euro halbiert werden. Zudem soll die Garantieabgabe an den Verein vermindert werden und aus Kosten- und Organisationsgründen bereits ab dem 1. Juli die Fußball-Amateure sowie die U19- und U17-Junioren wieder offiziell zum Verein gehören. Die ursprünglich geplante Auslagerung an die Eintracht Fußball AG ist nach den Worten von Vereins-Vizepräsident Klaus Lötzbeier aber sowieso "nie umgesetzt worden".

Bei der Aufsichtsratssitzung kurz nach dem Spiel gibt unterdessen Octagon-Vertreter Michael Bucks bekannt, dass sein Unternehmen 15 Prozent seiner Anteile (Octagon hält aktuell 19,9% der Anteile sowie ein Wandeldarlehen über 30% der Aktien) an der Fußball-AG ohne Gegenleistung zurückgeben werde, damit die Eintracht den so dringend benötigten Geldgeber suchen kann. Die kostenlose Rückgabe begründet sich dadurch, dass die AG ohne diese Maßnahme um die Lizenz bangen und die Amerikaner bei einem Lizenzentzug ihre komplette Investition in die Eintracht-AG endgültig abschreiben müssten. Die Eintracht wiederum hofft, durch den Verkauf dieser Anteile 7,5 Millionen Euro zu erzielen.

So ist nicht nur Aufsichtsratschef Volker Sparmann hoch erfreut: “Die kommende Saison und damit die Lizenz durch die DFL ist durch die neue Entwicklung gesichert. Damit ist eines klar, wir spielen im nächsten Jahr mindestens in der 2. Liga, wenn es noch besser wird, soll es uns Recht sein.“ Spätestens mit der Fertigstellung des neuen Stadions im Jahr 2005 müsse die Eintracht aber wieder erstklassig spielen, betont Sparmann: “Diese Region ist die Nummer 1 in ganz Europa. Und diese Region braucht einen erstklassigen Fußball-Verein.“

Vier Wochen später gibt die Eintracht offiziell folgendes bekannt: “Eintracht Frankfurt hat die Lizenz für die Spielzeit 2002/2003 unter Auflagen und Bedingungen erhalten. Die Bedingung über die Stellung einer Bankgarantie oder eines entsprechenden Liquiditätsnachweises ist bis Ende Mai zu erbringen.“ Wenn die wüssten… (tr)

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